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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZF-08-91: Kantonsgericht Graubünden

Die Klägerin X. hat gegen den Beklagten Y. eine Aberkennungsklage eingereicht, da dieser einen dreizehnten Monatslohn forderte, den sie für nicht geschuldet hielt. Das Bezirksgericht Bernina entschied, dass Y. Anspruch auf den dreizehnten Monatslohn hatte und sprach ihm insgesamt 16'125 Franken zu. Die Klägerin legte Berufung ein und das Kantonsgericht von Graubünden hob das Urteil des Bezirksgerichts auf, trat jedoch nicht auf die Klage ein. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, da es sich um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit handelte und keine mutwillige Prozessführung vorlag. Das Berufungsverfahren endete mit einem Kostenentscheid zu Lasten des Kantons Graubünden.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZF-08-91

Kanton:GR
Fallnummer:ZF-08-91
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZF-08-91 vom 12.10.2009 (GR)
Datum:12.10.2009
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Aberkennung einer Forderung
Schlagwörter : Arbeit; Berufung; Bezirksgericht; Klage; Recht; Gericht; Urteil; Bernina; Verfahren; Bezirksgerichts; Kantons; Berufungsklägerin; Frist; Rechtsöffnung; Forderung; Betreibung; Vorinstanz; Kantonsgericht; SchKG; Streitigkeit; Streitwert; Aberkennung; Franken; Entscheid; Leitschein; Beweis
Rechtsnorm:Art. 224 ZPO ;Art. 343 OR ;Art. 83 KG ;Art. 83 ZPO ;Art. 85a KG ;Art. 97 ZPO ;
Referenz BGE:102 II 394; 104 II 222;
Kommentar:
Rehbinder, Berner Bern , Art. 343 OR, 1992
Rehbinder, von Kaenel, Streiff, Berner Art. 343 20; , Art. 343 OR, 2006
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts ZF-08-91

Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 12. Oktober 2009
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 08 91


(Auf die gegen dieses Urteil beim Bundesgericht erhobene Beschwerde ist mit
Urteil vom 04. Januar 2010 nicht eingetreten worden).

Urteil
II. Zivilkammer
Vorsitz Kantonsrichter
Hubert
RichterInnen Bochsler und Michael Dürst
Aktuar ad hoc
Walder
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
der X., Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Mau-
ro Lardi, Reichsgasse 65, Chur,

gegen

das Urteil des Bezirksgerichts Bernina vom 7. August 2008, mitgeteilt am 4. No-
vember 2008, in Sachen der Berufungsklägerin gegen Y., Beklagter und Beru-
fungsbeklagter,
betreffend Aberkennung einer Forderung,
hat sich ergeben:

A. 1. Im Mai 2005 schlossen A. für die X. und Y. einen Arbeitsvertrag ab,
nach welchem der Letztere ab 1. Juni 2005 bei der Arbeitgeberin eine Stelle mit
dem Aufgabenbereich Reparatur und Restauration von Musikinstrumenten sowie
Herstellung von Pianos antreten sollte; dem Arbeitnehmer sollten auch andere
Arbeiten innerhalb des Betriebes zugewiesen werden können. Ab dem zweiten
Dienstjahr sollte der Vertrag unter Beachtung einer Frist von 60 Tagen jeweils auf
ein Monatsende gekündigt werden können. Über die Entlöhnung enthielt der Ver-
trag folgende Regelung:
„Salario
Retribuzione lorda mensile Fr. 4'500.--
Tredicesima: Fr. 4'500.-- (“dopo 12 mesi continui di lavoro”)
Assegni familiari: secondo le direttive cantonali
Salario netto: deduzioni come previsto dalle leggi in vigore
Al collaboratore verrà consegnata mensilmente una busta paga con
l’indicazione esatta delle deduzioni e indicazione mensile dei giorni di va-
canza rimanenti.”

2.
Y. trat die Arbeitsstelle vereinbarungsgemäss an. Als ihm nach dem
ersten Dienstjahr kein 13. Monatslohn ausbezahlt worden war, schrieb er am 10.
Juli 2006 seiner Arbeitgeberin, sie habe sicherlich übersehen, ihm zum 7. Juni
2006 sein dreizehntes Monatsgehalt von 4'500 Franken auszuzahlen, welches
gemäss Arbeitsvertrag nach zwölf Monaten kontinuierlicher Arbeit fällig sei. Die X.
stellte sich in der Folge auf den Standpunkt, ein dreizehnter Monatslohn sei nach
dem Vertrag erst ab dem zweiten Dienstjahr geschuldet. - Am 31. August 2006
kündigte die Arbeitgeberin den Arbeitsvertrag auf den 31. Oktober 2006; sie hielt
fest, bis zu diesem Tag werde das ordentliche Gehalt ausgerichtet und mit dem
letzten Lohn auch der für die Zeit von Juni bis Oktober 2006 geschuldete anteils-
mässige dreizehnte Monatslohn ausbezahlt.
3.
Am 4. Oktober 2006 kam es zwischen A. und Y. zu einer Auseinan-
dersetzung, welche dazu führte, dass der Arbeitnehmer fristlos entlassen wurde.
A. forderte die Hilfe der Kantonspolizei an, um Y. vom Arbeitsplatz zu entfernen.
Der bei der Intervention ebenfalls anwesende Kreispräsident riet dem Arbeitneh-
mer, sich die Entlassung schriftlich bestätigen zu lassen, was dann auch geschah.
Über den Ablauf des Einsatzes wurde ein Protokoll angefertigt. - Ebenfalls am 4.
Oktober 2006 schrieb Y. sodann seiner Arbeitgeberin, die ordentliche Kündigung
sei ihm erst am 1. September 2006 zugestellt worden, womit sich der Kündigungs-
termin auf den 30. November 2006 verschiebe; bis zu diesem Zeitpunkt stelle er
seine Arbeitskraft zur Verfügung und erwarte entsprechende Lohnfortzahlung. Er
bestritt die ihm im Kündigungsschreiben vorgeworfenen Kündigungsgründe.
Seite 2 — 16

