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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZF-03-43: Kantonsgericht Graubünden

Die Privatklägerin und Berufungsklägerin hat gegen das Urteil des Bezirksgerichts Dietikon Berufung eingelegt, aber keine Berufungserklärung eingereicht, weshalb das Obergericht des Kantons Zürich nicht auf die Berufung eingetreten ist. Die Privatklägerin wird daher die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt, einschliesslich einer Gerichtsgebühr von Fr. 600.-. Der Beschluss wurde am 8. Februar 2016 vom Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, unter der Leitung von Dr. iur. F. Bollinger gefasst.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZF-03-43

Kanton:GR
Fallnummer:ZF-03-43
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZF-03-43 vom 08.12.2003 (GR)
Datum:08.12.2003
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung aus Güterrecht
Schlagwörter : Berufung; Schuld; Recht; Parteien; Urteil; Sonderabgabe; Anspruch; Berufungskläger; Schulden; AHV-Sonderabgabe; Klage; Steuerschulden; Saldo; Über; Bezirksgericht; Willen; Berufungsbeklagte; Kanton; Widerklage; Eigengut; Kapital; Erwerb; Graubünden; Prättigau/Davos; Ehescheidungskonvention
Rechtsnorm:Art. 122 ZPO ;Art. 148 OR ;Art. 18 DBG ;Art. 18 OR ;Art. 198 ZGB ;Art. 201 ZGB ;Art. 209 ZGB ;Art. 88 OR ;
Referenz BGE:125 III 241;
Kommentar:
Christoph Auer, Geiser, Marti, Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, Art. 446 ZGB, 2018

Entscheid des Kantongerichts ZF-03-43

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 08. Dezember 2003
Schriftlich mitgeteilt am:
ZF 03 43

Urteil
Zivilkammer
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen Jegen,
Riesen-Bienz, Tomaschett und Burtscher
Aktuar Crameri
——————
In der zivilrechtlichen Berufung
des X., Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Erich
Vogel, Schulstrasse 1, 7302 Landquart,

gegen

das Urteil des Bezirksgerichtes Prättigau/Davos vom 10. Juli 2003, mitgeteilt am
15. August 2003, in Sachen des Klägers und Berufungskläger gegen Y., Beklagte
und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Heinz Raschein,
Postfach 536, Obere Plessurstrasse 25, 7001 Chur,
betreffend Forderung aus Güterrecht,
hat sich ergeben:



2


A.
X. und Y. heirateten am 19. September 1980. Am 1. Januar 1982
wurde dem Ehemann von dessen Eltern das landwirtschaftliche Gewerbe „A.“ in
B. als Erbvorbezug auf Anrechnung an seinen Erbanteil abgetreten. Am 31. März
1998 verpachtete X. den Landwirtschaftsbetrieb an C. und verkaufte ihm das In-
ventar. Am 28. Mai 1999 klagte die Ehefrau auf Scheidung der Ehe. In der Folge
schlossen die Eheleute am 26. Oktober 2000/7. November 2000 eine Eheschei-
dungskonvention ab, deren Ziffern 8.4 - 8.6, die güterrechtliche Auseinanderset-
zung betreffend, folgenden Wortlaut haben:
„8.4 Schulden

Die Parteien erklären, dass sie keine gemeinsame Schulden zu teilen
haben. Allfällig vorhandene Schulden sind von derjenigen Partei zu
übernehmen, auf deren Namen sie lauten respektive auf deren Namen
sie begründet werden.

8.5 Ausgleichszahlung
X. bezahlt Y. eine Ausgleichszahlung von Fr. 80'000.--, zahlbar innert
30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils.

