Am 6. November 2013 kam es zu einem Unfall zwischen einem Tram und einem Fussgänger in Dübendorf. Der Fussgänger wurde verletzt und stellte daraufhin einen Strafantrag wegen fahrlässiger Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft entschied jedoch, keine Strafuntersuchung einzuleiten. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein, da er der Meinung war, dass der Tramführer fahrlässig gehandelt habe. Nach Prüfung der Umstände entschied das Gericht jedoch, dass kein strafbares Verhalten des Tramführers vorlag und wies die Beschwerde ab. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, da er das Verfahren schuldhaft verursacht hatte. Der Beschwerdeführer wehrte sich gegen diese Kostenauflage, die jedoch aufgehoben wurde, da sie gegen die Unschuldsvermutung verstiess. Das Gericht entschied, dass die Verfahrenskosten von der Staatskasse übernommen werden sollten. Der Beschwerdeführer wurde teilweise entschädigt und hatte die Möglichkeit, gegen diesen Entscheid Beschwerde in Strafsachen zu erheben.
Urteilsdetails des Kantongerichts ZB-08-32
Kanton: | GR |
Fallnummer: | ZB-08-32 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 01.12.2008 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Unternehmer; Bestellerin; Arbeit; Recht; Polstermöbel; Ablieferung; GAUCH; Verfahren; Urteil; Möbel; Klage; Stoff; Vergütung; Kantonsgericht; Auftragsformular; Meter; Klägers; Bezirksgericht; Sachen; Franken; Mehrwertsteuer; Betrag; Maloja; Beklagten; ZINDEL/PULVER; Unternehmers; Entschädigung; Kantonsgerichtsausschuss; Fauteuils |
Rechtsnorm: | Art. 363 OR ;Art. 364 OR ;Art. 367 OR ;Art. 372 OR ;Art. 74 OR ;Art. 92 OR ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | -, Zürcher Kommentar Band V, 2d, Art. 367 OR, 1998 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Entscheid des Kantongerichts ZB-08-32
Kantonsgericht
von
Graubünden
Dretgira
chantunala
dal
Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 01. Dezember 2008
Schriftlich mitgeteilt am:
ZB 08 32
Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen
Rehli und Tomaschett-Murer
Aktuar Engler
——————
In der zivilrechtlichen Beschwerde
der Z., Beklagte und Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur.
Ladina Sturzenegger, Anwaltsbüro lic. iur. Marco Pool, Via Tinus 3, 7500 St.
Moritz,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses M a l o j a vom 8. April 2008, mitge-
teilt am 29. August 2008, in Sachen des Y., Kläger und Beschwerdegegner, ver-
treten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Bruno Derrer, Dufourstrasse 101, 8008 Zürich,
gegen die Beklagte und Beschwerdeführerin,
betreffend Forderung,
hat sich ergeben:
2
A.
Im Juli 2004 übernahm Y. in St. Moritz in La Punt-Chamues-
ch von Z. Polstermöbel (ein Zweiersofa und zwei Fauteuils), welche neu überzo-
gen werden sollten. Er führte die Arbeit jedoch nicht selber aus, sondern beauf-
tragte damit den Tapezierer/Dekorateur W..
Auf einem Auftragsformular, welches das Datum des 14. Juli 2004 trägt
und auf dem Z. zwar ihren Stempel angebracht, das sie indessen weder unter-
zeichnet noch Y. erstattet hat, ist ein Materialbedarf (ADO-Stoffe Nr. 6020/61)
von 17,5 Metern à 168 Franken vermerkt (Fr. 2940.00), desgleichen ein Arbeits-
aufwand von 42 Stunden à 78 Franken (Fr. 3276.00). Zu diesen insgesamt Fr.
6216.00 wurden 7,6 % Mehrwertsteuer (Fr. 472.00) hinzugerechnet, was ein
Zwischentotal von Fr. 6688.00 ergab. Nach Abzug eines Spezialrabattes von 10
% (Fr. 668.00) verblieb ein Nettopreis von Fr. 6020.00. Weiter kann dem Formu-
lar entnommen werden, dass die Möbel in La Punt-Chamues-ch abgeholt wer-
den müssten und auch tatsächlich mitgenommen worden seien und dass sie
nach vorheriger telefonischer Absprache bis zum 30. Juli 2004 an eine Adresse
in Zürich zu liefern seien, wobei das Entgelt für die Polsterarbeiten bei Abliefe-
rung der Ware bar zu entrichten sei.
