Art. 59 ff. StGB und Ziff. 2 Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderungen vom 13. Dezember 2002. Bei der Überprüfung altrechtlicher Verwahrungen ist einzig zu klären, ob bei diesen die Voraussetzungen für eine therapeutische Massnahme nach Art. 59 ff. StGB gegeben sind. Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Verwahrung nach neuem Recht weiterzuführen.
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X. wurde am 8. Juli 1999 durch das Obergericht u.a. wegen mehrfacher Gefährdung des Lebens, mehrfacher Vergewaltigung bzw. Versuche dazu und Notzucht schuldig gesprochen und gestützt auf Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB verwahrt. Er befindet sich seither im Verwahrungsvollzug.
Aus den Erwägungen:
Mit dem Inkrafttreten des revidierten Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs (AT StGB) am 1. Januar 2007 stellt sich die übergangsrechtliche Frage nach dem Schicksal von Verwahrungen, die unter altem Recht ausgesprochen worden sind. Der Gesetzgeber erklärte in Ziff. 2 Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderungen vom 13. Dezember 2002 bis auf zwei Ausnahmen, die im vorliegenden Fall nicht von Interesse sind - das neue Recht integral für anwendbar. Folgerichtig war in Art. 396 Abs. 2 des bundesrätlichen Entwurfs des StGB noch vorgesehen, dass bis spätestens zwölf Monate nach Inkrafttreten des neuen Rechts sämtliche Verwahrungen auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 64 StGB überprüft werden müssen. Diesem Vorschlag folgte der Gesetzgeber allerdings nicht. Vielmehr wurde das Thema der fraglichen Überprüfung gemäss Ziff. 2 Abs. 2 der genannten Schlussbestimmungen eingeschränkt und auf die Frage reduziert, ob bei einer unter dem Regime des alten Rechts angeordneten Verwahrung die Voraussetzungen für eine therapeutische Massnahme nach Art. 59 ff. StGB gegeben sind. Wird dies verneint, ist die Verwahrung gemäss ausdrücklichem Gesetzestext nach neuem Recht weiterzuführen.
Nicht zu prüfen ist in diesem Verfahren die Frage einer Aufhebung der Verwahrung bzw. einer probeweisen Entlassung des Betroffenen, die nach Art. 64b StGB in regelmässigen Abständen auf Gesuch hin vorzunehmen ist. Diesbezüglich hat der Gesetzgeber mit der Revision des AT StGB keine Änderungen vorgenommen. Zuständig für diesen Entscheid ist nach wie vor die Vollzugsbehörde. Im Kanton Luzern haben die Vollzugsund Bewährungsdienste einen entsprechenden Entscheid zu treffen (Art. 64b Abs. 1 StGB i.V.m. §§ 47 Abs. 1 und 49 der Verordnung des Kantons Luzern über den Justizvollzug, SRL Nr. 327); es ist der verwaltungsrechtliche Rechtsweg zu beschreiten. Zufolge dieser unterschiedlichen Zuständigkeiten ergibt sich somit, dass auf das Gesuch von X., die beiden Verfahren zusammenzulegen, nicht einzutreten ist. Die unterschiedlichen Rechtsfragen sind in getrennten Verfahren zu beurteilen, selbst wenn sie sich auf dieselben Erkenntnisse eines Sachverständigen stützen mögen. Ebenso ist hier auf die Anträge des Gesuchstellers betreffend Entlassung aus der Verwahrung nicht einzutreten. Auf die entsprechenden Begründungen im Gesuch ist daher nicht weiter einzugehen.
Unklar ist bei der dargelegten Rechtslage das (gesetzlich nicht gelöste) Problem, wie zu verfahren wäre, wenn bei einem Verwahrten über dessen Therapierbarkeit hinaus andere Voraussetzungen für eine Verwahrung i.S. von Art. 64 StGB nicht gegeben wären. Zu denken ist beispielsweise an den Fall, dass sich der Betroffene keine Anlassdelikte i.S. von Art. 64 StGB zuschulden kommen liess. Diese Frage ist indessen an dieser Stelle irrelevant, da sich die Verwahrung auf verschiedene Delikte i.S. von Art. 64 Abs. 1 StGB stützt, unter anderem auf eine mehrfache Gefährdung des Lebens und auf diverse Vergewaltigungen bzw. Versuche dazu. Die Verwahrung nach neuem Recht hält entsprechend unter diesem Aspekt einer näheren Prüfung ohne weiteres stand. Ohnehin wäre wohl auch in einem solchen Fall die Vollzugsbehörde zuständig für eine allfällige Aufhebung der Verwahrung.
Zusammengefasst ist der Standpunkt von X., die grundsätzliche Indikation einer Verwahrung i.S. von Art. 64 StGB sei in diesem Verfahren zumindest vorfrageweise zu prüfen, unbehelflich. Es wurde dargelegt, dass dies nicht dem gesetzgeberischen Willen entspricht. Dass sich die Weiterführung einer Verwahrung offensichtlich nicht mehr rechtfertigen lässt, kann entgegen den Ausführungen von X. nicht behauptet werden. Die Frage einer allfälligen Entlassung i.S. von Art. 64b StGB ist aufgrund einer umfassenden Entlassungsprognose zu prüfen. Ob X. nach wie vor als gefährlich zu erachten ist, muss aufgrund einer Gesamtwürdigung verschiedenster Risikofaktoren entschieden werden. Dr. Z. nahm in seinem Gutachten vom 21. Dezember 2006 umfassend Stellung dazu. Die für diesen Entscheid zuständige Vollzugsbehörde sowie die Fachkommission werden diese Ausführungen auszuwerten haben.
Die Fragestellung beschränkt sich hier auf das Thema, ob X. einer Behandlung nach Art. 59 - 61 63 StGB bedarf und ob eine solche Aussicht auf Erfolg hat (vgl. Ziff. 2 Abs. 2 der erwähnten Schlussbestimmungen). Nach Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB (am Schluss) hindert ein solcher Sachverhalt die Anordnung bzw. die Aufrechterhaltung einer Verwahrung (Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil II, Bern 2006, § 9 N 22). Eine therapeutische Massnahme knüpft im Gegensatz zu einer Verwahrung i.S. von Art. 64 StGB an das Vorliegen einer seelischen Störung an (Art. 59 Abs. 1 StGB).
II. Kammer, 14. August 2007 (21 07 81)