Der Untersuchungsgefangene kann gemäss § 89 Abs. 1 StPO auf sein Verlangen in eine Strafanstalt oder, sofern die besonderen Voraussetzungen erfüllt sind, in eine Arbeitserziehungsanstalt verbracht werden. Im Zusammenhang mit Fragen der Zuständigkeit und des Vollzugs des vorzeitigen Strafvollzugs gemäss § 89 a StPO erliess die II. Kammer des Obergerichts am 28. Dezember 1959 und am 27. April 1976 Weisungen betreffend Versetzung der Untersuchungsgefangenen in eine Strafanstalt (Max. X Nr. 697) und betreffend Urlaubsgewährung an Häftlinge im vorzeitigen Strafvollzug (Max. XII Nr. 334). Infolge der seither eingetretenen veränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse (vgl. insbesondere das Konkordat über den Vollzug von Strafen und Massnahmen nach dem schweizerischen Strafgesetzbuch und dem Recht der Kantone der Nordwestund Innerschweiz, SRL Nr. 325, und die Revision der StPO vom 26. Juni 1989) werden diese Weisungen wie folgt neu gefasst (was im folgenden zum vorzeitigen Strafvollzug gesagt wird, gilt sinngemäss auch für die vorzeitige Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt):
1. Das Versetzungsgesuch ist vom Untersuchungsgefangenen mittels Formular "Versetzungsgesuch" zu stellen, auf dem er davon Kenntnis nimmt, dass er sich dem Reglement der Anstalt unterstellt und einem Gesuch um Rückversetzung in der Regel nicht entsprochen wird. Das Justizdepartement stellt solche Formulare dem Zentralgefängnis und den Amtsgefängnissen zu.
2. Über Gesuche um Versetzung und Rückversetzung von Untersuchungsgefangenen in eine Anstalt gemäss § 89 Abs. 1 StPO entscheidet jene Instanz der Strafrechtspflege, bei der das Strafverfahren hängig ist. Der Versetzungsentscheid hat Angaben über die Art und Schwere der Delikte sowie über Vorstrafen und vollzogene Freiheitsstrafen und allfällige für den Vollzug bedeutsame Bemerkungen wie beispielsweise über Kollusionsund Fluchtgefahr und über besondere Massnahmen der Strafrechtspflegeinstanz (vgl. Ziff. 4 Abs. 1) zu enthalten. Er ist dem Justizdepartement schriftlich mittels Formular "Versetzungsentscheid" mitzuteilen.
3. Gemäss § 89 Abs. 2 StPO ist "während des Aufenthaltes in einer Strafoder Arbeitserziehungsanstalt" keine Verlängerung der Haftverfügung erforderlich. Da der Gefangene vom Versetzungsentscheid an grundsätzlich nicht mehr als Untersuchungshäftling, sondern wie ein Strafgefangener behandelt wird (vgl. Ziff. 5 Abs. 1), ist vom Versetzungsentscheid an keine Verlängerung der Haftverfügung mehr notwendig (vgl. § 89 Abs. 2 StPO), auch wenn der Gefangene noch nicht in eine eigentliche Strafanstalt versetzt werden konnte.
4. Das Justizdepartement bestimmt die Strafanstalt, in die der Untersuchungsgefangene versetzt wird (vgl. LGVE 1984 III Nr. 23), und ist für die Fragen der Durchführung des vorzeitigen Strafvollzugs zuständig. Der Häftling ist grundsätzlich den Vorschriften über den Strafvollzug unterstellt, und die zuständige Strafrechtspflegeinstanz ist dementsprechend von den Aufgaben nach §§ 84 Abs. 2 und 85 StPO entlastet. In besondern Fällen überwacht und bewilligt die zuständige Strafrechtspflegeinstanz den nach Anstaltsreglement zulässigen Verkehr mit Drittpersonen (vgl. §§ 84 Abs. 2 und 85 StPO); solche Massnahmen der Strafrechtspflegeinstanz sind im Versetzungsentscheid ausdrücklich zu erwähnen.
In diesem Zusammenhang ist auf § 89 Abs. 2 StPO zu verweisen, wonach der Gefangene auch im vorzeitigen Strafvollzug jederzeit ein Entlassungsgesuch im Sinn von § 83quater Abs. 2 StPO stellen kann, worüber die zuständige Strafrechtspflegeinstanz zu entscheiden hat.
5. Ab dem Versetzungsentscheid untersteht der Gefangene nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über den Strafvollzug (StVVo, SRL Nr. 326) den Vorschriften über den Strafvollzug. Er ist somit von diesem Moment an wie ein Verurteilter zu behandeln. Daher kann nur die Anstaltsleitung bzw. das Justizdepartement einem Häftling, der sich nach § 89 StPO im vorzeitigen Strafvollzug befindet, Urlaub gewähren (vgl. § 9 StVVo). Auf keinen Fall kann diejenige Strafrechtspflegeinstanz, bei der das Verfahren hängig ist, einen solchen Urlaub bewilligen. Diese eindeutige Lösung erweist sich auch materiell als richtig, dient sie doch einer Vereinheitlichung der Urlaubspraxis. Wir weisen Sie daher an, entsprechende Urlaubsgesuche an das Justizdepartement weiterzuleiten.
Nun kann aber die Urlaubsgewährung an einen Häftling, der nach § 89 StPO vorzeitig in eine Strafanstalt verbracht worden ist, der Instanz nicht gleichgültig sein, bei der die Sache hängig ist. Das Justizdepartement hat sich daher bereit erklärt, kein Urlaubsgesuch eines im vorzeitigen Strafvollzug befindlichen Häftlings gutzuheissen, ohne vorher der zuständigen Strafrechtspflegeinstanz Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Justizdepartement wird auch dafür besorgt sein, dass die Anstaltsleitungen in Fällen des vorzeitigen Strafvollzuges Urlaube nur im Einverständnis mit der zuständigen Strafrechtspflegeinstanz gewähren.
6. In Ausnahmefällen kann die zuständige Strafrechtspflegeinstanz die Versetzung von Untersuchungsgefangenen in ein anderes Untersuchungsgefängnis in eine Strafanstalt anordnen, wenn dies beispielsweise aus Sicherheitsgründen Platzmangel erforderlich ist. In solchen Fällen ist die Fortsetzung der Haft grundsätzlich gemäss den §§ 84f. StPO zu vollziehen.