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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZK1-14-131: Kantonsgericht Graubünden

Der Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Luzius Schmid, hat gegen den Beschluss der Vormundschaftsbehörde Beschwerde erhoben, die teilweise gutgeheissen wurde. Es ging um die Entschädigung und Rückzahlung von zu viel bezogenen Beträgen. Nach einer Klage vor dem Bezirksgericht Prättigau/Davos wurde X._____ zur Zahlung verpflichtet. X._____ erhob Berufung beim Kantonsgericht von Graubünden und stellte Ausstandsbegehren gegen mehrere Richter, was abgewiesen wurde. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Gesuchsteller auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK1-14-131

Kanton:GR
Fallnummer:ZK1-14-131
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZK1-14-131 vom 12.12.2014 (GR)
Datum:12.12.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ausstand des Kantonsgerichts
Schlagwörter : Ausstand; Gericht; Richter; Gesuch; Gesuchsteller; Kantonsgericht; Pritzi; Hubert; Ausstandsbegehren; Kantonsrichter; Entscheid; Recht; Verfahren; Befangenheit; Gerichtsperson; Ausstandsgr; Kantonsgerichts; Urteil; Brunner; Anschein; Bundesgericht; Michael; Dürst; Umstände; Mitglied; Graubünden
Rechtsnorm:Art. 108 ZPO ;Art. 3 ZPO ;Art. 30 BV ;Art. 47 ZPO ;Art. 48 ZPO ;Art. 49 ZPO ;Art. 50 ZPO ;Art. 72 BGG ;
Referenz BGE:113 I 1; 127 I 196; 133 I 1; 134 I 238; 137 I 227;
Kommentar:
Schwander, Basler Kommentar I, Art. 176 ZGB, 2002

Entscheid des Kantongerichts ZK1-14-131

Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni

Ref.:
Chur, 12. Dezember 2014
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK1 14 131
08. Januar 2015
Entscheid

I. Zivilkammer
Vorsitz
Stecher
RichterInnen
Meisser und Priuli
Aktuarin
Thöny

Im Gesuch
des X.___, Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Luzius Schmid,
Obere Strasse 22B, Villa Fontana, 7270 Davos Platz,

im Verfahren gegen

Y.___, vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Rita Marugg, Gelbes Haus, 7220
Schiers,
betreffend Ausstand des Kantonsgerichts,
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.
Mit Beschluss der Vormundschaftsbehörde des Kreises Davos vom
17. März 2009 wurde X.___ zum neuen Beirat von Y.___ ernannt und mit der
persönlichen Betreuung des Verbeirateten sowie der Regelung seiner finanziellen
Angelegenheiten inklusive der vollständigen Einkommensund Vermögensverwal-
tung betraut. Am 21. März 2012 informierte X.___ die Vormundschaftsbehörde
über die Niederlegung seines Amtes und stellte den Antrag auf Entschädigung in
Höhe des mit entsprechender Verordnung festgelegten Maximalbetrags. In der
Folge verweigerte die Vormundschaftsbehörde die Genehmigung der Schluss-
rechnung, legte die Entschädigung von X.___ auf Fr. 5'177.-exklusive nach-
gewiesener Auslagen fest und verpflichtete ihn unter anderem, Fr. 13'796.70 an zu
viel bezogenen Entschädigungen zurückzuerstatten.
B.
Gegen diesen Beschluss der Vormundschaftsbehörde erhob X.___ am
10. September 2012 Beschwerde, welche infolge eines intertemporalrechtlichen
Zuständigkeitswechsels vom Kantonsgericht von Graubünden behandelt wurde.
Mit Entscheid vom 29. April 2013 (ZK1 13 17) hiess dieses die Beschwerde teil-
weise gut und stellte fest, dass der zu Unrecht aus dem Vermögen des Verbei-
ständeten bezogene Betrag von Fr. 13'183.40 vom neuen Beistand mittels Ver-
antwortlichkeitsklage geltend zu machen sei. Eine von X.___ gegen diesen Ent-
scheid erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde wies das Bundesgericht mit
Urteil vom 14. August 2013 ab.
C.
Am 16. Dezember 2013 erhob Y.___, handelnd durch seine Beiständin,
beim Bezirksgericht Prättigau/Davos Klage gegen X.___ auf Bezahlung von Fr.
13'183.40 nebst 5% Zins seit dem 31. August 2012 sowie von Fr. 1'010.-- nebst
5% Zins seit dem 10. Juli 2013. Mit Urteil vom 12. Juni 2014, mitgeteilt am 8. Juli
2014, hiess das Bezirksgericht Prättigau/Davos die Klage teilweise gut und ver-
pflichtete X.___ zur Zahlung von Fr. 13'183.40 nebst 5% Zins seit dem 31. Au-
gust 2012 sowie von Fr. 1'010.-- nebst 5% Zins seit dem 10. Juli 2013 an Y.___.
D.
Gegen dieses Urteil liess X.___ mit Eingabe vom 10. September 2013
beim Kantonsgericht von Graubünden Berufung erheben, worin er die Aufhebung
des angefochtenen Urteils und die Abweisung der Klage unter Kostenund Ent-
schädigungsfolge für beide Instanzen beantragte. In formeller Hinsicht stellte er
den folgenden Antrag:
" Die Richter Brunner, Michael Dürst, Pritzi, Huonder (recte: Hubert) und
Schnyder seien in den Ausstand zu treten."

