Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, hat am 22. November 2013 ein Urteil in einem Fall mehrfacher fahrlässiger Körperverletzung gefällt. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 80.- sowie einer Busse von Fr. 1'200.- belegt. Die Geldstrafe wird aufgeschoben, und eine Probezeit von 3 Jahren wird festgesetzt. Bei Nichtzahlung der Busse tritt eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen ein. Die Gerichtskosten belaufen sich auf Fr. 2'100.00, zusätzliche Kosten auf Fr. 1'135.00. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Privatklägerschaft erhält eine Parteientschädigung von Fr. 2'102.45. Der Richter ist männlich.
Urteilsdetails des Kantongerichts ZF-08-18
Kanton: | GR |
Fallnummer: | ZF-08-18 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 11.06.2008 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Anfechtung einer Kündigung |
Schlagwörter : | Berufung; Recht; Vertrag; Gesellschaft; Confiserie; Pacht; Geschäft; Vertretung; Liegenschaft; Berufungsbeklagten; Berufungskläger; Berufungsklägerin; Pachtvertrag; Geschäfts; Vertrags; Urteil; Verwaltungsrat; Rechtsanwalt; Vertrages; Bezirks; Klage; Interesse; Verpachtung; Plessur; Vertretungsbefugnis; Generalversammlung |
Rechtsnorm: | Art. 122 ZPO ;Art. 219 ZPO ;Art. 223 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 261 OR ;Art. 261b OR ;Art. 266d OR ;Art. 290 OR ;Art. 30 ZPO ;Art. 717 OR ;Art. 718 OR ;Art. 718a OR ; |
Referenz BGE: | 100 II 384; 116 II 320; 123 III 414; 131 III 319; 133 III 282; |
Kommentar: | Sutter-Somm, Hasenböhler, Peter, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Zürich, Art. 308 ZPO, 2010 |
Entscheid des Kantongerichts ZF-08-18
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 11. Juni 2008
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 08 18
(Eine gegen dieses Urteil beim Bundesgericht erhobene Beschwerde ist mit Urteil
vom 04. Dezember 2008 abgewiesen worden, soweit darauf einzutreten war).
Urteil
Zivilkammer
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen Riesen-Bienz,
Hubert, Zinsli und Michael Dürst
Aktuarin ad hoc
Bäder Federspiel
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
der X . & C o . C o n f i s e r i e , B. und C. X., Beklagte und Berufungsklägerin, ver-
treten durch Rechtsanwalt lic. iur. et oec. Pius Fryberg, Quaderstrasse 8, 7000
Chur,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichts Plessur vom 26. Oktober 2007, mitgeteilt am 18.
Februar 2008, in Sachen des AY., und des Dr. BY., Kläger und Berufungsbeklag-
te, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Peter Diener, Bärenloch 1, Post-
fach 201, 7002 Chur, gegen die Beklagte und Berufungsklägerin,
mit Streitverkündung der Beklagten und Berufungsklägerin an Rechtsanwalt lic.
iur. Z., Einberufener, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Hans-Martin Allemann,
Alexanderstrasse 8, Postfach 30, 7002 Chur,
betreffend Anfechtung einer Kündigung,
hat sich ergeben:
2
A.
Am 31. März 2004 schlossen die A., vertreten durch D. X., Z. und E.
X., als Vermieterin und die X. & Co. Confiserie, vertreten durch B. X. und C. X., als
Mieterin einen Mietvertrag, worin der Mieterin das ganze Untergeschoss, das gan-
ze Erdgeschoss, ein Büro im 1. Stock und eine Garage in der Wohnund Ge-
schäftsliegenschaft der Vermieterin an der F. in G. zum Gebrauch als Confiserie,
Bäckerei und Café überlassen wurde. Der Mietzins wurde auf 5.5 % des Nettoum-
satzes exkl. MwSt. festgelegt. Für die Heizkosten wurde ein Pauschalbetrag von
monatlich Fr. 1'000.-vereinbart; die Kosten für Wasser und Abwasser, Warm-
wasser und Kehricht werden gemäss Vertrag von der Mieterin direkt bezahlt. Das
Mietverhältnis begann am 1. Mai 2004 und soll nach einer festen Mietdauer von
fünf Jahren am 30. April 2009 enden. Der Mietvertrag wurde im Grundbuch der
Gemeinde G. vorgemerkt.
Das Wohnund Geschäftshaus der A. wurde am 12. Juli 2004 auf Antrag
der Grundpfandgläubigerin H. durch das Betreibungsamt Schanfigg versteigert.
AY. und Dr. BY. ersteigerten die Liegenschaft im ersten Aufruf für Fr. 2'055'000.--.
Am 14. September 2004 kündigten AY. und Dr. BY. das Mietverhältnis mit
der X. & Co. Confiserie mit dem amtlichen Formular auf den 31. März 2005 mit der
Begründung des dringenden Eigenbedarfs im Sinne von Art. 261 Abs. 2 lit. a OR
in Verbindung mit Art. 266d OR.
B.
Diese Kündigung wurde von der X. & Co. Confiserie am 11. Oktober
2004 bei der Schlichtungsbehörde für Mietsachen des Bezirks Plessur angefoch-
ten. Die X. & Co. Confiserie stellte den Antrag, die am 14. September 2004 aus-
gesprochene Kündigung für nichtig, resp. ungültig zu erklären und aufzuheben.
AY. und Dr. BY. beantragten in ihrer Vernehmlassung vom 15. November 2004,
der Mietvertrag vom 31. März 2004 sei ungültig zu erklären, eventualiter sei die
Anfechtung der Kündigung vom 14. September 2004 abzuweisen. Anlässlich der
Schlichtungsverhandlung vom 26. November 2004 konnte keine Einigung erzielt
werden. Mit Entscheid vom 26. November 2004, mitgeteilt am 27. Januar 2005,
hiess die Schlichtungsbehörde die Klage der X. & Co. Confiserie gut und hob die
auf den 31. März 2005 ausgesprochene Kündigung auf.
