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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils OG 1992 65: Obergericht

Ein Gerichtsverfahren fand am 30. März 2010 statt, bei dem X.________ wegen Beleidigung, Bedrohung, Gewalt oder Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz angeklagt wurde. Der Richter lehnte die Freilassung von X.________ ab, da ausreichende Verdachtsmomente für seine Schuld bestanden. Aufgrund seiner Vorstrafen und seines Verhaltens wurde entschieden, dass er in Untersuchungshaft bleiben sollte. Das Gericht bestätigte die Anordnung und legte die Gerichtskosten in Höhe von 387 CHF fest. Der Rekurs wurde abgelehnt, und die Kosten wurden X.________ auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG 1992 65

Kanton:LU
Fallnummer:OG 1992 65
Instanz:Obergericht
Abteilung:II. Kammer
Obergericht Entscheid OG 1992 65 vom 21.12.1992 (LU)
Datum:21.12.1992
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§§ 83 bis Abs. 2, 280, 281 StPO. Der Rechtsanspruch. auf Schadenersatz und Genugtuung für erlittenen Freiheitsentzug gemäss § 280 Abs. 2 StPO ist weder im Haftrekurs- noch im Strafverfahren, sondern vor dem Zivilrichter geltend zu machen.

Schlagwörter : Angeschuldigte; Untersuchungshaft; Rekurs; Verfahren; Interesse; Genugtuung; Freiheitsentzug; Richter; Haftverfügung; Entschädigung; Zivilrichter; Rechtsanspruch; Ausschreibung; Schweizerischen; Polizeianzeiger; Rechtsgr; Begehren; Schubarth; Staat; Verfahren; Instanz; Eröffnung; Einstellungsbeschlusses; Urteils; Luzern; Amtsstatthalters; Inhaftierung; Verwirklichung; Inhaftierten
Rechtsnorm:Art. 5 EMRK ;
Referenz BGE:110 Ia 141; 110 Ia 142; 118 Ia 103;
Kommentar:
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Entscheid des Kantongerichts OG 1992 65

3. - Der Angeschuldigte verlangt in seinem Rekurs gegen die Haftverfügung des Amtsstatthalters, es sei gerichtlich festzustellen, dass sowohl seine Ausschreibung im Schweizerischen Polizeianzeiger als auch seine Inhaftierung ohne hinreichenden Rechtsgrund erfolgt seien. Diesem Begehren kann nicht stattgegeben werden. Der Rekurs gegen die Haftverfügung im Sinn von § 83bis Abs. 2 StPO dient zur Verwirklichung des in Art. 5 Abs. 4 EMRK verankerten Rechts eines jeden Inhaftierten, dass raschmöglichst von einem Gericht über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden werde (vgl. Schubarth Martin, Die Rechte des Beschuldigten im Untersuchungsverfahren, besonders bei Untersuchungshaft, Bern 1973, S. 150). Der Rekurs ist aber nur solange gegeben, als der Angeschuldigte ein aktuelles praktisches Interesse an der Aufhebung der Haftverfügung hat. Wird er aus der Untersuchungshaft entlassen, entfällt dieses Interesse (vgl. auch BGE 110 Ia 141; ABSH 1974 80ff.). Im vorliegenden Fall steht ausser Zweifel, dass der Angeschuldigte bereits im Zeitpunkt, als er den Haftrekurs beim Obergericht einreichte, kein aktuelles praktisches Interesse an dessen materiellen Behandlung mehr hatte, war er doch schon mehrere Tage zuvor aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Dass er für die (allfällig mangels eines Haftgrundes ungerechtfertigte) Untersuchungshaft eine Entschädigung verlangen will, vermag kein solches aktuelles Interesse zu begründen, steht doch dem Angeschuldigten die Möglichkeit, vom Staat eine angemessene Genugtuung zu fordern, auch ohne Durchführung des Rekursverfahrens offen (vgl. unten E. 4; vgl. BGE 110 Ia 142f.). Auf den Rekurs ist daher nicht einzutreten.

4. - Wird der Angeschuldigte freigesprochen wird das Verfahren eingestellt, kann ihm auf Antrag eine angemessene Entschädigung und eine Genugtuungssumme zulasten des Staates zugesprochen werden (§ 280 Abs. 1 StPO). Der Angeschuldigte kann diesen Billigkeitsanspruch entweder bei der Instanz geltend machen, bei der das Strafverfahren hängig ist, innert 30 Tagen seit Eröffnung des Einstellungsbeschlusses bzw. des freisprechenden Urteils beim Zivilrichter einklagen (§ 281 StPO). Hat der Angeschuldigte Freiheitsentzug erlitten und wird er freigesprochen, das Verfahren eingestellt, stellt sich eine Untersuchungshaft als rechtswidrig heraus wird der Verurteilte nach einem Revisionsverfahren freigesprochen, so hat er für den entstandenen Freiheitsentzug einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz für Vermögensnachteile wie Lohnoder Verdienstausfall und auf angemessene Genugtuung (§ 280 Abs. 2 StPO). Die Geltendmachung dieses Rechtsanspruchs richtet sich gemäss dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. Protokoll der 4. Sitzung der Kommission des Grossen Rates des Kantons Luzern vom 25.4.1988 zur StPO-Revision, S. 13) nicht nach § 281 StPO, der denn auch bewusst keinen Verweis auf § 280 Abs. 2 StPO enthält. Im Fall von entstandenem Freiheitsentzug soll nicht der Strafrichter, sondern eine gerichtliche Instanz, die sich zuvor mit dem Fall nicht befasst hat, über die Haftungsfrage und das Quantitativ in freier Kognition entscheiden (vgl. Schubarth, a.a.O., S. 204). Der Angeschuldigte hat daher den Rechtsanspruch gemäss § 280 Abs. 2 StPO in einem Zivilprozess geltend zu machen (vgl. § 1 Abs. 3 e eontrario sowie § 7 des Luzerner Haftungsgesetzes SRL Nr. 23], vgl. ZR 84 [1985] Nr. 45 sowie BGE 118 Ia 103f.)

Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Angeschuldigte seine Begehren auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersuchungshaft und auf Zusprechung einer angemessenen Entschädigung für den entstandenen Freiheitsentzug beim Zivilrichter stellen muss. Eine allfällige Genugtuung für die angeblich ohne hinreichenden Rechtsgrund erfolgte Ausschreibung im Schweizerischen Polizeianzeiger kann er wahlweise im Strafverfahren geltend machen innert 30 Tagen seit Eröffnung des Einstellungsbeschlusses bzw. des freisprechenden Urteils beim Zivilrichter einklagen (§§ 280 Abs. 1, 281 StPO).



Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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