8.6 Saldoklausel
Mit dem Vollzug dieser Vereinbarung erklären sich die Parteien in gü-
terrechtlicher Hinsicht als per Saldo auseinandergesetzt.“

Mit Urteil vom 6. März 2001 schied der Bezirksgerichtspräsident Landquart
die Ehe der Parteien und genehmigte die Ehescheidungskonvention. Das Er-
kenntnis wurde nicht angefochten und erwuchs am 9. März 2001 in Rechtskraft.
B.
Mit Verfügungen vom 10. Januar 2002 veranlagte die kantonale
Steuerverwaltung Graubünden, gestützt auf Art. 18 Abs. 2 und 3 sowie Art. 73 des
Steuergesetzes für den Kanton Graubünden (StG) und Art. 18 Abs. 2 sowie Art.
47 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG), X. für die Kantons-
und Bundessondersteuer mit einem steuerbaren Kapitalgewinn von Fr. 192'000.--
aus der Verpachtung des landwirtschaftlichen Heimwesens, d.h. aus der Überfüh-
rung der Liegenschaft vom Geschäftsvermögen ins Privatvermögen, und der Ver-
äusserung des Inventars. Sie erhob eine Kantonssteuer von Fr. 15'186.-- und eine
Bundessteuer von Fr. 14'227.--. Aus dem gleichen Grunde ermittelte die AHV-
Ausgleichskasse des Kantons Graubünden mit Verfügung vom 11. April 2002, in
Anwendung von Art. 17 und 23 der Verordnung über die Altersund Hinterlas-
senenversicherung (AHV), einen beitragspflichtigen Überführungsgewinn von Fr.
212'500.-- und verpflichtete X. zur Zahlung einer Sonderabgabe von Fr. 20'490.60.



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C.
Am 2. September 2002 klagte X. gegen Y. auf Bezahlung von Fr.
24'951.80, der Hälfte der Steuerforderungen und der AHV-Sonderabgabe, die bei
ihm erhoben wurden. Nach erfolglos verlaufener Sühneverhandlung bezog er am
30. Dezember 2002 den Leitschein mit folgenden Rechtsbegehren:
„Klägerische Rechtsbegehren:
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger Fr. 24'951.80 zuzüglich
Zins seit 1. Mai 2002 zu bezahlen.
2. Unter gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund Entschädi-
gungsfolge (zuzüglich 7.6% Mehrwertsteuer) zu Lasten der Beklagten.
Rechtsbegehren der Beklagtschaft:
1.
Die Klage sei abzuweisen.
2. Ev. Widerklage: Sollte wider Erwarten die Klage nicht abgewiesen
werden, so sei die im Scheidungsurteil des Bezirksgerichtes Landquart
vom 6./8. März 2001 festgelegte güterrechtliche Auseinandersetzung
zwischen den Parteien von Grund auf neu zu beurteilen und zu ent-
scheiden. Über diese Frage sei eine Hauptverhandlung gemäss Art.
94 ZPO anzusetzen.

3. Unter voller gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund Ent-
schädigungsfolge zuzüglich 7,6% Mehrwertsteuer zu Lasten des Klä-
gers.“

Mit Prozesseingabe vom 23. Januar 2003 prosequierte der Kläger die Klage
mit den gleichen Anträgen an das Bezirksgericht Prättigau/Davos. Die Beklagte
beantragte mit Prozessantwort vom 26. Februar 2003, in Abänderung von Ziff. 1
des Rechtsbegehren gemäss dem Leitschein, die Rück-, eventuell die Abweisung
der Klage. Mit Widerklageantwort bzw. Stellungnahme vom 24. März 2003 hielt
der Kläger an seinen Anträgen fest und ersuchte um Abweisung der Widerklage,
soweit darauf einzutreten sei.
Mit Urteil vom 10. Juli 2003, mitgeteilt am 15. August 2003, wies das Be-
zirksgericht Prättigau/Davos die Klage ab, soweit es darauf überhaupt eintrat (Ziff.
1 des Dispositives). Die Kosten des Vermittlungsverfahrens von Fr. 148.30 und
des Gerichtsverfahrens von Fr. 3'985.-gingen zu Lasten des Klägers (Ziff. 2). Zu-
dem wurde er verpflichtet, der Beklagten eine aussergerichtliche Entschädigung
von Fr. 4'500.-zu bezahlen (Ziff. 3).
D.
Gegen dieses Urteil erhob X. mit Eingabe vom 5. September 2003
Berufung an das Kantonsgericht von Graubünden mit folgenden Begehren:
„1. Das Urteil des Bezirksgerichtes Prättigau/Davos vom 10. Juli 2003,
mitgeteilt am 15. August 2003, sei aufzuheben.



