Art. 839 Abs. 2 ZGB. Beginn der Dreimonatsfrist für die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts bei mehreren Werkverträgen.
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Die Klägerin wurde bei einer Überbauung als Subunternehmerin der X. AG und später der Y. AG u.a. mit der Fertigung von Lüftungskanälen und der Lieferung zweier Ölauffang-wannen und eines Revisionsdeckels beauftragt. Ihr Gesuch um vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts wurde vom Amtsgerichtspräsidenten abgewiesen. Dieser kam zum Schluss, dass die Dreimonatsfrist für die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB verwirkt sei. Der dagegen erhobene Rekurs wurde vom Ober-gericht gutgeheissen:
Aus den Erwägungen:
6.- Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid erwogen, die Leistungen gemäss Rechnung an die Y. AG vom 18. Dezember 2001 bildeten keine Einheit mit den Arbeiten, die am 29. November 2000 vollendet und der X. AG am 27. November 2000 in Rechnung ge-stellt worden seien. Die Dreimonatsfrist für die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts habe deshalb im November 2000 zu laufen begonnen und sei offensichtlich nicht gewahrt.
6.1. Im Rekurs trägt die Klägerin vor, entgegen den Erwägungen der Vorinstanz grün-de die Forderung gegenüber der X. AG, für welche das Bauhandwerkerpfandrecht anbegehrt werde, auf dem gleichen Werkvertrag wie die Arbeiten, die für die Y. AG geleistet worden seien. Die Lieferungen vom 27. November 2001 stünden folglich in einem Zusammenhang mit den Arbeiten, für welche die Pfandsumme geltend gemacht worden sei. Die Y. AG habe die Arbeiten der X. AG weitergeführt. Tatsächlich habe es sich denn auch um einen einzigen Vertrag gehandelt, nämlich um die Lieferung der Materialien für den Einbau der Lüftungsan-lage; die bestellten Materialien seien auch auf der Baustelle abgeliefert worden. Die Arbeiten und das Material gemäss Rechnungen Nrn. 301611 und 302091 gehörten zum Gesamtauf-trag. Erst mit der letzten Rechnung sei der Bau abgeschlossen worden. Insbesondere die Installation des Revisionsdeckels gehöre als wichtiger und notwendiger Bestandteil zu den bisherigen Arbeiten. Ohne diesen Revisionsdeckel sei es nicht möglich, an die sich in der Lüftungsanlage befindlichen Armaturen zu gelangen. Dementsprechend sei das Werk auch technisch bis zur Lieferung des Revisionsdeckels nicht vollendet gewesen.
6.2. Nach Art. 839 Abs. 2 ZGB ist das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer bis spätestens drei Monate nach der Vollendung der Arbeit in das Grundbuch einzutragen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts nicht mehr zu-lässig. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 839 Abs. 2 ZGB läuft die Frist von der Vollendung der Arbeiten an. Nach Lehre und Rechtsprechung gilt als Zeitpunkt der Arbeitsvollendung derjenige, in welchem sämtliche Arbeitsleistungen, die Gegenstand des Werkvertrages sind, zur Vollendung gelangt und abgeliefert worden sind. Zusätzliche Leistungen, geringfügige nebensächliche Arbeiten sowie Ausbesserungen gehören nicht zur Vollendung der Ar-beiten (Leemann Hans, Berner Komm., N 18 ff. zu Art. 839 ZGB; Schumacher Rainer, Das Bauhandwerkerpfandrecht, 2. Aufl., Zürich 1982, N 611 ff.; Zobl Dieter, Das Bauhandwerker-pfandrecht de lege lata und de lege ferenda, in: ZSR 1982, 2. Halbband, S. 145 f.; BGE 106 II 26; 102 II 206; ZR 77 [1978] S. 29). Werden mehrere zeitlich gestaffelte Leistungen er-bracht, so stellt sich die Frage, wann deren fristauslösende Vollendung anzunehmen ist. Da-bei kommt es entscheidend darauf an, ob diese Leistungen eine Einheit bilden. Denn wie-derholt gleiche gleichartige Bauleistungen des gleichen Unternehmers bilden in ihrer Gesamtheit eine einzige, spezifische Bauarbeit und unterliegen einem einheitlichen Fristen-lauf. Eine Einheit zwischen zeitlich gestaffelten Bauleistungen ist dann anzunehmen, wenn zwischen diesen ein innerer Zusammenhang besteht. Dies gilt auch dann, wenn formell ge-trennte Werkverträge abgeschlossen wurden, kommt es doch nicht auf die oft eher zufällige Anzahl von Werkverträgen an, sondern darauf, ob zwischen den anfänglich vereinbarten und den später notwendig gewordenen Leistungen ein enger Konnex vorhanden ist (Schuma-cher, a.a.O., N 143 ff., 646, 656; BGE 106 II 22; 104 II 348). Massgebendes Kriterium bildet dabei die funktionelle Bedeutung der fraglichen Leistungen: Ausschlaggebend ist, ob sie für die Funktionstüchtigkeit des ganzen Werkes unerlässlich sind. Ist eine für die Funktionstüch-tigkeit des Werkes notwendige Arbeit noch nicht ausgeführt, so gilt es als nicht vollendet und kann folgerichtig die Dreimonatsfrist nicht zu laufen beginnen (BGE 125 III 113).
