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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZF-04-67: Kantonsgericht Graubünden

Der Gesuchsteller wurde mit einem Strafbefehl wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs schuldig gesprochen und bestraft. Er reichte ein Revisionsgesuch ein, da Entscheidungen anderer Mitbeteiligter nicht berücksichtigt wurden und ein Widerspruch vorliegt. Das Berufungsgericht entschied zugunsten des Gesuchstellers und hob den Strafbefehl auf, da die Privatklägerin ihren Strafantrag zurückzog. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen, und dem Gesuchsteller wird eine Entschädigung von 750 CHF zugesprochen. Der Präsident des Obergerichts des Kantons Zürich, lic. iur. P. Marti, entschied über den Fall.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZF-04-67

Kanton:GR
Fallnummer:ZF-04-67
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZF-04-67 vom 30.11.2004 (GR)
Datum:30.11.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung (Alleinvertriebsvertrag/anwendbares Recht)
Schlagwörter : Recht; Berufung; Beweis; Parteien; Rechtswahl; Vertrag; Berufungsklägerin; Y-Technic; Preis; Beklagten; Gericht; Rechnung; Preisliste; Urteil; Preislisten; Forderung; Bezirksgericht; Beweismittel; Berufungsbeklagte; Widerklage; Verfahren; Zeuge; Alleinvertrieb; Sportimport; Schweiz; Klage; /Davos
Rechtsnorm:Art. 112 ZPO ;Art. 116 IPRG ;Art. 117 IPRG ;Art. 122 ZPO ;Art. 165 ZPO ;Art. 168 ZPO ;Art. 198 ZPO ;Art. 201 ZPO ;Art. 202 ZPO ;Art. 226 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 279 ZPO ;Art. 418u OR ;Art. 93 ZPO ;
Referenz BGE:100 II 450; 119 II 173; 124 III 188;
Kommentar:
Brunner, Gasser, Schwander, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich, Art. 261 ZPO, 2011

Entscheid des Kantongerichts ZF-04-67

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 30. November 2004
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 04 67
Urteil
Zivilkammer
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen Heinz-Bommer,
Lazzarini, Rehli und Sutter-Ambühl
Aktuar Conrad
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
der X . & C o . S p o r t i m p o r t , Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten
durch Rechtsanwältin lic. iur. Andrea Schmid Kistler, Promenade 132 A, 7260 Zc.
Dorf,

gegen

das Urteil des Bezirksgerichts Prättigau/Davos vom 03. Juni 2004, mitgeteilt am
22. Juli 2004, in Sachen Y . - T e c h n i c G m b H , Klägerin und Berufungsbeklag-
te, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. et oec. HSG Wolfgang A. Wunderlich,
Obere Gasse 41, 7002 Chur, gegen die Beklagte und Berufungsklägerin,
betreffend Forderung (Alleinvertriebsvertrag/anwendbares Recht),
hat sich ergeben:



2


A.
Die Y.-Technic GmbH (im Folgenden Y.-Technic), Za., vormals Y. K.
& T. GmbH, produziert und vertreibt Produkte und Geräte für den Wintersport-
Fachhandel, insbesondere Maschinen, Geräte und Werkzeuge (Stanzmaschinen,
Kantenschleifmaschinen, Poliermaschinen, Belagabzugsmaschinen, Aufschweis-
sgeräte, Skiwachsbügeleisen etc.) sowie die dazu benötigten Verbrauchsmateria-
lien (Beläge, Belaggranulat, Schleifbänder, Wachse etc.) zur Pflege und Wartung
von Schneesportgeräten wie namentlich Skis und Snowboards. Die Kommandit-
gesellschaft X. & Co. Sportimport (im Folgenden X. & Co.), Zc., betreibt ihrerseits
Sportartikelimport als Grossistin. Sie pflegt die vorgenannten Schneesportgeräte
und kauft die dazu benötigten Maschinen vorallem zum Wiederverkauf im Fach-
handel.
Seit den 70er-Jahren kaufte die X. & Co. regelmässig bei der Y.-Technic
ein. Gemäss einer ab 1. März 1994 für die Schweiz und das Fürstentum Liechten-
stein gültigen Verkaufspreisliste handelte die X. & Co. darüberhinaus in diesem
Gebiet als Generalvertretung der Y.-Technic. Mit Chargé vom 17. Juni 1996 und
24. August 1996 teilte die Y.-Technic der X. & Co. mit, auf Grund der bekannten
und aus dem Schriftverkehr zwischen den Firmen hervorgehenden Gründe werde
die Zusammenarbeit mit der X. & Co. als Vertragshändlerin auf den 30. Septem-
ber 1996 gekündigt. Ab dem 1. Oktober 1996 werde die Firma H., Hf., die Y.-
Produkte mit Alleinverkaufsrecht für die Schweiz und das Fürstentum Liechten-
stein vertreiben. Die Y.-Technic erklärte sich bereit, die bei der X. & Co. vorhan-
dene, neuwertige Lagerware zurückzunehmen sowie die allfällig berechtigten und
Y.-Produkte betreffenden Garantieansprüche zu übernehmen, welche von Kunden
gegenüber der X. & Co. erhoben würden.
Aus mehreren Warenlieferungen resultierten Forderungen im Zeitraum von
August 1994 bis April 1997 von insgesamt DM 37'535.75. Unter diesem Titel setz-
te die Y.-Technic am 12. Januar 2001 eine Forderung Fr. 30'591.65, Verzugs-
schaden von Fr. 1'864.— nebst 5% Zinsen und den Zahlungsbefehlskosten gegen
die X. & Co. in Betreibung. Gegen den am 17. Januar 2001 zugestellten Zah-
lungsbefehl erhob die Betriebene gleichentags Rechtsvorschlag.
B.
Am 26. Oktober 2001 instanzierte die Y.-Technic die vorliegende
Streitsache beim Vermittleramt des Kreises Zc.. Nach erfolglos verlaufener Sühn-
verhandlung vom 5. Dezember 2001 wurde am 1. Oktober 2002 der Leitschein mit
folgenden Rechtsbegehren ausgestellt:



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"Rechtsbegehren der Klägerin:
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin Fr. 30'591.65, zuzüglich Zins zu
5% seit 26.07.1996 zu bezahlen.

2. Unter voller Kostenund Entschädigungsfolge, zuzüglich 7,6% MWST, zulas-
ten der Beklagten.

Rechtsbegehren der Beklagten:
Es sei die Klage vollumfänglich abzuweisen. Alles unter Kostenund Entschädi-
gungsfolgen zulasten der Klägerin.