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2. Die Berufungsbeklagte sei zu verpflichten, dem Berufungskläger Fr.
24'951.80 zuzüglich 5% Zins seit 1. Mai 2002 zu bezahlen.
3. Unter Kostenund Entschädigungsfolge (zuzüglich 7.6% Mehrwert-
steuer) zu Lasten der Berufungsbeklagten für beide Instanzen.“
Auf die Begründung der Anträge und auf die Ausführungen im angefochte-
nen Urteil wird in den Erwägungen eingegangen.
Die Zivilkammer zieht in Erwägung :
1.
Erklärt mit formulierten Anträgen am 5. September 2003 gegen das
Urteil des Bezirksgerichtes Prättigau/Davos vom 10. Juli 2003, mitgeteilt am 15.
August 2003, und begründet mit Eingabe vom 27. Oktober 2003, genügt die Beru-
fung den formellen Anforderungen gemäss Art. 218, 219 und 224 Abs. 2 ZPO, so
dass darauf einzutreten ist.
2.
Im angefochtenen Urteil wird ausgeführt, die Steuerschulden und
AHV-Sonderabgabe seien zweifellos von der Ziff. 8.4 der Ehescheidungskonventi-
on vom 26. Oktober/7. November 2000, welche die Übernahme von allfällig vor-
handenen Schulden regelt, erfasst. Da diese Vereinbarung mit Urteil des Bezirks-
gerichtspräsidenten Landquart vom 6. März 2001 gerichtlich genehmigt worden
sei, sei die Einrede der „res iudicata“ gutzuheissen und auf die Klage nicht einzu-
treten. X. ist anderer Meinung. Er macht geltend, sein Anspruch, Y. an die Steuer-
schulden und die AHV-Sonderabgabe zur Hälfte zu beteiligen, sei dem Eheschei-
dungsrichter nicht vorgelegen. Er sei folglich von ihm nicht beurteilt worden.
Eine abgeurteilte Sache liegt vor, wenn der streitige Anspruch mit einem
schon rechtskräftig beurteilten identisch ist. In materielle Rechtskraft erwächst nur
das Sachurteil. Ein solches ist nur gegeben, wenn und soweit das Gericht die
Sachverhaltsvorbringen der Parteien materiellrechtlich würdigt, d.h. den geltend
gemachten Anspruch inhaltlich beurteilt. Inwieweit dies der Fall ist, ergibt sich aus
dem Urteil, dessen ganzer Inhalt heranzuziehen ist. Zwar erwächst das Urteil nur
in jener Form in Rechtskraft, wie es im Urteilsdispositiv zum Ausdruck kommt,
doch ergibt sich dessen Tragweite erst aus dem Beizug der Urteilserwägungen.
Das Bezirksgericht Prättigau/Davos legte zutreffend dar, dass ein früheres Urteil
einer neuen Klage entgegensteht, wenn die Parteien des Vorprozesses dem Rich-
ter den gleichen Anspruch aus gleichem Entstehungsgrund erneut zur Beurteilung
unterbreiten. Es führte weiter aus, dass die Identität der Ansprüche zu verneinen