Seite 2 — 10

Zur Begründung führte er aus, die Richter Brunner, Michael Dürst und Schlenker
hätten sich mit dieser Angelegenheit bereits als richterliche Beschwerdeinstanz
nach Art. 60 EGzZGB auseinandergesetzt. Das Bezirksgericht habe denn auch im
mit der vorliegenden Berufung angefochtenen Urteil vom 12. Juni 2014 diesen
Kantonsgerichtsentscheid praktisch übernommen. Somit sei es schwierig, vom
Kantonsgericht eine unvoreingenommene Beurteilung dieser Berufung zu erwar-
ten. Es werde daher verlangt, dass die Richter Brunner und Michael Dürst sowie
der Aktuar Coray als voreingenommen in den Ausstand treten würden (Art. 47
Abs. 1 b). An sich sei das gesamte Gericht mit der Angelegenheit vorbefasst,
weshalb das Ausstandsbegehren auch für das gesamte Gericht gestellt werde,
weil die Richterkollegen Pritzi und Huonder (recte: Hubert) hier wohl kaum auf den
Ball, sondern erfahrungsgemäss auf den Mann spielen würden. Diese Richter sei-
en höchstwahrscheinlich durch ihre Kollegen vorbestimmt (Art. 47 Abs. 1 b und f).
Das Ausstandsbegehren gelte vor allem auch für den mittlerweile ins Kantonsge-
richt eingetretenen Schnyder, der als Anwalt des Klägers tätig gewesen sei
noch sei und so die Gelegenheit habe, sich mit den anderen Richtern vorzube-
sprechen, vor allem auch im Interesse des hohen Honorars, das ihm das Bezirks-
gericht zugesprochen habe. Schnyder sehe ja bei anderen überall und anderswo
einen Interessenkonflikt (Art. 47 Abs. 1 a und f).
E.
Am 7. Oktober 2014 überwies der Kantonsgerichtspräsident die Berufungs-
akten an die Verwaltungsrichterin und die Verwaltungsrichter in ihrer Funktion als
stellvertretende Kantonsrichterin und Kantonsrichter. Gleichzeitig teilte er mit, dass
die Kantonsrichter Brunner und Michael Dürst bereits im vorangegangen Be-
schwerdeverfahren (ZK1 13 17) Einsitz genommen hatten. Da es grundsätzlich
um dieselbe Sache gegangen sei, sei ein Ausstandsgrund ohne weiteres gege-
ben. Kantonsrichter Schnyder sei noch vor Vorinstanz Rechtsvertreter von
Y.___ gewesen, so dass auch für ihn ein Ausstandsgrund gegeben sei. Diese
drei Kantonsrichter würden damit freiwillig in den Ausstand treten. Die Kantons-
richter Hubert und Pritzi erklärten mit Stellungnahme vom 29. Oktober 2014 be-
ziehungsweise vom 30. Oktober 2014, sie seien in der fraglichen Streitsache bis-
lang noch nicht tätig gewesen. Ebenso wenig seien sie mit einer der beteiligten
Parteien ihren Rechtsvertretern befreundet verfeindet. Es gebe auch
keine anderen Gründe, welche nach objektiven Gesichtspunkten eine Befangen-
heit begründen könnten. Das Ausstandsbegehren erweise sich damit als offen-
sichtlich unbegründet.
F.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 liess Y.___ mitteilen, dass er auf
die Einreichung einer Stellungnahme zum Ausstandsbegehren verzichte.
Seite 3 — 10