Widerklage der Beklagten:
Es sei die Klägerin und Widerklagebeklagte zu verpflichten, der Beklagten und Wi-
derklägerin CHF 500'000.— zu bezahlen. Alles unter Kostenund Entschädigungs-
folgen zulasten der Klägerin und Widerklagebeklagten. "

C.
Mit Prozesseingabe vom 30. Oktober 2002 erhob die Y.-Technic mit
unveränderten Rechtsbegehren gemäss Leitschein Klage beim Bezirksgericht
Prättigau/Davos.
Mit Prozessantwort vom 11. Dezember 2002 stellte die X. & Co. das Begeh-
ren, es sei auf die Klage mangels örtlicher Zuständigkeit nicht einzutreten, ver-
bunden mit den Verfahrensanträgen, es sei das Verfahren einstweilen auf die Fra-
ge der Zuständigkeit zu beschränken. Eventualiter sei der Beklagten für den Fall,
dass das Gericht auf die Klage eintrete, die Möglichkeit zu gewähren, sich materi-
ell zur Klage zu äussern.
Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem Teilurteil im Verfahren nach
Art. 93 ZPO vom 13. Februar 2003 bejahte das Bezirksgericht Prättigau/Davos
seine örtliche Zuständigkeit.
In der Folge liess die X. & Co. mit Prozessantwort vom 5. Mai 2003 in der
Hauptsache die vollumfängliche Klageabweisung beantragen, unter Kostenund
Entschädigungsfolge zu Lasten der Klägerin. Die vor dem Vermittler erhobene
Widerklage liess die X. & Co. hingegen fallen.
D.
Mit Urteil vom 3. Juni 2004 erkannte das Bezirksgericht Prät-
tigau/Davos in der Hauptsache wie folgt:
"1. Die Klage der Y.-Technic GmbH gegen die X. & Co. Sportimport wird gutge-
heissen und die X. & Co. Sportimport wird verpflichtet, der Y.-Technic GmbH
Fr. 30'591.65, zuzüglich 5% Zins seit 26. Juli 1996, zu bezahlen.




4


2. Die Widerklage der X. & Co. Sportimport gegen die Y.-Technic GmbH wird
abgeschrieben und vom Geschäftsverzeichnis des Bezirksgerichts Prät-
tigau/Davos gestrichen.

3.
Die Kosten des Kreispräsidenten Zc. in Höhe von Fr. 200.00 sowie die Kosten
des Bezirksgerichts Prättigau/Davos, bestehend aus einer Gerichtsgebühr
von Fr. 2'200.00, Schreibgebühren von Fr. 800.00, insgesamt somit von Fr.
3'000.00, gehen zulasten der X. & Co. Sportimport und werden mit dem von
ihr erlegten Kostenvorschuss verrechnet.

4. Die X. & Co. Sportimport hat die Y.-Technic GmbH ausseramtlich pauschal
mit Fr. 4'500.00 (inkl. Spesen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
( Rechtsmittelbelehrung, Mitteilung)."
E.1. Gegen das am 22. Juli 2004 mitgeteilte Urteil liess die unterlegene
Beklagte mit Schriftsatz vom 03. September 2004 an das Bezirksgericht Prät-
tigau/Davos die Berufung zu Handen des Kantonsgerichts einlegen, mit den An-
trägen:
"1. Das Urteil des Bezirksgerichts Prättigau/Davos vom 3. Juni 2004, mitgeteilt
am 22. Juli 2004, i.S. Y.-Technic GmbH vs. X. & Co. Sportimport betreffend
Forderung (Prozessnr.: 110-2002-12) sei in den Ziffern 1, 3 und 4 aufzuhe-
ben.

2. Das vorinstanzliche Urteil sei in den aufgehobenen Ziffern wie folgt abzuän-
dern:

a) Die Klage der Y.-Technic GmbH gegen die X. & Co. Sportimport sei vollum-
fänglich abzuweisen.


b) Unter gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund Entschädigungsfol-
ge zu Lasten der Y.-Technic GmbH, die die Beklagte ausseramtlich gemäss
richterlichem Ermessen zu entschädigen hat.

3. Es wird der in der Vorinstanz rechtzeitig angemeldete Beweisantrag auf Be-
weisaussage des A. X. erneut erhoben.
4. Es seien die Originale der Beweismittel der Berufungsbeklagten KB 3 - KB 15
aus Händen der Berufungsbeklagten eventualiter aus Händen der Berufungs-
klägerin zur Edition zu verlangen.

5. Unter gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund Entschädigungsfolge
zzgl. 7.6% MWST zu Lasten der Berufungsbeklagten."
2.
An der Hauptverhandlung vom 30. November 2004 vor der Zivil-
kammer des Kantonsgerichts waren seitens der Beklagten und Berufungsklägerin
A. X., unbeschränkt haftender Gesellschafter der X. & Co., und Rechtsanwältin lic.
iur. Andrea Schmid Kistler, sowie für die Klägerin und Berufungsbeklagte Rechts-
anwalt lic. iur. Wolfgang A. Wunderlich anwesend.
Die Rechtsvertreterin der X. & Co. bestätigte und begründete die Anträge
gemäss ihrer schriftlichen Berufungserklärung vom 3. September 2004.



5


Der Rechtsvertreter der Y.-Technic beantragte die Abweisung der Berufung
unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Berufungsklägerin.
Mit Replik und Duplik hielten die Rechtsvertreter der Parteien an ihren Be-
rufungsanträgen fest.
Die schriftlichen Zusammenfassungen der mündlichen Vorträge beider
Rechtsvertreter wurden gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. b OG zu den Akten genommen.
Auf die Begründungen der Berufungsanträge, die Erwägungen im ange-
fochtenen Urteil sowie auf das vorinstanzliche Beweisergebnis ist, soweit sach-
dienlich und notwendig, in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
Die Zivilkammer zieht in Erwägung :
1.
Mit einem Streitbetrag von Fr. 30'591.65 ist die Sache berufungsfähig
(Art. 19 Ziff. 1, 22, 218 Abs. 1 ZPO). Auf die im Übrigen innert Frist bei der zu-
ständigen Instanz und formgerecht eingelegte, die ausformulierten Anträge auf
Abänderung des angefochtenen Urteils enthaltende Berufung ist daher einzutre-
ten.
2.a.
Gemäss Art. 226 ZPO können die Parteien verlangen, dass Beweis-
mittel, welche vor erster Instanz fristgemäss angemeldet, aber nicht abgenommen
worden sind, erhoben werden, sofern sie für die Beurteilung der Streitfrage von
wesentlicher Bedeutung sein können (Abs. 1). Ferner kann das Kantonsgericht
von sich aus Sachverständigengutachten einholen, Augenscheine durchführen
und die Parteien zur Beweisaussage zulassen (Abs. 2).
aa.
Die Berufungsklägerin erneuert den mit Prozessantwort im erstin-
stanzlichen Verfahren erhobenen Beweisantrag, ihren Geschäftsführer und unbe-
schränkt haftenden Gesellschafter A. X. zur Beweisaussage zuzulassen. Unter
Hinweis auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Urteil (act. 02.1, E. 5
S. 9 f.; Art. 229 Abs. 3 ZPO) ist dieser Beweisantrag abzuweisen. Die Beweisaus-
sage ist ein subsidiäres Beweismittel, das namentlich bei Beweisnotstand zur An-
wendung gelangt (Art. 201 ZPO; PKG 1988 Nr. 15). Das Gebot der Gleichbehand-
lung im Verfahren bemüht die Berufungsklägerin ohne Veranlassung. Wie die kla-
gende GmbH ihren ehemaligen Geschäftsführer K., hätte die beklagte Komman-
ditgesellschaft ihren unbeschränkt haftenden Gesellschafter A. X. im vorinstanzli-



