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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZB-08-30: Kantonsgericht Graubünden

In dem vorliegenden Fall wurde der Beschuldigte in verschiedenen Anklagepunkten schuldig gesprochen, darunter banden- und gewerbsmässiger Diebstahl, versuchte Vergewaltigung, einfache Körperverletzung, Drohung und diverse weitere Delikte. Die Vorinstanz verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren und einer Geldstrafe. Die Privatklägerin erhielt eine Genugtuung von Fr. 5'000.- zugesprochen. Die Gerichtskosten wurden dem Beschuldigten auferlegt. Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, fällte das Urteil am 22. Oktober 2013.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZB-08-30

Kanton:GR
Fallnummer:ZB-08-30
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZB-08-30 vom 01.12.2008 (GR)
Datum:01.12.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Amtsbefehls-/Vermittlungsverfahren (Einräumung eines Notweges)
Schlagwörter : äsident; Kreispräsident; Gesuch; Parteien; Parzelle; Vergleich; Kanton; Kantonsgericht; Entschädigung; Verfahren; Verfügung; Kantonsgerichts; Abschreibung; Gesuchsgegner; Notweg; Kantonsgerichtsausschuss; Gesuchsteller; Durchfahrt; Kreisamt; Vergleichs; Sinne; Abschreibungsverfügung; Kreispräsidenten; Entscheid; Regelung; Zufahrt
Rechtsnorm:Art. 146 ZPO ;Art. 147 ZPO ;Art. 152 ZPO ;Art. 153 ZPO ;Art. 16 ZPO ;Art. 17 ZPO ;Art. 18 ZPO ;Art. 19 ZPO ;Art. 50 ZPO ;Art. 63 ZPO ;Art. 694 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZB-08-30

Kantonsgericht
von
Graubünden
Dretgira
chantunala
dal
Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 01. Dezember 2008
Schriftlich mitgeteilt am:
ZB 08 30

Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen
Rehli und Tomaschett-Murer
Aktuar Engler
——————
In der zivilrechtlichen Beschwerde
der Z., Gesuchsgegnerin (Beklagte) und Beschwerdeführerin, sowie
des Y., Gesuchsgegner (Beklagter) und Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Lukas Bühlmann, Mätzler & Partner,
Grossfeldstrasse 45, 7320 Sargans,

gegen

die Abschreibungsverfügung des Kreispräsidenten W . vom 23. September
2008, mitgeteilt am 25. September 2008, in Sachen des X., Gesuchsteller (Klä-
ger) und Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Erich Vogel,
Schulstrasse 1, Postfach 115, 7302 Landquart, gegen die Gesuchsgegnerin
(Beklagte) und Beschwerdeführerin sowie den Gesuchsgegner (Beklagten) und
Beschwerdeführer,
betreffend Amtsbefehls-/Vermittlungsverfahren (Einräumung eines Notweges),
hat sich ergeben:



2


A.
X. ist Eigentümer der Parzelle Nr. 1475 des Grundbuches der Stadt
W.. Auf ihr befindet sich ein Landwirtschaftsbetrieb mit Ökonomiegebäude und
Wohnhaus. Um auch mit grösseren Fahrzeugen zu seinem Betrieb zu gelangen,
beanspruchte X. offenbar seit einiger Zeit ein kleines, dreieckähnliches Boden-
stück in der Nordwestecke der Parzelle Nr. 2346. Deren Eigentümer, Z. und Y.,
suchten dies im Juni 2008 zu verhindern, indem sie im Abbiegebereich einen
Eisenpfosten einschlugen.
In der Folge wandte sich der damals noch durch V. vertretene X. mit Ein-
gabe vom 30. Juni 2008 an den Kreispräsidenten W. und ersuchte ihn gestützt
auf Art. 694 ZGB um Einräumung eines Notwegs zu landwirtschaftlichen Zwe-
cken. Ausserdem stellte er sinngemäss den Antrag, es seien geeignete vorsorg-
liche Massnahmen vorerst ohne Anhörung der Gegenpartei zu erlassen.
B.
Mit superprovisorischer Verfügung vom 04. Juli 2008, schriftlich
mitgeteilt am gleichen Tag, wies der Kreispräsident W. Y. an, den Eisenpfosten
(offenkundig jenen in der Nordwestecke der Parzelle Nr. 2346) bis spätestens
07. Juli 2008, 17.00 Uhr, zu entfernen und die Zufahrt vorläufig zu dulden.
In seiner Vernehmlassung hierzu vom 15. Juli 2008 liess Y. beantragen,
es sei die superprovisorische Verfügung ersatzlos zu streichen; sollte er weiter-
hin hinzunehmen haben, dass sein Grundstück als Zufahrt zur Parzelle des X.
benützt werde, wäre hierfür eine angemessene Vergütung festzulegen; alles un-
ter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Gegenpartei.
Mit Verfügung vom 17. Juli 2008 lud der Kreispräsident W. X. und Y. auf
den 18. August 2008 zu einer „Hauptverhandlung“ vor, zu welcher auch Z. er-
schien.
C.
Anlässlich dieser Verhandlung unterzeichneten die Parteien zu-
sammen mit dem Kreispräsidenten W. einen Vergleich, der die folgenden Rege-
lungen enthält:
„1. Dem Gesuchsteller wird die Durchfahrt (Überfahrt) über das Grund-
stück Parzelle Nr. 2346 für schwere Fahrzeuge gegen eine Entschä-
digung gestattet. Durchfahrten von Personenund Lieferwagen ist
verboten.