C.
Am 25. Februar 2005 instanzierten AY. und Dr. BY. beim Bezirksge-
richt Plessur eine Klage gegen die X. & Co. Confiserie. Sie stellten folgende
Rechtsbegehren:
„1. Der Mietvertrag vom 31.3.2004 sei ungültig zu erklären.
3
2. Eventualiter sei die Anfechtung der Kündigung vom 14. September
2004 abzuweisen.
3. Unter vermittleramtlicher, gerichtlicher und aussergerichtlicher Kosten-
und Entschädigungsfolge.“
Die X. & Co. Confiserie beantragte in ihrer Prozessantwort vom 6. Mai
2005, was folgt:
„1. Die Klage sei abzuweisen und der Entscheid der Schlichtungsbehörde
für Mietsachen des Bezirks Plessur vom 26. November 2004, mitgeteilt
am 27. Januar 2005, wonach die auf den 31. März 2005 ausgespro-
chene Kündigung aufgehoben wurde, sei zu bestätigen.
2.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge.“
Am 17. Juni 2005 reichten die Kläger die Stellungnahme im Sinne von Art.
87 Abs. 2 ZPO ein.
D.
Die Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Plessur fand am 26.
Oktober 2007 statt. Mit Urteil vom 26. Oktober 2007, mitgeteilt am 18. Februar
2008, erkannte das Bezirksgericht Plessur, wie folgt:
„1. In Gutheissung der Klage wird der zwischen der A. und der X. & Co.
abgeschlossene Pachtvertrag vom 31. März 2004 für ungültig erklärt.
2. Die Kosten des Bezirksgerichtes Plessur von CHF 15'519.10 (Ge-
richtsgebühren CHF 6'000.00, Schreibgebühren CHF 863.80, Barge-
bühren CHF 1'055.30 [Expertise zu ½ = CHF 516.15], Streitwertzu-
schlag CHF 7'600.00) gehen zu Lasten der X. & Co. Confiserie und
werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
Die X. & Co. Confiserie hat AY. und Dr. BY. mit insgesamt CHF
9'199.80 (inkl. Barauslagen und 7.6 % MWST) ausseramtlich zu ent-
schädigen.
3. (Mitteilung)“
Das Bezirksgericht war zur Erkenntnis gelangt, dass der Vertrag vom 31.
März 2004 mangels Vertretungswirkung als ungültig zu qualifizieren sei.
E.
Gegen dieses Urteil liess die X. & Co. Confiserie am 10. März 2008
die Berufung zu Handen des Kantonsgerichts von Graubünden erklären. Sie stellt
folgende Berufungsanträge:
„1. Das angefochtene Urteil sei aufzuheben.
2.
Auf die Klage sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen.
3. Die Kosten des Bezirksgerichtes Plessur von Fr. 15'519.10 seien den
Klägern aufzuerlegen, welche zudem zu verpflichten seien, die Be-
klagtschaft aussergerichtlich mit Fr. 9'000.00, zuzüglich 7.6% Mehr-
wertsteuer, zu entschädigen.
4
4. Unter Kostenund Entschädigungsfolge für das Berufungsverfahren
zulasten der Berufungsbeklagten.“
Die Berufungsklägerin stellte ferner den Antrag, Rechtsanwalt lic. iur. Z. den
Streit verkünden zu lassen.
Mit Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums vom 26. März 2008, mitge-
teilt am 27. März 2008, wurde Rechtsanwalt lic. iur. Z. gestützt auf den Antrag der
Berufungsklägerin in Anwendung von Art. 30 Abs. 1 ZPO der Streit verkündet.
F.
Am 11. Juni 2008 fand die mündliche Berufungsverhandlung vor dem
Kantonsgericht von Graubünden statt. Für die Verfahren ZF 08 16, ZF 08 17 und
ZF 08 18 wurde eine gemeinsame Berufungsverhandlung durchgeführt. Anwe-
send waren der Rechtsvertreter der Berufungsklägerin, Rechtsanwalt lic. iur. et
oec. Pius Fryberg, die Berufungsbeklagten AY. und Dr. BY. sowie ihr Rechtsver-
treter, Rechtsanwalt Dr. iur. Peter Diener. Der Einberufene verzichtete auf eine
Teilnahme an der Hauptverhandlung. Einleitend verlas der Vorsitzende die Beru-
fungsbegehren. Gegen die Zuständigkeit und die Zusammensetzung des Gerichts
wurden keine Einwände erhoben, so dass sich dieses als in der Sache legitimiert
erklärte. Da keine Beweisanträge vorlagen, wurde das Beweisverfahren geschlos-
sen. Im Anschluss fanden die Plädoyers der Parteivertreter statt. Rechtsanwalt
Fryberg bestätigte und begründete in seinem Plädoyer die Anträge gemäss der
schriftlichen Berufungserklärung vom 10. März 2008. Rechtsanwalt Diener bean-
tragte in seinem Plädoyer die Abweisung der Berufung unter Kostenund Ent-
schädigungsfolge zu Lasten der Berufungsklägerin und begründete seine Anträge
entsprechend.
Rechtsanwalt Fryberg und Rechtsanwalt Diener gaben von ihren Vorträgen
eine schriftliche Ausführung zu den Akten. Die Parteivertreter erhielten das Recht
auf Replik und Duplik.
Auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil sowie auf die Ausführungen
der Rechtsvertreter der Parteien in den Rechtsschriften und anlässlich der Beru-
fungsverhandlung wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen
eingegangen.
Die Zivilkammer zieht in Erwägung :
1a.
Gegen Entscheide der Bezirksgerichte in Mietsachen gemäss Art. 36
der Vollziehungsverordnung zum Schweizerischen Obligationenrecht (Miete und
5
Pacht von Wohnund Geschäftsräumen; VVzOR) kann gemäss Art. 39 Abs. 2
VVzOR in Verbindung mit Art. 218 ff. ZPO beim Kantonsgericht von Graubünden
Berufung erklärt werden. Die Zuständigkeit des Kantonsgerichts zur Beurteilung
der vorliegenden Streitsache als Berufungsinstanz ist damit gegeben.