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chen Verfahren rechtzeitig als Zeuge benennen allenfalls vorab zur persönli-
chen Befragung offerieren können, hat es aber unterlassen. Dem Nachholen einer
verpassten Zeugenaussage einer persönlichen Befragung auf dem Umweg
über die Beweisaussage ist keine Folge zu geben. Unter den Vorschriften über die
Beweisaussage von Hauptund Nebenparteien bestimmt Art. 202 Abs. 2 ZPO,
dass bei juristischen Personen, gesetzlich umschriebenen Personengemeinschaf-
ten Konkursmassen, der Richter bestimmt, wer für sie zu befragen ist. Ob
gestützt darauf die Auffassung der Berufungsklägerin, Sprecher sei als Komple-
mentär parteiidentisch mit der beklagten Gesellschaft zu betrachten und daher von
der Zeugenbefragung ausgeschlossen, zutrifft, kann offen bleiben. Es ist darauf
hinzuweisen, dass sämtliche Zeugenablehnungsgründe abgeschafft sind und die
Mitgliedschaft in Körperschaften des öffentlichen und privaten Rechts auch keinen
Zeugnisunfähigkeitsoder -ausschlussgrund nach sich zieht (Art. 198 aZPO; Art.
173 ZPO). Ist eine juristische Person Partei, können deren Mitglieder und Organe
als Zeugen einvernommen werden (PKG 1989 Nr. 15); dies gilt auch bei wirt-
schaftlicher Beherrschung der Gesellschaft durch die zu befragenden Mitglie-
der/Organe, namentlich für den Alleinaktionär (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar
zur zürcherischen ZPO, 3. A. Zürich 1997, N 7 zu § 157). Der Rest, das heisst die
Bewertung derartiger Aussagen unter Berücksichtigung möglicher Zeugeneigenin-
teressen und der Abhängigkeitsverhältnisse ist eine Frage sorgfältiger Beweis-
würdigung, welche ausnahmsweise bis zur richterlichen Ablehnung der Verneh-
mung in antizipierter Beweiswürdigung gehen kann (Frank/Sträuli/Messmer,
a.a.O., N 7 zu § 157). Die Kommanditgesellschaft ist zwar keine juristische Person
(Körperschaft) aber als Rechtsgemeinschaft parteiund prozessfähig. Ginge man
in Auslegung von Art. 202 Abs. 2 ZPO und in Analogie zum zürcherischen Pro-
zessrecht "wegen der materiellrechtlichen Struktur der Kollektivund Kommandit-
gesellschaften" davon aus, dass in ihrem Fall die unbeschränkt haftenden Gesell-
schafter nicht als Zeugen einvernommen werden dürfen, sondern als Partei per-
sönlich zu befragen sind (vgl. § 151 Abs. 2 ZPO ZH), wäre für die Anordnung der
Beweisaussage auf jeden Fall erforderlich, dass die einfache persönliche Befra-
gung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters vorangegangen sein muss, da
Letzteres unerlässlich ist für die Handhabung des richterlichen Ermessens bei der
Prüfung der Frage, ob hinreichend Gründe für seine Zulassung zur Beweisaussa-
ge als ultima ratio-Beweismittel gegeben sind (vgl. Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O.,
N 4 zu § 151, N 2 zu § 150; ebenso § 267/268 ZPO AG, Art. 279 ZPO BE). Dies
muss jedenfalls in einem System gelten, in welchem sowohl die formfreie richterli-
che Parteibefragung (sei es bloss als Instrument zur Klärung von Parteivorbringen
als Beweismittel) als auch die (formgebundene) Beweisaussage der Partei



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als Beweismittel kennt. Aus Art. 201 Abs. 1 ZPO folgt denn auch, dass die Be-
weisaussage allenfalls erst nach dem Ergebnis der formfreien Befragung gemäss
Art. 112 ZPO, welche kein eigentliches Beweismittel darstellt, sondern vorab der
Erhellung unklarer und unvollständiger Parteivorbringen dient, angeordnet werden
kann. Ist die formfreie Befragung unterblieben, erscheint die Zulassung X. zur Be-
weisaussage auch aus diesem Grund als ausgeschlossen.
bb.
Der Antrag auf Zulassung X. zur Beweisaussage ist schliesslich auch
deshalb abzulehnen, weil er in der Prozessantwort und im Berufungsverfahren zu
völlig verschiedenen Beweisthemen gestellt wurde. Zuerst sollte A. X. nur über
Fragen zur Inverzugsetzung und zum Bestand von Gegenforderungen infolge Be-
endigung der Geschäftsbeziehungen und deren Verrechnung aussagen (act.
02.2.II.5, Ziff. 5 S. 4 f., S. 7), im Berufungsverfahren dagegen neu und aus-
schliesslich zur Frage, ob bei den Parteien ein Rechtswahlwille vorlag bezie-
hungsweise ob sie eine Rechtswahl getroffen hatten (act. 04.2, S. 5 f.). Der Be-
weisantrag erscheint zumindest in seiner nunmehrigen Kombination von Beweis-
mittel (Beweisaussage A. X.) und Beweisthema (Rechtswahl) als verspätet. Ande-
rerseits ist sachlich, das heisst vom bislang vorliegenden Beweisergebnis her be-
trachtet, für die Rechtsmittelinstanz keine Veranlassung gegeben, die Beweisaus-
sage im Sinne von Art. 226 Abs. 2 ZPO aus eigenem Antrieb anzuordnen. Unter
dem Aspekt des offensichtlichen Wechsels des Beweisthemas mutet es im Übri-
gen seltsam an, wenn sich die Berufungsklägerin auf die Waffengleichheit im Be-
weisverfahren beruft, wäre doch bei nachträglicher Zulassung von A. X. zur Be-
weisaussage zum Thema, ob und welche Rechtswahl die Parteien getroffen ha-
ben, der Beklagten die Möglichkeit genommen, ihre Geschäftsführer zum nämli-
chen Thema als Zeugen befragen zu lassen.
b.aa. Zum Beweis ihrer Forderung hat die Klägerin Fotokopien von insge-
samt 13 der Beklagten gestellten Rechnungen ins Recht gelegt (act. 02.2.III.3-15).
Die Klägerin hat im Berufungsverfahren beantragt, dass die Berufungsbeklagte die
Originale der Rechnungen zu edieren habe. Sie macht geltend, für die Frage, ob
die Parteien eine Rechtswahl zu Gunsten deutschen Rechts getroffen hätten, sei
wichtig, ob die Rechnungen der Klägerin einen Hinweis auf deren Allgemeine Ge-
schäftsbedingungen (AGB) enthielten, und argwöhnt, die Klägerin habe diesen
Hinweis vor der Anfertigung der von ihr eingereichten Rechnungskopien abge-
deckt. Gemäss Art. 165 ZPO sind Beweisurkunden im Original in Kopie ein-
zureichen. Die Gegenpartei kann während des Schriftenwechsels, der Gerichts-
präsident jederzeit die Vorlage des Originals einer amtlich beglaubigten Ko-