B.
Mit Zahlungsbefehl Nr. 236/06 des Betreibungsamtes B. betrieb Y.
die X. für einen Betrag von Fr. 19'088.03 nebst 5% Zins seit dem 4. Dezember
2006 und Fr. 100.-- Betreibungsspesen. Die Betriebene erhob Rechtsvorschlag,
worauf der Gläubiger am 16. April 2007 beim Bezirksgerichtspräsidenten Bernina
um Erteilung provisorischer Rechtsöffnung nachsuchte. Mit Entscheid vom 12.
Juni 2007, mitgeteilt am 12. Juli 2007, hiess der Rechtsöffnungsrichter das Ge-
such im Wesentlichen gut und erteilte provisorische Rechtsöffnung für einen Be-
trag von Fr. 16'125.-- nebst 5 % Zins seit dem 4. Dezember 2006 und Fr. 100.--
Betreibungskosten. Der Rechtsöffnungsrichter hielt die fristlose Kündigung vom 4.
Oktober 2006 für ungerechtfertigt, stellte hingegen fest, die Parteien hätten sich
darauf geeinigt, dass die am 31. August 2006 ausgesprochene ordentliche Kündi-
gung auf den 1. Dezember 2006 wirksam werden solle. Ausgehend von einem
Bruttolohn von 4'500 Franken sprach der Bezirksgerichtspräsident dem Arbeit-
nehmer folglich für zwei noch offene Monatslöhne 9'000 Franken zu, wobei er die
vertraglichen und gesetzlichen Abzüge nicht berücksichtigte. Er stellte sich sodann
auf den Standpunkt, Y. habe nach dem Arbeitsvertrag bereits ab dem 1. Juni 2005
Anspruch auf einen dreizehnten Monatslohn, was bis Ende November 2006 pro
rata temporis einen Betrag von Fr. 7'125.-ergebe. Damit sei dem Gläubiger pro-
visorische Rechtsöffnung für insgesamt Fr. 16'125.-zu erteilen.
C.
Am 30. Juli 2007 meldete die X. beim Kreisamt B. eine Klage auf
Aberkennung der im Rechtsöffnungsverfahren zugesprochenen Forderung an.
Anlässlich der erfolglos verlaufenen Sühneverhandlung vom 16. November 2007
stellte die Klägerin das folgende Rechtsbegehren:
„1. Sia accertato che la pretesa avanzata dal convenuto e per la quale è
stato concesso il rigetto provvisorio dell’opposizione per l’importo di
CHF 16'125.00, oltre l’interesse del 5% dal 04.12.2006, più il 100% di
spese del precetto esecutivo, è inesistente.

2. Il convenuto sia tenuto a pagare alla parte attrice CHF 23'475.00 oltre
all’interesse del 5% a partire dal 04.10.2006 a titolo di risarcimento
danni da contratto di lavoro.

3. Spese e ripetibili a carico del convenuto.”
Der Beklagte liess die kostenfällige Abweisung der Klage beantragen. Der
Leitschein wurde den Parteien am 7. Dezember 2007 zugestellt.
D.
Am 7. Januar 2008 reichte die X. beim Bezirksgericht Bernina die
Prozesseingabe ein, in welcher sie Ziff. 1 und 3 ihres Leitscheinbegehrens bestä-
tigte. Auf eine Prosequierung von Ziff. 2 des Leitscheinbegehrens verzichtete sie.
Am 10. Januar 2008 schrieb die Klägerin dem Bezirksgericht, sie habe gegen Y.
Seite 3 — 16

eine Klage nach Art. 83 SchKG erhoben, falls diese aus irgendeinem Grund ver-
spätet eingereicht worden sein sollte, werde das Gericht ersucht, die Klage als
solche gemäss Art. 85a SchKG zu behandeln. Gleichzeitig ersuchte sie darum, die
Betreibung gestützt auf Art. 85a Abs. 2 SchKG vorläufig einzustellen. - Nachdem
der Beklagte innert Frist keine Prozessantwort eingereicht hatte, erliess der Be-
zirksgerichtspräsident Bernina am 11. Februar 2008 eine Beweisverfügung. In
dieser wurde das Gesuch der Klägerin um vorläufige Einstellung der Betreibung
abgewiesen.
E.
Mit Urteil vom 7. August 2008, mit Kurzbegründung mitgeteilt am 18.
August 2008, entschied das Bezirksgericht Bernina:
„1. L’azione è respinta.
2. Le spese della procedura, composte dalle spese di conciliazione di
CHF 150.00, nonché della tassa di giustizia di CHF 5'000.00, delle
spese di scrittura (ancora da stabilire), nonché delle spese in contanti
CHF 120.00 vanno a carico dell’attore in ragione di 2/3.

3. Se non è richiesta la redazione della decisione con testo integrale, i
costi di procedura si riducono a CHF 2’122.50 (metà della tassa di giu-
stizia di CHF 3'000.00 e delle spese di scrittura finora accresciute di
CHF 1'125.00, più spese in contanti CHF 120.00), più CHF 150.00
spese di conciliazione (già anticipate dall’attrice). L’importo di CHF
2'122.50 deve essere versato alla cassa del tribunale mediante
l’allegata polizza entro 30 giorni dalla presente comunicazione.

4. Ogni parte può richiedere per iscritto una sentenza interamente moti-
vata entro 10 giorni dalla notificazione di questa decisione. La presen-
te decisione non è esecutiva fintanto che non sia o trascorso infruttuo-
so questo termine o notificata la decisione con testo integrale. Se entro
questo termine nessuna delle parti esige la redazione con testo inte-
grale, la decisione passa in giudicato. Se entro il termine viene chiesta
la redazione con testo integrale della decisione, i termini di impugna-
zione decorrono con la notificazione della decisione con testo integrale
(art. 121 CPC).

