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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils 22 01 89: Obergericht

Die Chambre des recours du Tribunal cantonal behandelt den Einspruch von A.V. gegen das Urteil des Zivilgerichts des Bezirks Est Vaudois in einer Scheidungssache zwischen A.V. und B.V. Das Gericht spricht die Scheidung aus und legt die finanziellen Vereinbarungen fest, darunter eine monatliche Unterhaltszahlung von 2.300 CHF bis zum Rentenalter von B.V. und danach 1.000 CHF. A.V. wird auch verpflichtet, eine monatliche Rente von 500 CHF an B.V. zu zahlen, bis eine Summe von 67.700 CHF vollständig beglichen ist. Die Gerichtskosten werden A.V. auferlegt, ebenso wie eine zusätzliche Summe für die Anwaltskosten. Das Gericht bestätigt die Entscheidung des Zivilgerichts und weist den Einspruch ab.

Urteilsdetails des Kantongerichts 22 01 89

Kanton:LU
Fallnummer:22 01 89
Instanz:Obergericht
Abteilung:II. Kammer
Obergericht Entscheid 22 01 89 vom 14.11.2001 (LU)
Datum:14.11.2001
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 176 Abs. 3 und 297 Abs. 2 ZGB; Art. 12 EurEntfUe. Wenn es im Kindeswohl liegt und die internationale Vollstreckung eines Kinderzuteilungsentscheides davon abhängig gemacht wird, kann der Eheschutzrichter nicht nur die Obhut, sondern auch die elterliche Sorge für das Kind einem Elternteil allein übertragen.
Schlagwörter : Recht; Sorge; Sorgerecht; Eltern; Gesuchsgegner; Entscheid; Elternteil; Sorgerechts; Schweiz; Vollstreckung; Übereinkommen; Sorgerechtsentscheidung; Entführung; Aufenthalt; Richter; Tochter; Obhut; Libanon; Voraussetzung; Kinder; EurEntfÜ; Abkommens; Entscheidung; Verhältnis; Aufenthalts; Vertragsstaat; Amtsgerichtspräsidenten; Luzern; Verfahren
Rechtsnorm:Art. 175 ZGB ;Art. 297 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts 22 01 89

Der delegierte Richter des Amtsgerichtspräsidenten II von Luzern Land hatte im Verfahren nach Art. 175 ZGB den gemeinsamen Haushalt der Parteien (die Gesuchstellerin ist Schweizerin, der Gesuchsgegner libanesischer Staatsangehöriger) auf unbestimmte Zeit aufgehoben und die damals dreijährige gemeinsame Tochter unter Verweigerung eines Besuchsrechts für den Gesuchsgegner in die Obhut der Gesuchstellerin gestellt. Gegen diesen Entscheid erhob die Gesuchstellerin rechtzeitig Rekurs und verlangte, die Tochter sei unter ihre alleinige elterliche Sorge zu stellen. Zur Begründung führte sie aus, der Gesuchsgegner habe mit dem Kind fluchtartig die Schweiz verlassen und sei über Kuweit nach dem Libanon gereist. Er habe sich geweigert, ihr das Kind herauszugeben. Sein heutiger Aufenthaltsort sei der Gesuchstellerin nicht bekannt.



Aus den Erwägungen:

Gemäss Art. 176 Abs. 3 i.V.m. Art. 297 Abs. 2 ZGB kann das Gericht die elterliche Sorge über ein Kind einem Elternteil allein zuordnen. Voraussetzung sind allerdings qualifizierte Gründe, die im Kindeswohl begründet sein müssen (Schwenzer Ingeborg, Komm. zum Schweizerischen Privatrecht, Basel 1996, N 6 zu Art. 297 ZGB). Solche liegen beispielsweise dann vor, wenn die Vollstreckung eines Kinderzuteilungsentscheides davon abhängig ist, dass dem berechtigten Elternteil die alleinige Sorge zusteht. Gerade dies verlangt das Europäische Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts (EurEntfÜ, SR 0.211.230.01 Art. 4; vgl. LGVE 1998 I Nr. 35). Art. 12 des Abkommens bestimmt im Fall, in dem ein Kind entführt wird, bevor wie vorliegend eine Sorgerechtsentscheidung vorliegt, dass der Berechtigte beim Richter am Wohnsitz vor seiner Entführung eine Sorgerechtsentscheidung beantragen und die Entführung für widerrechlich erklären lassen kann. Sobald eine solche Entscheidung vorliegt, sind die Bestimmungen des Übereinkommens anwendbar. Die Widerrechtlichkeit liegt darin, dass der beklagte Elternteil nach dem Gesetz nicht berechtigt war, das Kind ohne das Einverständnis desjenigen Elternteils, der das Sorgerecht ausübte, wegzubringen, weil er dadurch die stabilen Verhältnisse, in denen das Kind lebte, gestört hat.



Gemäss dem zitierten Übereinkommen (EurEntfÜ) ist also ein Entscheid über das Sorgerecht Voraussetzung für die Vollstreckung. Ein blosser Entscheid betreffend die Obhut, der die elterliche Sorge bei beiden Eltern verbleiben lässt, bildet keine Sorgerechtsentscheidung im Sinne des erwähnten Abkommens. Wohl greift dieses nur im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten, zu denen der Libanon, wo der Gesuchsgegner zuletzt gesehen wurde, nicht gehört. Der Gesuchsgegner ist jedoch heute unbekannten Aufenthalts, sein Aufenthalt in einem Vertragsstaat kann nicht ausgeschlossen werden. Zudem sieht die schweizerische Rechtsordnung im Strafrecht einen verstärkten Schutz bei Entführung und Freiheitsberaubung für denjenigen Elternteil vor, der alleiniger Sorgerechtsinhaber ist (vgl. BGE vom 14.12.2000: 6S.538/2000).



II. Kammer, 14. November 2001 (22 01 89)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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