In einem Schreiben vom 09. August 2004 bedankte sich Z. bei W. für die
Zustellung eines Stoffmusters. Sie bestätigte, es entspreche dem, welches sie
(bei Y.) ausgewählt habe. Ausserdem ersuchte sie ihn, mit der Lieferung der
durch ihn überholten Polstermöbel vorerst zuzuwarten, da ihr neues Büro in Zü-
rich noch nicht bezugsbereit sei. In einem an Y. gerichteten Schreiben vom 20.
September 2004 machte Z. geltend, dass der in der Offerte angegebene und von
ihr nie genehmigte Stoffpreis von 168 Franken pro Meter völlig überrissen sei.
Sie sei nicht bereit, mehr als 110 Franken pro Meter zu bezahlen, was bei 17,5
Metern einen Betrag von Fr. 1925.00 ausmachen würde. Zusammen mit den Fr.
3276.00 für den Arbeitsaufwand und unter Berücksichtigung des Rabatts von 10
% (Fr. 520.00) auf dem Zwischentotal von Fr. 5201.00 ergebe sich ein Entgelt in
der Höhe von Fr. 4681.00, welches sie bei einer gütlichen Streitbeilegung und
bei korrekter Lieferung der Möbel entrichten würde.
Y. entschädigte W. für seine Bemühungen in Zusammenhang mit dem
Neubeziehen der Z. gehörenden Polstermöbel. Nach Beendigung der Arbeiten
holte er das Sofa und die beiden Fauteuils bei ihm wieder ab. Seither werden sie
offenbar von Y. verwahrt. Eine Auslieferung an Z. erfolgte jedenfalls nicht. Sie
3
ihrerseits leistete bislang keinerlei Zahlungen, sondern erhob vielmehr in einer
von Y. angestrengten Betreibung über Fr. 6020.00 Rechtsvorschlag.
B.
Am 23. Januar 2007 liess Y. beim Kreispräsidenten Oberengadin
als Vermittler eine gegen Z. gerichtete Forderungsklage anhängig machen. Laut
dem Leitschein vom 19. März 2007 hatten die Parteien an der Sühneverhand-
lung vom 02. März 2007 die folgenden Anträge gestellt:
Klägerisches Rechtsbegehren
„1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von Fr.
6020.00, zuzüglich 5 % Zins seit 06.08.2004, sowie Fr. 170.00 zu
bezahlen.
2. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger ab 01.08.2004 eine
monatliche Lagergebühr von Fr. 20.00 zu bezahlen.
3. Es sei die Beklagte zu verpflichten, die in ihrem Eigentum befindliche
Polstergruppe (ein Zweier-Sofa und zwei grosse Fauteuils) innert 10
Tagen nach Bezahlung des ausstehenden Betrages aus den Räum-
lichkeiten des Klägers zu entfernen, alles unter Kostenund Ent-
schädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.“
Beklagtisches Rechtsbegehren
„1. Abweisung der Klage.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Klägers.“
C.
Mit Prozesseingabe vom 04. April 2007 unterbreitete Y. die Streit-
sache dem Bezirksgericht Maloja, wobei er an seinem ursprünglichen Rechtsbe-
gehren grundsätzlich festhielt. Als Ersatz für die von ihm zu bevorschussende
Gebühr für das Vermittlungsverfahren verlangte er nunmehr aber statt der mut-
masslichen Fr. 170.00 die vom Kreisamt Oberengadin tatsächlich in Rechnung
gestellten Fr. 300.00. Angesichts der Höhe des Streitwerts (rund Fr. 6600) wurde
die Angelegenheit in der Folge vom Bezirksgerichtsausschuss entgegengenom-
men.
D.
In ihrer Prozessantwort vom 12. Juni 2007, der Post übergeben am
14. Juni 2007, stellte Z. demgegenüber den Antrag, es sei die Klage vollumfäng-
lich abzuweisen, unter vermittleramtlicher, gerichtlicher und aussergerichtlicher
Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Klägers. Ausserdem erhob die
Beklagte für Schadenersatz und vorprozessualen Aufwand eine Gegenforderung
in der Höhe von Fr. 18'999.00.
4
E.
Ein weiterer Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
F.
