X. ist wegen Geistesschwäche entmündigt (Art. 369 ZGB). Seine Eltern sind geschieden. X. steht unter der erstreckten elterlichen Sorge seiner Mutter (Art. 385 Abs. 3 ZGB). Nach dem Tod seines Vaters fiel das gesamte Nachlassvermögen an ihn als Universalerben. Im Nachhinein kam eine letztwillige Verfügung des Vaters zum Vorschein, in welcher dieser X. auf den Pflichtteil setzte und den dadurch entstehenden Freiteil der Mutter von X. zuwies. In der Folge verkaufte X. seiner Mutter das sich im Nachlass befindliche Grundstück mit Wohnhaus. Der Gemeinderat Y. erteilte dem Verkauf des Grundstücks die Zustimmung. Der Regierungsstatthalter hob den Zustimmungsentscheid von Amtes wegen aufsichtsrechtlich auf. Gegen diesen Entscheid erhob die Mutter von X. Beschwerde, welche das Obergericht guthiess.
Aus den Erwägungen
4.- (...) Nach § 42 Abs. 1 EGZGB ist der Regierungsstatthalter Aufsichtsbehörde über die Vormundschaftsbehörde und hat alle durch das ZGB der Aufsichtsbehörde übertragenen Aufgaben zu erfüllen (§ 44 Abs. 1 EGZGB). In erster Linie überwacht die Aufsichtsbehörde von Amtes wegen auf Beschwerde hin die gesamte Tätigkeit der Vormundschaftsbehörde und mittelbar auch jene der Amtsträger. Die allgemeine Überwachung von Amtes wegen wird präventiv (durch Erlass von Kreisschreiben, Auskünfte an Vormundschaftsbehörden etc.) repressiv (durch Einschreiten von Amtes wegen bei fehlerhafter Führung vormundschaftlicher Geschäfte) ausgeübt und gestaltet sich nach kantonalem Recht (Schnyder/Murer, Berner Komm., N 67 f. zu Art. 361 ZGB; Langenegger, Basler Komm., N 4 zu Art. 361; Brühlmeier, ZVW 33, 1978, S. 131). Die Aufsichtsbehörde ist trotz des Fehlens eines ausdrücklichen Hinweises in Art. 420 ZGB grundsätzlich befugt, von Amtes wegen gegen ein pflichtwidriges Handeln der unteren Behörden einzuschreiten. Wo sie selbst auf einen Fall krasser Rechtsverletzung stösst, wird sie nicht eine Beschwerde nach Art. 420 ZGB abwarten, sondern von Amtes wegen einschreiten (Schwarz Andreas, Die Vormundschaftsbeschwerde Art. 420 ZGB, Diss. Zürich 1968, S.31; Geiser, ZVW 48, 1993, S. 217). Dabei ist indessen zu beachten, dass die Vormundschaftsbehörde für ihre Entscheide grundsätzlich selber verantwortlich ist, weshalb es nicht Aufgabe der Aufsichtsbehörde ist, nach einzelnen falschen Entscheiden zu forschen (Geiser, Basler Komm., N 8 zu Vorbem. zu Art. 420-425; Geiser, ZVW 33, 1978, S. 217). Das selbstständige Einschreiten der Aufsichtsinstanz muss auch in materieller Hinsicht begrenzt werden. Besondere Zurückhaltung muss geübt werden, wenn der Verwaltungsakt bereits rechtskräftig geworden ist und nach aussen hin Wirkungen entfaltet hat (Schwarz, a.a.O., S. 34 lit. C). Zur Prüfung der Frage, wann eine Verfügung von einer oberen Aufsichtsbehörde kraft ihres Aufsichtsrechts aufgehoben werden kann, sind die allgemeinen Grundsätze heranzuziehen. Die Aufhebung ist nur zulässig, wenn klares Recht verletzt, wesentliche Verfahrensvorschriften öffentliche Interessen offensichtlich missachtet worden sind, also wichtige Gründe für eine Aufhebung der Verfügung vorliegen (§ 116 Abs. 2 VRG; LGVE 1984 III Nr. 9 S. 277; BGE 97 I 10 f.).