G.
Am 14. November 2014 teilte das Kantonsgericht von Graubünden den Par-
teien die Zusammensetzung des Gerichts für die Beurteilung des Ausstandsge-
suchs von X.___ mit. Das entsprechende Schreiben wurde vom Rechtsvertreter
des Gesuchstellers jedoch nicht abgeholt.
Auf die weitere Begründung der Anträge und die Ausführungen im angefochtenen
Entscheid, wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen einge-
gangen.
II. Erwägungen
1.
Gemäss Art. 50 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht über ein Ausstands-
begehren, wenn der geltend gemachte Ausstandsgrund wie vorliegend bestritten
wird. Dabei bestimmt in der Folge das kantonale Recht, wer innerhalb des Ge-
richts sachlich zuständig ist. Dieser bundesrechtlichen Vorgabe trägt die gestützt
auf Art. 3 ZPO erlassene kantonale Anschlussgesetzgebung Rechnung, indem
Art. 13 Abs. 1 a des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Zivilprozessord-
nung (EGzZPO; BR 320.100) den Entscheid in strittigen Ausstandsfragen aus-
drücklich dem in der Hauptsache zuständigen Gericht zuweist. Dieses hat in Ab-
wesenheit der betroffenen Person zu entscheiden. Die Zuständigkeit für die Beur-
teilung des Ausstandsbegehrens von X.___ liegt demzufolge beim Kantonsge-
richt von Graubünden. Dieses kann jedoch aufgrund des Umstands, dass drei Mit-
glieder freiwillig in Ausstand getreten sind und über den strittigen Ausstand der
übrigen Mitglieder in deren Abwesenheit zu entscheiden ist, nicht mehr ordnungs-
gemäss verhandeln. Daher gelangt Art. 19 Abs. 2 des Gerichtsorganisationsge-
setzes (GOG; BR 173.000) zur Anwendung, wonach die Mitglieder des Verwal-
tungsgerichts beigezogen werden, sofern das Kantonsgericht durch die eigenen
Richterinnen und Richter wegen Verhinderungsoder Ausstandsgründen nicht
vollzählig besetzt werden kann.
2.a)
Eine Partei, die eine Gerichtsperson ablehnen will, hat dem Gericht unver-
züglich ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund
Kenntnis erhalten hat. Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft
zu machen (Art. 49 Abs. 1 ZPO). Voraussetzung des Eintretens auf ein Aus-
standsgesuch ist demzufolge eine genügende Begründung. Dabei ist zu beachten,
dass die gesetzlichen Bestimmungen über den Ausstand (Art. 47 ff. ZPO) den
personenbezogenen Kerngehalt des Anspruchs auf ein unabhängiges und unpar-
teiisches Gericht gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK konkretisieren.
Seite 4 — 10