Eine Berufung ist innert der peremptorischen Frist von 20 Tagen seit der
schriftlichen Mitteilung des Urteils zu erklären und hat die formulierten Anträge auf
Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und der Beiurteile sowie neue Einreden,
soweit solche noch zulässig sind, zu enthalten (Art. 219 Abs. 1 ZPO). Die Beru-
fung der X. & Co. Confiserie vom 10. März 2008 gegen das Urteil des Bezirksge-
richts Plessur vom 26. Oktober 2007, mitgeteilt am 18. Februar 2008, wurde frist-
und formgerecht eingereicht, so dass darauf eingetreten werden kann.
b.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Frage, ob es
sich beim Vertrag vom 31. März 2004 um einen gültigen Vertrag handelt.
Die Vorinstanz qualifizierte das Vertragsverhältnis als Pachtvertrag, was
von den Parteien nicht beanstandet wurde. Es kann an dieser Stelle auf Erwägung
4b des angefochtenen Urteils verwiesen werden (Art. 229 Abs. 3 ZPO).
2.
Zunächst ist zu prüfen, ob die Kläger und Berufungsbeklagten zur
Klage auf Ungültigerklärung des Pachtvertrags legitimiert sind.
a.
Die Berufungsklägerin macht geltend, die Berufungsbeklagten hätten
gar kein Rechtsschutzinteresse an der Klage auf Feststellung der Ungültigkeit des
Vertrages. Bei jeder gerichtlichen Klage sei darüber zu befinden, ob ein Kläger
überhaupt ein Rechtsschutzinteresse daran habe. Dies könne aber nur dann beur-
teilt werden, wenn tatsächlich feststehe, welche Konsequenzen die Gutheissung
der Klage habe. Im vorliegenden Fall sei mit der Feststellung, dass der Vertrag
ungültig sei, überhaupt nichts gewonnen. Bestenfalls führe diese Feststellung da-
zu, dass weitere Prozesse zwischen den Parteien folgten, was wohl kaum im Inte-
resse der Rechtssicherheit und noch viel weniger im Interesse des Rechtsfriedens
liegen könne. Daher hätte auf die Begehren der Kläger und heutigen Berufungs-
beklagten gar nicht eingetreten werden dürfen.
b/aa. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Feststel-
lungsklage zuzulassen, wenn der Kläger an der sofortigen Feststellung ein erheb-
liches schutzwürdiges Interesse hat, welches kein rechtliches zu sein braucht,
sondern auch bloss tatsächlicher Natur sein kann. Diese Voraussetzung ist na-
mentlich gegeben, wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien ungewiss sind und
6
die Ungewissheit durch die Feststellung über den Bestand und den Inhalt des
Rechtsverhältnisses beseitigt werden kann. Dabei genügt nicht jede Ungewissheit;
erforderlich ist vielmehr, dass ihre Fortdauer dem Kläger nicht mehr zugemutet
werden darf, weil sie ihn in seiner BewegungsK.heit behindert (BGE 133 III 282 ff.
[287 f.], E. 3.5; BGE 131 III 319 ff. [325], E. 3.5; BGE 123 III 414 ff. [429], E. 7b).
b/bb. Das mit Vertrag vom 31. März 2004 begründete Vertragsverhältnis
zwischen der A. als Verpächterin und der X. & Co. Confiserie als Pächterin ging
gestützt auf Art. 261 Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 290 OR mit dem Eigentum
an der Liegenschaft an der F. in G. auf die Berufungsbeklagten AY. und Dr. BY.
über. Als Erwerber der Liegenschaft und in der mit dem Erwerb übernommenen
Eigenschaft als Vertragspartei verfügen die Berufungsbeklagten durchaus über ein
Rechtsschutzinteresse an der Feststellung, ob der fragliche Vertrag Bestand hat
nicht. Namentlich haben die Kläger ein legitimes Interesse daran, dass die
von ihnen übernommenen Mietbzw. Pachtverträge rechtsgültig sind, was das
Interesse an der Klärung dieser Frage bzw. an der Aufhebung ungültiger Verträge
mit einschliesst. Da die Berufungsbeklagten die Gültigkeit des Pachtvertrages mit
der X. & Co. Confiserie bezweifeln, besteht eine Ungewissheit über die entspre-
chende Rechtsbeziehung. Deren Fortdauer ist den Klägern nicht zumutbar, na-
mentlich weil sie durch die Langfristigkeit des besagten Vertrages in ihrer Bewe-
gungsK.heit erheblich eingeschränkt werden. Durch die Feststellung über den Be-
stand Nichtbestand des Pachtvertrages kann die entsprechende Rechtsunsi-
cherheit behoben werden. Der umstrittene Vertrag wurde für eine feste Vertrags-
dauer abgeschlossen und kann nicht ordentlich gekündigt werden. Zudem wurde
er im Grundbuch vorgemerkt, so dass auch eine ausserordentliche Kündigung
gestützt auf Art. 261 Abs. 2 OR in Verbindung mit Art. 290 OR nicht möglich ist
(Art. 261b Abs. 2 OR; Lachat/Stoll/Brunner, Das Mietrecht für die Praxis, 4. A.,
Zürich 1999, S. 96 f. u. S. 482). Das von den Berufungsbeklagten angestrebte Ziel
der Vertragsauflösung lässt sich daher lediglich über eine Klage auf Ungültigerklä-
rung des Vertrages erreichen. Zwar trifft es zu, dass es als Folge einer allfälligen
Ungültigerklärung zu weiteren Verfahren hinsichtlich der rechtlichen und finanziel-
len Konsequenzen dieser Ungültigerklärung kommen kann. Zum einen ist dies
aber nicht zwingend. Zum anderen führt die blosse Möglichkeit von Folgeverfah-
ren nicht dazu, dass das Rechtsschutzinteresse an einer Ungültigkeitsklage je-
weils nur dann bejaht werden kann, wenn gleichzeitig auch die Rechtsfolgen einer
allfälligen Ungültigkeit geklärt werden.
c. Unter
diesen
Umständen ist das Rechtsschutzinteresse der Kläger
und heutigen Berufungsbeklagten am vorliegenden Verfahren zu bejahen, und es
7
ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz auf die Klage eingetreten ist. Im
Folgenden ist nun der rechtsgültige Bestand des Vertrages vom 31. März 2004 zu
klären.
