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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils JK 09 15: Obergericht

Eine Frau namens M.________ hat eine Rente der Invalidenversicherung beantragt, da sie an paranoider Schizophrenie und postpartaler Depression leidet. Die Versicherung hat jedoch entschieden, dass sie nur eine teilweise Invalidität hat und somit keinen Anspruch auf eine Rente hat. M.________ hat dagegen Einspruch erhoben und eine psychiatrische Begutachtung beantragt. Nach Prüfung der medizinischen Berichte und einer Haushaltsumfrage wurde festgestellt, dass ihr Grad der Invalidität nicht ausreicht, um eine Rente zu erhalten. Das Gericht hat den Einspruch abgelehnt und entschieden, dass M.________ keine Rente erhalten wird.

Urteilsdetails des Kantongerichts JK 09 15

Kanton:LU
Fallnummer:JK 09 15
Instanz:Obergericht
Abteilung:Justizkommission
Obergericht Entscheid JK 09 15 vom 16.09.2009 (LU)
Datum:16.09.2009
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§ 130 ZPO. Untersuchungsgrundsatz und Mitwirkungspflicht im Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege. Abweisung eines Gesuches wegen fehlender Mitwirkung der Gesuchstellerin.
Schlagwörter : Gesuch; Mitwirkung; UR-Gesuch; Gesuchsteller; Mitwirkungspflicht; Rechtspflege; Entscheid; UR-Gesuchsteller; Hinweis; Verfahren; Gesuchstellers; Vermögensverhältnisse; Einkommen; Verhältnisse; Einkommens; Urteil; Bundesgerichts; Situation; Rekurs; Untersuchungsgrundsatz; Zivilprozess; Obergericht; Luzern; Studer/Rüegg/Eiholzer; Pflicht; UR-Gesuchstellers; Richter; Belege
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:120 Ia 181; 125 IV 164; 125 IV 165;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts JK 09 15

§ 130 ZPO. Untersuchungsgrundsatz und Mitwirkungspflicht im Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege. Abweisung eines Gesuches wegen fehlender Mitwirkung der Gesuchstellerin.



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Am 29. Juni 2009 wies der Amtsgerichtspräsident das Begehren der Klägerin um unentgeltliche Rechtspflege für den Zivilprozess gegen Z. ab, weil die Klägerin nicht bedürftig sei. Gegen diesen Entscheid rekurrierte sie an das Obergericht des Kantons Luzern.



Aus den Erwägungen

3.- Natürlichen Personen wird auf Gesuch die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt, wenn ihnen die Mittel fehlen, um neben dem Lebensunterhalt für sich und ihre Familie die Prozesskosten aufzubringen (§ 130 Abs. 1 ZPO). Die unentgeltliche Rechtspflege wird nicht bewilligt, wenn der Prozess das Verfahren aussichtslos erscheint (§ 130 Abs. 2 ZPO). Beim Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege ist grundsätzlich auf die aktuellen finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers (im Zeitpunkt des Entscheides) abzustellen, wobei mit Sicherheit bevorstehende zukünftige Veränderungen mitzuberücksichtigen sind (LGVE 1995 I Nr. 34).



3.1. Im UR-Verfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz (§ 133 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 234 Abs. 3 ZPO, Studer/Rüegg/Eiholzer, Der Luzerner Zivilprozess, § 234 ZPO N 4). Dieser befreit den UR-Gesuchsteller aber nicht von der Pflicht, seine Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen und soweit möglich zu belegen (Studer/Rüegg/Eiholzer, a.a.O., § 234 ZPO N 4). An die Mitwirkungspflicht dürfen umso höhere Anforderungen gestellt werden, je komplexer die ökonomischen Verhältnisse des UR-Gesuchstellers sind (BGE 125 IV 164 f. E. 4a, Urteil des Bundesgerichts 5P.73/2005 vom 26.4.2005 E. 2.3 mit Hinweis auf BGE 120 Ia 181 f. E. 3a). Dies widerspricht den prozessrechtlichen Grundsätzen nicht, die dem Richter gebieten, seiner Fragepflicht nachzukommen und der unbeholfenen Partei zu helfen, und ihm umgekehrt verbieten, sich formalistisch auf die Prüfung der beigebrachten amtlichen Belege zu beschränken und die aus anderen greifbaren Akten sich ergebenden Tatsachen nicht zur Kenntnis zu nehmen (Urteil des Bundesgerichts 5P.467/1997 vom 22.12.1997 i.S. M.P., S. 6 E. 3 unter Hinweis auf BGE 120 Ia 181 f. E 3 lit. a; vgl. Urteil des Bundesgerichts 6P.52/1999 und 6S.208/1999 vom 28.6.1999 S. 4). Aus den Vorbringen des UR-Gesuchstellers und den eingereichten Belegen müssen das aktuelle Einkommen, das Vermögen und die zum betreibungsrechtlichen Notbedarf hinzuzurechnenden Zuschlagspositionen hervorgehen. Der UR-Gesuchsteller hat zudem über seine gesamten finanziellen Verpflichtungen und deren Tilgung Aufschluss zu geben. Kommt er dieser umfassenden Pflicht zur Offenlegung seiner finanziellen Situation nicht nach, so ist sein Gesuch mangels ausreichender Substanziierung mangels Bedürftigkeitsnachweis abzuweisen (Bühler in: Gerichtskosten, Parteikosten, Prozesskaution, unentgeltliche Prozessführung, Bern 2001, S. 188 f. mit Hinweis auf BGE 125 IV 165 E. 4a und weitere; vgl. auch LGVE 1985 I Nr. 25).