5.- Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 404 Abs. 1 ZGB, wonach die Veräusserung von Grundstücken des Bevormundeten nur in den Fällen zu gestatten ist, wo seine Interessen es erfordern, im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommt. X. befindet sich nicht unter Vormundschaft, sondern unter erstreckter elterlicher Sorge gemäss Art. 385 Abs. 3 ZGB, auf welche die Bestimmungen des Vormundschaftsrechts im engeren Sinn nicht zur Anwendung kommen (Schnyder/Murer, N 48 zu Art. 385 ZGB; Riemer Hans Michael, Grundriss des Vormundschaftsrechts, 2.Aufl., Bern 1997, N 4 zu § 3). Wegen der gegensätzlichen Interessen von X. und der Beschwerdeführerin als seiner gesetzlichen Vertreterin in der erb-rechtlichen Angelegenheit und im Hinblick auf den Abschluss des Kaufvertrages wurde für ihn eine Beistandschaft nach Art. 392 Ziff. 2 ZGB errichtet. Auf die Veräusserung eines Grundstückes, das einem gemäss Art. 392 Ziff. 2 ZGB Verbeiständeten gehört, findet Art. 404 ZGB keine Anwendung, sie bedarf aber immerhin der Zustimmung der Vormundschaftsbehörde (ZVW 30, 1975, S. 117). Damit entfällt hier auch die Voraussetzung von Art. 404 Abs. 1 ZGB, wonach die Interessen des Betroffenen den Verkauf eines Grundstückes als notwendig erscheinen lassen müssen (Guler, Basler Komm., N 10 zu Art. 404; Egger, Zürcher Komm., N 5 zu Art. 404 ZGB; LGVE 1974 III Nr. 19). Es genügt, dass seine Interessen mit der Veräusserung gewahrt werden bzw. die Veräusserung in seinem Interesse liegt (ZVW 30, 1975, S. 116 f. lit. C). (...)
Anlass zum Verkauf des Grundstückes von X. war die Korrektur der bereits abgeschlossenen Erbteilung, die mit dem später aufgetauchten Testament des Erblassers in Widerspruch stand. (...) Eine Neudurchführung der Erbteilung im Sinne des Testaments würde bedeuten, dass X. der Beschwerdeführerin die verfügbare Quote, d.h. einen Betrag von rund Fr. 100'000.-ausrichten müsste. Als Vermögen würde ihm im Wesentlichen nur das Zweifamilienhaus bleiben, das ca. 50-jährig und renovationsbedürftig und zudem mit dem Wohnrecht der Beschwerdeführerin belastet ist. X. lebt zusammen mit der Beschwerdeführerin in einer Wohnung; die andere Wohnung wird nach den Angaben der Beiständin nur unregelmässig vermietet, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die Liegenschaft praktisch keinen Ertrag abwirft. X. verfügt über monatliche Einkünfte von ca. Fr. 2'200.-- (IV-Rente, Hilflosenentschädigung und Vermögensertrag), seine Auslagen belaufen sich auf Fr. 1'645.-- (inkl. Steuern von Fr. 450.--, aber ohne Anrechnung eines Pflegelohnes). Hinzu kamen 1999 und 2000 Aufwendungen im Zusammenhang mit der Liegenschaft von monatlich rund Fr. 1'100.--. Diese Gegenüberstellung zeigt, dass er mit seinen Einnahmen den Lebensunterhalt, insbesondere aber den Aufwand für die Liegenschaft nicht bestreiten kann, auch wenn die Beschwerdeführerin als Wohnberechtigte gewisse Unterhaltskosten mittragen sollte. Er muss daher zur Deckung seines Bedarfs auf das Vermögen, das ihm nach Ausrichtung des Erbbetreffnisses an die Beschwerdeführerin noch bleibt, zurückgreifen. Damit läuft er Gefahr, seinen Verpflichtungen über kurz lang nicht mehr nachkommen zu können und allenfalls seine gewohnte Umgebung zu verlieren. Unter diesem Aspekt betrachtet liegt ein Verkauf der Liegenschaft von X. an die Beschwerdeführerin zweifellos in seinem Interesse, mindestens solange diese die Betreuungsaufgabe noch wahrnehmen kann. Dem steht auch nicht entgegen, dass diese Lösung nicht der Anordnung des Erblassers in seinem Testament entspricht, liegt es doch im Ermessen der Erben, eine andere Teilung zu vereinbaren (Druey Jean Nicolas, Grundriss des Erbrechts, 3. Aufl., Bern 1992, N 61 zu § 16).
Die Vertragsparteien setzten den Kaufpreis für das Grundstück nach Berücksichtigung des Erbanspruchs der Beschwerdeführerin von ca. Fr. 100'000.-auf Fr. 203'000.-fest. Dieser Kaufpreis wird im Wesentlichen mit dem Pflegelohn der Beschwerdeführerin in der Höhe von Fr. 500.-monatlich für die bisherige und künftige Pflege des schwer behinderten X. verrechnet. Nach Auffassung des Regierungsstatthalters werden die Interessen von X. insbesondere durch diese Regelung der Kaufpreiszahlung nicht gewahrt. Die erstreckte elterliche Sorge umfasse auch Pflegeund Betreuungsleistungen, wie sie zwischen Eltern und Kindern üblich seien, und zwar in der Regel unentgeltlich. Es sei durchaus richtig, wenn die Beschwerdeführerin einen wesentlichen Teil der IV-Rente und insbesondere der Hilflosenentschädigung für sich beanspruche. Weitere Ansprüche würden aber bestritten.