3a.
Ein Mietbzw. Pachtvertrag ist unter anderem dann nichtig und ent-
faltet keinerlei Wirkung, wenn eine der Vertragsparteien nicht bevollmächtigt ist
(Lachat/Stoll/Brunner, a.a.O., S. 101). Bei einer Aktiengesellschaft ergibt sich eine
Ungültigkeit des entsprechenden Vertrages somit dann, wenn die Voraussetzun-
gen für eine gültige organschaftliche Stellvertretung gemäss Art. 718a OR fehlen.
Die Nichtigkeit Ungültigkeit des Mietbzw. Pachtvertrages entfaltet rückwir-
kende Wirkungen (Lachat/Stoll/Brunner, a.a.O., S. 102).
b.
Nach Art. 718 Abs. 1 OR wird eine Aktiengesellschaft nach aussen
durch den Verwaltungsrat vertreten. Bestimmen die Statuten das Organisati-
onsreglement nichts anderes, steht die Vertretungsbefugnis jedem Verwaltungs-
ratsmitglied einzeln zu. Die zur Vertretung befugten Personen können im Namen
der Gesellschaft alle Rechtshandlungen vornehmen, die der Zweck der Gesell-
schaft mit sich bringen kann. Eine Beschränkung dieser Vertretungsbefugnis hat
gegenüber gutgläubigen Dritten keine Wirkung; ausgenommen sind die im Han-
delsregister eingetragenen Bestimmungen über die ausschliessliche Vertretung
der Hauptniederlassung einer Zweigniederlassung über die gemeinsa-
me Vertretung der Gesellschaft (Art. 718a OR).
Für eine gültige organschaftliche Stellvertretung nach Art. 718a OR wird
Vertretungsmacht und Vertretungsbefugnis, bei fehlender Vertretungsbefugnis
alternativ Gutgläubigkeit des Vertragspartners bezüglich der Vertretungsbefugnis
vorausgesetzt. Die Vertretungsmacht bezeichnet den Bereich des rechtlichen
Könnens, der Möglichkeit, unmittelbar für die Gesellschaft Rechtswirkungen zu
erzeugen. Sie bestimmt sich anhand des Gesellschaftszwecks. Von der Vertre-
tungsmacht gedeckt sind nicht nur Rechtshandlungen, die dem Vertretenen nütz-
lich sind in seinem Betrieb gewöhnlich vorkommen, sondern alle, die objektiv
betrachtet im Interesse des von der Gesellschaft verfolgten Zwecks liegen können
und durch diesen nicht geradezu ausgeschlossen sind (BGE 116 II 320 ff. [323],
E. 3a; Peter Forstmoser/ Arthur Meier-Hayoz/ Peter Nobel, Schweizerisches Ak-
tienrecht, Bern 1996, § 21 Nr. 5, § 30 Nr. 82; Dieter Zobl, Probleme der organ-
schaftlichen Vertretungsmacht, ZBJV 125/1989, S. 289 ff., S. 291 f.). Die Vertre-
tungsmacht findet ihre Grenze aber nicht nur am äussersten Rand einer denkba-
ren Zweckverfolgung, sondern vor allem auch in Handlungen, die den Zweck ver-
letzen, weil sie nicht mehr der Fortführung des Geschäfts, sondern ohne ent-
8
sprechenden Beschluss der Generalversammlung erkennbar und eindeutig der
Beendigung der Geschäftstätigkeit dienen. Zweckwidrig sind zudem Handlungen,
die geeignet sind, den Gesellschaftszweck zu vereiteln (Peter Böckli, Schweizer
Aktienrecht, 3. A., Zürich 2004, § 13 Nr. 497 u. 499).
Die Vertretungsbefugnis bezeichnet den Bereich des rechtlichen Dürfens
des Vertreters (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., § 30 Nr. 82). Sie ist still-
schweigend beschränkt, wenn eine Rechtshandlung zwar nicht ausdrücklich ver-
boten ist, aber dem mutmasslichen Willen der vertretenen Gesellschaft wider-
spricht. Dem mutmasslichen Gesellschaftswillen widersprechen all jene Rechtsge-
schäfte, welche sich als interessenbzw. pflichtwidriges Vertreterhandeln erwei-
sen (Zobl, a.a.O., S. 295 f.). Interessenund pflichtwidriges Handeln liegt daher
stets ausserhalb der Organvollmacht (Rolf Watter, in: Basler Kommentar zum OR
II, Art. 530-1186 OR, 2. A., Basel 2002, N 5 zu Art. 718a OR). Gegenüber gut-
gläubigen Dritten hat eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis keine Wirkung.
Sofern ein Organ über seine interne Vertretungsbefugnis hinausgeht und dies dem
Dritten bekannt ist bzw. bekannt sein müsste sofern dieser also bösgläubig ist -,
kommt ein Vertrag aber ebenfalls nicht gültig zustande (Art. 718a Abs. 2 OR;
Böckli, a.a.O., § 13 Nr. 498; Zobl, a.a.O., S. 297 ff.).
c.
