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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils 1B 11 9: Obergericht

Die Chambre des tutelles des Kantonsgerichts behandelt den Einspruch von A.F.________ gegen die Entscheidung des Friedensrichters des Bezirks Lausanne vom 29. Juli 2009 in Bezug auf die Kinder B.F.________ und C.F.________. Es geht um die Frage, ob eine vorläufige Vormundschaftsverfügung für die Kinder notwendig ist, nachdem der Vater der Kinder insolvent war und sein Vermögen in Konkurs ging. A.F.________ hat gegen diese Entscheidung Einspruch eingelegt, da sie nicht angehört wurde und die Vormundschaftsverfügung ihrer Meinung nach nicht erforderlich ist. Die Chambre des tutelles kommt zu dem Schluss, dass keine Vormundschaftsverfügung erforderlich ist, da aufgrund der Insolvenz des Vaters keine Konflikte zwischen A.F.________ und ihren Kindern bestehen.

Urteilsdetails des Kantongerichts 1B 11 9

Kanton:LU
Fallnummer:1B 11 9
Instanz:Obergericht
Abteilung:1. Abteilung
Obergericht Entscheid 1B 11 9 vom 11.10.2011 (LU)
Datum:11.10.2011
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Ermittlung und Anerkennung der Ausmasse nach Art. 142 Abs. 1 SIA-Norm 118.
Schlagwörter : Ausmass; Unternehmer; Bauleitung; Ausmasse; Ausmassurkunde; Ausmassurkunden; Anerkennung; SIA-Norm; Unternehmers; Ermittlung; Vertrauen; Bauherr; Unternehmerin; Baustelle; Ausmassnotizen; Fuhrscheine; Pläne; Liefer; Ausmessen; Ermittlungen; Ausmasstermins; Vertreter; Vorermittlungen; Schumacher; Abhilfe; Erstellung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts 1B 11 9

Ermittlung und Anerkennung der Ausmasse nach Art. 142 Abs. 1 SIA-Norm 118.



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Der Beklagte (Bauherr) und die Klägerin (Unternehmerin) schlossen einen Werkvertrag ab und vereinbarten die Übernahme der Bestimmungen der SIA-Norm 118. Der Beklagte beauftragte die Y. AG mit der Bauleitung. Nach Ausführung der Arbeiten durch die Klägerin unterzeichneten B. von der Y. AG und A. von der Klägerin die Ausmassurkunden. B. visierte später auch die Schlussrechnungen der Klägerin. Vor Obergericht war strittig, ob sich die Klägerin als Unternehmerin auf die Anerkennung der Ausmasse durch die Bauleitung berufen kann.



Aus den Erwägungen:

4.4.1. Unbestritten ist, dass nicht nach dem plangemäss theoretischen Ausmass abgerechnet worden ist, sondern nach dem tatsächlichen Ausmass.



4.4.2. Nach Art. 142 Abs. 1 SIA-Norm 118 ermitteln Bauleitung und Unternehmer gemeinsam fortlaufend und zeitgerecht, möglichst innert Monatsfrist, die Ausmasse und anerkennen sie gegenseitig in den Massurkunden. Unter "Ermitteln" ist das tatsächliche Ausmessen zu verstehen. Die erbrachten Mengeneinheiten werden am Objekt gemessen, in natura gewogen gezählt. Bauleitung und Unternehmer haben die Ermittlungen gemeinsam durchzuführen, was im Regelfall die gleichzeitige Anwesenheit und die vorgängige Vereinbarung eines Ausmasstermins voraussetzt. Oft werden vom Vertreter des Unternehmers auf der Baustelle laufend Ausmassnotizen erstellt, die anlässlich des nächsten offiziellen Ausmasstermins in die eigentliche Ausmassurkunde übertragen werden. Die Bauleitung hat sorgfältig zu prüfen, wie weit sie derartigen Vorermittlungen Vertrauen schenken darf (Schumacher, Komm. zur SIA-Norm 118 Art. 38-156, Zürich 1992, Art. 142 SIA-Norm 118 N 3 f. und 8). Die Bauleitung muss mindestens die vom Vertreter des Unternehmers auf der Baustelle laufend erstellten Ausmassnotizen kontrollieren. Jede Partei (Bauleitung Unternehmer) kann die Anerkennung verweigern, indem sie Vorbehalte anbringt. Mit der vorbehaltlosen Anerkennung von Ausmassurkunden erklärt sich die Bauleitung auch mit dem vom Unternehmer gar von ihr selbst vorgeschlagenen konkreten Erfassen der Bauleistungen einverstanden. Wenn die Bauleitung der Auffassung ist, dass die Ausmassurkunden anders erstellt werden sollten, hat sie dies unverzüglich zu rügen und auf Abhilfe zu drängen sowie bis zur gewünschten Abhilfe die Anerkennung bzw. Unterschrift zu verweigern. Der Bauherr kann jedoch nicht im Nachhinein einzelne Modalitäten der Erstellung der Beweisurkunden rügen. Mit dem Stillschweigen der Bauleitung, das sich der Bauherr anrechnen lassen muss, hat sie das Vertrauen des Unternehmers in die Korrektheit der Erstellung der Beweisurkunden erweckt. In diesem Vertrauen ist der Unternehmer zu schützen (Rainer Schumacher, Ausmasse und Regierapporte: ein effizientes Beweissicherungssystem, in: BR 1/2009 S. 32 und 34).