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ist, wenn zwar aus dem gleichen Rechtsgrund wie im Vorprozess geklagt wird,
aber neue erhebliche Tatsachen geltend gemacht werden, die seitdem eingetreten
sind und den Anspruch in der nunmehr eingeklagten Form erst entstehen liessen;
denn diesfalls stützt sich die neue Klage auf rechtsbegründende rechtsver-
ändernde Tatsachen, die im früheren Prozess nicht beurteilt wurden. Diese Darle-
gungen entsprechen sowohl der Rechtsprechung (BGE 125 III 241, 123 III 16, 121
III 474) als auch der herrschenden Lehre (Walder-Bohner, Zivilprozessrecht, 3.
Aufl. Zürich 1983, S. 281 ff., Sträuli/Messmer, Kommentar zur Zürcherischen Zivil-
prozessordnung, 2. Aufl. Zürich 1982, N 4 ff. zu § 191 ZPO) Zu Unrecht nahm
aber die Vorinstanz an, dass im konkreten Falle der Anspruch des Klägers, die
Steuerschulden und die AHV-Sonderabgabe zur Hälfte der Beklagten aufzuerle-
gen, eine abgeurteilte Sache sei. Denn das Schicksal der Einrede der abgeurteil-
ten Sache hängt nicht von der Beantwortung der Frage ab, ob die Steuerschulden
und die AHV-Sonderabgabe dem Kläger bekannt waren und von der Ziff. 8.4 der
gerichtlich genehmigten Ehescheidungskonvention erfasst wurden, sondern ob
der vom Kläger geltend gemachte Anspruch bereits in einem Sachurteil überprüft
wurde. Dies war offensichtlich nicht der Fall. Aus den Erwägungen des rechtskräf-
tigen Scheidungsurteils geht nämlich nicht hervor, dass dieser Anspruch bereits
Gegenstand des zwischen den Parteien entschiedenen Ehescheidungsverfahrens
war und beurteilt wurde. Selbst die Vorderrichter führten im angefochtenen Urteil
aus, dass den seitens des Bezirksgerichtes Landquart edierten Akten sich nicht
entnehmen lasse, ob die Steuerschulden und die AHV-Sonderabgabe damals in
die güterrechtliche Auseinandersetzung der Parteien eingeflossen seien. Infolge-
dessen prüften sie den Anspruch, wie wenn sie auf die Klage eingetreten wären
und kamen zum Schlusse, dass diese Schulden das Eigengut des Klägers belas-
ten. Unter diesen Umständen wurde die Klage zu Unrecht als abgeurteilte Sache
gehalten.
3.
Nach der Ansicht des Berufungsklägers stellen die Steuerschulden
und die AHV-Sonderabgabe Schulden der Errungenschaft (recte der Errungen-
schaften) dar, an der sich die Berufungsbeklagte zur Hälfte beteiligen muss. Die
zur Begründung seines Anspruches gemachten Ausführungen sind aber unzutref-
fend.
Gemäss Art. 18 Abs. 2 und 3 StG und Art. 18 Abs. 2 DBG sind alle Einkünf-
te aus dem Betrieb eines Unternehmens wie Handel, Industrie, Gewerbe, Land-
und Forstwirtschaft steuerbar. Zu den Einkünften zählen auch die Kapitalgewinne
aus Veräusserung, Verwertung buchmässiger Aufwertung von Geschäfts-