Als erstes ist nun der Aspekt der Vertretungsmacht einer näheren
Betrachtung zu unterziehen, namentlich die Frage, ob der Abschluss des Vertra-
ges vom 31. März 2004 vom Gesellschaftszweck gedeckt war.
c/aa. Die Berufungsklägerin macht geltend, die Vermietung bzw. Verpach-
tung sei ausdrücklich Bestandteil des Gesellschaftszwecks und durch diesen da-
her nicht ausgeschlossen. Vermietet worden sei denn auch nicht der Betrieb als
solcher, sondern lediglich die Räumlichkeiten. Die Gesellschaft könne somit ohne
weiteres eine Confiserie, eine Bäckerei und ein Tea-Room weiterführen, wenn
auch in anderen Räumlichkeiten.
c/bb. Nach Art. 2 der Statuten der sich mittlerweile in Liquidation befin-
denden - A. bezweckt die Gesellschaft die Führung einer Confiserie, Bäckerei und
eines Tea-Rooms. Die Gesellschaft kann alle Geschäfte eingehen und Verträge
abschliessen, die geeignet sind, den Zweck der Gesellschaft zu fördern, die
direkt indirekt damit in Zusammenhang stehen, ferner Zweigniederlassungen
im Inund Ausland errichten und sich an anderen Unternehmungen beteiligen o-
der sich mit diesen zusammenschliessen. Die Gesellschaft kann Liegenschaften
und Grundstücke erwerben, veräussern, verwalten, vermieten und überbauen.
9
c/cc. Mit Abschluss des umstrittenen Pachtvertrages vom 31. März 2004
überliess die A. die Geschäftsräumlichkeiten, in denen sie vormals selbst ihren
Confiserie-, Bäckereiund Tea-Room-Betrieb geführt hatte, der X. & Co. Confise-
rie. Es trifft zu, dass gemäss Statuten die Vermietung von Liegenschaften und
Grundstücken durch die Gesellschaft zulässig ist. Eine solche Vermietung darf
aber selbstverständlich nicht dazu führen, dass der eigentliche Gesellschafts-
zweck vereitelt wird. Genau dies war vorliegend aber der Fall, führte infolge des
Vertragsschlusses doch nicht mehr die A., sondern eine andere Gesellschaft den
Confiserie-, Bäckereiund Tea-Room-Betrieb weiter. Eine Weiterführung des Ge-
schäftsbetriebs durch die AG in anderen Räumlichkeiten stand entgegen den Aus-
führungen der Berufungsklägerin nie zur Diskussion und hätte im Übrigen auch
keinen Sinn gemacht. Der Vertragsabschluss diente in diesem Sinn nicht der Fort-
führung der Geschäftstätigkeit, sondern erkennbar und eindeutig deren Beendi-
gung, so dass der Gesellschaftszweck - nämlich die Führung einer Confiserie,
einer Bäckerei und eines Tea-Rooms wie erwähnt vereitelt wurde. Die Gesell-
schaft konnte diesen als Folge der Verpachtung der eigenen Geschäftsräumlich-
keiten gar nicht mehr wahrnehmen. Wurde aber mit dem Pachtvertrag die Ge-
schäftstätigkeit aufgegeben und dadurch die Wahrnehmung des Gesellschafts-
zwecks verunmöglicht, schloss der Letztere den Abschluss eines solchen Ver-
tragsverhältnisses geradezu aus.
c/dd. Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass eine Aktiengesell-
schaft ihren Zweck ändert. Eine Änderung des Gesellschaftszwecks verlangt aber
einen Beschluss der Generalversammlung, der mindestens zwei Drittel der vertre-
tenen Stimmen und die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte auf
sich vereinigt (Art. 704 Abs. 1 Ziff. 1 OR). In diesem Sinne hat nach der bundesge-
richtlichen Praxis auch über Verträge, die eine faktische Änderung des Gesell-
schaftszwecks mit sich bringen, die Generalversammlung der AG zu entscheiden
(BGE 100 II 384 ff.; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., § 22 Nr. 72). Die Ge-
neralversammlung kann zweckwidrige Handlungen des Verwaltungsrates auch
nachträglich noch genehmigen (Watter, a.a.O., N 2 zu Art. 718a OR).
Im vorliegenden Fall wurde das fragliche Rechtsgeschäft weder im Vorfeld
des Vertragsabschlusses noch nachträglich der Generalversammlung unterbreitet,
so dass weder von einer Ermächtigung zum Vertragsschluss noch von einer nach-
träglichen Genehmigung ausgegangen werden kann.
Die Berufungsklägerin macht geltend, es sei unbestritten, dass die A. sanie-
rungsbedürftig gewesen sei. Eine Sanierungsmassnahme, die diskutiert und ins-
10
besondere auch von den Berufungsbeklagten favorisiert worden sei, sei die Ver-
pachtung der Geschäftsräumlichkeiten gewesen. Es sei daher anzunehmen, dass
an der Generalversammlung einer Verpachtung von sämtlichen Aktionären zu-
stimmt worden wäre. Alles andere wäre als „venire contra factum proprium“ anzu-
sehen.
Diese Einwände können vorliegend nicht gehört werden. Es mag zwar
durchaus zutreffen, dass die Verpachtung der Geschäftsräumlichkeiten der A. seit
längerem als Sanierungsmassnahme zur Diskussion stand. Zu beachten ist aber,
dass zur Zeit des Vertragsabschlusses die Versteigerung der Wohnund Ge-
schäftsliegenschaft der A. kurz bevorstand. Zu diesem Zeitpunkt brachte der Ab-
schluss eines Pachtvertrags der Gesellschaft keinerlei Nutzen, sondern zeitigte im
Gegenteil sogar nachteilige Auswirkungen, war der Vertragsabschluss doch ge-
eignet, den Verwertungserlös für die Liegenschaft zu schmälern (im Einzelnen vgl.
dazu Erwägung 3d nachstehend). Unter diesen Umständen ist nicht zu erwarten,
dass das für eine Änderung des Gesellschaftswecks erforderliche Quorum in der
Generalversammlung erreicht worden wäre. In jedem Fall liegt aber kein entspre-
chender Beschluss der Generalversammlung vor, und es wird von der Berufungs-
klägerin zu Recht auch nicht geltend gemacht, dass unverzügliches Handeln drin-
gend geboten war besondere Umstände eine rechtzeitige Beschlussfassung
durch die Generalversammlung als grundsätzlich zuständiges Organ verunmög-
lichten.