5. Comunicazione a “
Mit Schreiben vom 28. August 2008 verlangte Y. die Zustellung des voll-
ständig begründeten Urteils. Das Bezirksgericht Bernina kam diesem Ersuchen
am 4. November 2008 nach. Mit Bezug auf den Kostenpunkt lautete das Urteil wie
folgt:
„Le spese della procedura, composte dalle spese di conciliazione di CHF
150.00, già anticipate dall’attore, nonché dalla tassa di giustizia di CHF
5'000.00, dalle spese di scrittura di CHF 1'378.00, nonché dalle spese in
contanti di CHF 120.00 vanno a carico dell’attore in ragione di 2/3, ossia
CHF 4'332.00. Questo importo deve essere versato alla cassa del Tribuna-
le mediante l’allegata polizza entro 30 giorni dalla presente comunicazione.

Seite 4 — 16

Al Circolo di B. viene intimato di rifondere all’attrice l’importo di CHF 50.00
(1/3 spese di conciliazione).”

F. 1. Gegen dieses Urteil liess die X. am 27. November 2008 die Berufung
an das Kantonsgericht von Graubünden erklären mit dem Antrag:
„1. Das Urteil des Bezirksgerichtes Bernina vom 07.08.2008, mitgeteilt am
04.11.2008, sei teilweise aufzuheben und die Ziffern 1 und 2 des Dispo-
sitivs seien wie folgt zu ändern:

Es sei festzustellen, dass die Forderung des Berufungsbeklagten, für
welche mit Entscheid des Bezirksgerichtspräsidiums Bernina vom 12.
Juni 2007 provisorische Rechtsöffnung in der Betreibung Nr. 236/06 des
Betreibungsamtes B. in der Höhe von Fr. 16'125.00 zuzüglich Zins zu 5
% seit dem 04.12.2006 zuzüglich Betreibungskosten in der Höhe von Fr.
100.00 gewährt worden ist, im Umfange von Fr. 6'881.40 nicht besteht.


Es seien keine Gerichtskosten zu erheben.
2. Unter voller Kostenund Entschädigungsfolge im Berufungsverfahren
zulasten des Beklagten.“
2.
Mit Verfügung vom 29. Dezember 2008 ordnete das Kantonsge-
richtspräsidium das schriftliche Verfahren gemäss Art. 224 Abs. 2 ZPO an, und es
wurde der Berufungsklägerin Frist bis zum 26. Januar 2009 zur Einreichung der
schriftlichen Berufungsbegründung sowie zur Leistung eines Kostenvorschusses
von 5'000 Franken angesetzt. Der Rechtsvertreter der Berufungsklägerin ersuchte
darauf mit Schreiben vom 13. Januar 2009, die Verfügung betreffend Leistung ei-
nes Kostenvorschusses aufzuheben. Er führte aus, es gehe materiell um eine
arbeitsrechtliche Streitigkeit, für welche das Verfahren grundsätzlich kostenlos sei.
Die Berufung sei nicht derart aussichtslos, dass es angezeigt sei, der Berufungs-
klägerin im Voraus einen Kostenvorschuss abzuverlangen. Am 26. Januar 2009
reichte die Berufungsklägerin ihre schriftliche Berufungsbegründung ein.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2009 machte der Vorsitzende der II. Zivil-
kammer des Kantonsgerichts den klägerischen Rechtsvertreter darauf aufmerk-
sam, dass weil es um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit mit einem Streitwert von
unter Fr. 30'000.-gehe - die Bestimmungen über die Gerichtsferien keine Anwen-
dung fänden. Es stelle sich somit die Frage, ob die X. ihre Klage rechtzeitig einge-
reicht habe. Da es sich bei der Einhaltung der Prosequierungsfrist um eine Pro-
zessvoraussetzung handle, die von Amtes wegen zu prüfen sei, werde sich das
Gericht mit dieser Frage auseinanderzusetzen haben. Da in der Berufungsbe-
gründung dazu nicht Stellung genommen worden sei, werde eine Frist bis zum 16.
Februar angesetzt, um zu diesem Punkt Stellung zu beziehen. Die Fristansetzung
zur Leistung eines Kostenvorschusses werde aufgehoben und über die Einholung
Seite 5 — 16

eines solchen nach Eingang der Stellungnahme zur Einhaltung der Prosequie-
rungsfrist befunden.
Am 13. Februar 2009 reichte die X. ihre Stellungnahme ein. Sie beantragte
neu, das Urteil des Bezirksgerichts Bernina vom 7. August 2008 sei aufzuheben,
auf die Klage sei nicht einzutreten und es seien keine Gerichtskosten zu erheben.
Sie machte geltend, wenn angesichts der gegebenen Sachlage die Berufung nicht
zurückgezogen werde, so geschehe dies, weil sie sich mit dem vorinstanzlichen
Kostenspruch nicht abfinden könne. Der Vorwurf des Bezirksgerichts, sie habe mit
sinnlosen Anträgen unnötige Beweisaufnahmen veranlasst, sei unberechtigt, kön-
ne doch oft erst aufgrund von Zeugeneinvernahmen beurteilt werden, ob ein An-
trag Aussicht auf Erfolg haben könne. Im Übrigen hätte es gerade das Bezirksge-
richt selbst in der Hand gehabt, die Verfahrenskosten zu vermeiden, wenn es den
Verfahrensfehler der zu späten Klageprosequierung erkannt hätte.
3.
Am 17. Februar 2009 forderte der vorsitzende Kantonsrichter die be-
rufungsbeklagte Partei auf, bis zum 9. März 2009 ihre schriftliche Berufungsant-
wort einzureichen. Diese Frist wurde auf Ersuchen von Y. bis zum 30. März 2009
verlängert. Y. reichte darauf am 30. März 2009 seine Berufungsantwort ein. Dabei
machte er einleitend weitgefasste Ausstandsgründe geltend und stellte sich in ma-
terieller Hinsicht auf den Standpunkt, wenn die Klägerin die Prosequierungsfrist
nicht eingehalten habe, sei das Urteil des Bezirksgerichtspräsidenten vom 12. Juni
2007 rechtswirksam, und es stünden ihm folglich der Betrag von Fr. 16'125.--
nebst 5 % Zins seit dem 4. Dezember 2006 sowie die 100 Franken Betreibungs-
kosten zu.

