Eine Person, vertreten durch Rechtsanwalt Franco Faoro, hat gegen die Y._____AG eine Forderung aus dem Arbeitsrecht eingereicht. Nach einer mündlichen Hauptverhandlung entschied das Bezirksgericht Inn, dass die beklagte Partei der klagenden Partei einen Betrag von CHF 9'576.50 zuzüglich Zinsen zahlen muss. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 2'880.00 gehen zu Lasten der Gerichtskasse. Die klagende Partei muss der beklagten Partei CHF 2'727.15 als Entschädigung zahlen. Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Kostenentscheid Beschwerde beim Kantonsgericht von Graubünden eingereicht. Die Beschwerde wurde gutgeheissen, die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen, und die Y._____AG muss der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von CHF 3'000.-- zahlen.
Urteilsdetails des Kantongerichts ZK2-14-13
Kanton: | GR |
Fallnummer: | ZK2-14-13 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 04.12.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung aus Arbeitsrecht (Parteientschädigung) |
Schlagwörter : | Partei; Recht; Parteien; Entscheid; Honorarnote; Begründung; Parteientschädigung; Vorinstanz; Gericht; Kanton; Aufwand; Entscheids; Verfahren; Forderung; Stunden; Kantonsgericht; Hauptverhandlung; Höhe; Honorarnoten; Verfahrens; Rechtsvertreter; Graubünden; Urteil; Bezirksgericht; Stundenansatz; Schweizerische |
Rechtsnorm: | Art. 105 ZPO ;Art. 107 ZPO ;Art. 110 ZPO ;Art. 239 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 53 ZPO ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 117 II 282; |
Kommentar: | Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Art. 82 SchKG, 1998 |
Entscheid des Kantongerichts ZK2-14-13
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
Ref.:
Chur, 4. Dezember 2014
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK2 14 13
26. Februar 2015
Urteil
II. Zivilkammer
Vorsitz
Pritzi
RichterInnen
Hubert und Schnyder
Aktuarin
Thöny
In der zivilrechtlichen Beschwerde
der X.___, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Franco
Faoro, Lindenstrasse 26, 8008 Zürich,
gegen
den Entscheid des Bezirksgerichts Inn vom 22. Januar 2014, mitgeteilt am 3. März
2014, in Sachen der Beschwerdeführerin gegen die Y . _ _ _ _ _ A G , Beschwer-
degegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Andrin Perl, Tittwiesenstrasse
29, 7001 Chur,
betreffend Forderung aus Arbeitsrecht (Parteientschädigung),
hat sich ergeben:
I. Sachverhalt
A.
Mit Eingabe vom 17. Juli 2012 machte X.___ beim Vermittleramt des Be-
zirksgerichts Inn eine Klage gegen die Y.___AG betreffend Forderung aus Ar-
beitsrecht anhängig. Darin beantragte sie unter Vorbehalt eines Nachklagerechts
die Verpflichtung der Y.___AG zur Zahlung von Fr. 22'058.-zuzüglich Zins von
5% seit dem 30. Juni 2012. Nach erfolglos verlaufener Schlichtungsverhandlung
prosequierte die Klägerin die Streitsache am 23. November 2012 an das Bezirks-
gericht Inn, wobei sie ihre Forderung auf Fr. 21.027.25 inkl. Zins von 5% seit dem
30. Juni 2012 reduzierte. Die Y.___AG beantragte die vollumfängliche Abwei-
sung der Klage unter Kostenund Entschädigungsfolge.
B.
Nach Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung erkannte das Be-
zirksgericht Inn mit Entscheid vom 22. Januar 2014, mit Teilbegründung schriftlich
mitgeteilt am 3. März 2014, wie folgt:
"1. Die Klage wird teilweise gutgeheissen und die beklagte Partei ver-
pflichtet, der klagenden Partei CHF 9'576.50 inkl. 5% Zins seit 30. Juni
2012 zu bezahlen.
2.
Im Übrigen wird die Klage vollumfänglich abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 2'880.00 (Entscheidgebühr CHF
2'000.00, Kosten der Beweisführung CHF 880.00) gehen zu Lasten
der Gerichtskasse.