Mit Urteil vom 08. April 2008, mitgeteilt am 29. April 2008 (Kurzbe-
gründung) bzw. am 29. August 2008 (Vollausfertigung), erkannte der Bezirksge-
richtsausschuss Maloja:
„1. Die Klage wird teilweise gutgeheissen und die Beklagte wird ver-
pflichtet, dem Kläger CHF 5594.40, zuzüglich Zins zu 5 % seit 20.
September 2004, zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Lagergebühr von
CHF 20.00 je Monat, vom 9. August 2004 bis und mit 13. Oktober
2005, zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verpflichtet, innert 10 Tagen nach Bezahlung des
ausstehenden Betrages, die eingelagerten Möbelstücke in den
Räumlichkeiten des Klägers auf eigene Kosten abzuholen.
4. Die Verfahrenskosten, bestehend aus einer Gerichtsgebühr von CHF
2500.00 und einer Schreibgebühr von CHF 500.00 sowie den vermitt-
leramtlichen Kosten von CHF 300.00, werden der Beklagten aufer-
legt.
5. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger ausseramtlich mit CHF
8100.00 zu entschädigen.
6. (Rechtsmittelbelehrung).
7. Mitteilung an: “
G.
Hiergegen liess Z. am 24. September 2008 beim Kantonsgerichts-
ausschuss von Graubünden Beschwerde einreichen mit dem Begehren:
„1. Es seien die Ziffern 1-5 des Urteils des Bezirksgerichtsausschusses
Maloja vom 8. April / 29. April / 29. August 2008 aufzuheben.
2. Es sei die Klage vollumfänglich abzuweisen.
3. Unter vollumfänglicher vermittleramtlicher, gerichtlicher und ausser-
gerichtlicher Kostenund Entschädigungsfolge zulasten des Beru-
fungsbeklagten.“
H.
In seiner Vernehmlassung vom 04. November 2008 liess Y. dem-
gegenüber beantragen:
„1. Es sei die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen.
2. Es sei das Urteil der Vorinstanz vom 8. April 2008 vollumfänglich zu
bestätigen, alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten
der Beklagten.“
5
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung:
1.
Nach den Akten, insbesondere der insoweit übereinstimmenden
Sachdarstellung der Parteien, verpflichtete sich Y. als Unternehmer gegenüber
Z., ihr gehörende Polstermöbel mit einem konkret bezeichneten Stoff neu zu
überziehen, während die Bestellerin ihm für den Arbeitserfolg eine Vergütung in
Form einer Geldzahlung zu entrichten hatte, die der Höhe nach noch nicht be-
stimmt war, es im Voraus aber auch nicht zu sein brauchte. Es liegt also eine
werkvertragliche Bindung vor (vgl. GAUCH, Der Werkvertrag, 4. Aufl., Zürich
1996, Rz. 6 f., 18, 28 und 110 f.; ZINDEL/PULVER, Basler Kommentar, Obligatio-
nenrecht I, 4. Aufl., Basel 2007, Art. 363 OR N. 1 ff.).
Der Unternehmer hat das versprochene Werk indessen nicht nur herzu-
stellen, sondern er muss es der Bestellerin auch abliefern. Dies geschieht durch
körperliche Übertragung, durch die Überführung der neu gefertigten Sache in
den unmittelbaren Besitz und damit in die tatsächliche Verfügungsgewalt der
Bestellerin bzw. in Fällen wie dem vorliegenden durch die Rückgabe der bearbei-
teten Sache, die dem Unternehmer als Werkgegenstand überlassen worden war
(vgl. GAUCH, a. a. O., Rz. 86 ff.; BÜHLER, Zürcher Kommentar Band V/2d, 3. Aufl.,
Zürich 1998, Art. 367 OR N. 11).
2.