Die II. Zivilkammer zieht in Erwägung:
I.
Der Berufungsbeklagte führt am Anfang seiner Rechtsschrift vom 30.
März 2009 aus, er mache gestützt auf „Art. 18g“ des Gerichtsverfassungsgesetzes
Ausstandsgründe geltend und akzeptiere keine Freimaurer, Rotarier, Lions, Kiwa-
nis und dergleichen sowie mit solchen befreundete verfeindete Personen als
Richter. Er hielt in diesem Zusammenhang fest, es erscheine völlig unmöglich,
dass weder dem Bezirksgerichtspräsidenten, Dr. C., dem Kreispräsidenten, der
Sekretärin des Gerichts noch den Gerichtszeugen die Nichteinhaltung der Prose-
quierungsfrist aufgefallen sei. Dieser Umstand lasse darauf schliessen, dass mit
grösster Wahrscheinlichkeit mutwillig und mit Vorsatz gegen die Gesetze verstos-
sen worden sei. - Das vom Berufungsbeklagten angerufene Gerichtsverfassungs-
Seite 6 — 16

gesetz vom 24. September 1978 (GVG) wurde mit dem Inkrafttreten des Gerichts-
organisationsgesetz vom 31. August 2006 (GOG) am 1. Januar 2008 aufgehoben.
Massgebend für die Beurteilung des vorgebrachten Ausstandsbegehrens ist somit
das GOG. Art. 42 GOG bestimmt, aus welchen Gründen ein Richter Aktuar in
Ausstand zu treten hat; nebst den in lit. a bis f ausdrücklich genannten Fällen trifft
dies nach lit. g (die inhaltlich mit dem vom Berufungsbeklagten angerufenen Art.
18 lit. g GVG übereinstimmt) immer auch dann zu, wenn ihn andere, nicht näher
bezeichnete Umstände als befangen erscheinen lassen. Befangen im Sinne dieser
Generalklausel ist ein Richter Aktuar, wenn Umstände vorliegen, die geeignet
sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des betreffenden Justizangehörigen zu
erregen. Wer Ausstandsgründe geltend macht, braucht nicht den Beweis zu
erbringen, dass eine Gerichtsperson voreingenommen und subjektiv unfähig ist,
sich mit einer Angelegenheit in unparteiischer Weise zu befassen. Es genügt,
wenn er Gründe zu nennen vermag, die objektiv betrachtet den Verdacht erregen,
er könnte parteiisch und voreingenommen sein. Bei der Beurteilung des An-
scheins der Unvoreingenommenheit und der Gewichtung solcher Umstände kann
nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abgestellt werden; das Misstrauen
in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet er-
scheinen (PKG 2002 Nr. 13, 1990 Nr. 20 und 1980 Nr. 15, jeweils mit Verweisun-
gen). Von solchen Voraussetzungen kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.
Soweit Y. mit seiner Argumentation die Unbefangenheit der vorinstanzlichen Jus-
tizpersonen in Zweifel zieht (wozu er angesichts der Tatsache, dass das Verfahren
vor dem Bezirksgericht ganz zu seinen Gunsten ausgefallen ist, keine Veranlas-
sung hat), vermag er mit dieser Begründung selbstverständlich in keiner Weise die
mangelnde Unbefangenheit von Richtern des Kantonsgerichts in Frage zu stellen.
Auch der generell gehaltene Rundumschlag betreffend Zugehörigkeit zu diversen
Vereinigungen ist nicht in der geringsten Weise geeignet, den Verdacht zu be-
gründen, dass ein Mitglied des Kantonsgerichts, falls es einer der genannten Ver-
einigungen angehören sollte, nicht in der Lage wäre, den zur Diskussion stehen-
den Fall objektiv und unvoreingenommen zu beurteilen. Auf das nicht näher be-
gründete Ausstandsbegehren kann daher nicht eingetreten werden.
II. 1. Y. hat die X. mit Zahlungsbefehl Nr. 236/06 des Betreibungsamtes B.
für den Betrag von Fr. 19'088.03 nebst 5 % Zins seit dem 4. Dezember 2006 und
Betreibungskosten betrieben, und es wurde ihm - nachdem die Betriebene
Rechtsvorschlag erhoben hatte - durch Entscheid des Bezirksgerichtspräsidenten
Bernina vom 12. Juni 2007 für Fr. 16'125.-- nebst Zins und Betreibungsspesen
provisorische Rechtsöffnung erteilt. Dieses Urteil wurde den Parteien am 12. Juli
Seite 7 — 16

2007 schriftlich eröffnet. Am 30. Juli 2007 meldete die Schuldnerin die Streitsache
zur Vermittlung an und am 16. November 2007 fand die Sühneverhandlung statt.
Am 7. Dezember 2007 stellte der Kreispräsident den Leitschein aus, worauf die X.
die Klage mit Prozesseingabe vom 7. Januar 2008 an das Bezirksgericht Bernina
prosequierte. Am 10. Januar 2008 schrieb A. dem Bezirksgericht, falls seine ge-
stützt auf Art. 83 SchKG erhobene Aberkennungsklage zu spät eingereicht worden
sein sollte, möge sie als Klage gemäss Art. 85a SchKG behandelt werden. Das
Bezirksgericht ging auf dieses Ersuchen ein und stellte fest, nachdem der Rechts-
öffnungsentscheid am 12. Juli 2007 mitgeteilt, die Klage aber erst am 7. Januar
2008 eingereicht worden sei, wäre sie unter dem Gesichtspunkt von Art. 83 Abs. 2
SchKG nicht rechtzeitig erfolgt, doch müsse nach der Praxis eine verspätet einge-
reichte Aberkennungsklage als Klage nach Art. 85a SchKG behandelt werden. -
Die Auffassung, die X. habe ihre Aberkennungsklage zu spät eingereicht, trifft
nicht zu. Wohl begann die zwanzigtägige Frist gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG mit
der Mitteilung des Rechtsöffnungsentscheids zu laufen. Indem die Beklagte aber
am 30. Juli 2007 das Vermittlungsbegehren stellte, hat sie diese Frist gewahrt.
Massgeblich für die Wahrung der gesetzlichen Frist zur Einreichung der Aberken-
nungsklage ist nicht das Datum der Prosequierung der Klage nach erfolgter Zu-
stellung des Leitscheins, sondern das Datum der Einreichung des Vermittlungsbe-
gehrens. Die rechtzeitig innert zwanzig Tagen eingereichte Klage wäre also als
solche auf Aberkennung einer Forderung gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG und nicht
als negative Feststellungsklage im Sinne von Art. 85a SchKG zu behandeln ge-
wesen.
2.
Nachdem die Sühneverhandlung mehrmals verschoben worden war,
fand diese schliesslich am 16. November 2007 statt, worauf am 7. Dezember 2007
der Leitschein ausund den Parteien zugestellt wurde. Mit ihrer Klage forderte die
X. die Aberkennung einer Lohnforderung ihres früheren Arbeitnehmers sowie Er-
satz für ihr von diesem angeblich verursachten Schaden. Es handelt sich damit
um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis, für die gemäss Art. 343 Abs. 2
OR bis zu einem Streitwert von 30'000 Franken ein einfaches und rasches Verfah-
ren vorzusehen ist, für das bis zum erwähnten Streitwert weder Gebühren noch
Auslagen des Gerichts auferlegt werden dürfen, soweit keine mutwillige Prozess-
führung vorliegt.
a)
Das Bezirksgericht Bernina hat die Klage zwar als solche gemäss
Art. 85a SchKG entgegengenommen, was nach dem oben Gesagten nicht richtig
war, hat sie aber richtigerweise als Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis behan-
delt. Das Gericht befasste sich vorerst einlässlich mit der Frage der fristlosen Auf-
Seite 8 — 16

kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin und kam zum
Schluss, dass Gründe für eine solche Massnahme nicht gegeben waren und dass
die X. dem Arbeitnehmer folglich den Lohn zu zahlen habe, den dieser verdient
hätte, wenn das Arbeitsverhältnis auf den unter Beachtung der ordentlichen Kün-
digungsfrist sich ergebenden Zeitpunkt, also auf Ende November 2006, aufgelöst
worden wäre. Die Vorinstanz stellte daher fest, es stünden Y. unter diesem Titel
noch zwei offene Monatslöhne von brutto je 4'500 Franken, also 9'000 Franken zu.
b)
Bezüglich der Frage, ob der Arbeitnehmer vom Beginn seiner Anstel-
lung an nach einem Jahr Anspruch auf einen dreizehnten Monatslohn gehabt ha-
be, ob ein solcher wie von der Arbeitgeberin geltend gemacht wird erst ab
dem zweiten Jahr geschuldet war, stellte die Vorinstanz fest, die Beweislage er-
laube es nicht, den Willen der Parteien bei Vertragsabschluss in der einen
der anderen Weise zu interpretieren. Gehe man aber von der Regel aus, dass der
dreizehnte Monatslohn gewöhnlich als Lohnbestandteil betrachtet werde, so dürfe
die entsprechende Vertragsbestimmung so verstanden werden, dass der drei-
zehnte Monatslohn unter der Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis mindes-
tens ein Jahr gedauert habe, von Anfang an geschuldet gewesen sei. Diese Aus-
legung trage auch der Tatsache Rechnung, dass der Vertragstext von der Arbeit-
geberin aufgesetzt worden sei und es für diese ein Leichtes gewesen wäre, durch
eine entsprechende Formulierung Klarheit zu schaffen. Das Bezirksgericht über-
nahm damit die Argumentation des Rechtsöffnungsrichters, welcher Y. einen gan-
zen dreizehnten Monatslohn für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2006 sowie
einen solchen pro rata temporis vom 1. Juni 2006 bis 30. November 2006 zuge-
sprochen hatte (dabei wurden für diese Zeit fälschlicherweise sieben anstatt nur
sechs Monate berechnet), was einen Betrag von Fr. 7'125.-ergab. Gesamthaft
betrachtet erachtete das Bezirksgericht damit den vom Rechtsöffnungsrichter an-
erkannten Betrag von Fr. 16'125.-- nebst Zins seit dem 4. Dezember 2006 für ge-
rechtfertigt.
c)
Die von der Klägerin gegenüber Y. erhobenen Forderungen für ihr
durch das Verhalten des Beklagten angeblich entstandenen Schaden bezeichnete
die Vorinstanz ohne nähere Begründung als weder dem Grundsatz nach noch be-
tragsmässig erwiesen.
3.a) Mit Bezug auf die Kostenauflage ging das Bezirksgericht Bernina ge-
stützt auf Art. 343 Abs. 3 OR davon aus, dass das Verfahren für arbeitsrechtliche
Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 30'000 Franken grundsätzlich kostenlos
ist, dass aber einer Partei bei mutwilliger Prozessführung eine Busse auferlegt
Seite 9 — 16

