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I. Kammer
als Beschwerdeinstanz nach 66 AGG
Mitwirkend die Oberrichter Kreienbühl (Präsident), Maier und Boesch, Gerichtsschreiberin Kühnle
Entscheid vom 5. Juli 2002
in Sachen
G......................, ..............................................., Beschwerdeführer,
gegen
Arbeitsgericht des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern, Beschwer-degegner,
betreffend
Aufsichtsbeschwerde.
E r w ä g u n g e n
1.- Mit Klage vom 26. Februar 2001 an das Arbeitsgericht des Kantons Luzern forderte der Beschwerdeführer von seiner Arbeitgeberin die Bezahlung von Fr. 16''038.10. Die Ver-handlung vor Arbeitsgericht fand am 3. Mai 2002 statt und endete in der mündlichen Urteils-eröffnung, wonach die Arbeitgeberin des Beschwerdeführers diesem Fr. 5''710.10 netto zu bezahlen hat.
2.- Am 7. Mai 2002 (Postaufgabe) reichte der Beschwerdeführer beim Arbeitsgericht des Kantons Luzern eine als Verwaltungsbeschwerde bezeichnete Aufsichtsbeschwerde ein (OG amtl.Bel. 1), die von diesem zuständigkeitshalber an das Obergericht weitergeleitet wur-de (OG amtl.Bel. 2).
Mit Vernehmlassung vom 10. Mai 2002 beantragte der Beschwerdegegner die Abwei-sung der Beschwerde (OG amtl.Bel. 4).
Die Begründung dieser Anträge ergibt sich, soweit erforderlich, aus den nachfolgenden Erwägungen.
Der Beschwerdeführer hat am 6. Juni 2002 unaufgefordert eine weitere Rechtsschrift eingereicht (OG amtl.Bel. 5), auf die mangels richterlicher Anordnung eines zweiten Rechts-schriftenwechsels nicht einzutreten ist.
3.- Die Aufsichtsbeschwerde an das Obergericht ist zulässig gegen Instanzen der Zivil-rechtspflege sowie deren Mitglieder und Mitarbeiter (§ 286 Abs. 1 ZPO), mithin auch gegen das Arbeitsgericht (§ 66 AGG; Studer/Rüegg/Eiholzer, Der Luzerner Zivilprozess, N 2 zu § 286 ZPO). Sie ist innert 10 Tagen seit Kenntnis des Beschwerdegrundes beim Obergericht schriftlich einzureichen (§ 288 Abs. 1 ZPO). Diese Frist ist mit der Eingabe des Beschwerde-führers vom 7. Mai 2002 eingehalten. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
4.- Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, sein Vater als Berater habe sich an der Verhandlung nicht äussern dürfen. Während der ca. 20-minütigen Verhandlung sei von beiden Beisitzern kein einziges Wort zu hören gewesen noch sei eine Frage an die Parteien gestellt worden. Das Wort habe nur der Vorsitzende geführt. Es habe den Anschein erweckt, als ob das Urteil bereits vor Verhandlungsbeginn festgestanden habe, aber auch, dass sich der Vorsitzende mit diesem laut seinen eigenen Angaben schwierigen Fall zu wenig beschäftigt und er sich zu schnell zu einem für den Beschwerdeführer inakzeptablen Urteil entschlossen habe. Es könne doch nicht sein, dass ein so "schwieriger Fall", der nach etli-chen telefonischen Anfragen bei Dr. S...... und einer schriftlichen Nachfrage vom 4. Feb-ruar 2002 erst nach Verschleppung von über einem Jahr zur Verhandlung komme, innert 20 Mi-nuten mit einem für ihn unvorteilhaften Urteil ende. Er habe vom Arbeitsgericht erwartet, dass die vorgelegten Beweise durch den Vorsitzenden genauer geprüft würden und dass auch die beklagte Partei zum Sachverhalt befragt werde.
4.1. Der Hauptvorwurf des Beschwerdeführers betrifft den Ablauf der Verhandlung. Er sei dabei zu wenig bzw. gar nicht zu Wort gekommen und es sei der Eindruck entstanden, das Gericht habe eine vorgefasste Meinung.
