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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils 11 99 56: Obergericht

Der Friedensrichter von A. lud auf Wunsch der Klägerin die Parteien zu einem Versöhnungsversuch ein. Der Beklagte, der in B. wohnte, war jedoch der Meinung, dass das Versöhnungsbegehren zurückgezogen worden sei. Am Tag des Versöhnungsversuchs entschuldigte sich der Beklagte kurzfristig und wurde daraufhin mit den Tageskosten belegt. Der Beklagte legte Beschwerde ein, und das Obergericht gab ihm Recht. Die Klägerin stellte die Frage nach der Verletzung des Novenverbots, die das Obergericht im Detail behandelte. Es wurde festgehalten, dass die Nichtigkeitsbeschwerde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit gibt, sich zur Verfällung in die Tageskosten zu äussern, und dass seine Einwände in diesem Fall zulässig sind.

Urteilsdetails des Kantongerichts 11 99 56

Kanton:LU
Fallnummer:11 99 56
Instanz:Obergericht
Abteilung:I. Kammer
Obergericht Entscheid 11 99 56 vom 02.12.1999 (LU)
Datum:02.12.1999
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§ 270 ZPO. Trotz des Novenverbots sind im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren ausnahmsweise neue Tatsachen und Urkunden beachtlich, wenn es um die Durchsetzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geht und die Rückweisung an die Vorinstanz jeglicher Vernunft und dem Prinzip der Verfahrensökonomie widersprechen würde. Bestätigung der Rechtsprechung.

Schlagwörter : Noven; Obergericht; Novenverbots; Urkunden; Friedensrichter; Sühneversuch; Tageskosten; Nichtigkeitsbeschwerde; Verletzung; Fälle; Vorbringen; Begehren; Parteien; Montag; Rechtsvertreter; Anwalt; Klient; Wohnsitz; Telefongespräch; Freitagabend; Sühnebegehren; Termin; Entschuldigung; Beklagten
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts 11 99 56

Auf Begehren der Klägerin lud der Friedensrichter von A. die Parteien auf Montag, den 26. April 1999, zu einem Sühneversuch vor. Mit Schreiben vom 9. April 1999 teilte der beklagtische Rechtsvertreter dem Anwalt der Klägerin mit, sein Klient verzeichne Wohnsitz in B. Aus einem Telefongespräch vom Freitagabend, den 23. April 1999, dessen Inhalt umstritten ist, nahm der Beklagte zur Kenntnis, dass die Klägerin das Sühnebegehren nicht zurückgezogen hatte. Am 26. April 1999 jedenfalls teilte der Beklagte dem Friedensrichter per Fax mit, er sei davon ausgegangen, der Sühneversuch werde abzitiert; er könne nicht erscheinen, da der Termin vergeben sei. Der Friedensrichter nahm diese kurzfristige Entschuldigung nicht an und verfällte den Beklagten in die Tageskosten. Der Beklagte erhob Nichtigkeitsbeschwerde und legte das Schreiben vom 9. April 1999 und den Fax vom 26. April 1999 auf. Das Obergericht hiess die Beschwerde gut. Die Klägerin stellte in ihrer Vernehmlassung vorab die Frage nach der Verletzung des Novenverbots durch die beschwerdeführerische Darstellung und die aufgelegten Urkunden. Diesbezüglich führte das Obergericht aus:

Zur Frage der Verletzung des Novenverbots ist Folgendes festzuhalten: Bereits in LGVE 1991 I Nr. 17 (bestätigt in LGVE 1992 I Nr. 28) hat das Obergericht zu § 85 aZPO festgehalten, dass es jeglicher Vernunft und dem Prinzip der Verfahrensökonomie widersprechen würde, im Beschwerdeverfahren wegen des Novenverbots einen erstinstanzlichen Entscheid aufzuheben und den Fall zur Neubeurteilung zurückzuweisen, nur um es zu ermöglichen, dem Obergericht bereits vorliegende Urkunden formell in den Prozess einzuführen, die es diesem ohne weiteres ermöglichen, sofort selber zu entscheiden. An dieser Rechtsprechung für besondere Fälle ist auch angesichts des Novenverbots nach § 270 ZPO festzuhalten, und zwar sowohl bezüglich der Sachverhaltsdarstellung wie auch genannter Urkunden. Bei näherem Besehen handelt es sich nämlich nicht um eine Frage des Novenrechts, sondern um eine solche des verfassungsmässigen Rechts auf rechtliches Gehör. In Fällen wie dem vorliegenden gibt einzig die Nichtigkeitsbeschwerde dem Beschwerdeführer die (erste) Gelegenheit, sich zur erfolgten Verfällung in die Tageskosten zu äussern. So gesehen sind seine Vorbringen nicht "zweitinstanzlich" und bilden auch keine Noven im eigentlichen Sinn. Aus diesem Grund besteht durchaus Anlass, solche Vorbringen zuzulassen und jene Urkunden zu den Akten zu nehmen, welche die beschwerdeführerischen Ausführungen sofort als zutreffend und verfahrensentscheidend erkennen lassen.



Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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