Art. 25 lit. c und 27 Abs. 1 IPRG. Ordre public-Widrigkeit eines ausländischen Adoptionsentscheids, bei welchem der nach schweizerischem Recht erforderliche Mindestaltersunterschied um mehr als fünf Jahre nicht erfüllt und die Voraussetzung des Kindeswohls nicht gegeben ist.
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Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Kosovo; der Beschwerdeführer ist zudem Schweizerbürger. Sie leben in der Schweiz. Am 21. Dezember 2006 bewilligte das Gemeindegericht in V. (Kosovo) die Adoption von L. (geb. 06.07.1991) durch die Bewschwerdeführer. L. ist der Neffe des Beschwerdeführers. Das Justizund Sicherheitsdepartement verweigerte am 11. September 2008 die Anerkennung dieses ausländischen Adoptionsentscheids. Die von den Beschwerdeführern gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das Obergericht ab.
Aus den Erwägungen:
2.6.
Wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, verstösst eine Anerkennung dann gegen den materiellen Ordre public, wenn das einheimische Rechtsgefühl durch die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Entscheids in unerträglicher Weise verletzt würde, weil dadurch grundlegende Vorschriften der schweizerischen Rechtsordnung missachtet werden. Die (ex-officio zu prüfende) Anwendung des Ordre public-Vorbehalts ist im Bereich der Anerkennung ausländischer Entscheide nach dem Wortlaut des Gesetzes restriktiver als im Bereich der Anwendung des fremden Rechts gemäss Art. 17 IPRG (BGE 131 III 185 E. 4.1; 120 II 88 E. 3). Eine Minderjährigenadoption kann dann gegen den Ordre public verstossen, wenn nicht das Wohl des Kindes im Vordergrund stand, sondern adoptionsfremde Motive wie ausschliesslich das Erlangen sozialrechtlicher, aufenthaltsrechtlicher sonstiger Vorteile (Kurt Siehr, Zürcher Komm. zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N 11 zu Art. 78 IPRG; Urteil des Bundesgerichts 5A.20/2005 vom 21.12.2005 E. 3.3).
2.6.1.
In der Schweiz ist eine Adoption nur zulässig, wenn das Adoptivkind wenigstens 16 Jahre jünger ist als die Adoptiveltern (Art. 265 ZGB). Von der Einhaltung dieses Erfordernisses kann im nationalen Recht nicht befreit werden (Hegnauer, Berner Komm., N 4 zu Art. 265 ZGB). Nach dem Kreisschreiben des Bundesamtes für Justiz vom 15. Juli 1992 an die kantonalen Aufsichtsbehörden im Zivilstandswesen und an die zuständigen kantonalen Aufsichtsbehörden auf dem Gebiet der Adoption kann eine Adoption in der Schweiz nicht anerkannt werden, wenn sie offensichtlich mit dem schweizerischen Ordre public unvereinbar ist. Bezüglich des Altersunterschieds zwischen dem Adoptierenden den adoptierenden Ehegatten und dem Kind nennt das Bundesamt keine konkrete Zahl, hält aber fest, dieser sollte doch soweit möglich mit demjenigen in einer leiblichen Familie übereinstimmen (ZZW 1993 S. 33 ff.). L. ist gut zehn Jahre (10 Jahre und knapp 2 Monate) jünger als die Beschwerdeführerin. Dieser Altersunterschied entspricht bei weitem nicht demjenigen zwischen Kind und biologischem Elternteil in einer leiblichen Familie. Bei diesem geringen Altersunterschied - der nach schweizerischem Recht erforderliche Mindestunterschied ist um mehr als fünf Jahre nicht erreicht ist von einer Ordre public-Widrigkeit auszugehen; dies insbesondere unter Berücksichtigung, dass bei der Adoption nicht das Wohl des Kindes im Vordergrund stand (vgl. nachfolgend E. 2.6.3 f.).
2.6.2.
Nach dem Schweizerischen Recht (Art. 264 ZGB) darf eine Adoption nur ausgesprochen werden, wenn sie dem Wohl des Kindes dient. Das Kindeswohl (dem Verfassungsrang zukommt [BGE 129 III 255 E. 3.4.2]) ist der Inbegriff der Voraussetzungen, von denen in einer gegebenen Situation die optimale Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes abhängt. Sie umfassen alle Aspekte der Persönlichkeit: die affektiven und intellektuellen, die körperlichen und gesundheitlichen, die sozialen und rechtlichen. Die beiden Situationen, die das Kind mit ohne Adoption erwarten, sind miteinander zu vergleichen. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die familienrechtliche Wirkung der Adoption, die Begründung eines Kindesverhältnisses zu dem den Adoptierenden, dem Wohl des Kindes diene (Hegnauer, a.a.O., N 56 ff. zu Art. 264 ZGB).
2.6.3.
