Art. 12 lit. a und c BGFA. Eine unzulässige Interessenkollision liegt vor, wenn ein Rechtsanwalt eine Aktiengesellschaft im Verfahren um Einleitung einer Sonderprüfung vertritt und er bei dieser Gesellschaft gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrates ist.
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Mit Entscheid vom 25. Juni 2008 disziplinierte die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte den Beschwerdeführer wegen Verletzung der Berufsregeln, büsste ihn in Anwendung von Art. 17 Abs. 1 lit. c BGFA mit Fr. 3'000.-- und überband ihm die Verfahrenskosten. Die Aufsichtsbehörde stellte eine unzulässige Interessenkollision fest, weil der Beschwerdeführer im Verfahren um Einleitung einer Sonderprüfung die X.-AG als Anwalt vertrat und gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrates war. Weiter beanstandete sie das Verhalten des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der Doppelvertretung und des Parteiverrats und schliesslich betrachtete sie die Rechnungsstellung des Beschwerdeführers für das Disziplinarverfahren gegenüber der X.-AG als unzulässig. Gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde führte der Beschwerdeführer Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Obergericht des Kantons Luzern.
Aus den Erwägungen:
7.- Die Aufsichtsbehörde hat den Beschwerdeführer wegen einer Interessenkollision diszipliniert, weil er als Anwalt die X.-AG im Sonderprüfungsverfahren vertreten hat, das zur Vorbereitung einer Klage gegen den Verwaltungsrat und somit auch gegen den Beschwerdeführer selber diente. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer Mitglied des Verwaltungsrates war, als der streitige Aktienkauf mit A. rückgängig gemacht wurde. Diese Rückgängigmachung und deren Modalitäten waren Gegenstand des von den Minderheitsaktionären (und heutigen Beschwerdegegnern) angestrengten Sonderprüfungsverfahren im Hinblick auf die behauptete Schädigung der X.-AG. Der Beschwerdeführer scheint in diesem Zusammenhang vorzubringen, dass sich eine Verantwortlichkeitsklage gegen die Verwaltungsratspräsidentin B. richten werde, was ihn im Rahmen einer möglichen Interessenkollision beim Sonderprüfungsverfahren aus dem Spiel lasse. Diese Sicht der Dinge ist nicht realistisch. Da die Minderheitsaktionäre ganz klar und immer auch das Verhalten des Beschwerdeführers kritisiert haben (insbesondere auch das von ihm mitverfasste Anfechtungsschreiben von A., das in der Folge durch die Anwaltskanzlei des Beschwerdeführers mit positivem Ergebnis begutachtet wurde), musste dem Beschwerdeführer klar sein, dass der gesamte Verwaltungsrat, welcher den Aktienkauf rückgängig gemacht hat, mit einer Verantwortlichkeitsklage rechnen musste. Damit vertritt der Beschwerdeführer die X.-AG in einem Verfahren, das ihn selber und persönlich tangierte. Bereits aus diesem Grund liegt ein Interessenkonflikt vor.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer bloss treuhänderischer Verwaltungsrat war (Treuhandvertrag mit der Verwaltungsratspräsidentin), entlastet ihn nicht mit Bezug auf die Interessenkollision. Im Gegenteil: Will er damit geltend machen, als Verwaltungsrat bloss die Interessen der Treugeberin zu vertreten, nützt ihm das gegenüber klagenden Aktionären materiellrechtlich nichts, da auch der treuhänderische Verwaltungsrat dem Gesellschaftsinteresse in jedem Fall den Vorrang einräumen muss (vgl. Forstmoser, Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2. Aufl., Zürich 1987, Rz 697f.; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, Rz 177) und führt aufsichtsrechtlich gar zu einer Ausweitung der Interessenkollision: Vertritt der Beschwerdeführer die X.-AG, so stehen neben den Interessen der formell vertretenen Gesellschaft gleichzeitig nicht nur seine eigenen Interessen als Verwaltungsrat, sondern auch jene der Treugeberin auf dem Spiel. Ohne Bedeutung ist dabei der allfällige Umstand, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Belangung seitens der Aktionäre durch den Treuhandvertrag freigehalten wird; ob eine solche Freihaltung erfolgt und unter welchen Voraussetzungen, ist eine rein interne Angelegenheit, und gegebenenfalls klärt sich diese erst in einem späteren Zeitpunkt (Regressweg). Die Vorinstanz hat damit zu Recht das Bestehen einer konkreten, aufsichtsrechtlich relevanten Interessenkollision bejaht.