4.
Die klagende Partei hat die beklagte Partei mit CHF 2'727.15 (inkl.
Barauslagen und MWST) aussergerichtlich zu entschädigen.
5.
(Rechtsmittelbelehrung).
6.
(Mitteilung)."
Die Verteilung der ausseramtlichen Kosten (Ziff. 4) begründete das Bezirksgericht
Inn damit, dass die Parteien gestützt auf den zugesprochenen Forderungsbetrag
je zu rund 50% obsiegt hätten. Anlässlich der Hauptverhandlung habe die klägeri-
sche Vertretung eine Honorarnote über den Betrag von Fr. 13'240.34 eingereicht,
während die beklagtische Vertretung einen Aufwand von Fr. 18'694.60 geltend
gemacht habe. Die Höhe dieser Honorarnote sei von der klagenden Partei explizit
anerkannt worden. Die beiden Honorarnoten seien daher zu addieren und das
Kostentotal sei entsprechend ihrem prozentualen Erfolg auf die Parteien zu vertei-
len, was unter Verrechnung der gegenseitigen Forderungen zu einer Entschädi-
gung in Höhe von Fr. 2'727.15 zu Gunsten der beklagten Partei führe.
Seite 2 — 10
C.
Gegen diesen Kostenentscheid liess X.___ am 3. April 2014 (Poststem-
pel) Beschwerde beim Kantonsgericht von Graubünden erheben, wobei sie das
folgende Rechtsbegehren stellte:
"1. Es sei der Kostenentscheid des Bezirksgerichts Inn vom 22. Januar
2014 aufzuheben.
2.
Die ausseramtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien
unter den Parteien wettzuschlagen (jede soll ihre eigenen Anwaltskos-
ten tragen).
3.
Eventualiter sei der Kostenentscheid aufzuheben und der Vorinstanz
zur neuerlichen Beurteilung zurückzuweisen.
4.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Vorinstanz
eventualiter zu Lasten der Beschwerdegegnerin."
D.
Die Y.___AG liess mit Beschwerdeantwort vom 7. Mai 2014 die Abwei-
sung der Beschwerde, soweit darauf überhaupt eingetreten werden könne, unter
Kostenfolge gemäss Gesetz sowie mit Entschädigungsfolge zu Lasten der Be-
schwerdeführerin beantragen.
Auf die weiteren Ausführungen in den Rechtsschriften und im angefochtenen Kos-
tenentscheid wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen einge-
gangen.
II. Erwägungen
1.
Nach Art. 110 ZPO in Verbindung mit Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO ist der Ent-
scheid über die Prozesskosten selbständig nur mit Beschwerde anfechtbar. Nach
Art. 321 Abs. 1 ZPO ist die Beschwerde innert 30 Tagen seit der Zustellung des
begründeten Entscheids schriftlich und begründet bei der Rechtsmittelinstanz ein-
zureichen, wobei der angefochtene Entscheid beizulegen ist (Abs. 3). Die Zustän-
digkeit des Kantonsgerichts von Graubünden als Rechtsmittelinstanz ergibt sich
aus Art. 7 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Zivilprozessord-
nung (EGzZPO; BR 320.100). Die vorliegende Beschwerde gegen den Entscheid
des Bezirksgerichts Inn vom 22. Januar 2014, mit Teilbegründung mitgeteilt am
3. März 2014, wurde 3. April 2014 (Poststempel), somit innert Frist, eingereicht.
Auch die übrigen Formvorschriften sind erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einge-
treten werden kann.
2.
Die Vorinstanz gelangte im angefochtenen Entscheid zum Ergebnis, dass
beide Parteien je zu rund 50% obsiegt hatten. Dennoch verpflichtete sie X.___,
Seite 3 — 10
der Y.___AG eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 2'727.15 (inkl. Baraus-
lagen und MWSt) zu entrichten (Ziff. 4 des Dispositivs). Zur Begründung führte sie
dazu aus, seitens der beklagten Partei sei ein Mehraufwand von rund 10 Stunden
gegenüber der klägerischen Honorarnote geltend gemacht worden. Beide Hono-
rarnoten seien jedoch anlässlich der Hauptverhandlung nicht bestritten worden.