Sie stellen somit auf die persönliche Befangenheit der einzelnen Gerichtspersonen
ab, sodass auch die Befangenheit für jede Gerichtsperson gesondert zu prüfen ist.
Dies hat zur Folge, dass sich die Ablehnung und damit auch die Begründung auf
ein bestimmtes Gerichtsmitglied mehrere einzelne genannte Gerichtsperso-
nen zu beziehen hat. Ein Ausstandsgesuch gegen ein ganzes Gericht, ohne Spe-
zifikation der Ausstandsgründe bezüglich aller abgelehnten Gerichtspersonen ist
daher unzulässig (vgl. Stephan Wullschleger in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuen-
berger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Auflage,
Zürich/Basel/Genf 2013, N. 2 zu Art. 49 mit weiteren Hinweisen).
b)
Im vorliegenden Fall macht der Gesuchsteller einzig geltend, dass an sich
das gesamte Gericht mit der Angelegenheit vorbefasst sei, weshalb das Aus-
standsbegehren auch für das gesamte Gericht gestellt werde, weil die Richterkol-
legen Pritzi und Hubert hier wohl kaum auf den Ball, sondern erfahrungsgemäss
auf den Mann spielen würden. Diese Richter seien höchstwahrscheinlich durch
ihre Kollegen vorbestimmt (Art. 47 Abs. 1 b und f). Inwieweit die Voraussetzungen
der genannten Bestimmungen im konkreten Fall erfüllt sein sollen, erläutert der
Gesuchsteller jedoch nicht. Dennoch geht aus dem Ausstandsgesuch hervor, dass
der Gesuchsteller den Anschein der Befangenheit der Richter (unter anderem) im
internen Verhältnis der einzelnen Gerichtsmitglieder sieht. Insofern richtet sich das
Gesuch nicht pauschal gegen das Kantonsgericht als Ganzes, sondern vielmehr
gegen die einzelnen Richter, welche aufgrund ihrer kollegialen Verbindung unter-
einander beim Gesuchsteller subjektiv den Anschein der Vorbefassung erwecken.
Es liegen damit konkrete, sachliche Gründe auch für das an sich generelle Aus-
standsgesuch vor, welche eine individuelle Befangenheitsprüfung im Sinne von
Art. 47 ZPO möglich machen. Auf das Gesuch von X.___ ist daher einzutreten.
3.
Das Ausstandsbegehren von X.___ bezieht sich auf sämtliche Mitglieder
des Kantonsgerichts. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kantonsgerichtsprä-
sident Brunner, die Kantonsgerichtsvizepräsidentin Michael Dürst und Kantons-
richter Schnyder den vom Gesuchsteller geltend gemachten Ausstandsgrund ak-
zeptiert haben und von sich aus gestützt auf Art. 48 Abs. 1 ZPO in den Ausstand
getreten sind. Es erübrigt sich daher, auf die diesbezüglichen Ausführungen des
Gesuchstellers näher einzugehen. Der Gerichtsschreiber ad hoc Coray, welcher
das Urteil im Verfahren ZK1 13 17 redigiert hatte, ist nicht mehr für das Kantons-
gericht tätig, weshalb das gegen ihn gerichtete Ausstandsbegehren als gegen-
standslos zu qualifizieren ist. Im vorliegenden Entscheid zu beurteilen sind damit
einzig die Ausstandsbegehren gegen die Kantonsrichter Hubert und Pritzi.
Seite 5 — 10

