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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils JK 09 20: Obergericht

Der Präsident des Strafkassationsgerichts hat am 15. Februar 2010 entschieden, dass C.X.________ schuldig ist an einfachen Körperverletzungen, tätlichen Angriffen und anderen Vergehen. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, von der 34 Tage in Untersuchungshaft abgezogen wurden. Die Gerichtskosten belaufen sich auf insgesamt 98'773,90 CHF, die C.X.________ und B.X.________ zu tragen haben. C.X.________' Verteidiger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, diese jedoch später zurückgezogen. Die Entscheidung des Gerichts ist kostenfrei und sofort vollstreckbar.

Urteilsdetails des Kantongerichts JK 09 20

Kanton:LU
Fallnummer:JK 09 20
Instanz:Obergericht
Abteilung:Justizkommission
Obergericht Entscheid JK 09 20 vom 04.12.2009 (LU)
Datum:04.12.2009
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 12 und 115 OR: Einfache Schriftlichkeit für gegenseitige Übereinkunft zur Löschung eines Wohnrechts und Vormerkung eines Mietvertrags im Grundbuch.
Schlagwörter : Wohnrecht; Vertrag; Grundbuch; Vertrags; Wohnrechts; Kaufpreis; Verzicht; Schmid; Löschung; Mietvertrag; Jäggi; Zürcher; Kramer/Schmidlin; Aufhebung; Aepli; Eltern; Wohnhaus; Grundbuchamt; Regelung; Entschädigung; Basler; Vertragsparteien; Schriftlichkeit; Übereinkunft; Mietvertrags; Tochter
Rechtsnorm:Art. 11 OR ;Art. 115 OR ;Art. 12 OR ;Art. 776 ZGB ;Art. 964 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts JK 09 20

Art. 12 und 115 OR: Einfache Schriftlichkeit für gegenseitige Übereinkunft zur Löschung eines Wohnrechts und Vormerkung eines Mietvertrags im Grundbuch.



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X. verkaufte seiner Tochter Y. mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 29. April 1998 zwei Grundstücke zum Kaufpreis von Fr. 250'000.--. Im gleichen Vertrag räumte die Käuferin ihren Eltern im Wohnhaus auf einem der beiden Grundstücke ein lebenslängliches Wohnrecht ein. Im August 2009 reichten die beteiligten Parteien (Beschwerdeführer) dem Grundbuchamt ein (einvernehmliches) Löschungsbegehren betreffend das Wohnrecht ein und meldeten einen zwischen den Eltern X. und Tochter Y. abgeschlossenen Mietvertrag über das Wohnhaus zur Vormerkung an. Beide Rechtsgeschäfte wurden mit einfacher Schriftlichkeit abgeschlossen. Der Grundbuchverwalter wies die Anmeldung ab. Die dagegen erhobene Grundbuchbeschwerde hiess die Justizkommission des Obergerichts gut.



Aus den Erwägungen:

6.

Der Grundbuchverwalter begründet seine Abweisungsverfügung damit, dass eine beurkundungsbedürftige "Umgestaltung" der früheren Regelung vorliege, indem die gleichen Parteien bezüglich desselben Vertragsgegenstandes eine neue rechtliche und wirtschaftliche Regelung vereinbart hätten. Zudem sei auch der Inhalt des Kaufvertrages betroffen, da die Entschädigung für das Wohnrecht mit dem Kaufpreis verrechnet worden sei.



6.1.

Abänderung eines geltenden Vertrags bedeutet (vereinbarte) Modifizierung bestehender Vertragsbestimmungen (Jäggi, Zürcher Komm., Art. 12 OR N 6; Kramer/Schmidlin, Berner Komm. Art. 12 OR N 4; Schwenzer, Basler Komm., Art. 12 OR N 4). Diese unterliegt derselben gesetzlichen Formvorschrift wie der Vertrag selbst (Art. 12 OR).