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vermögen. Der Veräusserung gleichgestellt ist die Überführung von Geschäfts-
vermögen in das Privatvermögen. Werden Liegenschaften ohne anschlies-sende
Veräusserung in das Privatvermögen überführt, sind Gewinne nur in dem Umfang
als Einkommen steuerbar, in dem früher Abschreibungen zugelassen worden wa-
ren. Die Verpachtung eines Geschäftsbetriebes gilt, wenn sie nicht vorübergehen-
der Natur ist, als Überführung in das Privatvermögen (Art. 7 Abs. 1 der Vollzie-
hungsverordnung zum StG). Nach Art. 17 AHVV gelten als beitragspflichtiges Ein-
kommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit alle in selbständiger Stellung erzielten
Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Landund Forstwirtschafts-
betrieb, einschliesslich der Kapitalund Überführungsgewinne nach Art. 18 Abs. 2
DBG.
Die Veranlagungsverfügungen für die kantonale und die eidgenössische
Sondersteuer auf den Kapitalgewinn und die Beitragsverfügung für die Sonderab-
gabe auf den Liquidationsgewinn stehen im Zusammenhang mit der Verpachtung
des Landwirtschaftsbetriebes und mit der Veräusserung des Inventars per 31.
März 1998, also mit der Überführung vom Geschäftsvermögen ins Privatvermö-
gen. Der steuerbare Kapitalgewinn bzw. der beitragspflichtige Liquidationsgewinn
setzt sich sieht man vom Verkaufserlös des Inventars ab, der nur Fr. 5'716.--
ausmacht aus den wiedereingebrachten Abschreibungen auf die Liegenschaft in
der Zeit von 1982 bis 1998 zusammen. Das landwirtschaftliche Gewerbe wurde X.
als Vorempfang auf künftige Erbschaft abgetreten. Vermögenswerte die einem
Ehegatten unentgeltlich während der Ehe zufallen sind gemäss Art. 198 Ziff. 2
ZGB sein Eigengut, stehen in seinem Eigentum und verbleiben ihm einschliesslich
der eingetretenen Wertschwankungen auch im Zeitpunkt der Auflösung des Gü-
terstandes (Hausheer/Reusser/Geiser, Berner Kommentar II/1/3/1, 1992, N 6 und
31 zu Art. 198 ZGB). Die Aufrechnung der Abschreibungen hatte eine Zunahme
des Wertes des landwirtschaftlichen Heimwesens zur Folge. Der Mehrwert betraf
somit das Eigengut des Ehemannes und nicht das Einkommen der Ehefrau wäh-
rend der Ehe, wie der Berufungskläger behauptet. Stand aber der durch die Über-
führung der Liegenschaft vom Geschäftsvermögen ins Privatvermögen erzielte
Kapitalbzw. Liquidationsgewinn im Zusammenhang mit dem Eigengut des Ehe-
mannes, ordnete die Vorinstanz die Steuerschulden und die AHV-Sonderabgabe
zu Recht dem Eigengut des Klägers zu. Eine Schuld belastet die Vermögensmas-
se, mit welcher sie sachlich zusammenhängt, im Zweifel die Errungenschaft (Art.
209 Abs. 2 ZGB; Hegnauer/Breitschmid, Grundriss des Eherechts, 3. Aufl. Bern
1993, S. 242). Bei während des Güterstandes entstandenen Schulden ist zu un-
terscheiden, ob die Schuld beim Erwerbseinkommen und Vermögensertrag an-