Die Ablieferung durch Übergabe des vollendeten Werks kann Ge-
genstand einer Bring-, Holoder Versendungsschuld sein (vgl. Gauch, a. a. O.,
Rz. 89). Im vorliegenden Fall wurde klar Ersteres vereinbart. Aus einem zu den
Akten gegebenen Prospekt, in welchem Y. seine Polsterwerkstatt anpreist (BB
3), geht unmissverständlich hervor, dass er neu zu überziehende Möbel bei den
Kundinnen und Kunden abholen und sie ihnen nach rund einer Woche wieder
zurückbringen werde. Dieses Angebot ist vergleichbar mit der vom Fachhandel
bei Kaufverträgen auch heute noch geübten Praxis, wonach Waren von einem
gewissen Umfang von einer grösseren Menge den Käufern an ihren Woh-
nort geliefert werden (vgl. WEBER, Berner Kommentar Band VI/1/4, 2. Aufl., Bern
2005, Art. 74 OR N. 79). In Anlehnung an die Angaben in den Werbeunterlagen
wurde auf dem mit 14.07.2004 datierten Auftragsformular festgehalten, dass sich
die im Engadin abzuholenden Polstermöbel bereits im Besitz des Unternehmers
befänden und dass er sie nach vorheriger telefonischer Absprache (neu bezo-
gen) den Wünschen von Z. entsprechend nach Zürich an eine von ihr zu nen-
nende Adresse zu liefern habe. Dies deutet auf eine Bringschuld des Unterneh-
6
mers hin. Es gibt denn auch keine Anhaltspunkte, dass sich die Bestellerin im
Zeitpunkt, als sie Y. die zu überholenden Möbel überliess, bereit erklärt hatte, sie
werde nach Beendigung der Arbeit selber dafür sorgen, dass die neu bezogenen
Gegenstände an ihren Bestimmungsort gelangten. Ebenso wenig lässt sich be-
legen, dass solches Z. damals überhaupt vorgeschlagen wurde dass sie
sich nachträglich auf ein entsprechendes Begehren von Y. hin mit einer Um-
wandlung der ursprünglichen Bringschuld des Unternehmers in eine Holschuld
der Bestellerin einverstanden erklärt habe. Dem ist gerade nicht so. Als sie mit
Schreiben vom 09. August 2004 darum ersuchte, dass mit der Rückgabe bzw.
Rücknahme der Möbel noch etwas zugewartet werden solle, weil die neuen
Räumlichkeiten in Zürich noch nicht bezugsbereit seien, tat sie dies nicht etwa
mit der Erklärung, dass sie die ihr gehörenden Gegenstände aus dem eben ge-
nannten Grund später als vorgesehen beim Unternehmer abholen werde, son-
dern sie sprach ausdrücklich von der Lieferung, die zurzeit noch nicht erfolgen
solle. Die Rückgabe der neu bezogenen Polstermöbel blieb also eine Bring-
schuld des Unternehmers.
3.
Die von der Bestellerin zu entrichtende Vergütung wird im Zeitpunkt
der Ablieferung des beendeten Werkes fällig (Art. 372 Abs. 1 OR), also weder
früher - nicht schon mit Abschluss sämtlicher vom Unternehmer zu verrichten-
den Arbeiten - noch später - nicht erst nach der ordnungsgemässen Prüfung
des abgelieferten Werkes durch die Bestellerin - , und dies unbesehen des Um-
standes, ob der Unternehmer bereits Rechnung gestellt hat nicht (vgl.
GAUCH, a. a. O., Rz. 1153 und Rz. 1159; ZINDEL/PULVER, a. a. O., Art. 372 OR N.
2 und N. 6). In Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung, von der freilich
durch Parteiabrede abgewichen werden kann (vgl. GAUCH, a. a. O., Rz. 1162),
enthält das von Y. verwendete Auftragsformular den (sinngemässen) Vermerk,
dass der für den Arbeitserfolg vereinbarte Preis bei der Ablieferung des Werks
bar zu bezahlen sei, bei körperlichen Sachen also Zug um Zug mit deren Über-
gabe (vgl. GAUCH, a. a. O., Rz. 1153; ZINDEL/PULVER, a. a. O., Art. 372 OR N. 2).
Da Z. selber nicht behauptet, dass sie sich nach entsprechenden Verhandlungen
mit Y. über einen späteren Fälligkeitstermin geeinigt habe, darf als erstellt ange-
sehen werden, dass sie sich in Kenntnis der aus dem Auftragsformular ersichtli-
chen Angaben zu den Lieferbedingungen der darin enthaltenen, mit Art. 372
Abs. 1 OR übereinstimmenden Fälligkeitsregelung ebenfalls unterziehen wollte.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch keine Anhaltspunkte, dass die Parteien
nachträglich Vorauszahlung abgemacht hätten. Das Schreiben, welches der Un-
7
ternehmer am 03. September 2004 an Z. gerichtet hatte, erlaubt den Schluss auf
eine Vertragsänderung jedenfalls nicht. In erster Linie versuchte Y. darin, den
von ihm geforderten Werklohn von Fr. 6020.00 zu rechtfertigen. Anschliessend
machte er dann der Bestellerin einen ausdrücklich als solchen bezeichneten
Vorschlag, die genannte Vergütung nunmehr umgehend zu bezahlen, ohne frei-
lich auch nur andeutungsweise darzutun, wann er sich mit Z. darüber verständigt
haben will, dass seine Arbeit vor der Rückgabe der Polstermöbel abgegolten
werden müsse. Das Schreiben stellte insofern einzig eine Offerte dar, dass an
die Stelle des ursprünglichen Zug-um-Zug-Geschäftes die Vorleistungspflicht der
Bestellerin treten solle. Solchem hat Z. indessen nach den Akten nie zugestimmt.
