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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils OG 1995 10: Obergericht

Der Text beschäftigt sich mit der Anwendung von Art. 511 OR auf Solidarbürgschaften und den Voraussetzungen, unter denen ein Bürge Anspruch darauf hat. Es wird erklärt, dass der Bürge verlangen kann, dass der Gläubiger die Forderung gegen den Hauptschuldner rechtlich geltend macht und den Rechtsweg verfolgt, um seine Belangbarkeit sicherzustellen. Eine Änderung des Gesetzes zielt darauf ab, Missverständnisse in Bezug auf die Belangung des Solidarbürgen zu vermeiden. Es wird betont, dass Art. 511 OR nur bei Vorhandensein von Faust- oder Forderungspfandrechten und unter bestimmten Bedingungen anwendbar ist. In einem konkreten Fall ohne diese Voraussetzungen konnte sich der Beklagte nicht auf Art. 511 OR berufen, um sich von der Solidarbürgschaft zu befreien.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG 1995 10

Kanton:LU
Fallnummer:OG 1995 10
Instanz:Obergericht
Abteilung:Schuldbetreibungs- und Konkurskommission
Obergericht Entscheid OG 1995 10 vom 02.05.1995 (LU)
Datum:02.05.1995
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 511 OR. Anwendungsbereich bei Solidarbürgschaft.
Schlagwörter : Bürge; Solidarbürge; Hauptschuld; Forderung; Gläubiger; Hauptschuldner; Faust; Forderungspfandrechte; Recht; Solidarbürgschaft; Bürgschaft; Belangbarkeit; Voraussetzung; Begehren; Bürgen; Solidarbürgen; Fälligkeit; Verwertung; Pfänder; Rechtsweg; Unterbrechung; Belangung; Kommentar; Gesetzestext; Auffassung; Giovanoli; Berner
Rechtsnorm:Art. 496 OR ;Art. 511 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts OG 1995 10

Streitig ist einzig, ob und allenfalls in welchem Umfang Art. 511 OR auch bei Solidarbürgschaft zum Zuge kommt. Ist die Bürgschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann der Bürge nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld vom Gläubiger verlangen, dass er, soweit es für seine Belangbarkeit Voraussetzung ist, binnen vier Wochen die Forderung gegenüber dem Hauptschuldner rechtlich geltend macht, die Verwertung allfälliger Pfänder einleitet und den Rechtsweg ohne erhebliche Unterbrechung verfolgt (Art. 511 Abs. 1 OR). Kommt der Gläubiger diesem Verlangen nicht nach, so wird der Bürge frei (Abs. 3). Art. 511 OR entspricht dem früheren Art. 503, der in drei Punkten geändert worden ist. Eine dieser Änderungen war veranlasst durch die Praxis des Bundesgerichts, nach welcher auch der Solidarbürge das Begehren aufgrund des damaligen Art. 503 stellen konnte, wobei es aber dem Gläubiger frei stand, gegen den Hauptschuldner gegen den Bürgen vorzugehen. Unterliess er beides setzte er den Rechtsweg nicht ohne erhebliche Unterbrechung fort, so wurde der Bürge frei. Dieses Ergebnis wurde als widersinnig kritisiert, da der Solidarbürge seine eigene Belangung fordern konnte und frei wurde, wenn der Gläubiger seinem Begehren nicht nachkam. Um künftig eine solche Interpretation auszuschliessen, wurden bei der Revision von 1941 die Worte "gegenüber dem Hauptschuldner" eingeführt. Ausserdem musste auf den Umstand Rücksicht genommen werden, dass nach dem neuen Text des Art. 496 OR auch der Solidarbürge, falls nicht etwas Gegenteiliges vereinbart worden ist, erst belangt werden kann, wenn wenigstens die Faustund Forderungspfandrechte verwertet sind. Während der Entwurf dies in Art. 511 Abs. 1 in einem besonderen Satz sagen und im übrigen den Abs. 1 nur auf die einfache Bürgschaft zur Anwendung bringen wollte, wurde dieser Gedanke schliesslich durch den Satz "soweit es für seine Belangbarkeit Voraussetzung ist" zum Ausdruck gebracht (Beck Emil, Das neue Bürgschaftsrecht, Kommentar, Zürich 1942, N 2 und 3 zu Art. 511 OR). Aus dem Gesetzestext und seiner Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass Art. 511 OR auf Solidarbürgschaften nur anwendbar ist, wenn Faustoder Forderungspfandrechte bestehen und der Bürge nicht darauf verzichtet hat, dass diese zuerst verwertet werden müssen. Bestehen keine Pfänder ist ihre vorherige Verwertung wegbedungen worden, wie dies die Regel ist, sind sie bereits verwertet worden, so kann sich der Solidarbürge überhaupt nicht auf Art. 511 OR berufen (Beck Emil, a.a.O., N 8 zu Art. 511 OR; Vischer Frank, Schweizerisches Privatrecht, VII/2, § 58 S. 434). Im Verhältnis zum früheren Recht ist wegen der Änderung des Abs. 1 von Art. 511 OR die Stellung des Solidarbürgen erheblich ungünstiger gestaltet. Ist nämlich die Fälligkeit der Hauptschuld eingetreten, so kann der Bürge ein Begehren um Geltendmachung der Forderung gegen den Hauptschuldner nur stellen, "soweit es für seine Belangbarkeit Voraussetzung ist". Positiv ausgedrückt heisst das, dass Art. 511 dem Solidarbürgen nur dort zustatten kommt, wo Faustpfandund Forderungspfandrechte vorhanden sind und diese gemäss Art. 496 Abs. 2 OR vor Inanspruchnahme des Bürgen verwertet werden müssen (Oser/Schönenberger, Zürcher Komm., N 7 zu Art. 511 OR). Entgegen der Auffassung des Beklagten vertritt auch Giovanoli im Berner Kommentar keine andere Auffassung, wenn er die Rechte aus Art. 511 OR grundsätzlich auch dem Solidarbürgen zugesteht, da er auf die sich aus dem Gesetzestext ergebenden wichtigen Einschränkungen nicht näher eingeht (Giovanoli, Berner Komm., N 8 zu Art. 511 OR). Da vorliegend für die verbürgte Darlehensschuld weder Faustnoch Forderungspfandrechte bestehen und zudem vereinbart wurde, dass Sicherheiten nicht vor Belangung des Bürgen verwertet werden müssen, findet Art. 511 OR keine Anwendung. Der Beklagte konnte sich demzufolge nicht unter Berufung auf diese Gesetzesbestimmung von der Solidarbürgschaft befreien.



Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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