Die Rechtsnatur der erstreckten elterlichen Sorge gemäss Art. 385 Abs. 3 ZGB ist ungeklärt. Es handelt sich weder eindeutig um Vormundschaftsrecht, noch um Kindesrecht (Häfeli, N 33 zu Art. 379, N 10 zu Art. 384/385; vgl. Schnyder/Murer, N 48 zu Art. 385, wonach elterliche Sorge über Entmündigte nicht Vormundschaft, sondern elterliche Sorge ist, allerdings nicht identisch mit derjenigen über Unmündige). In Bezug auf die persönliche Fürsorge richtet sich die Pflege nach Kindesrecht, die sich nicht prinzipiell von der Pflege des Unmündigen unterscheidet und von intensiver persönlicher Zuwendung und Beschäftigung bis zu untergeordneten Handreichungen gehen kann (Julmy Markus, Die elterliche Gewalt über Entmündigte, Diss. Freiburg 1991, S. 77). Eine Unterhaltspflicht der Eltern besteht dagegen nur im Rahmen von Art. 277 Abs. 2 ZGB (Häfeli, N 34 zu Art. 379; Julmy, a.a.O., S. 89); allenfalls sind sie gegenüber ihrem entmündigten Kind gemäss Art. 328/329 ZGB zur Unterstützung verpflichtet (Hegnauer, Berner Komm., N 13 zu Art. 277 ZGB). Unter diesen Umständen ist in der Tat fraglich, ob die Abgeltung des Kaufpreises mit den Pflegeleistungen der Beschwerdeführerin, die sie in Erfüllung einer rechtlichen und nicht nur einer sittlichen Pflicht erbracht hat und gemäss ihrer Erklärung noch erbringen wird, zulässig ist. Zu beurteilen ist hier indessen, ob der Kaufvertrag als Ganzes mit den Interessen von X. vereinbar ist, wobei sämtliche Aspekte der getroffenen Lösung miteinzubeziehen sind. Massgebend ist sein persönliches Wohl; auch Vermögensgeschäfte dürfen nicht ausschliesslich unter dem materiellen Gesichtspunkt bewertet werden (Egger, Zürcher Komm., N 8 zu Art. 421 ZGB). Vorliegend ist zudem zu beachten, dass der Kaufvertrag zwischen X. und der Beschwerdeführerin im Rahmen einer teilungsrechtlichen Einigung zustande gekommen ist, bei welcher ohnehin nicht die Erzielung des bestmöglichen Erlöses im Vordergrund steht (vgl. EGVSZ 1989, S. 107 f.). Nebst dem bereits erwähnten Vorteil, dass X. nicht mehr mit den Liegenschaftskosten belastet ist, wird mit dem Verkauf der Liegenschaft an die Beschwerdeführerin sichergestellt, dass er auch in Zukunft in seiner angestammten Umgebung bleiben kann, jedenfalls solange Pflege und Betreuung von der Beschwerdeführerin erbracht werden. Die Beschwerdeführerin hat sich im Kaufvertrag verpflichtet, ihren Sohn weiterhin zu pflegen und zu betreuen. Mit ihrem Testament hat sie sodann für die Pflege und Betreuung ihres Sohnes über ihren Tod hinaus gesorgt, indem sie mit dem Heim, in welchem sich ihr Sohn befindet, entsprechende Abmachungen getroffen und dieses als Nacherben eingesetzt hat. Überdies erklärte sie am 14. Februar 2001, das Grundstück nicht ohne Zustimmung des Gemeinderates Y zu verkaufen. Diese Zusicherung wurde vom Gemeinderat Y als integrierenden Bestandteil in den Rechtsspruch seines Zustimmungsentscheids aufgenommen. Auch wenn die rechtliche Verbindlichkeit einer solchen Erklärung bzw. ihre Durchsetzbarkeit fraglich ist, ist doch zumindest ihre moralische Bedeutung nicht zu unterschätzen. Zu beachten ist auch, dass X. das einzige Kind der Beschwerdeführerin ist und das Vermögen nach ihrem Tod an ihn fällt. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung, wonach in Abgeltung für erbrachte Pflegeund Fürsorgeleistungen ein vorteilhafter Übernahmepreis für ein Grundstück festgesetzt dieser gar erlassen wird, gerade in Erboder Erbteilungsverträgen nicht aussergewöhnlich ist.
II. Kammer, 4. Dezember 2001 (30 01 8)