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pie verlangen. Mit ihrem erstmaligen Antrag auf Vorlegung der Rechnungsorigina-
le anlässlich der Berufungserklärung ist die X. & Co. folglich verspätet. Es mangelt
daher bereits an einem fristgemäss angemeldeten Beweismittel im Sinne von Art.
226 ZPO.
bb.
Sodann kann auch in antizipierter Beweiswürdigung auf den Beizug
der Originalrechnungen verzichtet werden. Wie zu zeigen sein wird, erweist sich
der Umstand, ob besagter Hinweis auf den Rechnungen der Klägerin auf die AGB
in ihren Preislisten abgedruckt ist, für die Rechtswahlfrage als nicht ausschlagge-
bend, da in Übereinstimmung mit der Vorinstanz das Ungenügen für die Annahme
einer Rechtswahl bereits in den AGB selbst wie auch anderswo (fehlendes
Rechtswahlbewusstsein) liegt.
cc.
Schliesslich gilt zu bedenken, dass das Original einer Rechnung sich
naturund erfahrungsgemäss beim Rechnungsempfänger, im vorliegenden Fall
also bei der Berufungsklägerin, befindet, wohingegen der Rechnungssteller in der
Regel bloss einen Durchschlag eine Kopie davon aufbewahrt. Dass dies vor-
liegend anders sein soll und/oder ein Beweisnotstand zu ihren Ungunsten herr-
sche, weil die Originale bei ihr nicht mehr vorhanden seien, macht die Berufungs-
klägerin nicht geltend. Im Gegenteil beantragt sie eventualiter die Edition der Ori-
ginalrechnungen aus ihren eigenen Händen. In tatsächlicher Hinsicht ist somit, wie
bereits erwogen und von der Berufungsbeklagten behauptet, davon auszugehen,
dass sich die Originalrechnungen tatsächlich bei der Beklagten befinden, ansons-
ten ihr Eventualantrag widersinnig wäre. Zur Editionspflicht hält Art. 168 ZPO fer-
ner fest, dass Urkunden, die geeignet sind, über den Streitgegenstand Aufschluss
zu geben, der Beweisführer sowohl aus dem Besitz des Beweisgegners als auch
aus dem Besitz von Dritten zur Vorlage an das Gericht herausverlangen kann. Die
Edition (=Herausgabe) von Beweismitteln mittels richterlichem Befehl beschränkt
sich demnach qua definitionem auf solche Beweisstücke, die sich in fremden
Händen befinden. Einen Antrag auf Edition aus eigenen Händen gibt es nicht.
Statt deren "Edition" zu verlangen, hat jene Prozesspartei, welche Beweismittel in
eigenen Händen zum Prozessstoff machen will, sie ohne Umschweife und innert
Frist dem Gericht einzureichen (PKG 1988 Nr. 5, E. 2b).
3.
Materiellrechtlich ist vorab strittig, nach welchem Recht die vertragli-
chen Beziehungen zwischen den Parteien zu beurteilen sind. Die Berufungskläge-
rin hat in der Vorinstanz die Abweisung des klägerischen Begehrens mit der An-
wendung von Verjährungsvorschriften nach deutschem Recht begründet und hält



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mit Berufung daran fest. Das Bezirksgericht habe mit der Anwendung schweizeri-
schen statt deutschen materiellen Rechts ihr eigenes Kollisionsrecht falsch ange-
wendet und damit Bundesrecht verletzt.
Nach allseits übereinstimmender und zutreffender Ansicht ist die Frage des
anwendbaren materiellen Rechts nach schweizerischem Kollisionsrecht und damit
nach dem IPRG zu lösen.
a.
Nach Auffassung der Berufungsklägerin ist subjektiv im Sinne von
Art. 116 IPRG an eine von den Parteien getroffene Rechtswahl zu Gunsten deut-
schen Rechts anzuknüpfen. Gemäss Art. 116 IPRG 1 untersteht der Vertrag dem
von den Parteien gewählten Recht (Abs. 1). Die Rechtswahl muss ausdrücklich
sein sich eindeutig aus dem Vertrag aus den Umständen ergeben. Im
Übrigen untersteht sie dem gewählten Recht (Abs. 2). Für das Bestehen einer sol-
chen Rechtswahl führt die Beklagte die Umstände ins Feld, dass für die Ge-
schäftsbeziehungen zwischen den Parteien die AGB der Klägerin gegolten hätten
und dass sich gemäss diesen AGB der Erfüllungsort und der Gerichtsstand in
Deutschland befänden, ebenso der Vertragsabschlussort. Ausserdem enthielten
die in deutscher Sprache abgefassten AGB Klauseln, welche für die deutsche
Rechtsordnung typisch seien und Verweisungen auf deutsche Paragraphen. Die
Preise seien in DM angegeben. Schliesslich deute auch das Schweigen der Klä-
gerin zur Frage der Rechtswahl während des Prozesses auf eine Rechtswahl hin.
aa.
Die Berufungsklägerin weist darauf hin, dass die Klägerin auf einen
zweiten Schriftenwechsel verzichtet habe und somit sämtliche Behauptungen der
Berufsklägerin unbestritten seien. Aus deren Prozessverhalten gehe somit hervor,
dass sie insbesondere nicht den gemeinsamen Rechtswahlwillen bestritten habe
und damit auch nicht die Anwendung deutschen Rechts, die in der Prozessantwort
vom 5. Mai 2003 geltend gemacht worden sei. Die Berufungsklägerin verwechselt
Tatund Rechtsfrage. Ob es ins Bewusstsein der Parteien gedrungen ist, dass sie
mit der angeblichen Vereinbarung der AGB eine Rechtswahl trafen, ist Tatfrage;
ob die beweismässig erstellten und einschlägigen Elemente für die Annahme einer
stillschweigenden Rechtswahl ausreichen, ist Rechtsfrage. Es war die Beklagte,
die im vorinstanzlichen Schriftenwechsel nirgends behauptet hat, die Parteien hät-
ten im Bewusstsein gehandelt, eine Rechtswahl zu treffen (act. 02.2.II.5, S. 6 f.).
Insofern gab es für die Klägerin auch keine Tatsache zu bestreiten. Rechtzeitig
bestritten hat die Klägerin indessen zumindest konkludent die Rechtswahl respek-
tive die Anwendung deutschen Rechts an der Hauptverhandlung vor dem Bezirks-



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gericht, denn dabei handelt es sich um Rechtsanwendung. Von einer gemeinsa-
men Berufung der Parteien im Prozess (IPRG-Amstutz/Vogt/Wang, N 43 zu Art.
116) auf deutsches Recht kann nicht ansatzweise die Rede sein. Allenfalls liegt
ein davon abweichendes Indiz für schweizerisches Recht vor, nachdem die Be-
klagte ursprünglich Widerklage erhoben hat.
bb.
Die erstmals in der Berufung geäusserte Ansicht, der Abschlussort
des Vertrages befinde sich ebenfalls in Deutschland ist freie Erfindung. Dafür er-
geben sich aus den Akten keinerlei Hinweise.
cc.
Bei der Rechtswahl handelt es sich um einen Vertrag. Die Vereinba-
rung, mit der die Parteien das für ihren Vertrag massgebliche Recht bestimmen,
ist weder ein materiellrechtlicher Vertrag, der ihre gegenseitigen Rechte und
Pflichten regelt, noch ein prozessrechtlicher Vertrag, selbst wenn sie im Laufe ei-
nes Prozesses getroffen wird; Sinn und Zweck der Rechtswahl ist vielmehr nur die
Schaffung eines rechtlichen Rahmens für einen zwischen den Parteien bestehen-
den materiellen Vertrag durch Bezeichnung der auf ihn anwendbaren Rechtsord-
nung. Bei der Auslegung einer Rechtswahlklausel darf zwar nicht bloss auf den
Wortlaut abgestellt werden; vielmehr sind auch die äusseren Umstände zu be-
rücksichtigen, unter denen sie zustande gekommen ist. Der restriktive Wortlaut
des Art. 116 Abs. 2 IPRG und die vom Gesetzgeber geforderte Klarheit der
Rechtswahl erfordern indessen eine objektiv hinreichend schlüssige ausdrückliche
konkludente Willenserklärung, die vom Empfänger nach dem Vertrauensprin-
zip unzweideutig als Angebot zum Abschluss einer Rechtswahlvereinbarung ver-
standen werden darf und muss. Haben die Parteien eine Gerichtsstandsvereinba-
rung getroffen, so ist dies lediglich ein Indiz für ihren Willen, den Vertrag dem
Recht des gewählten Gerichtsstandes zu unterstellen; ein solches Indiz reicht al-
leine jedoch nicht aus, um die Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl zu
rechtfertigen. Der Vertragsabschlussort kann, auch wenn er vertraglich genau
festgelegt ist, nicht als entscheidendes Indiz für einen Willen der Parteien angese-
hen werden, ihren Vertrag dem dort geltenden Recht zu unterstellen. Auch der
Ort, an dem der Vertrag aufgesetzt wurde, liefert kein Indiz für einen Willen der
Parteien, ihn dem dort geltenden Recht zu unterstellen, selbst wenn dieser Ort in
ihrer Vereinbarung genau angegeben ist. Verweisen die Parteien auf Vorschriften
eines bestimmten ausländischen Rechts, so kann hierin gleichfalls ein Indiz für
ihren Willen liegen, dieses Recht auf ihren Vertrag anzuwenden; nach den Um-
ständen des Einzelfalls kann eine solche Bezugnahme jedoch auch nur bedeuten,
dass die ausländischen Rechtsvorschriften lediglich zum Vertragsinhalt werden,