6.3. Die Rechnungen Nrn. 2507 und 2508 vom 27. November 2000, für welche das Bauhandwerkerpfandrecht anbegehrt wird, basieren auf Bestellungen der X. AG vom 13. und 14. November 2000. Die Ölauffangwannen, der Revisionsdeckel und die weiteren Materiali-en gemäss Rechnungen Nr. 301611 vom 18. Dezember 2001 und Nr. 302091 vom 28. Fe-bruar 2002 wurden hingegen von der Y. AG bestellt. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich somit nicht um einen, sondern um mehrere Verträge für das von ihr für den Bau gelieferte Material. Aufgrund der Akten besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass zwi-schen der Klägerin und dem Totalunternehmer ein vertragliches Verhältnis bestanden hätte; die Klägerin erbrachte ihre Leistungen als Subunternehmerin der X. AG bzw. ab 2001 der Y. AG.
Im vorliegenden Fall ist indes zu beachten, dass die Klägerin von August 2000 bis Ja-nuar 2002 auf Bestellung der X. AG bzw. ab 2001 der Y. AG sukzessive Material für den Bau der Lüftungsanlage lieferte. Die Beklagten hatten die Installation der Lüftungsanlage ur-sprünglich der X. AG und nach Auflösung des entsprechenden Werkvertrages auf Ende No-vember 2000 dann der Y. AG übertragen. Die Y. AG war direkte Nachfolgerin der X. AG. Sie führte deren Arbeiten praktisch verzugslos weiter. Sie montierte die von der Klägerin noch auf Bestellung der X. AG auf die Baustelle gelieferten Anlagebestandteile gemäss den Rechnungen Nrn. 2507 und 2508 und bestellte ab Mitte Januar 2001 regelmässig weitere Bestandteile bei der Klägerin. Aus diesem Verhalten musste die Klägerin schliessen, dass die Y. AG die bisherigen vertraglichen Beziehungen anstelle der X. AG weiterführte. Unter diesen Umständen drängt es sich auf, die wiederholten und gleichartigen Leistungen der Klägerin für die Lüftungsanlage in ihrer Gesamtheit als eine einzige, spezifische Bauarbeit mit einem einheitlichen Fristenlauf zu betrachten.
Zu prüfen bleibt, ob es sich bei den Lieferungen gemäss den Rechnungen Nrn. 301611 und 302091 um Vollendungsarbeiten im Zusammenhang mit der Lüftungsanlage handelte. Die Klägerin substanziiert nicht, wozu das in Rechnung Nr. 302091 erwähnte Material und die in Rechnung Nr. 301611 enthaltene Ölauffangwannen dienten. Gemäss Bestätigung der Y. AG waren die Ölauffangwannen für den Heizungsbereich bestimmt. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte, dass diese Materialien für die Lüftungsanlage bestimmt waren. Der Einwand der Klägerin, sie habe den ganzen Komplex Heizung, Lüftung und Klima als ein Ganzes betrachtet und es spiele daher keine Rolle, ob die gelieferten Teile für die Lüftung die Heizung verwendet worden seien, geht fehl. Lüftung und Heizung sind zwei sich klar voneinander unterscheidende Anlagen. Sie können nicht als eine einzige, spezifische Bau-arbeit betrachtet werden. Im Übrigen ergeben sich aus den Akten keine Hinweise, dass die Klägerin weitere Bestandteile der Heizungsanlage geliefert hätte. Bei den beiden Ölauffang-wannen und allenfalls dem Material gemäss Rechnung Nr. 302091 scheint es sich um eine Einzelbestellung gehandelt zu haben. Es verbleibt somit der Revisionsdeckel. Aus einer Be-stätigung der Y. AG geht hervor, dass dieser Deckel einen notwendigen Teil für den Betrieb der Lüftungsanlage bildete. Ohne ihn können dringende Revisionen und insbesondere not-fallmässige Reparaturen nicht ausgeführt werden. Der Einwand der Beklagten, die Lüftungs-anlage habe auch ohne diesen Deckel funktioniert und das Werk sei daher schon vorher vollendet gewesen, ist nicht stichhaltig. Eine Vorrichtung, die eine rasche Reparatur im Stö-rungsfall und damit eine insgesamt zuverlässige Benutzung ermöglicht, bildet nicht bloss einen nützlichen, sondern einen notwendigen Bestandteil der Lüftungsanlage. Dass es sich beim Revisionsdeckel um eine betragsmässig geringfügige Lieferung handelte, ist demge-genüber ohne Bedeutung. Gerade Abschlussarbeiten sind oft kleinen Umfangs (Schuma-cher, a.a.O., N 627). Auch der zeitliche Zusammenhang mit den übrigen Arbeiten für die Lüftungsanlage ist gegeben. Nachdem die Y. AG von Januar bis Oktober 2001 regelmässig Material für die Lüftungsanlage bestellte, bildet die Lieferung des Lüftungsdeckels im No-vember 2001 ohne weiteres noch Teil der Gesamtarbeit der Klägerin. Offen bleiben kann schliesslich, ob es sich bei diesem Deckel um ein vorgefertigtes, nicht besonders für die Lüftungsanlage hergestelltes Bauteil um eine Spezialanfertigung handelte. Im Rahmen einer Gesamtarbeit werden auch Materiallieferungen vom Pfandrecht erfasst, die für sich allein nicht zum Baupfand berechtigten (Schumacher, a.a.O., N 190 ff.).
Die Bestellung des Revisionsdeckels, des letzten Teils der Lüftungsanlage, datiert vom 19. November 2001; der Deckel wurde am 27. November 2001 ausgeliefert. Demzufolge hat die Klägerin glaubhaft gemacht, dass sie mit ihrer Eingabe vom 30. Januar 2002 die Eintra-gungsfrist gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB gewahrt hat. Gegen die beantragte Pfandsumme erheben die Beklagten keine Einwendungen. Wird somit die Pfandsumme nicht angefochten und erweist sich die Einhaltung der Dreimonatsfrist als glaubhaft gemacht, ist das Gesuch der Klägerin um vorläufige Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts im beantragten Um-fang gutzuheissen.
I. Kammer, 5. Dezember 2002 (11 02 72)