§ 153 ZPO. Editionspflicht einer Bank im Eheschutzverfahren. Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Bank bzw. des Bankkunden und dem Interesse von Ehegatte und Kind des Bankkunden an der Offenlegung der finanziellen Verhältnisse.
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Im Eheschutzverfahren zwischen den Eheleuten X. und Y. forderte der Amtsgerichtspräsident die Bank Z. auf, nebst anderen Urkunden eine Auflistung sowie Auszüge sämtlicher Konti einzureichen, über welche X. seit dem 1. Januar 2001 verfügen konnte. Nachdem sich die Bank Z. dagegen gewehrt hatte, hielt die Vorinstanz in einem Entscheid nach § 153 Abs. 2 ZPO vollumfänglich an der Editionsaufforderung fest. In der Folge kam die Bank Z. dieser Aufforderung teilweise (hinsichtlich Konti, die auf den Namen von X. lauteten) nach. Soweit es um Konti ging, über welche X. lediglich verfügungsberechtigt war, ohne dass sie auf seinen Namen lauteten, legte die Bank Z. gegen den Editionsentscheid Rekurs beim Obergericht ein. Der Rekurs wurde abgewiesen.
Aus den Erwägungen:
Das Eheschutzgericht darf im Rahmen von Art. 170 Abs. 2 bzw. Art. 280 Abs. 2 ZGB bei Dritten nur die für die Bestimmung des Einkommens und Vermögens der Ehegatten bzw. der Eltern erforderlichen Auskünfte einholen (Bräm/Hasenböhler, Zürcher Komm., N 12 zu Art. 170 ZGB); dies gebietet schon das von allen Behörden zu wahrende Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV). Soweit Banken zur Auskunft aufgefordert werden, ist überdies dem Kerngehalt von Art. 47 Bankengesetz Rechnung zu tragen, welcher bezweckt, das Persönlichkeitsrecht des Bankkunden auf Geheimhaltung seiner finanziellen Angelegenheiten zu wahren. Somit ist das Gericht gehalten, eine Abwägung zwischen dem Interesse des Bankkunden an der Diskretion und dem Interesse des Ehegatten bzw. des Kindes an der Auskunft vorzunehmen. Gemäss der Rekurrentin stellt allein die Tatsache der Verfügungsmacht über ein Konto kein Indiz dafür dar, dass der Ehegatte irgendwelche vermögensrechtliche Ansprüche auf dieses Konto habe, weshalb in diesem Fall immer dem Geheimhaltungsinteresse des Bankkunden der Vorrang zu geben sei.
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Wie schon erwähnt, geht es bei Unterhaltsprozessen nicht in erster Linie um die Abklärung des Vermögens, sondern des Einkommens des Unterhaltspflichtigen, insbesondere des Einkommens aus beruflicher Tätigkeit. Eine solche kann nicht nur in eigenem Namen, sondern auch namens einer Einzelfirma, Personenoder Kapitalgesellschaft erfolgen. Dadurch, dass die Vorinstanz die Auskunftspflicht der Rekurrentin betreffend Drittkunden auf solche Konten beschränkt hat, über welche X. eine Vollmacht besitzt, hat sie die Editionspflicht genügend eingeschränkt; denn es ist anzunehmen, dass eine solche Bevollmächtigung nur gegenüber dem Geschäftsinhaber selbst, einem Teilhaber leitenden Angestellten einer Gesellschaft erfolgt. Das Bestehen einer Verfügungsmacht über ein Konto kann also durchaus ein Indiz dafür sein, dass der betreffende Ehegatte eine (entgeltliche) berufliche Tätigkeit im Geschäftsbetrieb des Kontoinhabers ausübt, was für die Bestimmung seines Einkommens relevant ist. Weiter können auch reine Verwaltungsvollmachten aufgrund eines entgeltlichen Vermögensverwaltungsauftrags erteilt worden sein. Schliesslich ist nicht auszuschliessen, dass der Ehegatte Geld unter einem Nummernkonto einem auf einen andern Namen lautenden Konto "versteckt", was ebenfalls für die Bestimmung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit bedeutsam sein kann. Vorliegend leben die Parteien des Eheschutzverfahrens von der öffentlichen Hand (Invalidenrenten und Sozialhilfe). Es ist daher für Y. und deren Kind von existenzieller Bedeutung, ob sie im Eheschutzverfahren Unterhaltsansprüche gegenüber X. durchsetzen könne, um von der Sozialfürsorge unabhängig zu werden. X. behauptete im Verfahren betreffend unentgeltliche Rechtspflege und im Eheschutzverfahren, über kein Vermögen und kein anderes Einkommen als die Invalidenrente zu verfügen. Seine Angaben werden wie erwähnt sowohl von der Vorinstanz als auch von der Justizkommission des Obergerichts aufgrund diverser Indizien, die auf eine Geschäftstätigkeit hindeuten, als unglaubwürdig taxiert, weswegen auch sein Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege im Eheschutzverfahren abgewiesen wurde. Da der Vorinstanz schon bekannt war, dass X. über eine Bankbeziehung zur Rekurrentin verfügt, erschien bei dieser Ausgangslage das an die Rekurrentin gerichtete Auskunftsbegehren als geeignete Beweisvorkehr, um die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse von X. abzuklären. Dass eine direkte Anfrage an die bei ihm domizilierten Gesellschaften zu keinem Ergebnis führen würde, liegt auf der Hand.
Zusammenfassend kann der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden, sie habe zu Unrecht das Interesse des Ehegatten bzw. des Kindes über dasjenige des Bankkunden gestellt.
II. Kammer, 1. September 2005 (22 05 53)