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dieser jedoch einem anderen Recht untersteht. Die vertragliche Festlegung einer
bestimmten Währung ist sodann für sich genommen noch kein hinreichendes Indiz
für das Vorliegen einer Rechtswahl (vgl. zum Ganzen: Kommentar IPRG, Patoc-
chi/Geisinger, 2000, N 2 ff. zu Art. 116 Abs. 2 IPRG, mit zahlreichen Hinweisen
auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung). Entgegen der Meinung der Beru-
fungsklägerin ist die Vereinbarung eines Erfüllungsortes allein ebenso wenig aus-
reichend bestimmend im Sinne einer Rechtswahl zu Gunsten des dort geltenden
Rechts (Keller/Kren Kostkiewicz, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. A. Zürich
2004, N 60 zu Art. 116 IPRG).
dd.
Selbst wenn mehrere der genannten Indizien objektiv vorliegen, ist
dies für die Frage der Rechtswahl nur dann erspriesslich, wenn die Parteien im
Bewusstsein gehandelt haben, dass es dabei um die Frage des anwendbaren
Rechts geht, wie im Fall der Vereinbarung eines Gerichtsstandes eines Erfül-
lungsortes (Keller/Kren Kostkiewicz, a.a.O., N 54 zu Art. 116). Eine wirksame
Rechtswahl setzt voraus, dass sich die Parteien der Frage des anwendbaren
Rechts bewusst sind und den Willen haben, dieses Problem durch die Wahl einer
bestimmten Rechtsordnung zu lösen (Patocchi/Geisinger, a.a.O., N 7.2, unter
Hinweis auf BGE 119 II 173, 175; 111 II 276, 278; 99 II 315, 318; 92 II 10, 11; 91 II
44, 46; 91 II 248, 248-250; 91 II 442, 445; 89 II 214, 215-216; 89 II 265, 267; 88 II
325, 327; 87 II 194, 200-201; 81 II 175, 177). Ein solches Rechtswahlbewusstsein
ist stets erforderlich. Gerade daran mangelt es aber im vorliegenden Fall vollstän-
dig.
Die Berufungsklägerin verweist für die vermeintliche Rechtswahl zur Haupt-
sache auf die AGB der Gegenseite, welche auf deren Preislisten aufgedruckt wa-
ren und deren Ziffern 9 und 10 wie folgt lauteten:
"9. Erfüllungsort für beide Teile ist Za. [bis 2001: Zb.].
10. Gerichtsstand: Liegen die Voraussetzungen nach § 38 der Zivilpro-
zessordnung vor, ist Gerichtsstand für alle Ansprüche der Vertragspar-
teien, auch für Wechselund Checkklagen, Zd.."

Die vorinstanzliche Einschätzung, Grundlage für die Vertragsbeziehung
zwischen den Parteien hätten unbestrittenermassen die Allgemeinen Geschäfts-
bedingungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin gebildet, kann das Kantonsge-
richt nicht teilen. Namentlich ist richtig zu stellen, dass die Klägerin nirgends in
diesem Sinne plädiert hat (act. 02.2.II.2, 02.2.II. 11, 04.5). Vielmehr ist mit der
Klägerin davon auszugehen, dass die Parteien 20 Jahre in geschäftlichen Bezie-
hungen standen, ohne hierfür einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen zu haben.



12


Die X. & Co. konnte die Preise anhand der "von ihr verlangten und zur Information
ausgehändigten deutschen Preislisten" autonom bestimmen und war für den Wei-
terverkauf und die Betreuung der Kunden in der Schweiz selbst besorgt. Die von
der Beklagten vielzitierten Preislisten mit den darin enthaltenen AGB der Klägerin
haben für das Vertragsverhältnis der Parteien, falls überhaupt, eine marginale Rol-
le gespielt. Nach Auffassung der Zivilkammer dienten die Preislisten der Klägerin,
mit dem Aufdruck ihrer AGB, nicht einmal der Preisgestaltung zwischen den Par-
teien, geschweige denn der Rechtswahl für ihr ganzes, offensichtlich über die
Rechtsbeziehungen eines Verkäufers und Käufers hinausgehendes Rechtsver-
hältnis. Schleierhaft erscheint die Auffassung der Beklagten, die auf den Preislis-
ten aufgedruckten AGB der Klägerin hätten Geltung zwischen den Parteien er-
langt, schon deshalb, weil diese Preislisten ausdrücklich nur für die Bundesrepub-
lik Deutschland galten (act. 02.2.IV.1) und die Beklagte ihren Sitz bekanntlich in
der Schweiz hat. Gemäss Ziff. 2 der AGB waren die Preise in den Preislisten frei-
bleibend und verstanden sich ab Werk Zb. zuzüglich der gesetzlichen MWSt nach
dem jeweils gültigen Steuersatz. Die Beklagte hatte indessen durchs Band we-
sentlich günstigere und andere als in den Preislisten festgeschriebene Konditio-
nen. Anhand der bei den Akten liegenden Preislisten (act. 02.2.III.1, 02.2.IV.1) und
der tatsächlich fakturierten Preise (act. 02.2.V) lässt sich unschwer erkennen,
dass die Beklagte 30 % und mehr Rabatt hatte. So kosteten beispielsweise im
Jahre 1989 das Y.-Elektro-Skibelag-Gerät "Astura" pro Stück komplett 790 DM
und das Y.-UNIVERSA-Skibelag-Gerät pro Stück komplett 157 DM netto, zuzüg-
lich MWSt. Die Beklagte bezog diese Geräte zwei Jahre später zum Preis von 552
DM respektive 98 DM. Der Beklagten wurde zudem ein Skontosatz von 3 % ge-
währt, und dies auch noch nach Ablauf der Skontofrist von 8 Tagen. Beides steht
in offenem Widerspruch zu Ziff. 6 der auf den Preislisten aufscheinenden AGB.
Dass die Preislisten der Klägerin mit den Verkaufspreisen -und den dort aufge-
druckten AGBeinzig dem Zweck dienten, der X. & Co. eine unverbindliche
Richtschnur für die Gestaltung von deren Wiederverkaufspreisen in der Schweiz
zu liefern, kann der Zeugenaussage K. einwandfrei entnommen werden (act.
02.2.VI.1, S. 3). Die AGB hatten somit einen anderen, das zwischen den Parteien
geltende Vertragsverhältnis nicht beeinflussenden Zweck. Aus den Umständen,
dass die AGB von der Berufungsbeklagten formuliert wurden und die für den End-
verkauf in Deutschland geltenden Preislisten gemäss Zeuge K. jedes Jahr an die
Berufungsklägerin versandt worden sind, ergibt sich somit nichts für deren
Rechtswahltheorie. Auch aus dem Umstand, dass sich auf einer eigens für den
schweizerischen Markt angefertigten und offensichtlich nur im Verhältnis der X. &
Co. zu deren schweizerischen Kunden geltenden und auf Schweizer Franken lau-



