E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils JK 05 27: Obergericht

Der Text handelt von einem Gerichtsverfahren gegen G.________ wegen Diskriminierung, Gewalt oder Bedrohung gegen Behörden und Beamte sowie Verstoss gegen die Polizeiverordnung von Nyon. Der Präsident des Gerichts lehnte es ab, einen Pflichtverteidiger für G.________ zu bestimmen, woraufhin G.________ dagegen Einspruch erhob. Der Einspruch wurde jedoch abgewiesen, da G.________ nicht klar machte, worin sein Einspruch bestand und somit nicht nachvollziehbar war. Das Gericht entschied, dass die Kosten des Verfahrens von 440 CHF von G.________ zu tragen sind.

Urteilsdetails des Kantongerichts JK 05 27

Kanton:LU
Fallnummer:JK 05 27
Instanz:Obergericht
Abteilung:Justizkommission
Obergericht Entscheid JK 05 27 vom 16.09.2005 (LU)
Datum:16.09.2005
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§ 137 ZPO. Im Verfahren betreffend Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege steht jedem ein Anzeigerecht zu, der die Verhältnisse der unentgeltlich prozessierenden Partei so kennt, dass sich ein Einschreiten des Richters rechtfertigt. Partei ist im Entzugsverfahren jedoch nur diejenige Person, der die unentgeltliche Rechtspflege entzogen werden soll. Dem Anzei-gesteller kommt grundsätzlich keine Parteistellung zu.
Schlagwörter : Recht; Rechtspflege; Verfahren; Beklagten; Klägern; Amtsgericht; Gesuch; Klage; Entscheid; Darlehen; Entzug; Amtsgerichtspräsident; Richter; Rekurs; Anwalt; Darlehensvertrag; Entzugsverfahren; Person; Sinne; Anwaltskosten; Bewilligung; Antrag; Prozesses; Voraussetzungen; Kaufpreis; Anwalt; Nichtigkeitsbeschwerde; Anzeigerecht
Rechtsnorm:Art. 146 StGB ;Art. 20 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts JK 05 27

§ 137 ZPO. Im Verfahren betreffend Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege steht jedem ein Anzeigerecht zu, der die Verhältnisse der unentgeltlich prozessierenden Partei so kennt, dass sich ein Einschreiten des Richters rechtfertigt. Partei ist im Entzugsverfahren jedoch nur diejenige Person, der die unentgeltliche Rechtspflege entzogen werden soll. Dem Anzei-gesteller kommt grundsätzlich keine Parteistellung zu.



======================================================================



E r w ä g u n g e n



1.

Mit Einigungsbegehren vom 10. Mai 2004 verlangten die Kläger vom Beklagten die Bezah-lung von Fr. 161''200.-- und ersuchten um Erteilung der unentgeltliche Rechtspflege. Am 27. Juli 2004 erteilte der Amtsgerichtspräsident den Klägern die unentgeltliche Rechtspflege in dem Sinne, als er ihnen Gutstand für die Anwaltskosten erteilte und Rechtsanwalt Y. zu ih-rem unentgeltlichen Rechtsvertreter ernannte. Am 6. Oktober 2004 reichten die Kläger bei der Vorinstanz Klage ein.



Im Rahmen der Klageantwortfrist stellte der Beklagte in erster Instanz am 4. Februar 2005 folgende Anträge:



1. Den Klägern sei die Bewilligung zur unentgeltlichen Rechtspflege in dem vor dem Amtsgericht X. gegenüber dem Beklagten anhängig gemachten Prozess Nr. 11 04 26 rückwirkend zu entziehen.



2. Der Prozess Nr. 11 04 26 sei bis zur rechtskräftigen Erledigung des vorliegen-den Gesuches zu sistieren.



3. Gegenüber dem Anwalt der Kläger sei wegen dringenden Verdachtes auf Be-trug gemäss Art. 146 StGB Strafanzeige einzureichen.



4. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gesuchsgegner.