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knüpft. Ist das der Fall, belastet sie regelmässig die Errungenschaft. Soweit eine
Schuld nicht beim Erwerbseinkommen und Vermögensertrag anknüpft, kommt es
auf die Massenzuordnung des Vermögensgegenstandes an, welcher die Schuld
auslöst. Ob dies aufgrund eines Rechtsgeschäftes, einer unerlaubten Handlung
ungerechtfertigten Bereicherung anderem mehr (u. a. aufgrund eines
Tatbestandes des öffentlichen Rechtes) ist, spielt keine Rolle. Entscheidend ist
nur die besondere Objektbezogenheit (Hausheer/Reusser/Gei-ser, a. a. O., N 39
zu Art. 209 ZGB). Soweit Steuern und Abgaben das Erwerbseinkommen und den
Vermögensertrag betreffen, hat sie die Errungenschaft zu tragen. Anders verhält
es sich dagegen bei einmaligen Steuern und Abgaben auf einem Mehrwert von
Liegenschaften. Sie knüpfen ausschliesslich am besteuerten Vermögensgegen-
stand (Hausheer/Reusser/Geiser, a. a. O., N 22 zu Art. 201 ZGB, N 27 zu Art. 209
ZGB). Demnach steht die Auffassung des Berufungsklägers, wonach die Steuer-
schulden und die AHV-Sonderabgabe auf dem durch die Abschreibungen erziel-
ten Mehreinkommen basierten und sie eine buchhalterische Verminderung des
Einkommens der Ehefrau zur Folge hatten, somit die Errungenschaft belasteten,
in Widerspruch zur herrschenden Doktrin. Folglich kann sie nicht gehört werden.
4.
Der Berufungskläger begründet seinen Anspruch im weiteren damit,
dass die Parteien in der Steuerperiode 1998 gemeinschaftlich besteuert worden
seien. Aus diesem Grunde seien sie für die Steuerschulden solidarisch haftbar.
Für die AHV-Sonderabgabe hafte die Berufungsbeklagte nach ihrem Anteil am
erzielten Einkommen. Die Steuerverwaltung und die AHV-Ausgleichskasse hätten
sie anstelle des Ehemannes belangen können. Er beruft sich auf Art. 13 Abs. 1
StG, wonach Ehegatten für die Steuerperioden, für die sie gemeinschaftlich be-
steuert werden, solidarisch für die Gesamtsteuer haften und auf Art. 20 Abs. 3
AHVV, wonach die Teilhaber von auf einen Erwerbszweck gerichteten Personen-
gesamtheiten die Beiträge von ihrem Anteil am Einkommen der Personengesamt-
heit zu entrichten haben.
Mit dieser Auffassung übersieht der Berufungsklägers, dass für den steuer-
pflichtigen Kapitalgewinn die Ehegatten nicht gemeinschaftlich besteuert wurden,
und dass der beitragspflichtige Liquidationsgewinn nicht ein Erwerbseinkommen
der Ehefrau war, sondern dass die Steuerbzw. Abgabepflicht einzig den Mehr-
wert des Eigengutes des Ehemannes betraf. Unter diesen Umständen hilft ihm die
Berufung auf Art. 13 Abs. 1 StG und Art. 20 Abs. 3 AHVV nichts. Nebenbei sei
bemerkt, dass Art. 13 Abs. 1 StG das Aussenverhältnis betrifft. Im konkreten Falle
geht es hingegen um die Zuteilung im Innenverhältnis gemäss Art. 148 OR. Wur-



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den aber die Parteien nicht gemeinschaftlich steuerpflichtig und belasten die
Steuerschulden das Eigengut des Ehemannes, ergibt sich eben, dass der Beru-
fungskläger diese allein zu tragen hat.
5.
X. bringt zudem vor, von der Saldoklausel der Ehescheidungskon-
vention seien die Steuerschulden und die AHV-Sonderabgabe nicht erfasst. Den
Parteien seien sie weder bekannt gewesen noch seien sie in die güterrechtliche
Berechnung aufgenommen worden. Auch die gerichtliche Genehmigung der Ver-
einbarung ändere daran nichts, zumal sein Anspruch nicht Gegenstand des Ehe-
scheidungsverfahrens gewesen sei.
Mit der Saldoquittung Saldoklausel anerkennt der Gläubiger, dass der
Schuldner die Leistung erbracht hat (Quittung i. S. von Art. 88 OR; „Wissenserklä-
rung“) und überdies, dass er selbst gegenüber diesem Schuldner bezüglich der
betreffenden Forderung dem betreffende Rechtsverhältnis keine weiteren
weitergehenden Ansprüche (mehr) geltend machen kann (negative Schuld-
anerkennung; „Willenserklärung“), entweder weil die Schuld erlassen (Art. 115
OR) weil sie getilgt wurde (vgl. Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band II, 7. Aufl., Zürich 1998, N 2472 f.;
Guhl/Koller/Schnyder/Druey, Obligationenrecht, 9. Aufl., Zürich 2000, S. 305; We-
ber, Berner Kommentar zum OR, Band VI, Bern 1983, N 25 f. zu Art. 88 OR; BGE
127 III 444 = Pra 2/2002 Nr. 22). Ihre Auslegung richtet sich nach denselben Krite-
rien, die für die Auslegung der Willenserklärungen gelten (Art. 18 Abs. 1 OR). Um
darüber befinden zu können, ob die Parteien wirklich eine vollständige gegenseiti-
ge Befreiung beabsichtigten, muss zunächst nach ihrem übereinstimmenden wirk-
lichen Willen gesucht werden. Es obliegt folglich dem Richter, zunächst den wirkli-
chen Willen der Parteien festzustellen. Wenn es ihm nicht gelingt, diesen wirkli-
chen Willen zu ermitteln, wenn er feststellt, dass eine Partei den von der an-
dern geäusserten wirklichen Willen nicht verstanden hat, muss der Richter her-
auszufinden versuchen, welche Bedeutung die Parteien nach den Regeln von
Treu und Glauben ihren gemeinsamen Willenserklärungen geben konnten und
mussten. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hindert die Unterzeich-
nung einer Saldoquittung den Versicherten nur insoweit an der Erhebung neuer
Ansprüche gegen den Versicherer, als sie einen Verzicht auf diese Ansprüche
darstellt; verzichten kann der Versicherte aber nur auf Ansprüche, die er kannte
deren Erwerb er wenigstens als eine Möglichkeit in Betracht zog (BGE 100 II
42, 68 II 189).