Zur Prüfung der Frage, ob die Adoption im Interesse von L. ist, ist von folgendem Sachverhalt auszugehen: Seit L. 10 ½ Jahre alt ist (2001) wohnt er nicht mehr bei seinen leiblichen Eltern, da diese Beziehungsprobleme hatten und er darunter litt. Er wohnte in Kosovo im Haus des Beschwerdeführers zusammen mit seiner Grossmutter (Mutter des Beschwerdeführers; Jahrgang 1937). Der Beschwerdeführer verbrachte in den ersten sechs bis acht Monaten zwei bis dreimal pro Monat mehrere Tage mit L.; seither einmal monatlich einige Tage. Die Beschwerdeführerin verbringt jeweils die Schulferien zusammen mit ihren Kindern bei L. Seit anfangs 2006 kommt L. jährlich je dreimal einen Monat in die Schweiz. Die Grossmutter ist im Sommer 2008 an Krebs gestorben. Im Jahr 2005 war sie zweimal für Operationen in der Schweiz. Das Gemeindegericht von V. stellte im Adoptionsentscheid fest, L. habe viele Schulversäumnisse und halte sich in Gesellschaft von Kindern ohne Erziehung auf.
2.6.4.
Die Beschwerdeführer haben die Absicht, L. zu sich zu nehmen und ihn zu betreuen. Dies entspricht an sich auch dem Gedanken der Adoption, wonach Eltern und Kind durch Pflege und Erziehung zu einer Familie zusammenwachsen. Allerdings geht es in der Regel um kleine Kinder, die in ihrer Persönlichkeit noch nicht fertig entwickelt sind (Hegnauer, a.a.O., N 29 zu Art. 264 ZGB). Bei L. ist zu berücksichtigen, dass er bereits knapp 17 ½ Jahre alt ist. In gut einem halben Jahr ist er volljährig. In diesem Alter ist die Persönlichkeitsentwicklung zu einem grossen Teil abgeschlossen. Die Jugendlichen werden selbstständig und lösen sich von ihren Eltern ab. Dass sich L. nun in eine neue Familie integrieren soll, ist von daher nicht natürlich. Der Sinn der Adoption von L. kann somit nicht darin liegen, ein familienähnliches Verhältnis zu begründen.
Hinzu kommt, dass L. bereits seit gut sieben Jahren zu einem grossen Teil auf sich selber gestellt war. Die Beschwerdeführer halten zwar fest, sie hätten L. einerseits in Kosovo in den Ferien sowie tageweise zwischendurch besucht und andererseits habe er einige Monate in der Schweiz verbracht. Zudem habe die Grossmutter im gleichen Haus gewohnt. Dies kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die Beschwerdeführer L. bis jetzt keine konstante Pflege und Erziehung gewährleisten konnten (vgl. Cyril Hegnauer, Grundriss des Kindesrechts, Bern 1999, N 11.04 [Pflegeverhältnis darf nicht bloss in gemeinsamen Ferienaufenthalten bestehen]). Es ist daher davon auszugehen, dass L. und die Beschwerdeführer mit ihren Kindern noch nicht zu einer Familie zusammengewachsen sind. Hinzu kommt, dass L. die Schweizer Kultur nur von den Ferienaufenthalten kennt und, wie gut er die deutsche Sprache beherrscht, ist unklar. L. müsste hier in der Schweiz eine Ausbildung absolvieren, was für ihn mit seinem Hintergrund (andere Kultur, Sprachschwierigkeiten, schwierige Jugend) angesichts seines fortgeschrittenen Alters mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre. In Kosovo war er offenbar sozial auffällig und verzeichnete viele Schulversäumnisse. Da er die wichtigsten Jahre seiner Entwicklung hinter sich hat, ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer diesbezüglich erhebliche Veränderungen bewirken könnten. Von daher ist der Wohnsitzwechsel von L. in die Schweiz zu den Beschwerdeführern nicht in seinem Interesse. Er wird es hier noch schwieriger haben als in seiner Heimat, deren Kultur und Mentalität ihm besser vertraut ist. Es ist denn auch zweifelhaft, ob L. der Adoption in dem Sinn zugestimmt hat, dass er in die Schweiz zu den Beschwerdeführern ziehe. Gegenüber dem Gemeindegericht in V. hielt er fest, sein weiteres Leben sehe er in der Familie und im Haus des Beschwerdeführers, wo er auch in den letzten fünf Jahren gelebt habe.
2.7.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Adoptionsentscheid des Gemeindegerichts in V. vom 21. Dezember 2006 gegen den schweizerischen Ordre public verstösst, da einerseits ein zu geringer Altersunterschied zwischen der Beschwerdeführerin und L. besteht und andererseits die Adoption mit dem Kindeswohl nicht vereinbar ist. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
II. Kammer, 24. November 2008 (OG 30 08 19)