Unter den Parteien herrscht Einigkeit darüber, dass die Bestellerin das
Sofa sowie die beiden Fauteuils, welche der Unternehmer neu beziehen sollte,
nicht mehr zurückerhalten hat, es bislang also zu keiner Ablieferung im be-
schriebenen Sinne gekommen ist. Damit aber ist nach dem Gesagten der für das
Arbeitsergebnis geschuldete Werklohn noch nicht zur Zahlung fällig geworden.
Dies hat zur Folge, dass die Klage des Unternehmers in Gutheissung der Be-
schwerde und in Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zurzeit abgewiesen
werden muss.
4.
Verweigert verzögert die Bestellerin Handlungen, ohne die der
Unternehmer im konkreten Fall das vollendete Werk nicht abliefern kann, gerät
sie in Annahmeverzug (vgl. GAUCH, a. a. O., Rz. 1326; WEBER, a. a. O., Art. 91
OR N. 11 ff.). Dies erlaubt es dem Unternehmer, sich durch Hinterlegung der
Sache von seiner Ablieferungspflicht zu befreien (vgl. GAUCH, a. a. O., Rz. 91;
WEBER, a. a. O., Art. 92 OR N. 5).
In den Akten finden sich keine brauchbaren Belege, dass Y. Z. zu irgend-
einem Zeitpunkt den Abschluss der Polsterarbeiten angezeigt und er sie unmiss-
verständlich aufgefordert hat, ihm in Präzisierung und Ergänzung der Angaben
auf dem Auftragsformular bekannt zu geben, zu welchem Zeitpunkt und an wel-
chem Ort er ihr die Möbel zurückgeben könne. Ebenso wenig ist erstellt, dass er
Grund zur Annahme hatte, sie werde ihm diese notwendigen Hinweise ohnehin
vorenthalten, weil sie an der Abnahme der Sachen gar nicht ernstlich interessiert
gewesen sei. Solches wird vom Unternehmer zu Recht auch gar nicht behauptet.
Z. darf also nicht vorgeworfen werden, sie habe Y. durch ungenügendes Mitwir-
ken an der Erfüllung eines hinreichenden Leistungsangebots gehindert. In An-
8
nahmeverzug geriet die Bestellerin aber auch nicht etwa dadurch, dass sie am
09. August 2004 darum bat, mit der Ablieferung noch etwas zuzuwarten. Es deu-
tet nichts darauf hin, dass der Unternehmer hiermit nicht einverstanden war und
er auf der sofortigen Rücknahme der Möbel beharrte, aber, dass er vorerst
noch etwas Zeit verstreichen liess, dann aber klar zu verstehen gab, dass nun-
mehr die Ablieferung erfolgen müsse, und dass Z. zu alldem nicht Hand bot.
Liegt nach dem Gesagten also kein Annahmeverzug der Bestellerin vor,
bleibt es dabei, dass die für den Arbeitserfolg geschuldete Vergütung mangels
Ablieferung der bearbeiteten Sachen nach wie vor nicht zur Zahlung fällig ist.
Hieran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn sich Z. entgegen dem Ge-
sagten bereits im Annahmeverzug befinden würde. Der Unternehmer behauptet
gar nicht erst, dass er die neu bezogenen Polstermöbel auf richterliche Anord-
nung hin aber ohne Anrufung des Richters in einem geeigneten Lager-
haus zuhanden der Bestellerin untergebracht und sich so von seiner Abliefe-
rungspflicht befreit habe (vgl. hierzu WEBER, a. a. O., Art. 92 OR N. 85 ff. und N.
109 ff.). Damit kann er von der Beklagten auch keine Erstattung von Lagerge-
bühren fordern.