Von einem UR-Gesuchsteller der selbstständig erwerbend ist, wird erwartet, dass er ein so vollständiges und nachprüfbares Bild seiner finanziellen Situation vermittelt, dass das Ergebnis der ausgewiesenen finanziellen Situation mit der tatsächlichen Lebenshaltung vereinbart werden kann. Dazu ist erforderlich, dass die Einkommensund Vermögensverhältnisse in nachprüfbarer Weise offen gelegt, die Art und Entstehung von Schulden sowie deren Tilgung erläutert und nachgewiesen sowie Art und Umfang der behaupteten Unterstützungsleistungen Dritter im Einzelnen belegt werden. Ergeben die von einem Selbstständigerwerbenden vorgelegten Urkunden und die von ihm gemachten Angaben kein kohärentes und widerspruchsfreies Bild seiner finanziellen Verhältnisse, so ist sein UR-Gesuch zufolge Verletzung der Mitwirkungspflicht abzuweisen. Die Mitwirkungspflicht des Gesuchstellers, das Beschleunigungsgebot und das herabgesetzte Beweismass stehen der Einholung einer Bücherexpertise entgegen. Im Rechtsmittelverfahren ist der Richter nur noch zur Beachtung von echten und unechten Noven verpflichtet, hingegen nicht dazu, dem Gesuchsteller ein zweites Mal Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben und ihm hiefür nochmals Frist anzusetzen (LGVE 2005 I Nr. 24 und JK 04 41 Entscheid vom 8.2.2005 E. 4 mit Hinweis auf Bühler, a.a.O., S. 189 f. und weiteren Verweisungen).



3.2. Die Klägerin kann aus dem Umstand, dass die Vorinstanz beim Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege auf ihre Angaben im UR-Gesuch bzw. auf den aufgelegten Jahresabschluss 2007 und auf die Steuererklärung 2007 abgestellt hat, nichts zu ihren Gunsten ableiten. Nach dem Gesagten unterliegt die Klägerin im Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege der Mitwirkungspflicht. Sie hat ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzustellen (E. 3.1). Dieser Mitwirkungspflicht ist die Klägerin selbst im Rekursverfahren nicht nachgekommen. Sie legt weder eine aktuelle Steuererklärung noch den Jahresabschluss 2008 bzw. einen Zwischenabschluss 2009 auf. Die entsprechende Editionsaufforderung des Obergerichts beantwortete sie mit dem blossen Hinweis, die Buchhaltung habe noch nicht erstellt werden können, ohne dafür irgendwelche Gründe anzugeben. Die Saldobestätigungen der Bank vom 8. Juli 2009 sowie die aufgelegten Rechnungen geben keine umfassende Auskunft über die Einnahmenund Vermögensverhältnisse der Klägerin. Die Vorbringen der Klägerin in der Rekursschrift, insbesondere die Ausführungen, wonach die Liegenschaft nicht weiter belastet werden könne, sie keine veräusserbaren Vermögenswerte habe und die Liegenschaft zu hoch bewertet worden sei, sind nicht belegt und damit nicht glaubhaft gemacht. Bei dieser Sachlage ist das UR-Gesuch bzw. der Rekurs wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht abzuweisen.



Justizkommission, 16. September 2009 (JK 09 15)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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