werden kann, und Kosten und Gebühren ganz teilweise belastet werden
können. Die Vorinstanz stellte sodann fest, die von der X. gegenüber dem Arbeit-
geber geltend gemachten Schadenersatzansprüche und die zur Rechtfertigung
der fristlosen Entlassung erhobenen Vorwürfe hätten sich als vollständig unbe-
gründet erwiesen, worüber sich die Klägerin von Anfang an habe bewusst sein
müssen. Ihr Verhalten müsse daher als mutwillig bezeichnet werden, so dass es
gerechtfertigt sei, ihr zwei Drittel der Kosten aufzuerlegen; von der Ausfällung ei-
ner Busse werde hingegen abgesehen. Gegen diesen Entscheid erhob die X. am
27. November 2008 Berufung und verlangte die Aufhebung von Ziff. 1 und 2 des
angefochtenen Entscheides, Feststellung, dass die Forderung des Berufungsbe-
klagten, für welche mit Entscheid des Bezirksgerichtpräsidiums Bernina vom 12.
Juni 2007 provisorische Rechtsöffnung gewährt worden sei, im Umfang von Fr.
6'881.40 nicht bestehe und Verzicht auf die Erhebung von Gerichtskosten.
b)
Nachdem der Vorsitzende der II. Zivilkammer des Kantonsgerichts in
seinem Schreiben an die Berufungsklägerin vom 4. Februar 2009 darauf aufmerk-
sam gemacht hatte, dass in der vorliegenden arbeitsrechtlichen Streitigkeit die
Bestimmungen über die Gerichtsferien keine Anwendung fänden, und sich damit
die Frage stelle, ob die X. die Klage rechtzeitig eingereicht habe, änderte die Beru-
fungsklägerin ihr Rechtsbegehren dahingehend ab, dass sie beantragte, das vo-
rinstanzliche Urteil sei aufzuheben, auf die Klage sei nicht einzutreten und es sei-
en keine Gerichtskosten zu erheben. Sie führte aus, die Vorinstanz hätte auf die
verspätet prosequierte Klage nicht eintreten dürfen. Hätte sie gesehen, dass ein
Verfahrensfehler vorliege, so wäre die Klage schon vor der Durchführung des Be-
weisverfahrens aus dem Recht gewiesen worden, schreibe Art. 83 ZPO doch vor,
dass der Gerichtspräsident verspätet eingereichte Klagen abschreibe. Die Vorin-
stanz hätte es also in der Hand gehabt, die Verfahrenskosten zu vermeiden, wes-
halb der ergangene Kostenspruch aufzuheben sei.
c)
Im Berufungsverfahren ist unbestritten geblieben, dass Gegenstand
des Verfahrens eine arbeitsrechtliche Streitigkeit ist, die im beschleunigten Verfah-
ren durchzuführen war, und für welche die Vorschriften über die Gerichtsferien
keine Gültigkeit haben (Art. 62 Abs. 2 Ziff. 2 und Art. 135 Ziff. 3 ZPO). Dies zu
Recht, obwohl gemäss Leitschein eine Aberkennungsklage über eine Forderung
von Fr. 16'125.00 nebst Zinsen und Spesen sowie eine Forderungsklage in Höhe
von Fr. 23'475.00 nebst Zinsen eingereicht wurden. Wie das Bundesgericht im
Zusammenhang mit der Streitwertberechnung für die Zulässigkeit der Beschwerde
in Zivilsachen festhielt, ist für die Frage, ob bei der Berechnung des Streitwerts
verschiedene Begehren zusammenzurechnen sind, nicht massgebend, welche
Seite 10 — 16