Die Höhe der beklagtischen Honorarnote sei von der Gegenseite sogar explizit
anerkannt worden, nachdem der Gerichtspräsident den Rechtsvertreter noch kon-
kret zur Einsicht aufgefordert habe. Gestützt auf das den Parteien an der Haupt-
verhandlung gewährte rechtliche Gehör und wegen der beidseits akzeptierten Ho-
norarnoten erübrige sich im vorliegenden, nicht dem unentgeltlichen Prozessrecht
unterstehenden Verfahren eine Überprüfung der geltend gemachten Forderungen
durch das Gericht. Selbst wenn das Gericht eine Überprüfung der Honorarnote
hätte vornehmen müssen, wären die vorliegenden Honorarnoten nicht zu bean-
standen gewesen, zumal der Mehraufwand auf beklagtischer Seite als vertretbar
zu erachten sei, weil die beklagte Partei tendenziell mehr Aufwand habe, als die
klagende Partei, da letztere in der Regel "bloss" behaupten könne und die Beweis-
lage für die beklagte Partei wegen fehlender schriftlicher Nachweise schwieriger
gewesen sei. Die von beiden Parteien eingereichten Honorarnoten seien demzu-
folge zu addieren und das Kostentotal sei entsprechend ihrem prozessualen Erfolg
auf die Parteien zu verteilen. Die Forderungen seien alsdann soweit als möglich
zu verrechnen, womit die klagende Partei die beklagte Partei noch mit Fr. 2'727.15
aussergerichtlich zu entschädigen habe.
a)
Die Beschwerdeführerin bestreitet zunächst, die Honorarnote der Gegen-
partei akzeptiert zu haben. Es stimme, dass die Honorarnote, welche durch die
Beschwerdegegnerin vor der ersten Instanz eingereicht worden sei, anlässlich der
Hauptverhandlung keiner Würdigung unterzogen worden sei. Diese sei ihrem
Rechtsvertreter mit völlig anderen Zahlen in Erinnerung gewesen, so dass auch
auf die Frage des Vorsitzenden hin ausdrücklich auf eine Kommentierung verzich-
tet worden sei. In Anbetracht der Tatsache, dass sie betreffend die Kostenfolgen
ein Rechtsbegehren gestellt und dieses an der Hauptverhandlung auch begründet
habe, könne nun aber nicht gesagt werden, dass die Honorarnote der Gegenpartei
einfach der Parteidisposition obliege und bei einer Nichtkommentierung einem
Akzept gleichkomme, das es nicht weiter zu überprüfen gelte. Beim Anwaltsgesetz
und der dazu gehörigen Honorarverordnung gehe es um öffentliches Recht, womit
das Gericht von Amtes wegen verpflichtet sei, die eingereichten Honorarnoten im
Lichte des Gesetzes reflektieren zu lassen.
Seite 4 — 10
b)
Aus dem Protokoll der Hauptverhandlung (vorinstanzliche Akten act. VII/3.)
ergibt sich, dass beide Parteien eine Kostennote eingereicht hatten. Ebenfalls geht
daraus hervor, dass beiden Parteien die Möglichkeit geboten wurde, in die gegne-
rische Honorarnote Einsicht zu nehmen und sich dazu zu äussern, wie dies im
kantonalen Recht vorgesehen ist (vgl. hierzu die Botschaft der Regierung zur Teil-
revision des Anwaltsgesetzes vom 24. Juni 2008, S. 195 f.). Strittig ist jedoch, ob
der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die Honorarnote der Gegenpartei
ausdrücklich anerkannt hatte. Dem Protokoll ist lediglich zu entnehmen, dass der
Rechtsvertreter keine Einwendungen bezüglich der Honorarnote der Beklagten
vorbrachte; eine explizite Anerkennung ist indessen nicht protokolliert. Auch die
Beschwerdeführerin äussert sich dahingehend, dass seitens ihres Rechtsvertre-
ters ausdrücklich auf eine Kommentierung verzichtet worden sei. Der Verzicht auf
eine Äusserung kann jedoch entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht als
Anerkennung qualifiziert werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden,
dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin lediglich auf sein Recht, eine
Stellungnahme zu den geltend gemachten Kosten der Gegenseite abzugeben,
verzichtete. Daraus eine Zustimmung abzuleiten, welche das Gericht von der Prü-
fung der Honorarnote und der Festsetzung der Parteientschädigung entbindet,
würde dem allgemeingültigen juristischen Grundsatz zuwiderlaufen, wonach die
Deutung von Stillschweigen als Zustimmung nur dann zulässig ist, wenn eine
Pflicht der expliziten Ablehnung eines gegnerischen Standpunktes im Falle des
Nicht-Einverständnisses angenommen werden darf, die im Normalfall nicht be-
steht (vgl. beispielsweise Eugen Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht, All-
gemeiner Teil, 2. Auflage, Zürich 1988, S. 114) das Erklärungsverhalten ein-
deutig ist und klar daraus hervorgeht, dass die betreffende Person mit dem
Schweigen einen bestimmten Willen kundgeben will, wobei ein rein passives Ver-
halten dazu regelmässig nicht genügt (Gauch/Schluep, Schweizerisches Obligati-
onenrecht Allgemeiner Teil, Band I, 10. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, N.
190a). Im vorliegenden Fall wurde jedoch explizit eine bejahende verbale Antwort
erwartet und seitens des Rechtsvertreters verweigert. Liegt nach dem Gesagten
somit keine Anerkennung vor, wäre das Gericht verpflichtet gewesen, eine Prü-
fung der Honorarnoten vorzunehmen und die Parteientschädigung im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 ZPO festzulegen. Die Beschwerde ist daher bereits aus diesem
Grund gutzuheissen. Da es sich bei der Ermittlung des angemessenen Aufwands
um eine Feststellung tatsächlicher Natur handelt (vgl. hierzu BGE 117 II 282 E. 4c)
und das Kantonsgericht als Beschwerdeinstanz in Bezug auf Sachverhaltsfeststel-
lungen nur über eine beschränkte Kognition verfügt, ist vorliegend ein reformatori-
scher Entscheid ausgeschlossen. Daher ist die Sache entsprechend dem Even-
Seite 5 — 10
tualbegehren der Beschwerdeführerin zur Neubeurteilung an das Bezirksgericht
Inn zurückzuweisen.
3.
Bei der Überprüfung der Honorarnoten und der Festlegung der Parteient-
schädigung wird die Vorinstanz zu berücksichtigen haben, dass bei den Kosten
der berufsmässigen Vertretung nur der gebotene Aufwand, das heisst derjenige,
der durch die bei objektiver Würdigung notwendig erscheinende Inanspruchnahme
des Anwalts entstanden ist, zu vergüten ist. Was über dieses Mass hinausgeht,
soll die Partei selber tragen (Sterchi, a.a.O., N. 14 zu Art. 95). Das bedingt, dass
sich die Vorinstanz mit den konkreten Umständen des Einzelfalls auseinanderzu-
setzen hat und nicht wie im angefochtenen Entscheid auf allgemeine Grundsät-
ze Erfahrungswerte abstellen kann. Dabei sind insbesondere auch folgende
Aspekte zu berücksichtigen:
a)
Die Höhe der Parteientschädigung der obsiegenden Partei soll vom Gericht
nach Ermessen festgesetzt werden. Ausgangspunkt dafür bildet die Honorarnote
der Anwältin des Anwaltes beziehungsweise der Betrag, welcher der ent-
schädigungsberechtigten Partei für die anwaltliche Vertretung in Rechnung gestellt
wird. Dies aber nur soweit, als dass der vereinbarte Ansatz üblich ist, keine Er-
folgszuschläge enthält, der Aufwand angemessen und für die Prozessführung er-
forderlich ist und der Rechnungsbetrag in einem angemessenen Verhältnis zur
Bedeutung der Sache steht. Für die Bemessung des Honorars sind die kantonalen
Tarife (Art. 96 ZPO) massgebend. Im Kanton Graubünden sind diese in der Ver-
ordnung über die Bemessung des Honorars der Rechtsanwältinnen und Rechts-
anwälte (HV; BR 310.250) festgelegt. Die Parteien haben zu Beginn des Verfah-
rens eine vollständige, unterschriebene Honorarvereinbarung einzureichen. Unter-
lassen sie dies, kann die urteilende Instanz davon absehen, für die Festsetzung
der Parteientschädigung die Anwaltsrechnung beizuziehen (Art. 4 Abs. 1 HV). Im
vorliegenden Fall ist die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid gestützt auf die
geltend gemachte Forderung von Fr. 18'694.60 (inkl. Barauslagen und Mehrwert-
steuer) von einem zeitlichen Aufwand bei der Beschwerdegegnerin von 58.10
Stunden bei einem Stundenansatz von Fr. 270.-ausgegangen. Der Honorarnote
lässt sich zwar entnehmen, dass die Auslagen für diverse Instruktionsbespre-
chungen, die Prüfung der Sach-, Rechtsund Aktenlage, die Ausarbeitung der
Rechtsschriften, Zeugenfragen, Korrespondenz, Hauptverhandlung und Mandats-
abschluss angefallen sind. Nicht aufgeführt wurde demgegenüber, wie viele Stun-
den für das Mandat aufgewendet und welcher Stundenansatz angerechnet wurde.
Da zudem keine Honorarvereinbarung eingereicht wurde, kann nicht ohne weite-
res vom höchstmöglichen Stundenansatz von Fr. 270.-ausgegangen werden.
Seite 6 — 10
Nach ständiger Praxis des Kantonsgerichts ist in diesen Fällen vielmehr ein mittle-
rer Stundenansatz von Fr. 240.-anzurechnen (vgl. hierzu Urteil der II. Zivilkam-
mer des Kantonsgerichts ZK2 14 14 vom 21. Mai 2014 E. 2.b/aa; Urteil der II. Zi-
vilkammer des Kantonsgerichts ZK2 13 54 vom 23. Januar 2014 E. 6). Dies wird
bei der neuerlichen Festlegung der Parteientschädigung zu berücksichtigen sein.
b)
Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang zudem, dass die
Vorinstanz zwar von einem je hälftigen Obsiegen der Parteien ausgegangen sei,
aber dennoch eine Parteientschädigung zugesprochen habe. Dabei übersieht die
Beschwerdeführerin jedoch, dass diese Konstellation nicht grundsätzlich zu einem
Wettschlagen der Parteikosten führt. Ein solches ist vielmehr nur dann gerechtfer-
tigt, wenn der Aufwand der Parteien gleich hoch ist (vgl. Urteil der I. Zivilkammer
des Kantonsgerichts ZK1 12 23 vom 27. Juni 2012 E. 8.). Die Vorinstanz wird da-
her unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse zu ermitteln haben, ob der
geltend gemachte Aufwand beider Parteien gerechtfertigt war und daher trotz hälf-
tigem Obsiegen die Zusprechung einer Parteientschädigung als angemessen er-
scheint, ob trotz unterschiedlich hoher Honorarnoten beispielsweise auf-
grund von Art. 107 ZPO - Gründe vorliegen, die ein Wettschlagen der Parteikosten
rechtfertigen würden.
4.
Wie bereits dargelegt wurde, ist die vorliegende Sache aufgrund der be-
schränkten Kognition der Beschwerdeinstanz an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Jedoch wäre eine Rückweisung auch bei vollumfänglicher Kognition des Kantons-
gerichts im vorliegenden Fall unumgänglich. Das Bezirksgericht Inn stellte den
Parteien den in der Sache ergangenen Entscheid gestützt auf Art. 239 Abs. 1 lit. b
ZPO ohne Begründung zu. Auf Begehren der Beschwerdeführerin hin lieferte es in
der Folge eine schriftliche Begründung des Urteils nach. Diese beschränkte sich
jedoch auf Ausführungen zur Kostenverteilung; auf die übrigen (materiellen)
Streitpunkte ging es nicht näher ein. Diese Vorgehensweise begründete die Vo-
rinstanz damit, es sei nicht einzusehen, weshalb eine Partei nicht bereits zum Vo-
raus die Begründung lediglich eines Teils des Dispositivs verlangen können solle,
mit der Folge, dass der Rest des Dispositivs mit Ablauf der 10-Tagefrist, zufolge
des wegen der nicht eingeforderten Begründung vermuteten Verzichts auf die An-
fechtung, in Rechtskraft erwachse (Art. 239 Abs. 2 zweiter Satz ZPO). Auch mit
Blick auf das rechtliche Gehör bestünden keine Bedenken. Insbesondere in Fällen
wie im vorliegenden, in denen die Frist für die nachträgliche Einforderung einer
vollen Begründung unbenutzt verstrichen sei und die beantragte teilweise Begrün-
dung des Entscheids auch argumentativ möglich sei, mache eine bloss teilweise
Begründung des Entscheids aufgrund des verringerten Begründungsaufwands
Seite 7 — 10
auch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten durchaus Sinn. Folglich sei
nur Dispositivziffer 4 des Entscheids vom 22. Januar 2014 bezüglich Aufteilung
der aussergerichtlichen Kosten zu begründen. Der Rest des Dispositivs sei in
Rechtskraft erwachsen. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Partei-
en haben Anspruch auf eine schriftliche Begründung des Entscheids. Dies folgt
bereits aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 53 Abs. 1 ZPO). Das erstin-
stanzliche Gericht hat deshalb zwingend eine schriftliche Begründung nachzulie-
fern, wenn eine Partei dies innert 10 Tagen seit der Eröffnung des Entscheids ver-
langt (Laurent Killias, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung,
Band II, Bern 2012, N. 17 zu Art. 239). Eine Teilbegründung des Entscheides mit
der Folge, dass die übrigen Teile des Dispositivs in Rechtskraft erwachsen, kennt
Art. 239 ZPO nicht (Matthias Lerch, in: Gehri/Kramer [Hrsg.], ZPO-Kommentar,
Zürich 2010, N. 4 zu Art. 239). In der Lehre wird daher auch die Meinung vertre-
ten, dass das Begehren um Entscheidbegründung nicht auf einzelne Urteilsgründe
beschränkt werden könne (vgl. Killias, a.a.O., N. 17 zu Art. 239). Wenn eine Partei
lediglich eine Teilbegründung verlange, so sei dies wohl als Begehren um Zustel-
lung einer vollständigen Begründung zu interpretieren (Lerch, a.a.O., N. 5 zu
Art. 239). Die Grundsatzfrage, ob eine Teilbegründung im Zivilverfahren überhaupt
zulässig ist, kann an dieser Stelle offen gelassen werden, zumal eine Beschrän-
kung der Begründung auf die Kostenverteilung wie im vorliegenden Fall den An-
forderungen an die Begründungspflicht ohnehin nicht zu genügen vermag. Die
Verteilung der Prozesskosten erfolgt wenn keine Partei vollständig obsiegt hat -
nach dem Ausgang des Verfahrens. Dabei sind die einzelnen Rechtsbegehren
nicht zwingend von vornherein gleich zu gewichten (vgl. Viktor Rüegg in: Spüh-
ler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessord-
nung, 2. Auflage, Basel 2013, N. 8 zu Art. 106). Um die Kostenverteilung der Vo-
rinstanz insbesondere das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens - nach-
vollziehen und überprüfen zu können, ist daher erforderlich, dass aus der schriftli-
chen Begründung des angefochtenen Entscheids hervorgeht, welche Bedeutung
den einzelnen Rechtsbegehren zugekommen ist. Des Weiteren gilt es zu berück-
sichtigen, dass gemäss Art. 107 ZPO auch weitere Faktoren (unter anderem Kla-