c/ee. Die Berufungsklägerin bringt im Weiteren vor, selbst wenn die Ver-
mietung durch den Gesellschaftszweck nicht gedeckt sei, so führe dies nicht zu
einer Nichtigkeit des Geschäfts. Zweckwidrige Beschlüsse des Verwaltungsrats
seien vielmehr lediglich anfechtbar und nicht ungültig. Zur Anfechtung eines Ge-
schäftes, welches nicht vom Zweck gedeckt werde, seien aber lediglich die Ge-
sellschaft selbst, der Dritte, mit welchem ein Geschäft abgeschlossen worden sei,
und allenfalls Gesellschaftsgläubiger, die durch dieses Geschäft benachteiligt
werden, legitimiert. Hingegen könne der Minderheitsaktionär einen solchen Be-
schluss des Verwaltungsrates nicht anfechten. Ihm verbleibe lediglich die Möglich-
keit, gegen den Verwaltungsrat eine Verantwortlichkeitsklage im Sinne von Art.
754 OR einzureichen eine Sonderprüfung zu verlangen, allenfalls diejenige
der Abwahl des Verwaltungsrates. Alles andere liefe den Verkehrsschutzüberle-
gungen zuwider.
Dieser Argumentation kann sich das Kantonsgericht nicht anschliessen,
namentlich weil die Berufungsbeklagten nicht in ihrer Eigenschaft als Minderheits-
11
aktionäre, sondern wie die Berufungsklägerin an anderer Stelle sogar selbst
festhält als Eigentümer der mit dem Pachtverhältnis belasteten Liegenschaft
klagen. Wie bereits in Erwägung 2b festgehalten, traten die Berufungsbeklagten
mit der Ersteigerung der Liegenschaft am 12. Juli 2004 in die Stellung der A. als
Verpächterin ein; Rechte und Pflichten aus dem Pachtverhältnis gingen auf sie
über. Als Rechtsnachfolger der AG und Partei des umstrittenen Vertrages sind die
Berufungskläger nun aber ohne Weiteres legitimiert, die Nichtigkeit des Vertrages
gestützt auf die fehlende Bevollmächtigung zum Vertragsabschluss geltend zu
machen.
c/ff. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verpachtung der Ge-
schäftsräume der A. ausserhalb des Rahmens durch den Gesellschaftszweck ge-
deckter Rechtshandlungen lag, so dass dem Verwaltungsrat für den Abschluss
des Vertrages vom 31. März 2004 die erforderliche Vertretungsmacht fehlte. Eine
Genehmigung des fraglichen Vertrags durch die Generalversammlung liegt nicht
vor. Bereits aus diesem Grund ist der Vertrag vom 31. März 2004 ungültig.
d.
Der Abschluss des Vertrages vom 31. März 2004 erweist sich aber
auch als interessenund pflichtwidriges Vertreterhandeln, so dass zusätzlich vom
Fehlen der erforderlichen Vertretungsbefugnis auszugehen ist.
d/aa. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass der Ver-
waltungsrat im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses davon Kenntnis hatte, dass die
Zwangsversteigerung der Wohnund Geschäftsliegenschaft der A. unmittelbar
bevorstand. So kann beispielsweise dem Jahresbericht über das 45. Geschäfts-
jahr der A. vom Dezember 2003 (KB 11) entnommen werden, dass die H. als Hy-
pothekargläubigerin im 1. Rang die Hypothek über Fr. 840'000.-im Mai 2002 ge-
kündigt hatte und dass falls es nicht gelingen sollte, den Hypothekarkredit abzu-
lösen - die Verwertung der Liegenschaft ab Ende 2003 durchgesetzt werden soll-
te. Gemäss Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 26. Januar 2004 (KB 14)
stellte die H. Ende 2003 denn auch tatsächlich das Verwertungsbegehren. Aus
dem Schreiben von D. X., der damaligen Verwaltungsratspräsidentin, an Dr. BY.
vom 18. März 2004 (KB 15) geht sodann hervor, dass die H. eine Stillhaltekom-
mission von Fr. 5'000.-für das Zuwarten mit der Versteigerung bis zum 30. Sep-
tember 2004 verlangt hatte. Die Genannte hielt im erwähnten Schreiben indes
fest, dass sie nicht bereit sei, diese Summe zu bezahlen, so dass ihr bewusst sein
musste, dass die Verwertung der Liegenschaft bereits vor dem erwähnten Zeit-
punkt stattfinden würde. Schliesslich war es auch nach der Aussage des Zeugen
I., der sich seitens der J. mit der A. befasste, klar, dass die Liegenschaft verstei-
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gert würde. Es sei nie zur Diskussion gestanden, dass die Firma die Familie
X. in der Lage gewesen wäre, die Hypothekarverpflichtung zu reduzieren.
Stand aber fest, dass es in nächster Zeit zu einer Verwertung der Wohn-
und Geschäftsliegenschaft der A. kommen würde, so brachte der Abschluss des
Pachtvertrags am 31. März 2004 der Gesellschaft keinerlei Nutzen, wusste man
doch, dass die AG zusammen mit der Liegenschaft auch ihre Stellung als Ver-
pächterin umgehend wieder verlieren würde. Angesichts der bevorstehenden
Zwangsversteigerung führte die Verpachtung im Gegenteil sogar zu erheblichen
Nachteilen für die AG. Ein langfristiger und unkündbarer Pachtvertrag führt dazu,
dass der Eigentümer der damit belasteten Liegenschaft in der Ausübung seiner
Eigentumsrechte und den Verfügungsmöglichkeiten über die Liegenschaft stark
eingeschränkt wird. Die zusätzliche Last in Form eines längerfristigen Pachtver-
hältnisses über die Geschäftsräumlichkeiten der Liegenschaft der A. war daher im
Grundsatz zweifellos geeignet, sich negativ auf die Höhe der Angebote anlässlich
der Versteigerung auszuwirken (vgl. auch Lachat/Stoll/Brunner, a.a.O., S. 487).