13


tenden Preisliste, worauf die Beklagte als Generalvertreterin erscheint, im Wesent-
lichen die gleichen AGB (allerdings mit Erfüllungsund Gerichtsstand Zc.) abge-
druckt sind (act. 02.2.IV.12), lässt sich nicht ableiten, es seien zwischen den Pro-
zessparteien die ursprünglichen AGB der Klägerin vereinbart worden. Dass die
Beklagte gesonderte Einkaufspreislisten für Grossisten/Wiederverkäufer, mit iden-
tischen AGB wie auf den deutschen Verkaufspreislisten, erhalten habe, wurde
nicht behauptet. Ferner enthalten nach dem feststehenden Beweisergebnis die
Rechnungen der Klägerin an die Beklagte keine AGB. Die Auffassung der Beru-
fungsklägerin, als Käuferin habe sie durch jede einzelne Auftragserteilung ihr Ein-
verständnis mit diesen AGB abgelegt (act. 02.2.IV.1, Ziff. 1 AGB), ist nicht zu tei-
len. Ist vielmehr davon auszugehen, dass die deutschen Endverkaufspreislisten
und damit die darauf abgedruckten AGB, zwischen den Parteien gar nicht galten,
ist der Argumentation, es lägen Indizien in Form der dort enthaltenen Erfül-
lungsortsund Gerichtsstandsvereinbarung sowie typische Rechtsinstitute, Klau-
seln und Verweisungen auf die deutsche Rechtsordnung vor, die für eine bewuss-
te Rechtswahl der Parteien sprächen, von vorneherein der Boden entzogen.
Zusammenfassend ist somit in Übereinstimmung mit dem angefochtenen
Urteil festzustellen, dass die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben.
b.
Lässt sich eine subjektive Parteieinigung über das anwendbare
Recht nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit feststellen, so ist der Vertrag ob-
jektiv anzuknüpfen. Gemäss Art. 117 IPRG untersteht der Vertrag bei Fehlen einer
Rechtswahl dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt
(Abs. 1), wobei vermutet wird, der engste Zusammenhang bestehe mit dem Staat,
in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringen soll, ihren ge-
wöhnlichen Aufenthalt hat oder, wenn sie den Vertrag aufgrund einer beruflichen
gewerblichen Tätigkeit geschlossen hat, in dem sich ihre Niederlassung be-
findet (Abs. 2). Als charakteristische Leistung gilt namentlich: bei Veräusserungs-
verträgen die Leistung des Veräusserers (Abs. 3 lit. a) und bei Auftrag, Werkver-
trag und ähnlichen Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung (Abs. 3 lit. c).
aa.
Den Vertragshändlervertrag deutscher Prägung (mit ausschliessli-
cher Lieferpflicht des Lieferanten, Mindestabnahmepflicht des Abnehmers und
Integration des Abnehmers in die Absatzorganisation des Lieferanten) mag man
auch hierzulande zweckmässigerweise als den Verkehrstypus des gesetzlich nicht
normierten Alleinvertriebsvertrages bezeichnen. Jeder Alleinvertriebsvertrag lässt
sich indessen auf die Grundverpflichtung eines Lieferanten (Herstellers/Händlers)



14


zurückführen, seinem Abnehmer ein in der Regel örtlich, sachlich und zeitlich be-
grenztes ausschliessliches Bezugsrecht einzuräumen. Liegt nicht der Verkehrsty-
pus vor, ist im Einzelnen zu prüfen, ob das blosse Vorliegen des Elementarsach-
verhalts (Ausschliesslichkeitsstellung des Abnehmers) mit Blick auf die Rechtsan-
wendung abweichende Lösungen gebietet (Walter R. Schluep, SPR VII/2, S.
841/843). Das qualifizierende Innominatelement ist das vorliegend gegebene Al-
leinvertriebsrecht des Abnehmers. Andere verkehrstypische Elemente können
hinzutreten wegfallen mehr weniger stark vorhanden sein. So
muss beim Alleinvertriebsvertrag den Abnehmer nicht notwendigerweise die
Pflicht zum ausschliesslichen Bezug der Vertragsware des Lieferanten treffen
(Schluep, a.a.O., S. 844/845; Rolf H. Weber, Praxis zum Auftragsrecht und zu den
besonderen Auftragsarten, Bern 1990, S. 166) und auch die Übernahme weiterer
Vertriebsförderungsaufgaben ist nicht zwingend (IPRG-Amstutz/Vogt/Wang, N 61
zu Art. 117). Entgegen der Berufungsklägerin ist somit auch für die Zwecke objek-
tiver Anknüpfung am Sitz der Alleinvertreterin nicht strikt zu fordern, dass es sich
"um einen Vertrag mit Mindestabnahmeklausel und/oder der vereinbarten Ver-
pflichtung, ausschliesslich Ware von der Y.-Technic beziehen zu müssen" gehan-
delt hat. Zwischen der Klägerin und der Beklagten, welcher für das Gebiet der
Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein unbestrittenermassen das Recht des
alleinigen Verkaufs von Y.-Produkten zustand, bestanden in mehrfacher Hinsicht
weit engere Beziehungen als zwischen einem Verkäufer und einem Käufer, wel-
che Dienstleistungscharakter aufwiesen. Wenn die Beklagte heute von reinen
Veräusserungsverträgen im Sinne von Art. 117 Abs. 3 lit. a IPRG ausgeht, setzt
sie sich in Widerspruch zu ihren eigenen vorprozessualen Verhaltensweisen und
Aussagen. Zunächst ist festzustellen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den
Parteien tatsächlich rund 20 Jahre bestanden haben und die Beklagte während
dieser ausgesprochen langen Dauer regelmässig die Waren der Klägerin bezogen
hat (vgl. dazu BGE 100 II 450, 88 II 474 /75); nach ihrer eigenen Darstellung han-
delte es sich um Waren im Wert von mindestens 1.5 Mio. DM. Die Beklagte hielt
nach eigener Aussage überdies für die Produkte der Klägerin ein zweckentspre-
chend eingerichtetes Warenlager (act. 02.2.IV.2, S. 2). Dass sie dies ausschliess-
lich in eigenem Interesse tat, erscheint zweifelhaft, angesichts des Umstandes,
dass sich die Klägerin gleichzeitig mit der Kündigung des Rahmenvertrages und
auf Vorschlag der Beklagten anerbot, neuwertige Lagerware zurückzunehmen,
was für einen normalen Kaufvertrag höchst unüblich wäre. Die Beklagte ging -
nicht zuletzt auch auf Drängen der Klägerin inund ausserhalb des Vertriebsge-
biets (vgl. act. 02.2.IV.2 und 3)auf Ausstellungen und Fachmessen und warb
dort und anderswo für die Produkte der Klägerin (act. 02.2.IV.2-5, 8). Die Klägerin