Der Amtsgerichtspräsident trat mit Entscheid vom 2. Mai 2005 auf den Antrag Ziff. 1 des Be-klagten nicht ein, weil dieser nicht dargetan habe, dass er ein Sicherheitsleistungsgesuch gestellt hätte und somit nicht berechtigt sei, als Partei am Verfahren teilzunehmen. Zudem werde die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob der Darlehensvertrag vom 24. Juni 1999 die Forderung im Hauptprozess zu beweisen vermöge, im Hauptprozess zu klären sein. Dem Antrag Ziff. 2 hatte der Amtsgerichtspräsident bereits mit Verfügung vom 8. Februar 2005 entsprochen und den Antrag Ziff. 3 wies er ab, soweit er darauf eintrat.



2.

Gegen den Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten rekurrierte der Beklagte am 19. Mai 2005. Dabei beantragte er, den Klägern sei in Aufhebung des vorinstanzlichen Ent-scheides die im Forderungsprozess gegen den Rekurrenten gewährte unentgeltliche Rechtspflege rückwirkend zu entziehen.



In der Begründung machte der Beklagte zusammengefasst geltend, der Amtsgerichtspräsi-dent sei auf sein Gesuch zu Unrecht nicht eingetreten. Er (der Beklagte) habe in seinem Gesuch vom 4. Februar 2005 ausdrücklich dargelegt, dass die Kläger ihre Klage wahrscheinlich zurückziehen würden, wenn ihnen das Recht zur unentgeltlichen Prozessführung zufolge Aussichtslosigkeit des Prozesses entzogen werde. Sollten die Kläger wider Erwarten in der Lage sein, einen angemessenen Gerichtskostenvorschuss zu bezahlen, werde der Beklagte selbstverständlich ein Gesuch auf Kostensicherung im Sinne von § 125 ZPO stellen. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherheitsleistung seien erfüllt. Der Amtsgerichtsprä-sident habe die Klage nicht als aussichtslos erachtet. Er (der Beklagte) habe indes bereits im vorinstanzlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass die im Darlehensvertrag vom 24. Ju-ni 1999 erwähnten Darlehen von Fr. 64''800.-- und Fr. 60''000.-- nie zur Auszahlung gekom-men seien. Die Kläger hätten in einer am 4. Mai 2004 von Rechtsanwalt Y. redigierten Straf-anzeige an das Amtsstatthalteramt selber ausgeführt, sie seien zum Zeitpunkt des Darle-hensvertrages vermögenslos gewesen. Der Darlehensvertrag sei im Zusammenhang des Verkaufes der landwirtschaftlichen Liegenschaft Z. an den Beklagten abgeschlossen worden. Er sei zur Sicherung des effektiven Kaufpreises abgeschlossen worden, welcher den in der öffentlichen Urkunde zu tief angegebenen Kaufpreis übersteige. Wenn das Darlehen tatsäch-lich zur Bezahlung eines inoffiziell vereinbarten Kaufpreises in Anspruch genommen worden wäre, müsste der entsprechende Vertrag gestützt auf Art. 20 OR als nichtig betrachtet wer-den. Aufgrund des heute unbestrittenen Sachverhaltes müsse die Klage als völlig aussichts-los bewertet werden. Er (der Beklagte) habe es nicht hinzunehmen, dass der Gegenpartei gestützt auf offensichtlich falsche Angaben das Recht auf die unentgeltliche Rechtspflege zuerkannt werde, während er selbst auf eigene Kosten die von den Klägern mutwillig vom Zaun gerissene Klage abzuwehren habe. Der Gegenanwalt habe den vorinstanzlichen Rich-ter mit der Vorlage des fingierten Darlehensvertrages über die Erfolgsaussichten des Pro-zesses absichtlich und wider besseres Wissen getäuscht.



Die Kläger schlossen mit Stellungnahme vom 15. Juli 2005 auf Abweisung des Rekurses.



3.

Gemäss § 137 ZPO entzieht der Richter die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege, soweit ihre Voraussetzungen nicht erfüllt waren im Lauf des Prozesses dahinfallen. Das Entzugsverfahren ist vom Richter einzuleiten, wenn er im Laufe des Prozesses zur Ansicht gelangt, die Voraussetzungen zur Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege seien nie erfüllt gewesen nicht mehr gegeben. In diesem Zusammenhang steht jedem ein Anzeigerecht zu, der die Verhältnisse der unentgeltlich prozessierenden Partei so kennt, dass sich ein Einschreiten des Richters rechtfertigt (vgl. Ries, Die unentgeltliche Rechtspflege nach der aar-gauischen Zivilprozessordnung vom 18.12.1984, S. 259). Beim UR-Verfahren handelt es sich um ein Verfahren der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit. Partei ist diejenige Person, die ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt hat. Dementsprechend kann auch im Ent-zugsverfahren nur diejenige Person Partei sein, der die unentgeltliche Rechtspflege entzo-gen werden soll. Dem Anzeigesteller, vorliegend dem Beklagten, kommt grundsätzlich keine Parteistellung zu.