Zwar steht nicht fest, welchen Preis die Liegenschaft ohne den besagten Vertrag
erzielt hätte. Es darf aber entgegen der Ansicht der Berufungsklägerin nicht allein
daraus, dass der Verkehrswert gemäss Schätzungsbericht von K. vom 19. Sep-
tember 2002 (Verfahren ZF 08 16, BB 2, S. 23) auf Fr. 1'400'000.-geschätzt wur-
de, dass anlässlich der Versteigerung indes ein Preis von Fr. 2'055'000.-erzielt
wurde, abgeleitet werden, der Abschluss des Pachtvertrages habe sich nicht ne-
gativ auf den Kaufpreis ausgewirkt. Immerhin lag die betreibungsamtliche Schät-
zung des Grundstücks gemäss Protokoll der Grundstücksteigerung vom 26. Mai
2004 (BB 3) bei Fr. 2'700'000.-- und der amtliche Verkehrswert bei Fr. 2'684'000.--
(KB 32).
d/bb. Aus den Akten lässt sich der Schluss ziehen, dass durch die fragli-
che Verpachtung in erster Linie der Weiterbestand des Confiseriebetriebs zu
Gunsten der neu gegründeten X. & Co. Confiserie gesichert werden sollte. So
geht beispielsweise aus dem Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 26. Januar
2004 (KB 14) hervor, dass eine Verwertung der Liegenschaft unumgänglich wer-
de, sofern keine Ablösung der Hypothek zu Stande komme. Ziel des Verwaltungs-
rates sei es, die Verpachtung des Betriebes so rasch als möglich zu realisieren,
um diesen selbst für den Fall erhalten zu können, dass die Liegenschaft später auf
Druck der H. versteigert werden sollte. Für den Verwaltungsrat stelle die Verpach-
tung des Betriebes an B. und C. X. eine valable Möglichkeit dar, die weitere Exis-
tenz der Marke „Confiserie X.“ zu sichern. Auch dem Jahresbericht zur Jahres-
rechnung 2003/2004 vom 22. September 2004 (KB 12) kann entnommen werden,
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dass mit der X. und Co. Confiserie ein Pachtvertrag über fünf Jahre abgeschlos-
sen und im Grundbuch eingetragen worden war, damit C. und B. X. den Betrieb
auch bei einer Versteigerung weiterführen können.
Die Verpachtung war unter diesen Umständen nicht auf die Sanierung der
AG auf das Abwenden der Verwertung der Gesellschaftsliegenschaft ausge-
richtet, sondern auf die Kontinuität des Geschäftsbetriebes trotz Verwertung. Da-
mit wurden aber nicht die Interessen der A. verfolgt hatte diese in der konkreten
Situation doch insbesondere noch das Interesse an einem möglichst hohen Ver-
wertungserlös für ihre Liegenschaft -, sondern einzig jene der Familie X.. D. X.
und E. X. befanden sich beim fraglichen Geschäft mit Familienmitgliedern bei B.
und C. X., den Gesellschafterinnen der X. & Co. Confiserie, handelt es sich um die
Töchter von D. X. bzw. um die Schwestern von C. X. fraglos in einem gravieren-
den Interessenkonflikt, so dass sie gestützt auf die Sorgfaltsund Treuepflicht des
Art. 717 OR überdies verpflichtet gewesen wären, in Ausstand zu treten (vgl.
Böckli, a.a.O., § 13 Nr. 643).
d/cc. Nicht zuletzt lag die Verpachtung aber auch deshalb nicht im Interes-
se der A., weil der Vertrag zu vorteilhaften Konditionen für die Pächterin geschlos-
sen wurde. So wurde unter anderem ein Pachtzins von 5.5 % des Nettoumsatzes
vereinbart. Gemäss Gutachten des beigezogenen Experten L. vom 5. April 2006
sowie gemäss dessen Schreiben vom 21. August 2006 wurde der Zins dadurch
klar zu tief angesetzt und steht in keiner Verhältnismässigkeit zum realen Markt.
Der durchschnittliche Zins in vergleichbaren Betrieben liegt nach Aussage des
Gutachters bei 6.45 %. Hinzu kommt, dass bezüglich des Inventars weder eine
Verzinsung noch eine käufliche Übernahme vereinbart wurde, dass dessen Nut-
zung folglich im Pachtzins enthalten war. Gemäss Experte ist die Miete des Inven-
tars im erwähnten Durchschnittswert aber noch nicht enthalten, sondern wird
durch den Mieter im Regelfall extra übernommen. Das Inventar müsste daher zu-
sätzlich zum Pachtzins mit 8 % verzinst werden. Es erscheint fraglich, ob der Ver-
waltungsrat unter diesen Umständen die Höhe eines angemessenen Pachtzinses
sorgfältig genug abgeklärt hat.
Für das Kantonsgericht besteht kein Anlass, an den Feststellungen des
Gutachters L. zu zweifeln. Seine Schlüsse erscheinen aussagekräftiger als jene im
Schätzungsbericht von K.. Der Genannte erachtete den vereinbarten Zins von 5.5
% zwar als angemessen, befasste sich aber nur am Rande mit der Höhe des
Pachtzinses. Die Frage der Verzinsung des Inventars wurde gar nicht thematisiert.