15


war an den Skimessen am Stand der X. & Co. teilweise durch ihre Geschäftsfüh-
rer anwesend (act. 02.2.IV.7). Die Beklagte hat Kundendienst für Y.-Produkte be-
trieben, Garantieleistungen -auch solche nicht kostendeckender Arterbracht,
fühlte sich in dem ihr exklusiv vorbehaltenen Verkaufsgebiet nach eigener Darstel-
lung allgemein dafür verantwortlich, den Ruf der Marke Y. durch flankierende
Massnahmen zu erhalten und beschwerte sich über zuwenig Unterstützung sei-
tens der Produzentin (act. 02.2.IV.2-5, 7). Erlaubt ist ferner der tatsächliche
Schluss, dass sich die Y.-Technic darüber beschwert hat, dass die X. & Co. Fehler
beim Vertrieb und der Vermarktung (fehlende Präsenz beziehungsweise halbher-
ziger Einsatz an Fachmessen) begangen habe (act. 02.2.IV.2-5). Dieses Recht
hätte sie sich nicht herausnehmen können, wenn es sich lediglich um eine -schier
endloseAbfolge simpler Kaufverträge gehandelt hätte. Beide Parteien bezeich-
neten sodann ihr Vertragsverhältnis ausdrücklich als Alleinverkauf beziehungswei-
se Alleinvertrieb (act. 02.2.IV.2 und 13). Eine irrtümliche Falschbezeichnung durch
den geschäftsführenden Kaufmann ist wenig glaubwürdig. Als Folge der Eskalati-
on von Leistungsstörungen und allgemeiner gegenseitiger Unzufriedenheit hat die
Beklagte konkludent die Beendigung der langjährigen Zusammenarbeit als Alter-
native vorgeschlagen (act. 02.2.IV.2 und 4) und die Klägerin hat den Vertrag ge-
kündigt (act. 02.2.IV.13); ein Vorgang, der dogmatisch nur unter einem Dauer-
schuldverhältnis -wie zum Beispiel dem Alleinvertriebsvertrag - denkbar ist. Kauf-
leuten ist in aller Regel klar, dass ein Kaufvertrag nicht zu kündigen ist. Es gibt
somit genügend Hinweise für einen zwischen den Parteien zumindest konkludent
gelebten Alleinvertriebsbeziehungsweise Alleinvertretungsvertrag. Ob dies be-
reits seit den Anfängen Ende der 70er-Jahre der Fall war, kann offen bleiben. Si-
cher scheint angesichts des Schriftenwechsels zwischen den Parteien im Vorfeld
und anlässlich der Kündigung jedenfalls, dass dies in der Zeit der Entstehung der
vorliegend umstrittenen Forderungen (1994-1996) bereits der Fall war.
bb.
Die Leistung des Alleinvertreters ist funktionell und wirtschaftlich be-
deutender als jene des Lieferanten und somit die charakteristische. Bei Alleinver-
triebsrechten besteht im wirtschaftlich sozialen Kontext der funktionell stärkste
Bezug zum Vertriebsgebiet, weil die Tätigkeit des Vertreibers auf das Wirtschafts-
und Wettbewerbsleben des Vertriebsgebiets einwirkt (Keller/Kren Kostkiewicz,
a.a.O., N 190 zu Art. 117 IPRG; Patocchi/Geisinger, a.a.O., Ziff. 16.1/16.2 zu Art.
117 IPRG; BGE 124 III 188 E. 4.a.bb; 100 II 450 f.).
Allenfalls ist für das Rechtsverhältnis der Parteien davon auszugehen, dass
es sich um gemischte zusammengesetzte Verträge gehandelt hat, für die



16


sich unter dem Blickwinkel des Sachzusammenhangs gleichermassen eine ein-
heitliche Lokalisierung aufdrängt. Selbst wenn es sich typologisch um verschiede-
ne und trennbare Verträge im Schnittpunkt von Agenturund Kaufvertrag gehan-
delt haben sollte, ist nämlich nicht wegzureden, dass die Parteien ihre Beziehung
ausdrücklich und übereinstimmend als ein einheitliches Ganzes aufgefasst haben
(vgl. dazu Keller/Kren Kostkiewicz, a.a.O., N 196 zu Art. 117 IPRG), ansonsten
nicht nachvollziehbar wäre, warum nach den zunehmenden Leistungsstörungen
eine Partei das Ende der Zusammenarbeit in den Raum stellte und die andere
Partei die Kündigung aussprach. Auch unter der Annahme eines gemischten Ver-
tragswerks beziehungsweise von zusammenhängenden Verträgen drängt sich die
Lokalisierung in der Schweiz auf, weil der dienstleistungsspezifische Teil einer-
seits dort zu erbringen war und der ganzen Zusammenarbeit ein für die gesetzli-
chen Nominatverträge atypisches Gepräge gab.
Auch die objektive Anknüpfung führt demzufolge zur Anwendung schweize-
rischen Rechts.
5.
Wie die Berufungsklägerin selbst ausführt, ist die Frage der Forde-
rungsverjährung nicht aktuell, falls auf das Rechtsverhältnis zwischen den Partei-
en schweizerisches Recht zur Anwendung gelangt. Des Weiteren sind im Beru-
fungsverfahren auch die Forderungen der Klägerin quantitativ an sich nicht mehr
bestritten.
6.
Die Beklagte hat im vorinstanzlichen Verfahren Tilgung der einge-
klagten Forderung zufolge Verrechnung mit eigenen Gegenforderungen unter ver-
schiedenen Titeln (Schadenersatz für mangelhafte Granulatlieferungen, Schaden-
ersatz für Verletzung des Alleinvertriebsrechts in der Schweiz, Nichtrücknahme
neuwertiger Y.-Lagerware, Kundschaftsentschädigung) geltend gemacht. Subsidi-
är, für den -hier zutreffendenFall, dass schweizerisches Recht zur Anwendung
gelangt, hält die Berufungsklägerin an diesen Verrechnungseinreden fest.
a.
An der Berufungsverhandlung wurde als Begründung dazu lediglich
ausgeführt, die Behauptungen der Berufungsklägerin zur Verrechnung und die
hierzu angebotenen Beweismittel seien von der Gegenseite nicht bestritten wor-
den; ebenso wenig habe die Gegenpartei die entsprechenden Beweismittel der
Beklagten in ihrem Wahrheitsgehalt angezweifelt. Damit habe die Vorinstanz
übersehen, dass im Sinne der Verhandlungsmaxime unbestrittene Sachbehaup-