4.4.3. A. von der Klägerin sagte aus, er habe auf der Baustelle die Mengen ausgemessen. Nachher sei er mit B. zusammen gesessen und sie hätten zusammen die Ausmassurkunden erstellt. Sie hätten dies nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Auf die Frage, warum man B. nicht aufgeboten habe, vor Ort gemeinsam das Ausmass aufzunehmen, antwortete er, das sei in der Praxis eine Vertrauenssache. B. sagte aus, A. habe die Masse alleine vor Ort aufgenommen und seine Unterlagen ins Büro von B. mitgenommen. Sie hätten dann miteinander die Ausmassurkunden besprochen und das Ausmass zusammen erstellt. B. habe die Ausmassurkunden erstellt. Am Schluss, als sie sich einig gewesen seien, hätten sie beide diese unterzeichnet. Ihr Vorgehen sei bei Tiefbauarbeiten üblich.



4.4.4. Aufgrund dieser Aussagen ist davon auszugehen, dass die Klägerin vor Ort Ausmassnotizen erstellte. Diese wurden dann mit der Bauleitung in deren Büro besprochen und von ihr unter Beizug von Lieferscheinen, Fuhrscheinen, Protokollen und Plänen kontrolliert. Die Ermittlungen wurden insofern von der Klägerin und der Bauleitung gemeinsam durchgeführt und gestützt darauf die Ausmassurkunden erstellt. Obwohl das gemeinsame Ausmessen vor Ort als Regel zu gelten hat, kann die Bauleitung auch auf Vorermittlungen des Unternehmers abstellen und diese anhand von weiteren Unterlagen und Informationen überprüfen. Der Wortlaut der SIA-Norm 118 sieht nur eine gemeinsame Ermittlung des Ausmasses vor, lässt aber offen, wo diese zu erfolgen hat. Wenn daher die Bauleitung einer Ausmassaufnahme ohne gemeinsame Ausmessungen vor Ort zustimmt und die Ausmasse wie beschrieben gemeinsam mit dem Unternehmer festzusetzen bereit ist, darf der Unternehmer darauf abstellen und die Klägerin kann sich als Unternehmerin auf die Anerkennung der Ausmasse und der Schlussabrechnung durch die Bauleitung berufen. Wenn der Bauleiter darauf verzichtet, die Masse vor Ort auszumessen und das Ausmass stattdessen gestützt auf die Massnotizen des Unternehmers unter Beizug der Lieferscheine, Fuhrscheine, Protokolle und der Pläne berechnet, so darf der Unternehmer gutgläubig davon ausgehen, dass dieses Vorgehen im Rahmen der Ermächtigung des Bauleiters liegt. Dies gilt vorab bei Reparaturarbeiten im Tiefbaubereich, wo die Ausmessungen vor Ort entsprechend dem Baufortschritt laufend vorzunehmen sind und die Ausmasse der vorgegebenen Arbeiten anhand der Lieferund Fuhrscheine sowie der Pläne überprüft werden können.



1. Abteilung, 11. Oktober 2011 (1B 11 9)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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