In einem Verantwortlichkeitsprozess war der Beklagte und Gesuchsteller vom Obergericht unter Hinweis auf die Säumnisfolgen des § 123 ZPO aufgefordert worden, bis 19. Februar 1996 einen Gerichtskostenvorschuss zu leisten. Die Verfügung enthielt u.a. den Hinweis, dass Zahlungen per Giro nur dann als rechtzeitig gelten, wenn der Betrag am letzten Tag der Frist auf dem Postcheckkonto der kantonalen Gerichtskasse gutgeschrieben ist (Valuta Datum). Gemäss Verrechnungsausweis der PTT war die Zahlung des Gesuchstellers erst am 20. Februar 1996 also verspätet eingetroffen. In der Folge trat die I. Kammer des Obergerichts auf die Appellation des Gesuchstellers nicht ein. Im Gesuch um Wiederherstellung der versäumten Frist machte er geltend, er habe den Zahlungsauftrag an die Bank rechtzeitig vorgenommen; diese habe den Auftrag aber hinausgeschoben.
Aus den Erwägungen:
Gemäss konstanter Praxis zu § 81bis aZPO konnte eine Wiederherstellung dann in Frage kommen, wenn die Wahrung der Frist objektiv nicht möglich war übermässige Anforderungen gestellt hätte, wie etwa bei Naturereignissen, Verkehrsstörungen, plötzlicher schwerer Krankheit usw. Ausdrücklich als Hinderungsgründe verneint wurden u.a. Arbeitsüberhäufung und Rechtsunkenntnis (LGVE 1986 I Nr. 17 mit Verweisen). Säumnis des Rechtsvertreters dessen Hilfsperson wurde immer der vertretenen Partei angerechnet.
Nachdem kein anderer gesetzgeberischer Wille erkennbar ist und der Wortlaut von § 90 ZPO dies ohne weiteres zulässt, stellt das Obergericht im Interesse der Rechtssicherheit und der rechtsgleichen Behandlung unter dem Regime der neuen ZPO an die Gewährung der Wiederherstellung unverändert hohe Anforderungen. Entschuldbar im Sinne des Gesetzes ist ein Hindernis dementsprechend vorab dann, wenn den Säumigen an seiner Säumnis überhaupt kein Verschulden trifft, wie bereits auch unter der zitierten alten Praxis - die Wahrung der Frist übermässige Anforderungen gestellt hätte.
Von einem solchen Grund kann vorliegend nicht die Rede sein. Gerade mit Hinblick auf die Unwägbarkeiten der Zahlungsabwicklung per Bank, die offensichtlich auch bei dem vom Gesuchsteller gepriesenen neuen "easy Verfahren" nicht ausgemerzt sind, macht die gerichtliche Vorschussverfügung in aller Deutlichkeit klar, unter welchen Voraussetzungen die Zahlung per Giro als rechtzeitig gilt; diesfalls war sie verspätet. Wer aber von mehreren Möglichkeiten die risikobehaftete wählt, indem er sich in die Abhängigkeit von mehreren Hilfspersonen begeben muss, hat im Verfahren die angedrohten Folgen der Säumnis zu tragen. Gerade die Bedeutung des Streitfalles für den Gesuchsteller, wie er sie in seinem Gesuch beschreibt, hätte ihn bewegen müssen, eine der beiden sicheren Methoden der Zahlungsabwicklung zu wählen.
Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen des Gesuchstellers, wonach sich die luzernische Rechtsprechung den neuen (zwar nach wie vor unzuverlässigen) Methoden anzupassen hätte, da die geltende Praxis für den Rechtsuchenden eine Falle sei. Wie gerade der vorliegende Fall exemplarisch zeigt, führt der Weg in die Säumnis aber weder über die eine noch über die andere Methode an sich, sondern über den Faktor Mensch, der die eine die andere Methode fehlerhaft zur Anwendung bringt. Dafür aber haben die Verursacher und jene einzustehen, die sich deren Verhalten als eigenes müssen anrechnen lassen. Eine Wiederherstellung kommt deswegen jedenfalls nicht in Frage.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass die luzernische Praxis ihren Sinn darin hat, die Rechtzeitigkeit der Prozesshandlung ohne grossen administrativen und zeitlichen Aufwand (wofür die personellen Ressourcen fehlen) und vor allem unmittelbar nach Ablauf der gesetzten Frist überprüfen zu können. Diese rasche Überprüfbarkeit wiederum ist wegen der gesetzlichen Vorschusspflicht mit der Regel "Sicherheitsleistung vor Verfahrensbeginn", insbesondere bei Befehls und deren Rechtsmittelverfahren, aber auch bei Verfahren zur Anordnung von vorsorglichen Massnahmen und allen andern dringlichen Fällen erforderlich.
Es versteht sich von selbst, dass für alle Fälle von Vorschussleistungen, d.h. in dringlichen wie in weniger dringlichen Verfahren, um der Rechtssicherheit willen die gleichen Regeln gelten müssen. Diese der kantonalen Hoheit unterstehende prozessrechtliche Lösung und die dazu entwickelte Praxis haben also durchaus ihre Berechtigung und liegen fernab von sinn und zwecklosem Formalismus.
(Das Bundesgericht hat die gegen den im Appellationsverfahren ergangenen Erledigungsentscheid eingereichte staatsrechtliche Beschwerde in Kenntnis des abgewiesenen Wiederherstellungsgesuches ebenfalls abgewiesen.)