17


tungen als erwahrt anzunehmen seien. Die nicht behauptungsbelastete Partei tra-
ge nämlich die Last zu bestreiten.
Der Einwand ist nicht stichhaltig. Die Klägerin hat zwar auf eine Replik ver-
zichtet und damit den Schriftenwechsel beendet. Sie hat indessen in ihrer Klage-
schrift jene Tatsachen wie auch die Forderung als solche bestritten, welche die
Beklagte zunächst veranlassten, eine Gegenforderung von Fr. 500'000.— wider-
klageweise geltend zu machen (act. 02.2.II.2, S. 7, 02.2.II.6). Das tatsächliche und
rechtliche Fundament der verrechnungsweise geltend gemachten Gegenforderun-
gen und der fallen gelassenen Widerklage stimmen überein. Ferner scheint die
Berufungsklägerin in diesem Zusammenhang abermals Tatund Rechtsfrage zu
verwechseln. Sie übersieht, dass von der Verhandlungsmaxime gemäss Art. 118
ZPO nur Tatsachen betroffen sein können. Die Behauptungen der Beklagten, sie
habe Gegenforderungen, stellen demgegenüber Subsumptionen und Rechtsbe-
hauptungen dar. Das Schweigen der Gegenpartei darauf im Schriftenwechsel be-
wirkt im Übrigen keine Anerkennung der Verrechnungsforderungen im Sinne der
Dispositionsmaxime. Auch ohne Bestreitung der ihnen zugrunde liegenden Tatsa-
chen im Schriftenwechsel, kann eine Partei -auf dieser Tatsachenbasiszur
Rechtsanwendung hinsichtlich Forderungen der Gegenpartei frei plädieren. An der
Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht stellte die Klägerin den Bestand der
Verrechnungsforderungen denn auch teilweise ausdrücklich, teilweise stillschwei-
gend durch Festhalten an ihrem Rechtsbegehren in Abrede (act. 02.2.II.11).
b.
Abgesehen vom vorstehend behandelten prozessualen Argument,
legte die X. & Co. an der Hauptverhandlung vor der Appellationsinstanz mit kei-
nem Wort dar, inwiefern die vorinstanzlichen Erwägungen zur Frage der Verrech-
nung mit angeblichen Gegenforderungen in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hin-
sicht falsch sein sollen (act. 04.2, S. 9). Hinsichtlich der materiellen Rechtsanwen-
dung der Vorinstanz auf die Verrechnungsforderungen ist die Berufung mithin voll-
kommen unsubstantiiert.
aa. Die Beklagte hat im vorinstanzlichen Verfahren vorgebracht, die klä-
gerischen Lieferungen von Skibelagsgranulaten hätten Gewichtsdifferenzen von
15-20 % aufgewiesen, was die Beklagte durch Gratisware an ihre Kunden habe
ausgleichen müssen. Die Granulatlieferungen hätten zwischen 1991 und 1996
insgesamt ca. angegebene 2'800 kg zu DM 19.50/kg betragen, so dass sich der
Schaden folglich auf ca. 10'000 DM belaufe. Weiter führte sie wörtlich aus, sie ha-
be "ihre Schadensforderungen mit einigen Rechnungen der Klägerin bis ca. 1996



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verrechnet" (act. 02.2.II.5, S. 3). Über dieses Eingeständnis hinaus ist die Vorge-
hensweise der Beklagten auf Grund einer von ihr selbst eingelegten Rechnung
vom 22. Mai 1995, an der sie den Betrag von DM 1'232.—, entsprechend 20 %
des Rechnungsbetrages, abzog, erhärtet (act. 02.2.IV.5, 02.2.V.33). Angesichts
des eigenen Eingeständnisses der Beklagten und des aktenmässigen Beweises,
dass sie ihre Einbussen zufolge Gewichtsdifferenzen bei Granulatlieferungen je-
weils bereits früher verrechnet hat, ist unerfindlich, wie sie dazu kommt, im hiesi-
gen Streit denselben Vertragsschaden nochmals ganz teilweise zu verrech-
nen. Falls im Zeitraum 1991-1996 nur teilweise verrechnet worden sein sollte, hät-
te es der Beklagten oblegen, zu behauten und zu beweisen, welche Granulatliefe-
rungen und -rechnungen davon betroffen waren. Sie tat es nicht und blieb insoweit
unsubstantiiert.
bb. Die analoge Anwendung von Art. 418u OR des Agenturvertrags-
rechts (Kundschaftsentschädigung) auf den Alleinvertriebsvertrag wird von der
herrschenden Lehre und der Praxis abgelehnt. Selbst wenn man die dazu erhobe-
ne Kritik von Schluep (a.a.O., S. 847 f.) und Weber (a.a.O., S. 167) vorliegend be-
rücksichtigen wollte, entfällt ein entsprechender Anspruch der Berufungsklägerin,
weil sie die dort erwähnten kumulativen Voraussetzungen für eine Kundschafts-
entschädigung (ausschliessliche Abnahmepflicht des Alleinvertreters, Markenarti-
kel als Vertragsware, Tragung eines erheblichen Kapitalrisikos durch den Allein-
vertreter) nicht erfüllt.
cc.
In Bezug auf die weiteren zur Verrechnung gestellten Forderungen
(Schadenersatz für Verletzung des Alleinvertriebsrechts, Nichtrücknahme neuwer-
tiger Y.-Lagerware) kann anstatt von Wiederholungen in Anwendung von Art. 229
Abs. 3 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (act. 02.1,
E. 9a-d, S. 16 ff.) verwiesen werden.
7.a. Wird die Berufung in allen Teilen abgewiesen, sind entsprechend
diesem Ausgang des Verfahrens, die Gerichtskosten in Anwendung von Art. 223
ZPO in Verbindung mit Art. 122 Abs. 1 ZPO vollständig der unterliegenden Beru-
fungsklägerin zu überbinden.
b.
Gemäss Art. 122 Abs. 2 ZPO hat die Berufungsklägerin ausserdem
nach dem gleichem Grundsatz die obsiegende Berufungsbeklagte für deren not-
wendigen Umtriebe im Berufungsverfahren voll zu entschädigen.



19


Der Rechtsvertreter der Berufungsbeklagten machte diesbezüglich geltend,
die Widerklage sei res judicata. Nachdem die Beklagte und Berufungsklägerin
gemäss ihren Berufungsanträgen die Abschreibung ihrer Widerklage auf Bezah-
lung von Fr. 500'000.— akzeptiert habe, sei dies bei der ausseramtlichen Ent-
schädigung zu Gunsten der Widerbeklagten nach richterlichem Ermessen zu be-
rücksichtigen. Insoweit sich das Argument auf die Prozessentschädigung für das
Berufungsverfahren bezieht, ist es in sich widersprüchlich. Der vorinstanzliche
Kostenspruch ist einerseits, für den Fall gleich bleibender Entscheidung in der
Hauptsache, von keiner Partei selbständig angefochten worden. Andererseits hat
die Widerklage in keiner Hinsicht Gegenstand der Berufung gebildet. Ist der Beru-
fungsbeklagten in dieser Hinsicht kein Verfahrensaufwand entstanden, fällt eine
Berücksichtigung bei der Bemessung der aussergerichtlichen Entschädigung im
Berufungsverfahren zwangsläufig ausser Betracht.
Eine Honorarnote für seine Aufwendungen im Berufungsverfahren hat der
Rechtsvertreter der Berufungsbeklagten nicht eingereicht, so dass die Zivilkammer
die Prozessentschädigung nach pflichtgemässem Ermessen durch Schätzung,
unter Berücksichtigung der tatsächlich getätigten und für eine sachgerechte
Rechtsvertretung notwendigen Aufwendungen, festsetzt. Die Plädoyers vor erster
und zweiter Instanz stimmen weitgehend wörtlich überein (act. 02.2.II.11, act.
04.2). Neue rechtliche Aspekte wurden nicht vorgebracht. Die effektiv getätigten
Aufwendungen des Rechtsvertreters der Berufungsbeklagten waren vergleichs-
weise gering.



20


Demnach erkennt die Zivilkammer :
1.
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Bezirksgerichts Prät-
tigau/Davos vom 03. Juni 2004 wird bestätigt.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 3'800.— (Gerichtsgebühr Fr.
3'500.-; Schreibgebühr Fr. 300.—) gehen zu Lasten der X. & Co. Sportim-
port.
3.
Die X. & Co. Sportimport ist verpflichtet, der Y.-Technic GmbH für das Beru-
fungsverfahren eine Prozessentschädigung von 1'500 Franken zu bezah-
len.
4. Mitteilung
an:
__
Für die Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Präsident:
Der Aktuar:


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