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Zu Recht haben die Vorderrichter angenommen, der vom Kläger geltend
gemachte Anspruch müsse gestützt auf die Saldoklausel abgewiesen werden. Die
Auslegung, die der Berufungskläger dieser Willenserklärung geben will, dass sie
die Steuerschulden und die AHV-Sonderabgabe nicht abdecke, verletzt das Ver-
trauensprinzip. Der Äusserung, „mit dem Vollzug dieser Vereinbarung erklären
sich die Parteien in güterrechtlicher Hinsicht als per Saldo auseinandergesetzt“
kann und darf objektiv keine andere Bedeutung gegeben werden als die gemäss
klarem Wortlaut, nämlich die, dass aus Güterrecht zwischen den Parteien keine
weiteren Ansprüche bestehen. Bereits der Wortlaut der Saldoquittung schliesst die
Erhebung des Anspruches des Berufungsklägers aus. Im konkreten Falle ist nicht
nur die Ziff. 8.6 der Ehescheidungskonvention vom 26. Oktober/7. November 2000
zu berücksichtigen, sondern auch die Ziff. 8.4. Darin erklärten die Parteien, dass
sie keine gemeinsame Schulden zu teilen hätten und dass allfällig vorhandene
Schulden von derjenigen Partei zu übernehmen seien, auf deren Namen sie laute-
ten respektive auf deren Namen sie begründet wurden. Die Parteien selbst zogen
somit die Möglichkeit in Betracht, dass im Momente des Abschlusses der Verein-
barung noch zu begleichende Schulden vorhanden waren, aber sie beabsichtigten
eine vollständige gegenseitige Befreiung. Dazu gehörten auch die Steuerschulden
und die AHV-Sonderabgabe. Diese lagen nicht gänzlich ausserhalb dessen, womit
insbesondere der Kläger vernünftigerweise rechnen musste (Kramer/Schmidlin,
Berner Kommentar VI/1/1, 1986, N 39 zu Art. 18 OR). Er kann nicht behaupten, er
habe mit diesen Schulden nicht gerechnet. Er veranlasste die Verpachtung des
landwirtschaftlichen Gewerbes und die Veräusserung des Inventars und es kann
angenommen werden, dass ihm als Grundeigentümer, ehemaliger Präsident der
Gemeinde B. und Geschäftsführer des VOLG D. bewusst war, dass die Überfüh-
rung von Geschäftsvermögen ins Privatvermögen steuerrechtliche Folgen hatte.
Im Scheidungsverfahren war er durch einen Rechtsanwalt und Notar vertreten und
es ist folglich auszuschliessen, dass er mit der vereinbarten Übernahme allfällig
vorhandener Schulden keinen Bezug auf die Steuerschulden und die AHV-
Sonderabgabe nahm. Entgegen der Meinung des Berufungsklägers wurden diese
Schulden mit der Aufnahme der Ziff. 8.4 in die Ehescheidungskonvention bei der
güterrechtlichen Auseinandersetzung eben berücksichtigt und die Tatsache, dass
die Veranlagungsverfügungen und die Beitragsverfügung erst mehr als ein Jahr
später ergingen, ist irrelevant. Der Kläger rechnete mit diesen Schulden. Sie sind
folglich von der Saldoklausel der Ehescheidungskonvention erfasst und er kann
nicht die Hälfte davon auf die Berufungsbeklagte abwälzen.