4.
Nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person Anspruch
darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und
unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird.
Die Garantie des verfassungsmässigen Richters wird verletzt, wenn bei objektiver
Betrachtung Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit
die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Voreingenommen-
heit und Befangenheit werden nach der Rechtsprechung angenommen, wenn
Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in
die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können in einem
bestimmten Verhalten des betreffenden Richters in gewissen äusseren Ge-
gebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Bei der Be-
urteilung solcher Umstände ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei
abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in ob-
jektiver Weise begründet erscheinen. Die nicht eindeutig zu ermittelnden Aus-
standsgründe im Rahmen der persönlichen Verhältnisse der Vorbefassung
sind heikel zu beurteilen. Diese sind im Grunde gar nicht beweisbar. Es braucht
daher für die Ablehnung eines Richters nicht nachgewiesen zu werden, dass die-
ser tatsächlich befangen ist. Der Ausstand ist immer schon dann begründet, wenn
bei objektiver Betrachtungsweise Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der
Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen.
Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist
(BGE 137 I 227 E. 2.1, BGE 134 I 238 E. 2.1 je mit Hinweisen auf weitere Bun-
desgerichtsentscheide). Allerdings ist im Interesse einer beförderlichen Rechts-
pflege im Zusammenhang mit Ausstandbegehren gegen Justizbeamte eine Be-
fangenheit nicht leichthin anzunehmen. Gerade in komplexen Fällen kann die
Gutheissung eines Ausstandsbegehrens zu einer nicht tolerierbaren Verlängerung
des Verfahrens führen, was dem Beschleunigungsgebot zuwider läuft. Hinzu
kommt, dass Ausstandsbegehren nicht selten dann gestellt werden, wenn eine
Partei erkennt, dass eine Gerichtsperson ihre rechtliche tatsächliche Auffas-
sung zur Sache nicht teilt. Angesichts der Bedeutung des Anspruchs auf ein un-
parteiisches und unabhängiges Gericht ist allerdings eine allzu restriktive Ausle-
gung der entsprechenden Garantien auch nicht zu vertreten (Peter Diggelmann in:
Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], DIKE-Komm-ZPO, Zürich/St. Gallen 2011, N.
7 zu Art. 49; BGE 127 I 196 E. 2d).
a)
Der Gesuchsteller beruft sich zunächst auf Art. 47 Abs. 1 lit. b ZPO. Ge-
mäss dieser Bestimmung hat eine Gerichtsperson in den Ausstand zu treten,
wenn sie in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, als
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Rechtsbeiständin Rechtsbeistand, als Sachverständige Sachverständi-
ger, als Zeugin Zeuge, als Mediatorin Mediator in der gleichen Sache
tätig war. Die Aufzählung ist dabei nicht abschliessend. In allen Varianten verlangt
Art. 47 Abs. 1 lit. b ZPO jedoch, dass funktionale Mitwirkung mit Einflussmöglich-
keit auf das konkrete Verfahren durch Verfahrensbeteiligung mit Antragsoder
(Mit-)Entscheidungsbefugnis im Instruktionsoder Entscheidverfahren vorgelegen
hat. Die Zugehörigkeit beispielsweise zur Vorinstanz im damaligen Verfahrens-
zeitpunkt genügt dagegen nicht, soweit im Einzelfall keine konkrete Möglichkeit für
eine direkte Mitwirkung zumindest bestimmte Anhaltspunkte eines informel-
len Austauschs in der Sache feststehen (vgl. Wullschleger, a.a.O., N. 18 zu Art. 47
mit weiteren Hinweisen). Im vorliegenden Fall konkretisiert der Gesuchsteller
nicht, inwieweit die Kantonsrichter Hubert und Pritzi bereits zu einem früheren
Zeitpunkt mit der Streitsache befasst gewesen gar Einfluss genommen ha-
ben sollen. Wie aus den Akten hervorgeht, setzte sich die 1. Zivilkammer des Kan-
tonsgerichts im Verfahren ZK1 13 17 aus dem Vorsitzenden Brunner, der Richterin
Michael Dürst und dem zwischenzeitlich aus dem Kantonsgericht ausgetretenen
Richter Schlenker zusammen. Dabei handelte es sich um die ordentliche Zusam-
mensetzung der I. Zivilkammer (vgl. Kantonsamtsblatt vom 25. April 2013,
S. 1307). Die Kantonsrichter Hubert und Pritzi gehörten zu jenem Zeitpunkt nicht
der I. Zivilkammer an und waren dementsprechend auch nicht in das Verfahren
involviert. Anhaltspunkte dafür, dass sie dennoch massgeblichen Einfluss auf den
Ausgang des damaligen Verfahrens genommen hätten, bringt der Gesuchsteller
keine vor und sind auch nicht erkennbar. Auch die betroffenen Richter selbst be-
stätigen ausdrücklich, mit der fraglichen Streitsache bislang noch nie befasst ge-
wesen zu sein. Insofern kann das Vorliegen eines Ausstandsgrundes nach Art. 47
Abs. 1 lit. b ZPO ausgeschlossen werden.
b)
Des Weiteren stützt der Gesuchsteller sein Ausstandsbegehren auf Art. 47
Abs. 1 lit. f ZPO ab. Danach hat eine Gerichtsperson aus anderen als den in lit. a
bis e aufgeführten Gründen in den Ausstand zu treten, insbesondere wenn sie
wegen Freundschaft Feindschaft mit einer Partei ihrer Vertretung be-
fangen sein könnte. Diese Bestimmung stellt eine Auffangklausel dar, die alle
Konstellationen umfasst, die wie Freundschaft Feindschaft den objektiven
Anschein fehlender Neutralität einer Gerichtsperson begründen. Was die Kollegia-
lität unter Gerichtsmitgliedern betrifft, hat das Bundesgericht unter Berücksichti-
gung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
verschiedentlich festgestellt, dass diese keine Ausstandspflicht begründet (vgl.
Urteil des Bundesgerichts 8C_602/2012 vom 12. April 2013 E. 4 mit Verweis auf
Seite 7 — 10