Partei formell als Klagpartei auftritt beziehungsweise die Begehren stellt, sondern
welche Ansprüche die eine Partei gegenüber der anderen erhebt. Mit der Aber-
kennungsklage (wie generell bei negativen Feststellungsklagen) macht der Kläger
keine eigenen Ansprüche geltend. Er will vielmehr feststellen, dass die von der
Gegenpartei behaupteten und in Betreibung gesetzten Ansprüche nicht bestehen.
Wird wie vorliegend nebst einer Aberkennungsklage zusätzlich eine Forderungs-
klage eingegeben, so stehen nicht Ansprüche derselben Partei zur Beurteilung,
weshalb sie bei der Berechnung des Streitwerts nicht zusammenzurechnen sind.
Es liegt die gleiche Konstellation wie bei der Erhebung von Klage und Widerklage
vor (Urteil des Bundesgerichts 4A_181/2009 vom 20. Juli 2009, E. 1; vgl. auch
BGE 102 II 394). Die gleichen Grundsätze gelten für die Berechnung des mass-
gebenden Streitwerts gemäss Art. 343 OR. Dies ergibt sich aus dem Zweck der
Regelung (vgl. hierzu Rehbinder, Berner Kommentar, Bern 1992, Art. 343 OR N
14 im Zusammenhang mit einem Widerklagebegehren; JAR 1980 164). Anders
entscheiden würde bedeuten, dass ein Arbeitnehmer, der für seine Forderung
provisorische Rechtsöffnung erhält, in einem Aberkennungsprozess eines Arbeit-
gebers, in welchem dieser zusätzlich Gegenforderungen geltend macht, schlech-
ter gestellt wäre als jener, der für seine Forderung mangels Rechtsöffnungstitel
ordentliche Klage erheben muss, und der Arbeitgeber für seine Gegenforderungen
Widerklage erhebt. Die beiden gemäss Leitschein erhobenen Forderungsbegeh-
ren sind somit vorliegend nicht zusammenzuzählen, weshalb der massgebende
Streitwert unter Fr. 30'000.— liegt. Somit gelangt das beschleunigte Verfahren
gemäss Art. 343 OR zur Anwendung. Damit steht aber auch fest, dass mangels
Geltung der Vorschriften über die Gerichtsferien die Frist zur Prosequierung der
Klage mit der Einreichung der Prozesseingabe am 7. Januar 2008 nicht gewahrt
wurde; dies ist offenkundig und wird auch von der Berufungsklägerin anerkannt.
Bei dieser Sachlage hätte die Vorinstanz auf die Klage mangels einer Prozessvor-
aussetzung nicht eintreten dürfen. Diese hätte vielmehr bereits vom Bezirksge-
richtspräsidenten gestützt auf Art. 83 ZPO abgeschrieben werden müssen. Zur
Überprüfung zwingender Prozessvoraussetzungen ist auch die Rechtsmit-
telinstanz befugt, so dass im vorliegenden Berufungsverfahren noch festgestellt
werden kann, dass auf die Klage nicht einzutreten ist (vgl. PKG 1993 Nr. 17 be-
züglich zwingender Zuständigkeitsvorschriften). In diesem Sinne ist dem von der
Berufungsklägerin in ihrer Stellungnahme vom 13. Februar 2009 formulierten An-
trag stattzugeben und der erstinstanzliche Entscheid zu korrigieren.
d)
Art. 83 ZPO äussert sich nicht dazu, wie sich ein Versehen des Be-
zirksgerichtspräsidenten bei der Überprüfung der Prozessvoraussetzungen auf die
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Kostenfolge auswirkt. In einem in PKG 1958 Nr. 25 publizierten Entscheid hat der
Kantonsgerichtsausschuss festgestellt, das Gesetz (Art. 97 aZPO) knüpfe keine
Sanktion an die Unterlassung der Abschreibung wegen Fehlens einer Prozessvor-
aussetzung. Übersehe der Gerichtspräsident einen entsprechenden Mangel und
rege sich keiner der Litiganten, so müsse die am Verfahren interessierte Partei die
aus dieser Tatsache resultierende Inkonvenienz auf sich nehmen. Anders ent-
schied der Kantonsgerichtsausschuss in einem Urteil vom 14. September 1993
(ZB 16/93), wo festgehalten wurde, grundsätzlich hätten alle Instanzen ihre eigene
Zuständigkeit von Amtes wegen zu prüfen, und es sei nicht vom Kläger zu vertre-
ten, wenn erst der Kantonsgerichtsausschuss die Unzuständigkeit des Vermittlers
festgestellt habe. Es erscheine daher als angemessen, die beim Vermittler, beim
Bezirksgerichtspräsidenten und beim Kantonsgerichtsausschuss entstandenen
gerichtlichen Kosten auf die jeweilige Gerichtskasse zu nehmen. Diese Argumen-
tation hat auch im vorliegenden Fall etwas für sich, hätte doch fast der gesamte
Prozessaufwand vermieden werden können, wenn der Bezirksgerichtspräsident
den Mangel erkannt und die Klage abgeschrieben hätte. Die Frage muss aber
nicht abschliessend entschieden werden, da die teilweise Kostenauflage auch aus
anderen Gründen nicht gerechtfertigt erscheint.
e)
Gemäss Art. 343 OR ist das zivilrechtliche Verfahren in Arbeitssa-
chen bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.— kostenbefreit. Die Kostenbefreiung
gilt auch für Streitigkeiten über prozessuale Nebenpunkte (BGE 104 II 222). Bei
mutwilliger Prozessführung kann das Gericht die Verfahrenskosten ganz teil-
weise der betreffenden Partei auferlegen und Bussen aussprechen. Bezüglich der
angefochtenen Kostenauferlegung durch die Vorinstanz bleibt somit zu prüfen, ob
die X. allenfalls wegen mutwilliger Prozessführung trotz Vorliegens einer arbeits-
rechtlichen Streitigkeit mit Verfahrenskosten belastet werden kann. Gegenüber
einer solchen Massnahme ist Zurückhaltung angebracht. Neben der objektiv fest-
stellbaren Aussichtslosigkeit des Prozesses setzt Mutwilligkeit ein subjektives E-
lement voraus. Der Prozess muss wider besseres Wissen zumindest wider
die vom Betreffenden nach Lage der Dinge zu erwartende Einsicht betrieben wor-
den sein (Rehbinder, Berner Kommentar, Art. 343 OR N 20; Streiff/von Kaenel,
Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 6. A., Zürich 2006, Art. 343
OR N 11). In Lehre und Rechtsprechung werden als Gründe für die Kostenauflage
etwa das Nichterscheinen bei Gerichtsverhandlungen, die Verlängerung der Ver-
fahrensdauer gegen Treu und Glauben, die Klage an ein unzuständiges Gericht
trotz mehrfachem Hinweis darauf (nicht jedoch bei blosser Klage am unzuständi-
gen Gericht), etc. erwähnt. Nur ausnahmsweise wird Mutwilligkeit angenommen,
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weil der vertretene Standpunkt nicht haltbar ist (vgl. Streiff/von Kaenel, a.a.O., Art.
343 OR N 11 mit weiteren Hinweisen; Portmann, BSK OR I, Art. 343, N. 15). Die
Vorinstanz glaubte solches im Verhalten der Klägerin zu sehen, wenn sie feststell-
te, die Behauptungen, mit welchen die Arbeitgeberin sowohl die fristlose Entlas-
sung als auch ihre Schadenersatzforderung gegenüber der Beklagten zu begrün-
den versucht habe, hätten sich alle als haltlos zumindest bar jeden Beweis-
werts erwiesen. Diese Argumentation überzeugt nicht. Gerade die Tatsache, dass
das Bezirksgericht bezüglich der fristlosen Entlassung darauf hinweist, weder die
Aussagen des Geschäftsführers der Klägerin noch jene der übrigen Zeugen lies-
sen erkennen, worin die Verschlimmerung der Situation bestanden habe, welche
es gerechtfertigt hätte, die ordentliche Kündigung durch die fristlose Entlassung zu
ersetzen, belegt, dass man zu diesem Schluss erst aufgrund der Beweiserhebun-
gen gekommen ist. Somit kann nicht gesagt werden, es sei von vornherein offen-
sichtlich gewesen, dass A. den Arbeitnehmer zu Unrecht fristlos habe entlassen
wollen. So eindeutig war die Sachlage offenbar nicht von Anfang an, sondern es
bedurfte der Erhebung von Beweisen, um zu diesem Schluss zu gelangen. Damit
kann aber der Standpunkt der Arbeitgeberin nicht als so abwegig bezeichnet wer-
den, dass von mutwilliger, eine Kostenauflage rechtfertigenden Prozessführung
gesprochen werden könnte. Mit Bezug auf die von der X. geltend gemachten
Schadenersatzforderungen begnügte sich die Vorinstanz mit der Feststellung, die-
se hätten sich sowohl dem Grundsatz nach als auch in quantitativer Hinsicht als
unbewiesen herausgestellt. Die Klägerin hat in ihrer Prozesseingabe dargestellt,
durch welche Handlungen und Unterlassungen des Arbeitnehmers sie sich in wel-
chem Umfange als geschädigt betrachtete und sie hat dazu den Zeugenbeweis
offeriert. Die Befragung der Zeugen ergab zwar keine konkreten Beweise für die
Begründetheit der klägerischen Forderungen, hingegen deuten einige Zeugenaus-
sagen doch darauf hin, dass es mit der Zusammenarbeit zwischen A. und Y. nicht
immer zum Besten bestellt war. So sagte der Zeuge D. aus, er habe die Lieferung
von 30 Fenstern für sein Hotel in E., die er bei der X. habe erstellen lassen wollen,
schliesslich durch LF. ausführen lassen müssen, weil A. wegen Personalproble-
men nicht habe liefern können. LF. bestätigte, dass er diesen Auftrag erhalten ha-
be; A. habe ihm gesagt, Y. habe die Arbeit nicht ausführen wollen. Der Zeuge G.
sagte aus, er habe den Eindruck gehabt, Y. habe immer geglaubt, er wisse bes-
ser, wie eine Arbeit zu verrichten sei. Auch wenn diese Zeugenaussagen keinen
Beweis dafür zu erbringen vermögen, dass der Berufungsklägerin durch das Ver-
halten Y.s ein konkreter Schaden entstanden ist, so kann doch nicht gesagt wer-
den, die Behauptungen der X. seien völlig vom Zaun gerissen, so dass von mut-
williger Prozessführung gesprochen werden könnte. Schon gar nicht von Mutwil-
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ligkeit kann mit Bezug auf die dritte Streitfrage die Rede sein, ob dem Arbeitneh-
mer ein dreizehnter Monatslohn nach einer Vertragsdauer von einem Jahr bereits
ab Beginn der Tätigkeit bei der Klägerin erst für die Zeit nach Erfüllung des
ersten Dienstjahres zustand. Hier stellte selbst die Vorinstanz fest, die Beweislage
erlaube es nicht, den wirklichen Willen der Parteien bezüglich der fraglichen Ver-
tragsbestimmung zu eruieren, weshalb die Frage danach zu beantworten sei, wel-
chen Sinn eine beliebige Person unter den gegebenen Umständen dieser Klausel
gegeben hätte. Das Gericht gab dann der Interpretation des Arbeitnehmers den
Vorzug, was sicher nicht zu beanstanden war; auch die gegenteilige Auffassung
wäre indessen durchaus vertretbar gewesen. Die X. hatte jedenfalls gute Gründe,
diese Frage durch den Richter entscheiden zu lassen. Schliesslich kann Mutwillig-
keit auch nicht darin gesehen werden, dass die Berufungsklägerin offensichtlich
übersah, dass in der vorliegenden arbeitsrechtlichen Streitigkeit die Regelung über
die Gerichtsferien nicht zur Anwendung gelangen und daher den Leitschein ver-
spätet prosequierte. Auch diesbezüglich fehlt es für die Annahme einer Mutwillig-
keit am dafür erforderlichen subjektiven Element. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte
dafür, dass die Berufungsklägerin den Prozess im Wissen um die verpasste Frist
fortgesetzt hat etwa in der Hoffnung, dass dies vom Gericht nicht festgestellt wür-
de. Der Berufungsklägerin kann auch deshalb ein solcher Vorwurf nicht unterstellt
werden, zumal wie oben bereits ausgeführt der Bezirksgerichtspräsident die Frist-
einhaltung gemäss Art. 83 ZPO von Amtes wegen hätte überprüfen müssen und
die verspätete Prosequierung des Leitscheines selbst offenbar auch nicht bemerkt
hat.
Gesamthaft gesehen gelangt das Kantonsgericht somit zum Schluss, dass
eine mutwillige Prozessführung, wie sie zur Belastung der klagenden Partei mit
den ganzen einem Teil der Kosten des Verfahrens Voraussetzung wäre,
nicht vorliegt, und somit eine Kostenauflage gestützt auf Art. 343 OR nicht in Fra-
ge kommt. Das vorinstanzliche Urteil ist folglich auch in diesem Punkt zu korrigie-
ren.
4.
Der Berufungsbeklagte liess das Urteil des Bezirksgerichts Bernina
unangefochten, so dass auf die Frage, ob ihm für das erstinstanzliche Verfahren
eine aussergerichtliche Entschädigung zugestanden hätte (die Vorinstanz hat kei-
ne solche zugesprochen) nicht mehr zurückgekommen werden kann.
III.
Für das Berufungsverfahren werden angesichts des Vorliegens einer
arbeitsrechtlichen Streitigkeit und weil von mutwilliger Prozessführung nicht ge-
sprochen werden kann, von den Parteien keine Kosten erhoben (Art. 343 Abs. 2
Seite 14 — 16