Anzumerken ist darüber hinaus, dass die Rücknahme der Polstermöbel
(die der Ablieferung entsprechende Abnahme des Werks; vgl. GAUCH, a. a. O.,
Rz. 97) und damit die Entrichtung der geschuldeten Vergütung nicht mit dem
Einwand verweigert werden kann, es liege noch gar kein vollendetes Werk vor,
weil Y. die Arbeit, statt sie selber zu leisten, durch einen Subunternehmer habe
ausführen lassen. Da es bei den hier interessierenden Polsterarbeiten nicht auf
die persönlichen Eigenschaften des Unternehmers ankam und da eine abwei-
chende Parteivereinbarung, wonach er die ihm überlassenen Sachen selber hät-
te überziehen müssen, nicht erstellt ist, war es Y. unbenommen, hiermit in der
Person von W. einen anderen Fachmann zu betrauen (vgl. ZINDEL/PULVER, a. a.
O., Art. 364 OR N. 29 f.). Als Z. hiervon erfuhr, billigte sie im Übrigen dieses Vor-
gehen, wie ihrem Schreiben vom 09. August 2004 an den Subunternehmer ent-
nommen werden kann.
5.
Im Hinblick darauf, dass es nach Jahren möglicherweise doch noch
zur Ablieferung der neu überzogenen Polstermöbel und zur Bezahlung von
Werklohn kommt, erscheinen noch einige ergänzende Bemerkungen angezeigt.
Unbestritten ist, dass sich Z. seinerzeit mit Y. nicht auf die von ihm geforderten
9
Fr. 6020.00 einen anderen festen Preis zu einigen vermochte. Sollte auch
künftig keine Übereinkunft gelingen, müsste die von der Bestellerin geschuldete
Vergütung durch den Richter festgelegt werden, und zwar anhand des dem Un-
ternehmer erwachsenen notwendigen Personalund Sachaufwands, unter Ein-
rechnung angemessener Zuschläge für die Generalunkosten und den Ge-
schäftsgewinn (vgl. GAUCH, a. a. O., Rz. 946 ff.; ZINDEL/PULVER, a. a. O., Art. 374
OR N. 11 ff.).
Laut den Angaben auf dem Auftragsformular ermittelte der Unternehmer
die Fr. 6020.00 wie folgt: Fr. 2940.00 Materialbedarf (17,5 m à Fr. 168.00), sowie
Fr. 3276.00 Arbeitsaufwand (42 Std. à Fr. 78.00), zuzüglich Fr. 472.00 Mehr-
wertsteuer (7,6 % auf Fr. 6216.00) und abzüglich Fr. 668.00 Spezialrabatt (10 %
auf Fr. 6688.00). - Die 42 Std. à Fr. 78.00 Arbeitsaufwand erachtete Z. in ihrem
Schreiben vom 20. September 2004 selber als angemessen, so dass an diesen
Fr. 3276.00 keine Abstriche vorzunehmen sind. Auf der anderen Seite besteht
aber auch kein Anlass, Y. in diesem Teilbereich einen Zuschlag zu gewähren.
Stundenzahl und -ansatz beruhen auf seinen eigenen Berechnungen, die er
grundsätzlich gegen sich gelten lassen muss, und es ist auch nicht ersichtlich,
welche aussergewöhnlichen, nicht vorhersehbaren Umstände das Werk verteu-
ert haben könnten. - Nach den Behauptungen von Z., welche sich hierbei auf
Auskünfte der Lieferantin beruft, belief sich der Einstandspreis des durch den
Unternehmer verwendeten Stoffes auf Fr. 55.00 pro Meter. Y. will hierfür rund
das Dreifache bezahlt erhalten. Im Gegensatz zu jenen Branchen, in denen die
eingekaufte Ware (Kleidungsstücke etwa) unverändert weiterveräussert wird und
in denen dem Bedürfnis nach Deckung der Unkosten und Erzielung von Gewinn
durch eine Vervielfachung des Einstandspreises Rechnung getragen wird, sind
diese Zuschläge in Fällen wie dem vorliegenden in erster Linie im Preis pro auf-
gewendete Arbeitsstunde enthalten. Da er durch den Unternehmer nicht ausser-
gewöhnlich tief angesetzt wurde, dürfte beim Preis pro Meter Stoff mehr als eine
Verdoppelung des Einstandspreises auf die von Z. anerkannten Fr. 110.00 kaum
zu rechtfertigen sein, und es besteht auch kein Grund, bei der Stoffmenge die
vom Unternehmer ursprünglich selber als ausreichend angesehenen 17,5 m zu
erhöhen. Der Materialbedarf ist demnach mit Fr. 1925.00 zu veranschlagen (17,5
m à Fr. 110.00). - Laut dem eigenen Zugeständnis an der erstinstanzlichen
Hauptverhandlung ist Y. gar nicht mehrwertsteuerpflichtig, so dass ihm Z. unter
diesem Titel nichts schuldet. - Dass er die 10 % Spezialrabatt auf der grundsätz-
lich zu entrichtenden Vergütung nur unter Bedingungen zugestanden habe, wel-
10
che heute nicht mehr erfüllt seien, macht Y. selber nicht geltend. Von den als
ausgewiesen angesehenen Fr. 5201.00 sind somit noch Fr. 520.00 abzuziehen.
