Art. 324a OR. Die Absprache über die Erweiterung der gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht ist formfrei möglich.
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Die Klägerin arbeitete im Betrieb des Beklagten und verlangte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.a. Lohnersatz, da sie wegen Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert war. Das Arbeitsgericht kam aufgrund des Lohnabzuges für die Prämie der Krankentaggeldversicherung zum Schluss, der Beklagte habe der Klägerin entsprechende Versicherungsleistungen zugesichert. Das Obergericht bestätigte dies.
Aus den Erwägungen:
4.1. Der Beklagte kritisiert, die Vorinstanz habe trotz des übereinstimmenden Parteiwillens einen stillschweigend vereinbarten Vertragswillen angenommen und ohne Anlass und Berücksichtigung, dass er mit all seinen Angestellten für die Lohnfortzahlung die Berner Skala vereinbart habe, autoritativ eine andere Auslegung ermittelt. Weshalb die Vorinstanz den übereinstimmenden Parteiwillen nicht anerkannt habe, sei nicht begründet worden. Nach der Berner Skala habe er der Klägerin nur den vollen Lohn für einen Monat zu entrichten. Dies habe er gemacht und habe ihr sogar während der ganzen Dauer der Krankheit unabhängig ihrer Arbeitsunfähigkeit 100 % des monatlichen Durchschnittslohnes ausbezahlt. Folglich habe er ihr mehr bezahlt als er gemäss Vertragswillen hätte leisten müssen.
4.2. Für die Klägerin trifft es zwar zu, dass die beschränkte Lohnfortzahlung nach Art. 324a OR im Kanton Luzern gemäss Berner Skala im zweiten Dienstjahr 30 Tage beträgt. Sie bestreitet hingegen die Ausführungen des Beklagten zur Lohnfortzahlungspflicht. Das Arbeitsgericht habe zu Recht ausgeführt, es handle sich nicht um eine eigentliche Abweichung der Lohnfortzahlungspflicht, sondern um eine Ergänzung, die die Klägerin besser stelle und praxisgemäss formfrei möglich sei. Indem der Beklagte der Klägerin Prämienanteile für die Krankentaggeldversicherung belastet habe, habe er ihr auch eine entsprechende Versicherungsleistung zugesichert, welche nach einer Wartefrist von 30 Tagen bezahlt würde. Für die 30 Tage Wartefrist bestehe zwischen den Parteien keine Vereinbarung, weshalb er für diese Zeit der Klägerin nach Art. 324a OR den vollen Lohn zu entrichten habe. Es sei zudem unzutreffend, dass er der Klägerin während der gesamten Dauer der Krankheit, unabhängig des Grades der Arbeitsunfähigkeit 100 % des Lohnes bezahlt habe.
4.3.1. Nach Art. 324a Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber bei Verhinderung des Arbeitnehmers bei einem Arbeitsverhältnis, das mehr als drei Monate gedauert hat für mehr als drei Monate abgeschlossen worden ist, eine Lohnfortzahlungspflicht für eine bestimmte Dauer. Diese Dauer kann durch Abrede, Normaloder Gesamtarbeitsvertrag verändert werden. Sofern die vereinbarte Lohnfortzahlungspflicht von der gesetzlichen Regelung gemäss Art. 324a Abs. 2 OR abweicht, muss die Abrede schriftlich erfolgen (Art. 324a Abs. 4 OR), sofern sie die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht erweitert, ist sie formfrei möglich (Staehelin/Vischer, Zürcher Komm., N 55 zu Art. 324a OR; Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, 6. Aufl., Zürich 2006, N 28 zu Art. 324a/b).
4.3.2. Die Parteien haben einen mündlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Es liegt auch keine schriftliche Abrede über eine anderweitige Regelung der Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit der Klägerin vor. Die Vorinstanz stellte fest, der Beklagte habe der Klägerin in den Lohnabrechnungen jeweils einen Anteil für die Krankentaggeldversicherung abgezogen. Dies blieb vom Beklagten unangefochten. Weiter stellte sie fest, aus der Abrechnung der Versicherung ergebe sich eine Wartefrist von 30 Tagen. Auch dies bestritt der Beklagte nicht; ebenso wenig, dass er von der Versicherung für die Klägerin Krankentaggelder erhalten hatte. Aufgrund dieser Tatsachen zog die Vorinstanz zu Recht den Schluss, der Beklagte habe der Klägerin entsprechende Versicherungsleistungen zugesichert. Damit lieferte sie entgegen der Behauptung des Beklagten auch die Begründung, weshalb die behauptete Parteivereinbarung über die Lohnfortzahlung nach der Berner Skala nicht relevant ist. Aus den aufgelegten Arbeitsverträgen geht hervor, dass der Beklagte z.T. die Lohnzahlungen für seine Angestellten bei Krankheit nur nach der Berner Skala vereinbarte, z.T. aber auch berechtigt war, die vereinbarte Lohnzahlung nach Berner Skala durch eine Versicherung abzulösen. Die Klägerin bestritt nie die Rechtmässigkeit dieses Lohnabzuges für die Krankentaggeldversicherung. Auch der Beklagte bestritt weder die Lohnabzüge für die Krankentaggeldversicherung noch dass ihm die Versicherung Taggelder für die Klägerin bezahlt hatte. Damit ist von einer stillschweigenden Absprache der Parteien über die Erweiterung der Lohnfortzahlungspflicht gegenüber der gesetzlichen Regelung (z.B. Berner Skala als konkretisierte Praxisanwendung [Staehelin/Vischer, a.a.O., N 41 zu Art. 324a OR; Streiff/von Kaenel, a.a.O., N 7 zu Art. 324a/b OR]) auszugehen (Urteil des Bundesgerichts 4C.315/2006 vom 10.01.2007 E. 3.1). Es trifft demnach nicht zu, dass sie die Lohn-fortzahlung nur gemäss Berner Skala vereinbart hatten. Infolge der unbestrittenen Wartefrist von 30 Tagen für die Krankentaggelder und mangels anderweitiger schriftlicher Abrede der Parteien bezüglich der Lohnzahlungspflicht für diese 30 Tage verpflichtete die Vorinstanz den Beklagten zu Recht, der Klägerin für diese Zeit den vollen Arbeitslohn zu bezahlen.
I. Kammer, 29. September 2008 (11 08 61)