Zutreffend ist, dass der Formulierung der Löschungsbewilligung zufolge das Wohnrecht in gegenseitiger Übereinkunft aufgehoben wurde. Die Aufhebung eines formbedürftigen Vertrags fällt nicht unter die Regelung von Art. 12 OR (Kramer/Schmidlin a.a.O., Art. 12 OR N 7; Jäggi, a.a.O., Art. 12 OR N 9; Aepli, Zürcher Komm., Art. 115 OR N 48; Baumann, Zürcher Komm., Art. 748-749 ZGB N 24). Es kommt hinzu, dass die Vertragsparteien im Begründungsvertrag den Untergang des Wohnrechts nicht von einem Verzichtsvertrag abhängig gemacht haben, so dass schon der einseitige Verzicht der Wohnrechtsnehmer das Dahinfallen des Wohnrechts bewirkt hätte (Art. 748 Abs. 2 i.V.m. Art. 776 Abs. 3 ZGB; Baumann, Zürcher Komm., Art. 748-749 ZGB N 25). Wenn schon der einseitige Verzicht zum Untergang des Wohnrechts führt, muss umso mehr der von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Löschungsantrag vom 20. April 2009 (Art. 964 Abs. 1 ZGB; Schmid, Basler Komm ZGB II, 3. Aufl., Art. 964 ZGB N 7) für die Vormerkung im Grundbuch genügen. Demzufolge fiel das Wohnrecht dahin, weshalb nichts mehr zu modifizieren blieb. Ein öffentlich beurkundeter Abänderungsvertrag (Art. 12 OR) war daher weder für die Aufhebung des Wohnrechts noch für den rechtsgültigen Abschluss des Mietvertrags notwendig.



6.2.

Auch der Umstand, dass im Kaufund Wohnrechtsbegründungsvertrag für das Wohnrecht eine Entschädigung von Fr. 40'000.-vereinbart und mit dem Kaufpreis verrechnet wurde, macht grundsätzlich keinen öffentlich beurkundeten Änderungsvertrag notwendig. Denn die Beschwerdeführer haben in Ziff. 7 Abs. 4 des Vertrags bereits vereinbart, was bezüglich des Kaufpreises gilt, indem beim Verzicht eine Barzahlung von Fr. 40'000.-an die Stelle der verrechneten Entschädigung tritt. Das in Kraft-Treten der Vertragsänderung wird demnach durch die einseitige Verzichtserklärung bewirkt (Bedingung), welche nach dem oben Gesagten nicht beurkundungsbedürftig ist. Dass darüber hinaus die Vertragsparteien gemeinsam die Aufhebung des Wohnrechts vereinbarten, führt daher zu keinem anderen Ergebnis. Es kommt hinzu, dass sich an der Höhe des Kaufpreises nichts geändert hätte.



6.3.

Wie sich nun aber aus den in diesem Verfahren neu vorgebrachten Ausführungen der Beschwerdeführer und der dem Grundbuchamt nicht eingereichten Vereinbarung vom 17. März 2009 ergibt, haben die Eheleute X. auf die Bezahlung der Kaufpreisrestanz verzichtet. Da es sich bei der Grundbuchbeschwerde um eine Verwaltungsbeschwerde handelt (LGVE 1981 I Nr. 11 E. 3), sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens massgebend (§ 146 VRG). Aus diesem Grund sind (unechte) neue Tatsachen zu berücksichtigen.



Mit dem Erlass der Kaufpreisrestanz erfährt der Kaufvertrag eine nachträgliche Änderung bezüglich des vereinbarten Austauschverhältnisses. Die Meinungen, ob bei synallagmatischen Verträgen der Forderungserlass gemäss Art. 115 OR formfrei möglich ist Art. 12 OR vorgeht, weil die andere Partei dadurch mehr belastet wird, sind nicht einheitlich (für formfreie Aufhebung im Falle, da die Gegenleistung bereits erbracht wurde: Schönenberger/Jäggi, a.a.O., Art. 12 N 21 f.; Gauch/Schluep, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil I, 9. Aufl., Rz 580; generell für Formfreiheit: Aepli, a.a.O., Art. 115 OR N 55 ff. mit Verweisen und Gonzenbach, Basler Komm., OR I, 3. Aufl., Art. 115 OR N 9; generell für Formbindung: Kramer/Schmidlin, a.a.O., Art. 11 OR N 104 und Art. 12 OR N 11 ff.). Das Bundesgericht hat sich hiezu noch nie äussern müssen (vgl. zuletzt: Urteil des Bundesgerichts 4A_49/2008 vom 09.04.2008 E. 2.2). Aepli legt überzeugend dar, dass Art. 115 OR die Obligation schlechthin nennt, ohne zu differenzieren. Dieser Auffassung ist zu folgen, zumal Formvorschriften eng auszulegen sind (Schönenberger/Jäggi, a.a.O., Art. 11 OR N 24; Kramer/Schmidlin, a.a.O., Art. 12 OR N 8; Aepli, a.a.O., Art. 115 OR N 55).



6.4.

Zusammengefasst ist die Beschwerde gutzuheissen. Im Sinne der Anträge wird das Grundbuchamt angewiesen, die Dienstbarkeit (Wohnrecht) zu löschen und den Mietvertrag vom 20. April 2009 über das Wohnhaus zwischen Y. und ihren Eltern X. (beide Mieter) im Grundbuch vorzumerken.



Justizkommission, 4. Dezember 2009 (JK 09 20)



Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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