- Insgesamt ergibt dies einen Werklohn von Fr. 4681.00, wobei es sich beim
eben Gesagten um vorläufige Überlegungen handelt, ohne Bindungswirkung in
einem allfälligen weiteren gerichtlichen Verfahren.
6.
Nach dem Ergebnis des Beschwerdeverfahrens muss das ange-
fochtene Urteil aufgehoben und die Klage zurzeit abgewiesen werden. Y. ist da-
mit im erstinstanzlichen Verfahren unterlegen, was dazu führt, dass er sowohl
die Kosten des Kreisamtes Oberengadin wie jene des Bezirksgerichtsausschus-
ses Maloja zu tragen hat. Ausserdem ist er zu verpflichten, Z. für deren Umtriebe
im Verfahren vor den genannten Behörden eine angemessene Entschädigung
zu bezahlen, wobei der unter diesem Titel geforderte Betrag (Fr. 5321.40, die
Mehrwertsteuer eingeschlossen) zu keinen Kürzungen Anlass gibt.
Z. ist mit ihrem Rechtsmittel gegen den Widerstand des Klägers vollstän-
dig durchgedrungen. Damit gehen die Kosten des Verfahrens vor Kantonsge-
richtsausschuss, bestehend aus einer auf Fr. 1500.00 festzulegenden Gerichts-
gebühr und einer Schreibgebühr von Fr. 192.00, total somit Fr. 1692.00, eben-
falls zulasten von Y., der darüber hinaus verpflichtet wird, der Gegenpartei für
das Beschwerdeverfahren eine angemessene Umtriebsentschädigung zu ent-
richten. Sie wird dem mutmasslichen notwendigen Aufwand entsprechend und
unter Einrechnung der Mehrwertsteuer auf Fr. 1500.00 festgesetzt.
11
Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss:
1. Die
Beschwerde
wird gutgeheissen und es wird das angefochtene Urteil
aufgehoben.
2.
Die Klage wird im Sinne der Erwägungen zurzeit abgewiesen.
3.
Die Kosten des Vermittlungsverfahrens von Fr. 300.00 sowie jene des
Verfahrens vor Bezirksgerichtsausschuss Maloja von Fr. 3000.00 gehen
zulasten des Klägers, welcher überdies verpflichtet wird, der Beklagten für
diese Verfahren eine Umtriebsentschädigung von Fr. 5321.40 zu bezah-
len, die Mehrwertsteuer eingeschlossen.
4.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1692.00 (Gerichtsgebühr
Fr. 1500.00, Schreibgebühr Fr. 192.00) gehen zulasten des Beschwerde-
gegners, welcher überdies verpflichtet wird, der Beschwerdeführerin für
das Verfahren vor Kantonsgerichtsausschuss eine Umtriebsentschädi-
gung von Fr. 1500.00 zu bezahlen, die Mehrwertsteuer eingeschlossen.
5.
Gegen diese einen Streitwert von weniger als 30'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 2 lit. a des
Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das
Schweizerische Bundesgericht geführt werden, falls sich eine Rechtsfrage
von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Andernfalls ist die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG gegeben. In beiden
Fällen ist das Rechtsmittel dem Bundesgericht innert 30 Tagen seit
Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung schriftlich in
der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die
Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen
und das Verfahren der Beschwerden gelten die Art. 29 ff., 72 ff., 90 ff. und
113 ff. BGG.
6. Mitteilung
an:
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