4.1.1. Mit der Aufsichtsbeschwerde kann gemäss § 286 Abs. 2 ZPO sowohl unberech-tigtes Verweigern und Verzögern einer Amtshandlung als auch ungebührliche Behandlung in einem Verfahren gerügt werden. Eine Partei ist zur Beschwerde nur legitimiert, wenn sie im Verfahren durch eine Verfügung durch eine Handlung betroffen ist, welche nicht durch ein Rechtsmittel in der Sache behoben werden kann. Mit anderen Worten ist die Aufsichtsbe-schwerde gegenüber den ordentlichen ausserordentlichen Rechtsmitteln in der Sache absolut subsidiär (Studer/Rüegg/Eiholzer, a.a.O., N 1 zu § 286 ZPO). Das bedeutet vorlie-gend, dass auf die Aufsichtsbeschwerde insofern nicht eingetreten werden kann, als der Be-
schwerdeführer das prozessuale Vorgehen des Arbeitsgerichts rügt. Denn solche Rügen kön-nen mit dem in der Sache zulässigen Rechtsmittel vorgetragen werden. Auf die Aufsichts-beschwerde ist daher insoweit nicht einzutreten.
4.1.2. Mit der Aufsichtsbeschwerde kann auch die ungebührliche Behandlung in einem Verfahren gerügt werden (§ 286 Abs. 2 ZPO). Eine solche liegt nur vor, wenn ein Beamter den einer Partei geschuldeten Anstand verletzt, z.B. durch ehrverletzende Äusserungen das Bekunden der Geringschätzung (Max. X Nr. 415). Die beanstandete Handlung muss sich klar gegen den Beschwerdeführer gerichtet haben (Studer/Rüegg/Ei-holzer, a.a.O., N 4
zu § 286 ZPO). Ungebührliche Behandlung im Sinne dieser Bestimmung wird vom Beschwer-
deführer nicht geltend gemacht, betreffen doch seine sämtlichen Rügen die prozessuale Vor-
gehensweise des Gerichts, die wie erwähnt vorliegend mit der Appellation geltend zu machen ist.
4.1.3. Der Beschwerdeführer geht überdies von der falschen Vorstellung aus, dass an der Hauptverhandlung im Sinne des Unmittelbarkeitsprinzips der Sachverhalt erfragt und an-schliessend anhand der erhaltenen Auskünfte entschieden wird. Damit verkennt er, dass die seitens des Gerichts mitwirkenden Personen vorgängig der Verhandlung die Akten und inbe-sondere auch die Vorbringen der Parteien sowie die aufgelegten Urkunden studieren und dass im Hinblick auf die Verhandlung ein Urteilsentwurf verfasst wird, der nach allfälligen weiteren Beweisabnahmen an der Hauptverhandlung Grundlage der Beratung und der an-schliessenden Entscheidung ist. Wenn sich anlässlich der Hauptverhandlung keine neuen Aspekte ergeben ist es daher durchaus möglich und zulässig, das Urteil relativ schnell zu finden und den Parteien bereits anlässlich der Verhandlung mündlich zu eröffnen, wie dies vorliegend geschehen ist.
4.2. Soweit der Beschwerdeführer die lange Verfahrensdauer rügt, was als einziges im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde zulässig ist, ergibt sich aus der Stellungnahme des Be-schwerdegegners, dass sich dieser gegenüber dem Beschwerdeführer bzw. dessen Vater dafür entschuldigt und überdies Gründe angeführt hat, welche die eher lange Verfahrensdau-er zu erklären vermögen und aufgrund derer sich keine aufsichtsrechtlichen Massnahmen aufdrängen. Weiterungen in diesem Punkt erübrigen sich somit, zumal das Urteil den Partei-en am 15. Mai 2002 zugestellt wurde.
4.3. Ebenfalls keinen Beschwerdegrund bildet der Umstand, dass der Vater des Be-schwerdeführers an der Verhandlung nicht als Vertreter zugelassen wurde und nicht zu Wort kam. Dies entspricht der gesetzlichen Regelung (§ 26 AGG) sowie der Rechtsprechung (LGVE 1996 I Nr. 36) und es sind keine Gründe ersichtlich, die im vorliegenden Fall eine Ausnahme gestattet hätten.
4.4. Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuwei-sen, soweit darauf einzutreten ist. Es werden im Sinne von § 67 Abs. 1 AGG weder Kosten erhoben noch Parteikosten vergütet (selbst wenn sie geltend gemacht worden wären).
R e c h t s s p r u c h
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Es werden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen.
3. Dieser Entscheid ist den Parteien zuzustellen.
Luzern 5. Juli 2002
Für die I. Kammer des Obergerichts
Der Präsident:
Die Gerichtsschreiberin: