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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZK2-09-58: Kantonsgericht Graubünden

Es handelt sich um einen Gerichtsbeschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, in einer Strafsache betreffend versuchten Mord. Der Privatkläger A. und die Privatklägerin B. haben Berufungen eingereicht, doch A. und der Beschuldigte haben ihre Berufungen zurückgezogen. Die Berufung von B. wird nicht akzeptiert, da sie die Frist zur Einreichung der Berufungserklärung nicht eingehalten hat. Die Kosten des Verfahrens werden entsprechend verteilt, wobei B. aufgrund von gewährter unentgeltlicher Rechtspflege keine Kosten tragen muss. Der Beschluss wird schriftlich an die beteiligten Parteien weitergeleitet. Die Entscheidung kann beim Bundesgericht in Strafsachen angefochten werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK2-09-58

Kanton:GR
Fallnummer:ZK2-09-58
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZK2-09-58 vom 16.12.2009 (GR)
Datum:16.12.2009
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Patentrecht (Beweisverfahren, Gutachten, Ausstand Sachverständiger)
Schlagwörter : Patent; Patentanwalt; Gutachten; Lizenz; Verfahren; Experte; Recht; Verfügung; Kantons; Patentanmeldung; Patentanwalts; Kantonsgericht; Verfahrens; Entscheid; Experten; Auftrag; Lizenzvertrag; Gericht; Befangenheit; Patentanwaltsbüro; Sachverständige; Antrag; Substitut; Interesse; Ausstand; Patents
Rechtsnorm:Art. 188 ZPO ;Art. 237 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 30 BV ;Art. 394 OR ;Art. 398 OR ;Art. 94 ZPO ;
Referenz BGE:125 II 541; 127 I 196;
Kommentar:
Rolf H. Weber, Basler Kommentar zum I, Art. 1; Art. 394 OR, 2007
Walter Fellmann, Berner Kommentar Art. 394-406 OR, Art. 394; Art. 398 OR, 1992
Marc Amstutz, Basler Kommentar zum I, Art. 184 ff. OR, 2007
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts ZK2-09-58

Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 16. Dezember 2009
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK2 09 58

(Eine gegen dieses Urteil beim Bundesgericht erhobene Beschwerde ist mit Urteil
vom 26. Juli 2010 abgewiesen worden).
Beiurteil
II. Zivilkammer


Vorsitz
Bochsler
RichterInnen
Schlenker und Michael Dürst
Redaktion
Aktuarin ad hoc Bäder Federspiel
——————
In der zivilrechtlichen Beschwerde
der X . A G , Beklagte und Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
iur. Reto Mengiardi, Bänziger Mengiardi Toller & Partner, Bahnhofstrasse 7,
Postfach 413, 7001 Chur,
gegen
die Verfügung des Vorsitzenden der II. Zivilkammer des Kantonsgerichts von
Graubünden vom 21. August 2009, mitgeteilt am 2. September 2009, in Sachen
der Y . , Klägerin und Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur.
Andrea Mondini und/oder Rechtsanwalt Dr. iur. Patrick Rohn, Schellenberg
Wittmer, Löwenstrasse 19, Postfach 1876, 8021 Zürich, gegen die Beklagte und
Beschwerdeführerin (Prozess ZFE 06 1),
betreffend Patentrecht (Beweisverfahren, Gutachten, Ausstand Sachverständiger),
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.
Am 21. Juli 2006 erhob die Y. beim Kantonsgericht Graubünden gegen die
X. AG (vormals X. AG A.) eine patentrechtliche Klage (Verfahren ZFE 06 1). Nach
Durchführung
eines
doppelten
Schriftenwechsels
erliess
der
Kantonsgerichtspräsident am 29. März 2007 die Beweisverfügung (ZFE 06 1, act.
IX.11).
Darin
ordnete
er
unter
anderem
die
Erstellung
eines
Sachverständigengutachtens an. Am 30. April 2007 reichten beide Parteien ihre
Anträge zur Nomination und Instruktion des Sachverständigen ein (ZFE 06 1, act.
I.6 u. I.7).
Mit Eingabe vom 30. August 2007 stellte die Beklagte den Antrag, den
Gegenstand des Verfahrens vorläufig auf die Teilfrage zu begrenzen, ob ein
Anspruch der Klägerin auf Miteigentum am Streitpatent bestehe (ZFE 06 1, act.
I.10). Begründet wurde dieser Antrag unter anderem damit, dass dadurch
allenfalls auf das Einholen einer zeitund kostenaufwendigen Expertise verzichtet
werden könne, da der Prozess in Bezug auf die Teilfrage des
Miteigentumsanspruchs nach Abschluss der Zeugenbefragungen spruchreif sei.
Die Klägerin stellte sich in ihrer Vernehmlassung vom 24. September 2007
ablehnend zu diesen Verfahrensanträgen (ZFE 06 1, act. I.11). Mit
prozessleitender Verfügung vom 14. Februar 2008 (ZFE 06 1, act. IX.13) wies der
Kantonsgerichtspräsident
das
Gesuch
um
Durchführung
einer
Gerichtsverhandlung zum Entscheid über materiell-rechtliche Teilfragen ab.
Zudem setzte er als Sachverständigen den Patentanwalt B. von der Firma C. C.,
Patentanwälte, D. (im Folgenden C.), ein.
Nach erfolgter Experteninstruktion vom 10. März 2008 (ZFE 06 1, act. IX.14)
orientierte der Experte den Kantonsgerichtspräsidenten am 4. Juni 2008
telefonisch über den Umstand, dass er bzw. seine Kanzlei in einer anderen
Patentsache von einer Drittfirma beauftragt gewesen sei, diese als
Lizenznehmerin bei der Verhandlung und Abwicklung eines Patentlizenzvertrages
mit der Erfinderin und hiesigen Klägerin zu vertreten. Seine Mandantin habe dabei
lizenzvertraglich die Pflicht übernommen, beim Europäischen Patentamt ein
Patent auf den Namen der Klägerin zu erwirken. Zur Herstellung der
Handlungsfähigkeit der Kanzlei vor dem Europäischen Patentamt sei diese von
der Klägerin entsprechend formell bevollmächtigt worden. Nach Angaben des
Experten äusserte sich der Kantonsgerichtspräsident ihm gegenüber derart, dass
dieser Sachverhalt kein Befangenheitsproblem darstelle. Ein Widerruf des
Auftrages an Patentanwalt B. zur Erstellung der Gerichtsexpertise erfolge
Seite 2 — 17

jedenfalls nicht. Am 1. Dezember 2008 erstattete der Genannte sein Gutachten
(ZFE 06 1, act. VII.3). Den Parteien wurde dieses am 4. Dezember 2008 zugestellt
(ZFE 06 1, act. IX.15).
B.
Mit Eingabe vom 26. Januar 2009 (ZFE 06 1, act. I.14) stellte die Beklagte
folgende Anträge:
"1. Patentanwalt B., C., D., sei seiner Funktion als gerichtlicher Experte zu
entheben und sein Gutachten vom 1. Dezember 2008 sei aus dem
Recht zu weisen.

2. Die Kosten des Gutachtens vom 1. Dezember 2008 seien der Klägerin
aufzuerlegen.
3. Es sei der Gegenstand des Verfahrens vorläufig zu begrenzen auf die
Teilfrage, ob ein Anspruch der Klägerin auf Miteigentum am
Streitpatent besteht.

4. Eventualiter zu Antrag 1: Sollte Antrag 1 abgewiesen werden, sei der
Beklagten Frist anzusetzen, um als Voraussetzung zu einer noch zu
beantragenden Oberexpertise vor der Experteninstruktion in
tatsächlicher Hinsicht zum Thema der äquivalenten Verletzung des
Streitpatents schriftlich Stellung zu nehmen.

5. Eventualiter zu Antrag 3: Sollte Antrag 3 abgewiesen und ein neues
Gutachten angeordnet werden, sei der Beklagten Frist anzusetzen, um
vor der Experteninstruktion in tatsächlicher Hinsicht zum Thema der
äquivalenten Verletzung des Streitpatents schriftlich Stellung zu
nehmen."

Der erste Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass zwischen dem
Gutachter B., welcher geschäftsführendes Mitglied der Patentanwaltskanzlei C.
sei, und der Klägerin (Y.) ein im August 2007 eingegangenes und andauerndes
Mandatsverhältnis bestehe. Dabei berief die Beklagte sich auf die
Ausstandsgründe von Art. 42 lit. c und g GOG. Mit Schreiben vom 30. Januar
2009 bezog der nominierte Gerichtsexperte B. zur Ausstandsfrage Stellung (ZFE
06 1, act. I.15). Dabei stellte er ein Mandatsverhältnis zwischen ihm sowie der
Kanzlei C. und der Klägerin in Abrede. Die Kanzlei arbeite ausschliesslich im
Auftrag und auf Weisung einer Lizenznehmerin an der dem Patent E. zu Grunde
liegenden Erfindung. Die Klägerin beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 25.
Februar 2009 (ZFE 06 1, act. I.16), was folgt:
"(a) Die Anträge der Beklagten seien vollumfänglich abzuweisen.
(b) Eventualiter sei neben der Abweisung der beklagtischen Anträge ein
unabhängiger, vom Kantonsgericht zu bestimmender Experte zu
beauftragen, innert einer Frist von 2 Monaten eine Oberexpertise zu
erstellen, die sich gestützt auf die mit Verfügung des
Kantonsgerichtspräsidiums vom 14. Februar 2008 zugelassenen
Expertenfragen zur Richtigkeit und Vollständigkeit der von
Patentanwalt B. erstellten Expertise vom 1. Dezember 2008 äussert."

Seite 3 — 17

In ihren Eingaben vom 17. Juli 2009 (Beklagte, ZFE 06 1, act. I.17) und vom 7.
August 2009 (Klägerin, ZFE 06 1, act. I.18) hielten beide Parteien an ihren
Verfahrensanträgen fest.
Mit Verfügung vom 21. August 2009, mitgeteilt am 2. September 2009, wies der
instruierende Richter, Kantonsrichter Hubert, die mit Eingabe vom 26. Januar
2009 gestellten Anträge der Beklagten vollumfänglich ab. Die Kosten wurden bei
der Prozedur belassen.
C.
Gegen diese Verfügung erhob die X. AG am 23. September 2009
Beschwerde an die II. Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden (act. 01).
Sie stellte folgende Anträge:
"1. Es sei die Verfügung des Vorsitzenden der II. Zivilkammer im
Verfahren Ref. ZFE 06 1 vom 21. August 2009, mitgeteilt am 2.
September 2009, betreffend Beweisverfahren, Gutachten, Ausstand
Sachverständiger etc., aufzuheben.

2. Patentanwalt B., C., D., sei seiner Funktion als gerichtlicher Experte zu
entheben und sein Gutachten vom 1. Dezember 2008 sei aus dem
Recht zu weisen.

3. Die Kosten des Gutachtens vom 1. Dezember 2008 seien der Klägerin
aufzuerlegen.
4. Es sei der Gegenstand des Verfahrens vorläufig zu begrenzen auf die
Teilfrage, ob ein Anspruch der Klägerin auf Miteigentum am
Streitpatent besteht.

5. Unter
gerichtlicher
und
aussergerichtlicher
Kosten-
und
Entschädigungsfolge zu Lasten der Klägerin."
Der Vorsitzende der II. Zivilkammer verzichtete gemäss Schreiben vom 7. Oktober
2009 (act. 04) unter Hinweis auf die Erwägungen in der angefochtenen
Entscheidung auf Gegenbemerkungen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte in ihrer Beschwerdeantwort vom 19. Oktober
2009 (act. 05), was folgt:
"(a) Die Anträge der Beklagten seien vollumfänglich abzuweisen.
(b) Eventualiter sei neben der Abweisung der beklagtischen Anträge ein
unabhängiger, vom Kantonsgericht zu bestimmender Experte zu
beauftragen, innert einer Frist von 2 Monaten eine Oberexpertise zu
erstellen, die sich gestützt auf die mit Verfügung des
Kantonsgerichtspräsidiums vom 14. Februar 2008 zugelassenen
Expertenfragen zur Richtigkeit und Vollständigkeit der von
Patentanwalt B. erstellen Expertise vom 1. Dezember 2008 äussert.

(c) Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten."
Seite 4 — 17

Am 2. November 2009 (act. 09) liess die Beschwerdeführerin dem Kantonsgericht
eine kurze Stellungnahme zur Beschwerdeantwort zukommen. Mit Schreiben vom
9. November 2009 (act. 11) beantragte die Beschwerdegegnerin, diese Eingabe
aus dem Recht zu weisen.
Auf die Erwägungen in der angefochtenen Verfügung sowie auf die Ausführungen
der Rechtsvertreter der Parteien in den Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in
den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
II. Erwägungen
1.
Gegen prozessleitende und vorsorgliche Präsidialverfügungen kann innert
20 Tagen bei der betreffenden Kammer Beschwerde geführt werden (Art. 237
Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Beschwerde wird durch Beiurteil erledigt (Art. 237 Abs. 4
ZPO).
Die Beschwerde der X. AG vom 23. September 2009 richtet sich gegen die
prozessleitende Verfügung des Vorsitzenden der II. Zivilkammer vom 21. August
2009, mitgeteilt am 2. September 2009. Die II. Zivilkammer ist demnach für die
Beurteilung der Beschwerde zuständig. Diese wurde im Übrigen fristsowie
formgerecht erhoben, so dass darauf eingetreten werden kann.
2.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet hauptsächlich die Frage, ob
der vom Gericht eingesetzte Experte B. als befangen erscheint.
a.
Sind zur Aufklärung des Sachverhaltes Fachkenntnisse erforderlich, über
die weder das Gericht noch einzelne seiner Mitglieder verfügen, können von
Amtes wegen auf Begehren einer Partei Sachverständige beigezogen
werden (Art. 188 ZPO). Ausschluss und Ausstand der Sachverständigen richten
sich nach den Bestimmungen des Gerichtsorganisationsgesetzes (Art. 190 Abs. 1
Satz 2 ZPO). Die Beschwerdeführerin beruft sich vorliegend auf die
Ausstandsgründe von Art. 42 lit. c und lit. g GOG (BR 173.000). Nach den
genannten Bestimmungen haben Gerichtspersonen in allen Angelegenheiten in
den Ausstand zu treten, in denen sie zu einer Partei einer geschädigten
sonst am Verfahren beteiligten Person in einem besonderen Pflichtoder
Abhängigkeitsverhältnis stehen (lit. c), in denen sie aufgrund anderer
Umstände als befangen erscheinen (lit. g).
Im Sinne einer unabhängig vom anwendbaren Verfahrensund Organisationsrecht
geltenden Minimalgarantie haben die Prozessparteien einen aus Art. 6 Ziff. 1
Seite 5 — 17

EMRK und Art. 30 Abs. 1 BV abgeleiteten Anspruch darauf, dass ihre Sache von
einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Gericht ohne
Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Liegen bei objektiver
Betrachtungsweise Gegebenheiten vor, die den Anschein der Befangenheit und
die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, so ist die Garantie
des verfassungsmässigen Richters verletzt (BGE 127 I 196 ff. [198 f.], E. 2b; BGE
126 I 68 ff. [73], E. 3a). Für Sachverständige gelten grundsätzlich die gleichen
Ausstandsund Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Da sie
nicht Mitglied des Gerichts sind, richten sich die Anforderungen zwar nicht nach
Art. 30 Abs. 1 BV, sondern nach Art. 29 Abs. 1 BV. Hinsichtlich der
Unparteilichkeit und Unbefangenheit kommt Art. 29 Abs. 1 BV indessen ein mit
Art. 30 Abs. 1 BV weitgehend übereinstimmender Gehalt zu (Urteil des
Bundesgerichts vom 4. Februar 2009, 8C_509/2008, E. 4.2).
b.
Die Frage der Befangenheit des Experten stellt sich vorliegend in Bezug auf
die Klägerin, die Y., und zwar aufgrund des Umstandes, dass B. bzw. sein
Patentanwaltsbüro sich im Auftrag einer Drittfirma, der F. AG, mit einer
Patentsache betreffend die Y. zu befassen hatte. Zur Beantwortung der Frage, ob
der Gutachter als befangen erscheint nicht, erweist es sich als notwendig,
sich mit der Beziehung zwischen der F. AG und der Y. einerseits sowie der F. AG
und dem Experten andererseits auseinanderzusetzen. Dies wiederum bedingt die
Kenntnis
gewisser
Grundlagen
betreffend
Lizenzvertrag
und
Patentanmeldungsverfahren.
b/aa. Durch den Lizenzvertrag verpflichtet sich der Lizenzgeber, dem
Lizenznehmer die Benutzung eines immateriellen Gutes zu gestatten. Dabei
gehört es zur Pflicht des Lizenzgebers, die Nutzungsmöglichkeit am
Lizenzgegenstand zu verschaffen. Diese positive Genussverschaffungspflicht
begründet
je
nach
Vertragsinhalt
unterschiedliche
Handlungs-

Mitteilungspflichten (Anmeldung, Registrierung, Vermittlung von technischem
Wissen etc.). In Lizenzverträgen über formell geschützte Immaterialgüter hat der
Lizenzgeber unter anderem für den Erhalt der formellen Rechtsstellung Sorge zu
tragen (Zahlung der Patentgebühr, Erneuerung der Marke, Verteidigung des
lizenzierten Schutzrechts gegenüber Drittangriffen usw.). Der Lizenznehmer
verspricht dem Lizenzgeber in der Regel, eine Lizenzgebühr zu bezahlen.
Zwischen den Parteien liegt ein Dauerschuldverhältnis vor. Der Lizenz kommt nur
obligatorische Wirkung zu. Allerdings verschafft der Eintrag in das Register dem
Lizenzvertrag auch Wirkungen gegenüber Dritten (Marc Amstutz/Werner Schluep,
Seite 6 — 17

in: Basler Kommentar zum OR I, Art. 1-529 OR, 4. A., Basel 2007, Einl. vor Art.
184 ff. OR, N 267, 279 f., 282 u. 289).
b/bb. Das Recht auf das Patent eine Anwartschaft, die selbst absoluten Schutz
geniesst steht dem Erfinder zu. Es beinhaltet die materielle Legitimation, die
Erfindung zum Patent anzumelden und so den absoluten Schutz des
Patentgesetzes zu erlangen (Mario M. Pedrazzini/Christian Hilti, Europäisches und
schweizerisches Patentund Patentprozessrecht, 3. A., Bern 2008, S. 204). Die
Universitäten regeln die wirtschaftliche Verwertung von Patentrechten im
kantonalen Universitätsgesetz und in der Personalverordnung sowie in separaten
Richtlinien (Pedrazzini/Hilti, a.a.O., S. 221). Beim Verfahren zur Erteilung eines
Patents bestehen im Wesentlichen zwei Grundformen: Das blosse
Registrierungsverfahren und das materielle Prüfungsverfahren, wo die Prüfung der
Erfindung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit im Mittelpunkt steht. Beim
europäischen Anmeldeverfahren - und um ein solches geht es im nachfolgend
aufgeführten Lizenzvertrag zwischen der Y. und der F. AG handelt es sich um
ein materielles Prüfungsverfahren (vgl. dazu und zum ganzen Verfahrensablauf
Pedrazzini/Hilti, a.a.O., S. 228 f.).
Eine europäische Patentanmeldung kann jede berechtigte Person einreichen.
Besitzt der Anmelder keine umfassenden Erfahrungen auf dem Gebiet des
Patentrechts, wird eine Vertretung durch eine beim Europäischen Patentamt
zugelassene Vertreterin indes dringend empfohlen. Nur so könne sichergestellt
werden, dass die zahlreichen Fristen sowie Formund Verfahrensvorschriften
routinemässig überwacht und eingehalten werden (Pedrazzini/Hilti, a.a.O., S. 242
f.). Wird die Anmeldung von professionellen Patentanwälten abgefasst, erfüllt sie
praktisch immer die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anmeldedatums.
Weist die Anmeldung hingegen gravierende Mängel auf, besteht die Gefahr, dass
ihr nicht einmal ein Anmeldetermin zuerkannt wird (Pedrazzini/Hilti, a.a.O., S.
244).
Das europäische Anmeldeverfahren gliedert sich im Anschluss an die Eingangs-
und Formalprüfung in zwei Teile: Zuerst muss der Stand der Technik mit Hilfe
einer
Recherche festgestellt
werden.
Dazu
dient
der
europäische
Recherchenbericht. Dessen Veröffentlichung löst die wichtige 6-Monats-Frist zur
Stellung
des
Prüfungsantrags
und
Zahlung
der
Prüfungs-
und
Benennungsgebühren aus, die vom Anmelder bzw. seinem Vertreter zu beachten
ist (Pedrazzini/Hilti, a.a.O., S. 255 ff.). Mit dem Patentanspruch definiert der
Anmelder die Erfindung. Die Patentansprüche sind deshalb das Herzstück der
Seite 7 — 17

Patentschrift, und ihre Bedeutung für das subjektive Patentrecht ist zentral
(Pedrazzini/Hilti, a.a.O., S. 282).
c.
Die Y. (sowie das G., im Folgenden nicht mehr erwähnt) und die F. AG
schlossen im Dezember 2005/Januar 2006 einen Lizenzvertrag ab; die Y. als
Lizenzgeberin und Erfinderin und die F. AG als Lizenznehmerin (ZFE 06 1, act.
II.59). Zu prüfen ist nachfolgend, welche Bedeutung Art. 19.2 und 19.3 dieses
Lizenzvertrages für die Y. und für das hier zu beurteilende Verfahren zwischen der
Y. und der X. AG unter dem Gesichtspunkt der Befangenheit des Experten bzw.
des Anscheins dazu haben.
c/aa. Wie in Erwägung 2b/bb aufgezeigt, ist die Y. als Erfinderin und
Lizenzgeberin die Berechtigte, ihre Erfindung zum Patent anzumelden, womit das
ganze Anmeldeverfahren in Gang gesetzt wird. Sie braucht das indes nicht selbst
zu tun, sondern kann sich dabei auch von einer vom Europäischen Patentamt
zugelassenen Vertreterin vertreten lassen. Gemäss Art. 19.2 des Lizenzvertrages
hat die Y. von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die F. AG auf deren
Verantwortung und Kosten mit dem Erwirken von noch hängigen
Patentanmeldungen und der Aufrechterhaltung von Patentanmeldungen und
erteilten Patenten betraut. Zugleich hat sie der F. AG das Recht eingeräumt, die
entsprechenden Handlungen durch einen Patentanwalt ihrer Wahl vorzunehmen.
Die Genannte hat diese Möglichkeit genutzt und die Firma C. bzw. Patentanwalt
B. mit der Wahrnehmung der erwähnten Aufgaben betraut. Ein schriftlicher
Vertrag zwischen der F. AG und dem Patentanwaltsbüro befindet sich nicht bei
den Akten, so dass der genaue Auftrag nicht bekannt ist. Es ist jedoch davon
auszugehen, dass sich die von der F. AG an das Patentanwaltsbüro übertragenen
Aufgaben mit Art. 19.2 des Lizenzvertrags decken. Das zeigt sich etwa darin, dass
die Beschwerdegegnerin in ihrer Beschwerdeantwort nicht bloss von
Patentanmeldung spricht, sondern davon, dass sich die F. AG gegenüber der Y.
zur Betreuung der lizenzierten Patentrechte verpflichtet und sich alsdann
entschieden habe, diese Betreuung ihren Patentanwälten von C. anzuvertrauen
(act. 05, S. 6, Ziff. 19).
c/bb. Nicht nur die Vorinstanz (vgl. E. 2c/cc der angefochtenen Verfügung, S. 13),
sondern, wie soeben erwähnt, auch die Y. interpretieren Art. 19.2 des
Lizenzvertrags derart, dass sich die F. AG zur Betreuung der lizenzierten
Patentrechte verpflichtet hat. Es besteht also ein Auftragsverhältnis zwischen
diesen beiden Parteien. Entsprechend Art. 394 OR hat sich die F. AG durch die
Annahme des Auftrags verpflichtet, die ihr übertragenen Geschäfte Dienste
Seite 8 — 17

vertragsgemäss zu besorgen. Wesensmerkmal des Auftrags sind die
Treueverpflichtung,
das
besondere
Vertrauensverhältnis
und
der
Persönlichkeitsbezug (Rolf H. Weber, in: Basler Kommentar zum OR I, Art. 1-529
OR, 4. A., Basel 2007, N 3 zu Art. 394 OR). Der Beauftragte haftet dem
Auftraggeber für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen
Geschäfts (Art. 398 Abs. 2 OR). Er hat das Geschäft persönlich zu besorgen, es
sei denn, er werde zur Übertragung an einen Dritten ermächtigt (Art. 398 Abs. 3
OR). Eine solche Ermächtigung liegt hier vor, wobei die F. AG einen Patentanwalt
ihrer Wahl beiziehen kann.
Der soeben erwähnte Art. 398 Abs. 3 OR regelt die Substitution (vgl. Weber,
a.a.O., N 3 zu Art. 398 OR). Der Beizug eines Substituten als qualifizierten
Erfüllungsgehilfen erfolgt durch Erteilung eines Unterauftrags. Dabei wird ein
selbständiges Auftragsverhältnis, nicht ein Stellvertretungsverhältnis, begründet.
Der Substitutionsauftrag muss sich innert der Grenzen des Hauptauftrags halten;
eine Überschreitung stellt eine Vertragsverletzung dar (Weber, a.a.O., N 6 zu Art.
398 OR). Zwischen dem Substituten und dem Hauptauftraggeber besteht keine
vertragliche Beziehung. Der Substitut verfügt deshalb dem Hauptauftraggeber
gegenüber und der Hauptauftraggeber gegenüber dem Substituten über keine
vertraglichen Ansprüche (Walter Fellmann, in: Berner Kommentar zu Art. 394-406
OR, Bern 1992, N 610 zu Art. 398 OR). Insofern ist die Auffassung der Vorinstanz
und der Beschwerdegegnerin, zwischen der Y. und C. bzw. Patentanwalt B.
bestehe kein eigentliches Mandatsverhältnis, zutreffend. Hingegen lassen beide
einen wesentlichen Aspekt ausser Acht: Der Substitut (in casu das
Patentanwaltbüro) weiss, dass der Erstbeauftragte (in casu die F. AG) auf die
Interessen des Hauptauftraggebers (in casu die Y.) verpflichtet ist und die ihm im
Unterauftrag übertragenen Bereiche des Hauptauftrages letztlich der Wahrung
dieser Interessen dienen. Er muss daher erkennen, dass sich seine Leistung und
sein Leistungsverhalten gerade auf die Interessen des Hauptauftraggebers
auswirken, und dass der Erstbeauftragte als sein Vertragspartner am Schutz der
Interessen des Hauptauftraggebers ein eigenes starkes Interesse hat. Da der
Hauptauftraggeber aus diesen Gründen in den Schutzbereich des Vertrages
zwischen dem Erstbeauftragten und dem Substituten einzubeziehen ist, hat der
Substitut ihm gegenüber bei der Besorgung der aufgetragenen Geschäfte bei
der Ausführung der übernommenen Dienstleistungen in gleicher Weise
Schutzpflichten und Pflichten zu sorgfältigem Verhalten wie gegenüber dem
Erstbeauftragten als seinem unmittelbaren Vertragspartner. Verletzt der Substitut
diese Pflichten, sind dem geschützten Hauptauftraggeber deshalb nach den
Seite 9 — 17

Grundsätzen der Vertragshaftung eigene vertragliche Schadenersatzansprüche
zuzugestehen (Fellmann, a.a.O., N 618 f. zu Art. 398 OR).
c/cc. Aus der vorstehend zitierten Lehre erhellt, dass die Begründung der
Vorinstanz, mit der sie den Anschein der Befangenheit des Patentanwalts
verneint, zu kurz greift. In der angefochtenen Verfügung wird erwogen, ein
nebenamtlich tätiger Richter erscheine bspw. als befangen, wenn er als Anwalt zu
einer Partei in einem Auftragsverhältnis stehe für eine Partei mehrmals
kurze Zeit vorher anwaltlich tätig gewesen sei, was ebenso für den
Sachverständigen gelten dürfte. Anschliessend wird dann einzig unter diesem
Aspekt geprüft, ob ein Pflichtoder Abhängigkeitsverhältnis besteht und wegen
fehlendem Mandat verneint (E. 2c, S. 11 ff.). Diese Sichtweise ist indes viel zu
eng.
Wie in Erwägung 2a dargelegt, gilt die Garantie des unparteiischen,
unvoreingenommenen und unbefangenen Richters grundsätzlich auch für
Sachverständige. Die Garantie ist verletzt, wenn Gegebenheiten vorliegen, welche
den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu
begründen vermögen. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten
der betreffenden Person in äusseren Gegebenheiten funktioneller und
organisatorischer Natur begründet sein. Für den Ausstand wird nicht verlangt,
dass der Sachverständige tatsächlich befangen ist. Es genügt, wenn Umstände
vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und
Voreingenommenheit erwecken. Das subjektive Empfinden einer Prozesspartei
vermag dagegen keine Ausstandspflicht zu begründen (Urteil des Bundesgerichts
vom 4. Februar 2009, 8C_509/2008, E. 4.3, mit weiteren Hinweisen). Dass
nachgerade ein Auftragsverhältnis vorliegen muss, wird zu Recht nicht verlangt,
da sich eine Befangenheit ja auch aus anderen Umständen ergeben kann.
Vorstehend wurde aufgezeigt, dass trotz des Umstandes, dass ein
Unterbeauftragter zum Hauptauftraggeber in keinem Auftragsverhältnis steht, er
diesem gegenüber in der Treuepflicht steht und Schutzpflichten zu erfüllen hat, so
etwa den Schutz dessen Interessen. Hatte das Patentanwaltsbüro bzw.
Patentanwalt B. in einem hängigen Patentanmeldungsverfahren nun aber auch die
Interessen der Y. zu vertreten, stand er in einem erheblichen Pflichtverhältnis zu
dieser. Die gleichzeitige Übernahme eines Mandats als gerichtlicher Gutachter in
einer Patentrechtstreitigkeit zwischen der Y. und der X. AG musste daher bei
objektiver Betrachtungsweise zwangsläufig den Anschein der Befangenheit
erwecken.
Seite 10 — 17

c/dd. In diesem Sinn vermag weder der Umstand, dass zwischen dem
Gerichtsexperten und der Y. kein eigentliches Mandatsverhältnis bestand und
besteht, noch derjenige, dass der Gerichtsexperte im Auftrag und nach Weisung
der Lizenznehmerin, der F. AG, tätig war, und auch nicht die Tatsache, dass die
Lizenznehmerin die Kosten der Patentanmeldung und des von ihr beauftragten
Patentanwaltsbüros selbst zu tragen hat (vgl. E. 2c/bb, S. 12, der angefochtenen
Verfügung) etwas daran zu ändern, dass das Patentanwaltsbüro gleichsam wie
die Lizenznehmerin verpflichtet ist, die Interessen der Y. als Hauptauftraggeberin
wahrzunehmen. Es ist daher auch nicht haltbar, wenn die Vorinstanz die
Beziehungen zwischen der Patentanwaltskanzlei und der Y. im formalen
registerrechtlichen Zwang zur Ausstellung einer Bevollmächtigung für die
Patentanmeldung als restlos erschöpft betrachtet.
c/ee. Ist somit davon auszugehen, dass (auch) das Patentanwaltsbüro zur
Wahrung der Interessen der Y. verpflichtet ist, ist unerheblich, ob die Y. gestützt
auf Art. 19.3 des Lizenzvertrags auch ein direktes Mitwirkungsbzw.
Weisungsrecht gegenüber dem unterbeauftragten Büro hat, wie dies die
Beschwerdeführerin geltend macht und von der Beschwerdegegnerin bestritten
wird. Gestützt auf die Lehre zur Substitution müsste ein solches Recht wohl
verneint werden, doch kann diese Frage vorliegend offen bleiben.
d.
Die Beschwerdegegnerin bringt vor, die Betreuung des lizenzierten
Portfolios sei im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen und auch nach Abschluss
des Lizenzvertrags nicht durch C. erfolgt, sondern durch die in Basel domizilierte
Agentur H.. Erst etwa eineinhalb Jahre nach Unterzeichnung des Lizenzvertrags
sei die Betreuung der lizenzierten Patentanmeldungen durch die F. AG an C.
übertragen worden. Der Lizenzvertrag sei von den beteiligten Parteien bereits im
Dezember 2005 bzw. Januar 2006 unterzeichnet worden (vgl. act. 05, Ziff. 13, S. 4
f.).
d/aa. Gemäss den Ausführungen der Beschwerdegegnerin ging die Betreuung
der lizenzierten Patentanmeldungen also ca. Mitte 2007 von der H. an C. über.
Dies findet eine Bestätigung in der Vollmacht der Y. an das Patentanwaltsbüro
vom 29. August 2007 (ZFE 06 1, act. III.41). Gestützt darauf gab das Büro dem
Europäischen Patentamt am 14. September 2007 die Vertretung der
Patentanmeldung bekannt (ZFE 06 1, act. III.42). Die Erteilung des europäischen
Patents erfolgte dann am 8. Oktober 2008 (ZFE 06 1, act. III.40). Es fällt auf, dass
die Nummern auf der Patentanmeldung (vgl. ZFE 06 1, act. III.41: I.) und der
Patenterteilung (ZFE 06 1, act. III.40: E.) nicht dieselben sind. Diese Differenz
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rührt offenbar daher, dass für die Patentanmeldung einerseits und die
Patenterteilung andererseits unterschiedliche Nummern verwendet werden.
Jedenfalls ist unbestritten, dass es sich hierbei um ein und dasselbe
Patentverfahren handelt.
d/bb. Das Patentanwaltsbüro war mit der fraglichen Patentierung demnach
zumindest von Mitte August 2007 bis am 8. Oktober 2008 befasst. Wie im
Sachverhalt dargestellt, erfolgte die Experteninstruktion am 10. März 2008. Am 4.
Juni 2008 wies B. den damals prozessleitenden Richter auf den fraglichen
Umstand hin, und am 1. Dezember 2008 erstattete er das Gutachten. Somit
arbeitete der Experte in der Streitangelegenheit Y./X. AG das Gutachten exakt zu
einem Zeitpunkt aus, als er mit der Patentierung der Erfindung der Y. befasst war.
Hinzu kommt, dass nach Publikation des erteilten Patents das sog.
Einspruchsverfahren zu laufen beginnt. Danach können Dritte innert 9 Monaten
beim Europäischen Patentamt schriftlich Einspruch einlegen. Das Verfahren endet
mit einem Entscheid entweder in Form eines Widerrufs des Patents, einer
Zurückweisung des Einspruchs einer Aufrechterhaltung des Patents in
geändertem Umfang. Die Entscheide der Einspruchsabteilung können
erstinstanzlich mit Beschwerde an die Beschwerdekammer angefochten werden
und diese an die Grosse Beschwerdekammer weitergezogen werden
(Pedrazzini/Hilti, a.a.O., S. 229 u. insb. S. 269 f.). Der Einwand des
Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin (vgl. act. 01, Ziff. 10a f., S. 5 f.), wonach
das Rechtsgeschäft, für welches die Klägerin C. bevollmächtigte hatte, entgegen
der Auffassung der Vorinstanz (vgl. E. 2c/dd, S. 13, der angefochtenen Verfügung)
im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens nicht abgeschlossen gewesen sei, ist
demnach zutreffend, zumal ein Widerruf der Vollmacht nach Patenterteilung nicht
bekannt ist und auch von der Beschwerdegegnerin nicht geltend gemacht wird.
e.
Weder aus den Beweisurkunden noch aus den Rechtsschriften dem
vorinstanzlichen Urteil geht hervor, welche Person des Patentanwaltsbüros C. sich
mit der besagten Patentanmeldung befasst hat. Dies ist insofern von Bedeutung,
als sich die Frage stellt, ob der Experte B. auch dann als befangen erschiene,
wenn ein anderer Patentanwalt des Büros mit der Angelegenheit betraut war. So
erkannte das Kantonsgericht bspw. in dem PKG 1994 Nr. 45 zu Grunde liegenden
Entscheid, allein der Umstand, dass ein Sachverständiger, der zur Abklärung
eines Lawinenunfalls beigezogen wird, dem gleichen Institut angehört wie der
Verfasser des massgeblichen Lawinenbulletins, liesse ihn noch nicht als befangen
erscheinen.
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Vorliegend verhält es sich allerdings derart, dass das Patentanwaltsbüro nur aus
sieben Anwälten besteht, wovon bloss zwei, darunter der hier zur Diskussion
stehende Experte B., einzelzeichnungsberechtigte Mitglieder sind (vgl. ZFE 06 1,
act. III.43 u. III.44). Die Beschwerdegegnerin behauptet nirgends, Patentanwalt B.
habe mit dem Patentanmeldungsverfahren im Zusammenhang mit dem
Lizenzvertrag überhaupt nichts zu tun gehabt. Vielmehr beschränkt sie sich auf die
Behauptung, zwischen der Patentanwaltskanzlei und der Klägerin habe kein
eigentliches
Mandatsverhältnis
bestanden;
die
Beziehung
des
Patentsanwaltsbüros habe vielmehr zur vertraglichen Gegenpartei der Klägerin
existiert. Für die hier massgebliche Frage ist das jedoch, wie bereits ausgeführt,
nicht von Bedeutung. Mangels gegenteiliger Behauptungen darf vorliegend
durchaus der Schluss gezogen werden, dass der Experte mit der
Patentanmeldung befasst war. Jedenfalls aber hatte er aufgrund seiner
beherrschenden Stellung im Patentanwaltsbüro selbst ein erhebliches Interesse
an der korrekten und erfolgreichen Abwicklung dieses Geschäfts, so dass die
Tatsache der Auftragserteilung an das Patentanwaltsbüro bereits ausreicht, damit
sich beim Experten die Frage der Befangenheit stellt.
f.
Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdegegnerin aus
dem von ihr eingelegten Entscheid der Verwaltungskommission des Obergerichts
des Kantons D. vom 2. Oktober 2009 (act. 05.1) entgegen ihrer Ansicht nichts zu
ihren Gunsten ableiten kann. Der Sachverhalt präsentierte sich in jenem Fall
wesentlich anders. So agierte C. lediglich als inländische Zustelladresse für die
Schweizer Teile der betreffenden europäischen Patente. Mit der Führung des
eigentlichen Erteilungsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt waren
deutsche Kanzleien betraut, währenddem dies vorliegend die Aufgabe von C. war.
Die Kanzlei trat als Bevollmächtigte der Klägerin gegenüber dem Europäischen
Patentamt auf, befasste sich materiell mit der betreffenden Patentanmeldung und
erwirkte die Erteilung des Patents. Zudem bezog sich die Bevollmächtigung auf
alle durch das Europäische Patentübereinkommen geschaffenen Verfahren (vgl.
ZFE 06 1, act. III.41), und damit auch auf allfällige Einspruchsverfahren. Solche
waren im Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens anfangs Dezember 2008 noch
während mehreren Monaten möglich.
g.
Im Ergebnis ist der Anschein der Befangenheit des Experten B. zu bejahen
und die angefochtene Verfügung in Gutheissung von Ziffer 1 der Rechtsbegehren
der Beschwerdeführerin aufzuheben.
Seite 13 — 17

3a.
In Ziffer 2 ihrer Rechtsbegehren beantragt die Beschwerdeführerin,
Patentanwalt B. sei seiner Funktion als gerichtlicher Experte zu entheben und sein
Gutachten vom 1. Dezember 2008 sei aus dem Recht zu weisen.
Der Anspruch auf einen unabhängigen Gutachter ist formeller Natur. Seine
Verletzung führt dazu, dass das fragliche Gutachten als Beweismittel
auszuschliessen ist, unabhängig davon, wie es sich mit den gegen das Gutachten
erhobenen materiellen Einwendungen verhält (BGE 125 II 541 ff. [546], E. 4d).
Das Gutachten von Patentanwalt B. vom 1. Dezember 2008 wird daher im
Verfahren ZFE 06 1 als Beweismittel ausgeschlossen. Der Instruktionsrichter hat
es bis zum Abschluss des Verfahrens unter Verschluss zu legen. Das Gutachten
darf im Dossier belassen werden, ist aber in einem verschlossenen und
versiegelten Umschlag zu verwahren.
Wird das Gutachten infolge Anscheins der Befangenheit von Patentanwalt B. als
Beweismittel ausgeschlossen, impliziert dies, dass er in der vorliegenden
Streitsache nicht mehr als gerichtlicher Experte tätig sein darf. Für einen
diesbezüglichen gesonderten Entscheid der Beschwerdeinstanz fehlt es daher an
einem schutzwürdigen Interesse. Im Übrigen wird es Sache des instruierenden
Richters sein, den gerichtlichen Experten aufgrund des vorliegenden Entscheids
von seiner Funktion zu entbinden.
b.
Im Weiteren stellt die Beschwerdeführerin in Ziffer 3 ihrer Rechtsbegehren
den Antrag, die Kosten des Gutachtens vom 1. Dezember 2008 seien der Klägerin
aufzuerlegen. Über die Verteilung der gerichtlichen und aussergerichtlichen
Kosten, worunter auch die Kosten für das vorliegend umstrittene Gutachten fallen,
ist wie üblich - durch den Sachrichter im Hauptentscheid zu befinden. Die
Beschwerdeinstanz ist nicht Sachrichterin und somit auch nicht zuständig, im
vorliegenden Verfahren über die Kosten des Gutachtens zu entscheiden. Auf
diesen Antrag ist deshalb nicht einzutreten.
c.
Schliesslich beantragt die Beschwerdeführerin in Ziffer 4 ihrer
Rechtsbegehren, die Beschwerdeinstanz solle den Gegenstand des Verfahrens
vorläufig auf die Teilfrage begrenzen, ob ein Anspruch der Klägerin auf
Miteigentum am Streitpatent bestehe.
c/aa. Die Vorinstanz hat sich mit der Frage der Verfahrensbegrenzung in E. 3, S.
14, der angefochtenen Verfügung befasst und dabei auf die prozessleitende
Verfügung vom 14. Februar 2008 verwiesen. Darüber hinaus kam sie zum
Schluss, da das Fachgutachten mittlerweile vorliege und das Beweisverfahren
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soweit abgeschlossen sei, könne die Hauptverhandlung zu den Rechtsbegehren 1
und 2 der Klage durchgeführt werden. Eine kostengünstigere Durchführung
Vereinfachung des Verfahrens im Sinne von Art. 94 ZPO lasse sich nicht
bewerkstelligen. Es bestehe daher kein Grund, das ohnehin als Stufenklage
konzipierte Verfahren in weitere Teilverfahren aufzuteilen.
Nachdem nun gemäss vorliegendem Entscheid das Fachgutachten als
Beweismittel ausgeschlossen wird, präsentiert sich der Sachverhalt anders als in
der vorinstanzlichen Verfügung sowie in der prozessleitenden Verfügung vom 14.
Februar 2008 (ZFE 06 1, act. IX.13). In dieser war ausgeführt worden, aufgrund
des durch das Gutachten zu klärenden Prozessthemas sei nicht zu erwarten, dass
die Erstellung des Gutachtens unverhältnismässig lange Zeit in Anspruch nehmen
werde, so dass es prozessökonomischer sei, das Beweisverfahren durch
Einholung der Expertise abzuschliessen und anschliessend die Hauptverhandlung
zu den klägerischen Rechtsbegehren 1 und 2 durchzuführen.
c/bb. Gemäss Art. 94 Abs. 1 ZPO können Gerichtsverhandlungen auch zum
Entscheid über materiellrechtliche Teilfragen durchgeführt werden, wenn
anzunehmen ist, das Verfahren lasse sich dadurch vereinfachen. Aus der
Formulierung dieser Bestimmung als Kann-Vorschrift erhellt, dass dem
prozessleitenden Richter ein erheblicher Ermessensspielraum zusteht. Wird sein
diesbezüglicher Entscheid mittels Beschwerde im Sinne von Art. 237 ZPO
angefochten, ist die Kognitionsbefugnis der Beschwerdeinstanz dementsprechend
beschränkt. Würde nun die Beschwerdeinstanz aufgrund ihres Entscheids, das
Gutachten als Beweismittel nicht zuzulassen, zugleich auch über die Frage
befinden, ob aufgrund dessen das Gerichtsverfahren auf eine materiellrechtliche
Teilfrage zu beschränken ist, würde sie damit in unzulässiger Weise dem
Instruktionsrichter vorgreifen und in seinen Ermessensspielraum eingreifen. Durch
das Erkenntnis der Beschwerdeinstanz auf Nichtzulassung des Gutachtens als
Beweismittel liegt eine neue, veränderte Sachlage vor, so dass der
Instruktionsrichter im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens neu darüber zu
entscheiden haben wird, ob vorerst die beantragte materiellrechtliche Teilfrage
behandelt ein neues Gutachten eingeholt werden soll. Ziffer 4 des Antrags
der Beschwerdeführerin ist unter diesen Umständen abzuweisen.
d/aa. Die Beschwerdegegnerin stellt in ihrer Beschwerdeantwort den
Eventualantrag, neben der Abweisung der beklagtischen Anträge sei ein
unabhängiger, vom Kantonsgericht zu bestimmender Experte zu beauftragen,
innert einer Frist von 2 Monaten eine Oberexpertise zu erstellen, die sich gestützt
Seite 15 — 17

auf die mit Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums vom 14. Februar 2008
zugelassenen Expertenfragen zur Richtigkeit und Vollständigkeit der von
Patentanwalt B. erstellen Expertise vom 1. Dezember 2008 äussert.
d/bb. Dieser Eventualantrag wird durch den Ausgang des vorliegenden
Verfahrens, insbesondere durch die Gutheissung des Antrags auf Nichtzulassung
des Gutachtens, gegenstandslos. Wurde ein Gutachten von einem den Anschein
der Befangenheit erweckenden Gutachter erstellt, hat dies nämlich zwingend zur
Folge, dass sein Gutachten als Beweismittel nicht zuzulassen ist (vgl. E. 3a).
Zweifel an der Unbefangenheit des Gutachters können in diesem Sinn und
entgegen den Vorbringen der Beschwerdegegnerin nicht einfach durch das
Erstellen einer Oberexpertise beseitigt werden. Wird das Gutachten als
Beweismittel ausgeschlossen, kann es selbstredend nicht mehr auf Richtigkeit und
Vollständigkeit geprüft werden. Ebensowenig kann es Ausgangspunkt für eine
Oberexpertise bilden, ansonsten es zu einer Verknüpfung von Gutachten und
Oberexpertise käme mit der Folge, dass das Gutachten weiterhin als Beweismittel
dienen würde.
4.
Da die Beschwerdeführerin im Hauptpunkt ihrer Beschwerde obsiegt,
gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'000.-zuzüglich
Schreibgebühren zu Lasten der Beschwerdegegnerin, die ausserdem verpflichtet
wird, der obsiegenden Beschwerdeführerin die ihr durch den Rechtsstreit
verursachten, notwendigen Kosten zu ersetzen. Dem mutmasslichen Aufwand des
Verfahrens entsprechend ist die Entschädigung für diese Kosten auf Fr. 3'000.--
einschliesslich Spesen und Mehrwertsteuer festzulegen.
Seite 16 — 17

III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, im Sinne der
Erwägungen teilweise gutgeheissen, die angefochtene Verfügung
aufgehoben und das Gutachten von Patentanwalt B. vom 1. Dezember
2008 als Beweismittel ausgeschlossen.
2.
Die Akten werden dem Instruktionsrichter zur weiteren Instruktion des
Verfahrens erstattet.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'288.-- (Gerichtsgebühr Fr.
2'000.--,
Schreibgebühr
Fr.
288.--)
gehen
zu
Lasten
der
Beschwerdegegnerin, die zudem die Beschwerdeführerin ausseramtlich mit
Fr. 3'000.-inklusive Spesen und Mehrwertsteuer zu entschädigen hat.
4.
Gegen diese, einen Streitwert von mindestens 30'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 1 lit. b des
Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das
Schweizerische Bundesgericht geführt werden. Diese ist dem
Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen
Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG
vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die
Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren
der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und 90 ff. BGG.
5.
Mitteilung an:
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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