und 3 OR). Die Kosten des Berufungsverfahrens gehen daher zu Lasten des Kan-
tons Graubünden. Im Berufungsverfahren kann nicht vom Obsiegen der einen
der anderen Partei gesprochen werden, sondern es musste das erstinstanzli-
che Urteil aus formellen Gründen aufgehoben werden. Die ausseramtlichen Kos-
ten werden daher wettgeschlagen. Es rechtfertigt sich auch keine Zusprechung
einer Parteientschädigung zu Lasten der Vorinstanz, was praxisgemäss grund-
sätzlich möglich wäre (PKG 2004 Nr. 11). Die Berufungsklägerin hat das Fristver-
säumnis nämlich selbst verursacht und hätte dieses ebenso wie die Vorinstanz
bemerken müssen. Dem Berufungsbeklagten ist daraus kein notwendiger Auf-
wand entstanden, zumal zum Zeitpunkt als er zur Einreichung seiner Berufungs-
antwort aufgefordert wurde, das Fristversäumnis von der Berufungsklägerin be-
reits anerkannt und unbestritten war. Zusätzlicher Aufwand hätte sich somit erüb-
rigt.
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Demnach erkennt die II. Zivilkammer:
1.
Das Urteil des Bezirksgerichts Bernina vom 7. August 2008, mitgeteilt am 4.
November 2008, wird aufgehoben.
2.
Auf die Klage der X. wird nicht eingetreten.
3.
a) Die Kosten des Vermittlungsverfahrens von Fr. 150.-gehen zu Lasten
des Kreises B..

b) Die Kosten des Bezirksgerichts Bernina von Fr. 6'498.-gehen zu Las-
ten der Bezirksgerichtskasse.
4.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 4'256 (Gerichtsgebühr Fr.
4'000.--, Schreibgebühren Fr. 256.--) gehen zu Lasten des Kantons Grau-
bünden. Die aussergerichtlichen Kosten werden wettgeschlagen.
5.
Gegen diese, einen Streitwert von mindestens 15'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 1 lit. a des Bundesge-
richtsgesetzes (BGG) Beschwerde an das Schweizerische Bundesgericht,
1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht
schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der
Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzu-
reichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Vor-
aussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72
ff. und Art. 90 ff. BGG.
6. Mitteilung
an:
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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