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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils 22 03 54: Obergericht

Der Fall vor dem Gericht betrifft eine Anfechtung einer Entscheidung der Pensionskasse des Kantons Waadt bezüglich einer zusätzlichen Invaliditätsrente. Die Klägerin zog ihre Klage zurück, und beide Parteien verzichteten auf die Erstattung von Kosten. Der Richter entschied, den Fall aus dem Register zu streichen und keine Gerichtskosten oder Entschädigungen zuzulassen.

Urteilsdetails des Kantongerichts 22 03 54

Kanton:LU
Fallnummer:22 03 54
Instanz:Obergericht
Abteilung:II. Kammer
Obergericht Entscheid 22 03 54 vom 07.07.2003 (LU)
Datum:07.07.2003
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 273 ZGB. Entscheid über den persönlichen Verkehr, wenn dem besuchsberechtigten Elternteil sexueller Missbrauch der Kinder bei der Ausübung des Besuchsrechts vorgeworfen wird.
Schlagwörter : Kinder; Eltern; Elternteil; Missbrauch; Zusammenhang; Vorwurf; Aussagen; Besuchsrecht; Besuchsrechts; Missbrauchs; Zeugen; Trennung; Kindes; Verkehr; Kindern; Sexualdelikten; Einfluss; Erwachsenen; Recht; Entscheid; Ausübung; ======================================================================; Schwierigkeiten; Besuchsausübung; Aussetzung; Erweist; Obhutsinhaber
Rechtsnorm:Art. 273 ZGB ;
Referenz BGE:115 II 206; 128 I 81;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts 22 03 54

Art. 273 ZGB. Entscheid über den persönlichen Verkehr, wenn dem besuchsberechtigten Elternteil sexueller Missbrauch der Kinder bei der Ausübung des Besuchsrechts vorgeworfen wird.



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Besondere Schwierigkeiten ergeben sich dort, wo im Zusammenhang mit der Besuchsausübung der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs durch den besuchsberechtigten Elternteil erhoben und in diesem Zusammenhang die Aussetzung des Besuchsrechts verlangt wird. Erweist sich dieser Vorwurf als wenig glaubhaft, stellt sich regelmässig die Frage, ob der Obhutsinhaber seiner Loyalitätsund Friedenspflicht nachkommt (Cyril Hegnauer, Persönlicher Verkehr - Grundlagen, in: ZVW 1993 S. 5). Auf jeden Fall sind in einem solchen Fall die Aussagen der Kinder einer kritischen Beurteilung zu unterziehen. Es ist anerkannt, dass die Zuverlässigkeit von Aussagen, die von Auskunftspersonen Zeugen gemacht werden, erheblich überschätzt wird, weil viele Fehlerquellen zu wenig berücksichtigt werden. Bei Aussagen von Kindern im Zusammenhang mit Sexualdelikten ist die Problematik noch grösser. Kinder sind grundsätzlich zwar als Zeugen geeignet und können glaubwürdige Aussagen machen. Für die Abklärung deren Wahrheitsgehalts bestehen heute fachliche Standards (vgl. BGE 128 I 81, 85 E. 2 m.H.). Wesentliche Beachtung ist in diesem Zusammenhang dem möglicherweise suggestiven Einfluss auf das Kind zu schenken, der nicht nur anlässlich der verschiedenen Befragungen, sondern bereits durch das familiäre Klima ausgeübt werden kann (BGE 128 I 81, 88 f. E. 3.b). Dabei besteht besonders bei Zeugen im Kindesalter die Gefahr, dass sie ihre Angaben gegen ihre eigene Erinnerung verändern, um den von ihnen vermuteten Erwartungen des sie befragenden Erwachsenen zu entsprechen um sich an dessen vermuteter grösserer Kompetenz auszurichten (vgl. BGE 128 I 81, 89 E. 3.b). Bei Fällen von sexuellem Missbrauch erscheint es als berechtigte Forderung, dass das beziehungsdynamische Feld in das Zentrum der Analyse gestellt wird, dies insbesondere, wenn zwischen "Täter" und "Opfer" eine lange Beziehungsgeschichte vorliegt, so z.B. wenn sich der Vorwurf gegen ein Familienmitglied richtet (Markus Hug, Glaubhaftigkeitsgutachten bei Sexualdelikten gegenüber Kindern, in: ZStrR 2000, S. 23 f.). Es wird in der Literatur allgemein betont, dass Missbrauchsvorwürfe, die im Rahmen eines laufenden Besuchsrechtsverfahrens geäussert werden, mit besonderer Vorsicht zu beurteilen sind. Es wird darauf verwiesen, dass Scheidungsund Trennungssituationen die Abhängigkeit der Kinder von Erwachsenen im Sinne eines "regressiven Sogs" erhöhten. Die Kinder seien dann gegenüber elterlichem Einfluss beeinflussbarer, insbesondere wenn sie nur bei einem Elternteil lebten. Die Kinder geraten in einer solchen Situation in schwerwiegende Konflikte und identifizieren sich (verständlicherweise) mit den Bedürfnissen desjenigen Elternteils, mit dem sie zusammenleben, was sich namentlich bei Trennung der Eltern auf ihr Aussageverhalten auswirken kann. Eine solche Trennung gilt - neben dem Tode eines Kindes als traumatisierendes Lebensereignis. Eltern, die die Kinder dem früheren Lebenspartner vorenthalten wollen, handeln vorab aus Angst, ausser ihm auch die Kinder zu verlieren. Dass daraus eine Überbehütung im Gewand inniger Liebe und Besorgnis mit einem entsprechenden Besitzanspruch entsteht, ist einfühlbar. Um den anderen Elternteil auszuschalten, ist der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs willkommen (O.-Kodjoe Ursula/Koeppel Peter, The Parental Alienation Syndrome [PAS], in: Der Amtsvormund, [Hrsg. Direktor W.H. Zarbock, Heidelberg], Januar 1998, S. 11 ff.). Zu Recht weist das Bundesgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung zum Besuchsrecht auf die Bedeutung des Gesichtspunkts hin, dass der obhutsinhabende Elternteil den Kontakt des Kindes zum andern nicht negativ beeinflusst sogar verweigert, sondern vielmehr fördert (BGE 115 II 206, 210 f.).



II. Kammer, 7. Juli 2003 (22 03 54)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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