BGE 113 I 1 E. 6.6 S. 9 ff.). Im bereits erwähnten BGE 133 I 1 hat das Bundesge-
richt diese Überlegung damit begründet, dass die Mitglieder eines Kollegialge-
richts in ihrer Stellung voneinander unabhängig seien. Die Gerichtsmitglieder sei-
en persönlich - und nicht etwa als Team - dem Recht verpflichtet. Weiter führte es
aus, dass eine Ausstandspflicht jedoch dann gegeben sein könne, wenn konkrete
Umstände auf mangelnde Unvoreingenommenheit des Richters schliessen lassen
würden. Mit anderen Worten kann daraus geschlossen werden, dass Gründe für
die Annahme einer Befangenheit aufgrund der Beziehung zwischen Gerichtsper-
sonen besonders qualifiziert sein müssen, um einen Ausstandsgrund bilden zu
können (vgl. auch Wullschleger, a.a.O., N 30 zu Art. 47, welcher dies zum ver-
gleichbaren Verhältnis zwischen Gerichtspersonen zweier Instanzen ausführt; Ur-
teil des Bundesgerichts 1P.267/2006 vom 17. Juli 2006, E. 2.1.2). Vorliegend gilt
es damit zu prüfen, ob über die äusseren Gegebenheiten funktioneller und organi-
satorischer Natur hinaus Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit
und die Gefahr der Voreingenommenheit der einzelnen Gerichtsmitglieder zu be-
gründen vermögen. Ausser dem pauschalen Vorwurf der fehlenden Unparteilich-
keit und Unabhängigkeit der Kantonsrichter Hubert und Pritzi zufolge Kollegialität
bringt der Gesuchsteller jedoch nichts vor, was auf Befangenheit dieser Mitglieder
des Kantonsgerichts schliessen liesse. Der Gesuchsteller macht sodann lediglich
in allgemeiner und undifferenzierter Weise geltend, das bisherige Verhalten der
beiden Richter lasse an ihrer Neutralität zweifeln. Konkrete Anhaltspunkte hierfür
fehlen jedoch komplett. Auch ist nicht erkennbar, dass zwischen dem Gesuchstel-
ler und den Richtern eine besondere Freundschaft Feindschaft besteht. So-
mit liegt mit Bezug auf die Kantonsrichter Hubert und Pritzi auch kein Ausstands-
grund im Sinne von Art. 47 Abs. 1 lit. f ZPO vor.
c)
Zusammenfassend kann nach dem Gesagten festgehalten werden, dass
bei objektiver Betrachtungsweise keine Gegebenheiten vorliegen, die im konkre-
ten Fall den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit
der Kantonsrichter Hubert und Pritzi zu begründen vermögen. Das Ausstandsge-
such von X.___ erweist sich hinsichtlich der Richter Hubert und Pritzi demnach
als unbegründet und ist abzuweisen.
5.
Beim Entscheid des Gerichts über den allfälligen Ausstand einer Gerichts-
person handelt es sich um einen Inzidenzentscheid (vgl. Botschaft ZPO, S. 7376).
Gemäss Gesetzgeber versteht man darunter Anordnungen von einer gewissen
Bedeutung, welche durch das Gericht getroffen werden. Im Bereich der Inzidenz-
entscheide unterscheidet die Botschaft weiter zwischen prozessleitenden Verfü-
gungen und "anderen Entscheiden über rein verfahrensrechtliche Zwischenfra-
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gen". Der Entscheid über den Ausstand einer Gerichtsperson fällt in diese zweite
Kategorie (vgl. Guido E. Urbach in: Gehri/Kramer, ZPO Kommentar Schweizeri-
sche Zivilprozessordnung, Zürich 2010, N. 4 zu Art. 50). Dieses Zwischenverfah-
ren ist grundsätzlich kostenpflichtig. Die Kosten sind nicht nach dem Ausgang des
Hauptverfahrens, sondern gestützt auf Art. 108 ZPO als unnötige Kosten der un-
terliegenden gesuchstellenden Partei aufzuerlegen (vgl. Wullschleger, a.a.O.,
N. 13 zu Art. 50). Im vorliegenden Fall galt es lediglich die geltend gemachten
Ausstandsbegehren gegen die Kantonsrichter Hubert und Pritzi zu beurteilen. Die-
se wurden beide abgewiesen. Es rechtfertigt sich daher, die Kosten des Verfah-
rens von Fr. 700.-- dem unterliegenden Gesuchsteller aufzuerlegen.
Seite 9 — 10

III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Ausstandsbegehren gegen die Kantonsrichter Hubert und Pritzi werden
abgewiesen.
2.
Die Kosten des vorliegenden Verfahrens von Fr. 700.-gehen zu Lasten
des Gesuchstellers.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 72 BGG Beschwerde in Zivil-
sachen an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt
werden. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen
seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der ge-
mäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zuläs-
sigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das
Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG.
4.
Mitteilung an:


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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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