3.1.

Nach § 134 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann der Betroffene gegen den Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege durch den erstinstanzlichen Richter Rekurs erheben. Die Gegenpartei kann gegen die Bewilligung rekurrieren, wenn der Gesuchsteller von der Pflicht zur Sicherheits-leistung befreit ist (§ 134 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Die Nichtigkeitsbeschwerde an das Oberge-richt ist zulässig gegen Endentscheide unterer Instanzen, wenn Appellation und Rekurs aus-geschlossen sind (§ 265 Abs. 1 ZPO).



3.2.

Ob der Beklagte Betroffener im Sinne von § 134 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist, kann offen gelassen werden, da den Klägern die unentgeltliche Rechtspflege nicht entzogen, sondern auf das Gesuch des Beklagten nicht eingetreten wurde. Vorliegend geht es auch nicht um einen Fall von § 134 Abs. 3 Satz 2 ZPO, da den Klägern die teilweise unentgeltliche Rechtspflege be-reits mit Entscheid vom 27. Juli 2004 erteilt wurde. Gegen diesen Entscheid hatte der Be-klagte nicht rekurriert. Gegen den vorinstanzlichen Entscheid kann somit nicht rekurriert werden.



Die Eingabe des Beklagten kann auch nicht als Nichtigkeitsbeschwerde entgegengenommen werden, da der Beklagte dazu nicht legitimiert ist. Die Legitimation zur Einreichung der Nich-tigkeitsbeschwerde ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften der Abschnitte I. - VI. der ZPO, die als ergänzendes Recht anwendbar sind (Studer/Rüegg/Eiholzer, Der Luzerner Zi-vilprozess, S. 337, N 4 der Vorbemerkung zu den §§ 245-290). Danach sind die Hauptpar-teien ihre Rechtsnachfolger legitimiert, Nichtigkeitsbeschwerde einzureichen, letztere jedoch nur nach Massgabe der Vorschriften über den Parteiwechsel (§§ 55 und 56 ZPO). Ferner sind grundsätzlich Streitgenossen (§§ 49 und 50 ZPO) und der Nebenintervenient (§ 52 Abs. 2 ZPO) legitimiert (vgl. dazu Studer/Rüegg/Eiholzer, a.a.O., N 4 zu § 245 ZPO). Sämtliches trifft auf den Beklagten im URbzw. Entzugsverfahren nicht zu (vgl. auch E. 3).



3.3.

Zusammenfassend ist demnach auf den Rekurs des Beklagten vom 19. Mai 2005 nicht ein-zutreten.

(¿)



5.

Der Beklagte trägt die Kosten dieses Verfahrens (§ 237 i.V.m. § 119 ZPO). Die Gerichtsge-bühr ist auf Fr. 500.-festzusetzen. Der Beklagte hat den Klägern für dieses Verfahren eine pauschale Anwaltskostenentschädigung von Fr. 538.-- (inkl. Auslagen und Fr. 38.-- MWST) zu bezahlen.





R e c h t s s p r u c h



1.

Auf den Rekurs wird nicht eingetreten.



2.

Der Beklagte trägt die Kosten dieses Verfahrens. Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-ist mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe bereits bezahlt.



Der Beklagte hat den Klägern für dieses Verfahren eine pauschale Anwaltskostenentschädi-gung von Fr. 538.-- (inkl. Auslagen und. Fr. 38.-- MWST) zu bezahlen.



3.

Dieser Entscheid ist den Parteien und dem Amtsgerichtspräsidenten II von X. zuzustellen.



Luzern, 10. August 2005 (JK 05 27)





(Das Bundesgericht hat die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde am 4.1.2006 abgewiesen, 4P.251/2005)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.