gezuspruch dem Grundsatz nach, Prozessführung in guten Treuen, besondere
Umstände), Einfluss auf die Kostenverteilung haben können. Eine Überprüfung
des Kostenspruchs mit Blick auf diese Bestimmungen ist nicht möglich, sofern
keine Begründung des Entscheids in der Sache vorliegt. Gerade in Fällen wie dem
vorliegenden, in welchen eine Forderung teilweise gutgeheissen (Ziff. 1 des Dis-
positivs), die Klage im Übrigen aber vollständig abgewiesen wird (Ziff. 2 des Dis-
positivs), lässt sich die Kostenverteilung nur ungenügend nachvollziehen. Kommt
Seite 8 — 10
hinzu, dass auch der gebotene Aufwand, welcher Ausgangspunkt für die Bemes-
sung der Parteientschädigung bildet, ohne Begründung des Entscheids in der Sa-
che selbst nur schwerlich beurteilt werden kann. Damit steht fest, dass dem An-
spruch auf Begründung des Entscheids im vorliegenden Fall nicht in ausreichen-
der Weise nachgekommen worden ist. Daran ändert auch nicht, dass vor Bezirks-
gericht das vereinfachte Verfahren (Art. 243 ff. ZPO) zur Anwendung gelangte,
zumal die Pflicht zur Nachreichung einer vollständigen Begründung auch für diese
Verfahrensart gilt. Die Streitsache ist somit auch aus diesem Grund zur Neubeur-
teilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
4.
Gemäss Art. 114 lit. c ZPO fallen bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhält-
nis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.-keine Gerichtskosten an. Die Kosten-
losigkeit des Verfahrens ist nicht nur auf erstinstanzliche Entscheidverfahren be-
schränkt, sondern gilt auch für kantonale Rechtsmittelverfahren. Die Kosten des
vorliegenden Verfahrens verbleiben daher beim Kanton Graubünden.
5.
Die unterliegende Y.___AG hat X.___ für das Beschwerdeverfahren
angemessen zu entschädigen. Deren Rechtsvertreter macht mit Honorarnote vom
3. April 2014 (act. B.3) anwaltliche Aufwendungen von insgesamt 17 Stunden und
5 Minuten geltend. Zum verrechneten Stundenansatz von Fr. 250.-ist festzuhal-
ten, dass keine Honorarvereinbarung vorliegt und daher wie in der vorstehenden
Erwägung ausgeführt vom mittleren Stundenansatz von Fr. 240.-auszugehen
ist. Jedoch erscheint auch der geltend gemachte zeitliche Aufwand unter Berück-
sichtigung der eingereichten Rechtsschriften und der Schwierigkeit der Sache als
überhöht. Gegenstand des Verfahrens bildete einzig die Höhe der Parteientschä-
digung. Der Streitwert lag demzufolge lediglich bei Fr. 2'727.15 und damit deutlich
unter der geforderten Parteientschädigung. Insofern muss der vom Rechtsvertre-
ter getätigte Aufwand als über dem Notwendigen liegend qualifiziert werden. Da-
her erscheint es als angemessen, die Parteientschädigung auf Fr. 3'000.-- (ein-
schliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu kürzen. Die Y.___AG hat
X.___ somit für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr.
3'000.-zu bezahlen.
Seite 9 — 10
III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Sache zur Neubeurteilung im
Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten des vorliegenden Verfahrens von Fr. 1'500.-verbleiben
beim Kanton Graubünden.
3.
Die Y.___AG hat X.___ für das Beschwerdeverfahren eine Parteient-
schädigung von Fr. 3'000.-zu bezahlen.
4.
Gegen diese, einen Streitwert von weniger als CHF 30'000.-betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72 und Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG Beschwer-
de in Zivilsachen an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne
14, geführt werden, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeu-
tung stellt. Andernfalls ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss
Art. 113 ff. BGG gegeben. In beiden Fällen ist das Rechtsmittel dem Bun-
desgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Aus-
fertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen
Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die
weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die
Art. 29 ff., 72 ff., 90 ff. und 113 ff. BGG.
5.
Mitteilung an:
Seite 10 — 10
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