8.- Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer das Anfechtungsschreiben für A. überarbeitet hat und dieses Schreiben in der Folge zu Handen der X.-AG durch seinen Mitarbeiter Rechtsanwalt W. rechtlich beurteilen liess. Dass A. und die X.-AG objektiv gegensätzliche Interessen hatten, bedarf keiner weiteren Ausführungen. A. wollte einen Aktienkauf ohne entsprechenden Rechtstitel rückgängig machen, was grundsätzlich nicht im Interesse der X-AG lag. Der Beschwerdeführer bestreitet die Ausführungen der Vorinstanz nicht, wonach er für die rechtliche Beurteilung seines eigenen Anfechtungsschreibens durch seinen Mitarbeiter die Verantwortung trägt. Die Beurteilung des Anfechtungsschreibens fiel in der Sache selber zudem auffällig unkritisch zu Lasten der Gesellschaft aus. So wurde der Umstand ausser Acht gelassen, dass A. beim Aktienverkauf ausdrücklich Zweifel an der wirtschaftlichen Richtigkeit des Preises angebracht hatte und sich damit entgegen seinem (vom Beschwerdeführer verfassten) Anfechtungsschreiben nicht auf Irrtum berufen konnte. Soweit der Beschwerdeführer vor Obergericht erneut behauptet, dies alles im Auftrag von Frau B. getan zu haben, hilft ihm das aufsichtsrechtlich nicht. Die Vorinstanz hat diesbezüglich zu Recht festgehalten, dass nicht formelle, sondern materielle Gesichtspunkte massgebend seien. Der Beschwerdeführer bestreitet vor Obergericht denn auch nicht die vorinstanzlichen Ausführungen, wonach ihm nicht verborgen bleiben konnte, dass der gesamte Verwaltungsrat eine Beurteilung des Anfechtungsschreibens einholen wollte, zumal er als Berater der Verwaltungsratspräsidentin die Sachlage aus erster Hand kannte. Er wusste also, für wen die Begutachtung des Anfechtungsschreibens durch seine eigene Kanzlei letztlich bestimmt war. Unter solchen Umständen ist auch diese Disziplinierung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer liess das von ihm selber überarbeitete Anfechtungsschreiben des A. (das aufgrund der Sachlage rechtlich einseitig zu Gunsten von A. lautete, indem des Geschäft mit der schwer nachvollziehbaren Begründung des Irrtums angefochten wurde) in der Folge durch seine eigene Kanzlei letztlich für die X.-AG als Adressatin des Schreibens begutachten. Diese Stellungnahme fiel zu Gunsten einer rechtlich zulässigen Anfechtung durch A. aus, was aufgrund der Umstände aber eine höchst problematische, wenn nicht schlicht falsche Beurteilung war. Eine unzulässige Doppelvertretung ist somit ohne weiteres zu bejahen. Aufgrund der konkreten Sachlage ist im Übrigen zumindest nicht ausgeschlossen, dass die X.-AG durch die Kanzlei des Beschwerdeführers mit Bezug auf die rechtliche Begutachtung des Anfechtungsschreibens zu ihren Lasten willentlich falsch beraten wurde.
9.- Die Aufsichtsbehörde hat den Beschwerdeführer schliesslich deswegen diszipliniert, weil er der X.-AG die Honorarforderung für das vorliegende Disziplinarverfahren gestellt hat. Das Faktum der Honorierung durch die X.-AG hat der Beschwerdeführer weder vor der Aufsichtsbehörde noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren bestritten. Er stellt sich bloss auf den Standpunkt, gemäss Weisung seiner Auftraggeberin, der Präsidentin des Verwaltungsrates, gehandelt zu haben. Ein solches Vorgehen sei zivilrechtlich zulässig, ob hingegen auch steuerrechtlich, sei eine andere Frage, welche die Auftraggeberin zu beantworten habe. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Im Zeitpunkt der betreffenden Rechnungsstellungen war der Beschwerdeführer Mitglied des Verwaltungsrates und hatte in erster Linie die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen. Auch wenn er sich auf die Weisung der Auftraggeberin beruft, kann er sich von seinen gesetzlichen Treuepflichten als Mitglied des Verwaltungsrates gegenüber der Gesellschaft nicht lossagen. Als Verwaltungsrat durfte er eine die X.-AG nicht betreffende Honorarnote nicht hinnehmen, geschweige denn selber eine solche Honorarforderung stellen. Bemerkenswert ist im Übrigen der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Problematik des Steuerrechts. Denn als offenbar einziger rechtskundiger Verwaltungsrat ist er auch für diese Frage letztlich verantwortlich. Wenn er auf der einen Seite sein Auftragsverhältnis als treuhänderischer Verwaltungsrat mit der rechtlichen Unbeholfenheit der Verwaltungsratspräsidentin begründet, anderseits die Beurteilung der steuerrechtlichen Problematik der Weisung der Verwaltungsratspräsidentin zuschiebt, begibt er sich in einen kaum lösbaren Widerspruch. Die aufsichtsrechtliche Disziplinierung ist auch in diesem Punkt gerechtfertigt.
I. Kammer, 12. Dezember 2008 (11 08 111)