10


6.
Der Berufungskläger rügt schliesslich, dass ihm sämtliche gerichtli-
che und aussergerichtliche Kosten des vorinstanzlichen Verfahren auferlegt wur-
den, obwohl die Beklagte anlässlich der Hauptverhandlung die eingereichte Wi-
derklage zurückzog und folglich auch sie kostenund entschädigungspflichtig
wurde.
Gemäss Art. 122 Abs. 1 und 2 ZPO wird die unterliegende Partei in der Re-
gel verpflichtet, sämtliche Kosten des Verfahrens zu übernehmen und dem obsie-
genden Teil alle ihm durch den Rechtsstreit verursachten, notwendigen Kosten zu
ersetzen. Hat keine Partei vollständig obsiegt, können die Kosten verhältnismässig
verteilt werden. Von diesen Regeln kann insbesondere dann abgewichen werden,
wenn die unterliegende Partei sich in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst
sah der genaue Umfang des Anspruchs für den Kläger aus objektiven Grün-
den nicht überblickbar war. Mit der Widerklage, welche die Beklagte nur als Even-
tualbegehren erhob für den Fall, dass die Klage gutgeheissen worden wäre, wurde
mit einer kurzen Begründung eine Neubeurteilung der gesamten güterrechtlichen
Auseinandersetzung verlangt. In der Widerklageantwort erstrecken sich dagegen
die Ausführungen auf über zwei Seiten. Mehrheitlich befasste sich der Kläger da-
rin aber mit dem Revisionsverfahren und nicht mit der Widerklage. Der diese be-
treffende Aufwand war somit relativ gering. Zudem sah sich die Beklagte in guten
Treuen veranlasst, die Widerklage zu erheben. Sie störte sich daran, dass die
Ehescheidungskonvention, die unter anderem mit der Annahme der Pauschalzah-
lung von Fr. 80'000.-per Saldo aus güterrechtlicher Auseinandersetzung den
Schlussstrich unter die Streitigkeiten hätte ziehen müssen, gerade in diesem
Punkte plötzlich unverbindlich sein sollte. Sie hatte das Gefühl, schon genug
nachgegeben und weniger erhalten zu haben, als ihr effektiv zustand. Liess der
Kläger den Vergleich mit Bezug auf die Steuerschulden und die AHV-
Sonderabgabe nicht gelten, ist es verständlich, dass sie die gesamte güterrechtli-
che Auseinandersetzung, die gerichtlich noch nicht beurteilt worden war, neu zur
Sprache bringen wollte. Ihr Begehren wurde gezwungenerweise durch die Klage
provoziert. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich nicht, den vorinstanzlichen
Kostenund Entschädigungsspruch zu ändern.
7.
Demnach erweist sich die Berufung als unbegründet. Sie ist abzu-
weisen.
Mit seinen Begehren um Aufhebung des angefochtenen Urteils und um
Gutheissung der Klage unterliegt der Berufungskläger. Sein Erfolg bezüglich der



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Einrede der abgeurteilten Sache ist nicht wesentlich und hat daher keinen Einfluss
auf den Kostenspruch. Die Kosten des Berufungsverfahrens gehen folglich ge-
samthaft zu seinen Lasten (Art. 122 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat Anrecht auf
eine angemessene aussergerichtliche Entschädigung (Art. 122 Abs. 2 ZPO).










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Demnach erkennt die Zivilkammer :
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, bestehend aus einer Gerichtsgebühr
von Fr. 4'000.-- und einer Schreibgebühr von Fr. 180.--, insgesamt somit Fr.
4'180.--, gehen zu Lasten des Berufungsklägers, der die Berufungsbeklagte
aussergerichtlich mit Fr. 500.-zu entschädigen hat.
3. Mitteilung
an:
__
Für die Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Präsident
Der Aktuar




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