Ferner lässt sich dem Gutachten K. nicht entnehmen, auf welche Grundlagen sich
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die Einschätzung stützt. Dagegen geht aus der Expertise L. hervor, dass der Gut-
achter seine Zahlen aufgrund einer Analyse einer Vielzahl von Bäckerei-, Kondito-
reiund Confiserie-Betrieben errechnete und sich explizit auch auf Saisonbetriebe
bezog, die in der Struktur sowie vom Umsatz her mit der Confiserie X. vergleich-
bar sind. Aus dem letzteren Grund ist seine Expertise im Übrigen denn auch aus-
sagekräftiger als die von der Berufungsklägerin ins Recht gelegten Gewerbestatis-
tiken.
d/dd. Mit dem Abschluss des Pachtvertrages wenige Wochen vor der
Zwangsversteigerung des Grundstücks und zu den für die Berufungsklägerin vor-
teilhaften Konditionen handelte der Verwaltungsrat aufgrund des Gesagten entge-
gen den Interessen der A. und verletzte seine Sorgfaltsund Treuepflicht nach Art.
717 Abs. 1 OR. Das interessenund pflichtwidrige Handeln widersprach dem
mutmasslichen Willen der Gesellschaft, so dass dem Verwaltungsrat folglich die
Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft fehlte.
Dass die X. & Co. Confiserie bzw. deren Vertreterinnen gutgläubig vom Be-
stehen der Vertretungsbefugnis des Verwaltungsrates zum Abschluss des fragli-
chen Vertrages ausgingen, wird von der Berufungsklägerin im vorliegenden Ver-
fahren zu Recht nicht geltend gemacht. Es kann diesbezüglich auf die zutreffen-
den Ausführungen in Erwägung 4cd des angefochtenen Urteils verwiesen werden
(Art. 229 Abs. 3 ZPO).
e/aa. Die Berufungsklägerin bringt schliesslich vor, die Berufungsbeklagten
hätten bei der Ersteigerung des Wohnund Geschäftshauses X. am 12. Juli 2004
den Pachtvertrag ausdrücklich mitübernommen. Zudem sei dieser im Grundbuch
vorgemerkt gewesen. Es stelle sich daher die Frage, ob die Berufungsbeklagten
den Vertrag mit Stillschweigen genehmigt hätten. Zumindest hätten sie gegenüber
der Gesellschaft bereits zu einem früheren Zeitpunkt geltend machen müssen,
den Pachtvertrag mit der X. & Co. Confiserie anfechten zu wollen.
e/bb. Auch diese Einwände der Berufungsklägerin verfangen nicht. Die
Gültigkeit des Pachtvertrages wurde von den Berufungsbeklagten von Anfang an
bestritten. Rechtsanwalt Z. orientierte den Rechtsvertreter der Berufungsbeklagten
mit Schreiben vom 15. April 2004 (KB 20) über den Vertragsabschluss mit der X.
& Co. Confiserie. Bereits in ihrem Antwortschreiben vom 6. Mai 2004 (KB 21) -
also noch vor der Ersteigerung der Liegenschaft liessen die Berufungsbeklagten
geltend machen, mit der Vermietung des Geschäftsbetriebes werde der bisherige
Zweck der A. verunmöglicht und es liege eine Interessenkollision vor, so dass die
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Generalversammlung der Verpachtung hätte zustimmen müssen. Mit Schreiben
vom 1. Juli 2004 (KB 23) wurde die Gesetzeswidrigkeit der Verpachtung von den
Berufungsbeklagten erneut geltend gemacht. Unter diesen Umständen kann nicht
von einer stillschweigenden Genehmigung des fraglichen Vertrags ausgegangen
werden.
Daran ändert im Übrigen auch die Tatsache nichts, dass die Berufungsbe-
klagten den Vertrag am 14. September 2004 kündigten. In dieser Kündigung liegt
unter den gegebenen Umständen weder eine stillschweigende Genehmigung des
Vertrages noch ein Verzicht auf das Recht, die Gültigkeit des Vertrages grundsätz-
lich in Frage zu stellen. Die Nichtigkeit eines Vertrages kann denn auch jederzeit
geltend gemacht werden.
4.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die A. durch den vom Ver-
waltungsrat ausserhalb des Geschäftszwecks sowie interessenund pflichtwidrig
geschlossenen Vertrag vom 31. März 2004 rechtlich nicht gebunden wurde. Der
Pachtvertrag ist mangels Vertretungswirkung als ungültig bzw. nichtig zu qualifizie-
ren.
Unter diesen Umständen hat das Bezirksgericht Plessur die Klage der X. &
Co. Confiserie zu Recht abgewiesen. Entsprechend besteht auch kein Anlass, die
im angefochtenen Urteil getroffene Kostenregelung abzuändern. Die Berufung ist
somit vollumfänglich abzuweisen.
5a.
Nach Art. 223 ZPO in Verbindung mit Art. 122 ZPO wird der in einem
zivilrechtlichen Berufungsverfahren unterliegende Teil in der Regel zur
Übernahme sämtlicher Kosten des Verfahrens verpflichtet. Die unterliegende Par-
tei wird zudem in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei alle ihr durch den
Rechtsstreit verursachten, notwendigen Kosten zu ersetzen.
b.
Da die Berufung der X. & Co. Confiserie vollumfänglich abzuweisen
ist, wird jene kostenpflichtig. Sie hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tra-
gen und überdies die Berufungsbeklagten ausseramtlich zu entschädigen. Hierbei
erscheint eine Entschädigung von Fr. 4'000.-inkl. MwSt. und Spesen als ange-
messen.
16
Demnach erkennt die Zivilkammer :
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 9'272.-- (Gerichtsgebühr Fr.
9'000.--, Schreibgebühren Fr. 272.--) gehen zu Lasten der Berufungskläge-
rin, die zudem die Berufungsbeklagten ausseramtlich mit insgesamt Fr.
4'000.-inkl. MwSt. zu entschädigen hat.
3.
Gegen diese, einen Streitwert von mindestens 30'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 1 lit. b des Bundesge-
richtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische
Bundesgericht geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, in-
nert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entschei-
dung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen.
Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Vorausset-
zungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und
90 ff. BGG.
4. Mitteilung
an:
__
Für die Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin ad hoc:
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