3


2. Die Überfahrt betrifft die obere linke Ecke der Parzelle 2346 zur Par-
zelle 1470 gemäss beiliegendem Planausschnitt. Dieser Planaus-
schnitt ist Teil dieses Vergleiches.

3. Der Gesuchsteller wird verpflichtet die entsprechenden Signalisatio-
nen anzubringen und seine Besucher auf das Fahrverbot hinzuwei-
sen. Der Gesuchsgegner klärt den Ort der Signalisationstafel ab und
teilt dies dem Gesuchsteller mit.

4. Dieses provisorische Notwegrecht ist gültig bis das eingeleitete Quar-
tierplanverfahren der Stadt W. mit dem integrierten Strassenrichtplan
in Kraft tritt und die Strasse erstellt ist.

5. Die Überfahrten werden vom Gesuchsteller den Gesuchsgegner ent-
schädigt. Die Höhe der Entschädigung wird durch die Landwirtschaft-
liche Schule, Plantahof, in Landquart festgelegt. Beide Parteien erklä-
ren sich mit diesem Entscheid einverstanden.

6. Diese Entschädigung ist rückwirkend fällig ab dem 09.07.2006.
7. Der Termin der Signalisation und die Festlegung der Entschädigung
wird auf Ende September 2008 festgelegt.
8. Die Verfahrenskosten werden geteilt.
9. Das Kreisamt W. wird ersucht, das Verfahren unter Aufnahme des
Vergleichs in den Abschreibungsbeschluss abzuschreiben.“
D.
Im Anschluss daran kam es zwischen den Parteien und dem Krei-
samt W. zu einem Briefwechsel zur Frage, wie die Gegenstand des Vergleichs
bildende Verkehrsführung kenntlich zu machen sei.
Ausserdem holte der Kreispräsident W. beim landwirtschaftlichen Bil-
dungsund Beratungszentrum Plantahof in Landquart einen Vorschlag darüber
ein, mit welchem Betrag das vorerst bloss obligatorisch eingeräumte Durch-
fahrtsrecht abzugelten sei. In seinem Bericht vom 04. September 2008 nannte
der Berater U. einen Betrag von Fr. 8.00 pro Jahr und Quadratmeter bean-
spruchte Bodenfläche. Bei geschätzten 20 m2 ergebe dies eine jährliche Ent-
schädigung von Fr. 160.00.
E.
Am 23. September 2008 erliess der Kreispräsident W. eine als Ab-
schreibungsbeschluss bezeichnete Verfügung, welche am 25. September 2008
mitgeteilt wurde. Sie lautet:
„1. Das Verfahren wird infolge amtlichen Vergleichs abgeschrieben.
2. Die jährliche Entschädigung für das Notwegrecht wird im Sinne des
Experten mit Fr. 160.00 festgelegt, rückwirkend ab dem 09.07.2006.
Die daraus resultierenden Kosten vom 01.07.2006 bis 31.12.2008 in




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der Höhe von Fr. 400.00 sind innert 30 Tagen vom Gesuchsteller
dem Gesuchsgegner zu überweisen. Die restlichen Jahre sind im Vo-
raus jeweils Ende Januar zahlbar.

3. Sollte es zu einer Dienstbarkeit kommen, muss der geleistete Ent-
schädigungsbetrag für die befristete Dauer des Notwegrechtes an die
Kosten der definitiven Dienstbarkeit zu Lasten der berechtigten Partei
angerechnet werden. Und sollte die Stadt W. das Land für die Erstel-
lung einer Zufahrt erwerben soll die gleiche Regelung angewendet
werden.

4. Die Verfahrenskosten des Kreisamtes W. von Fr. 500.00 sind von
beiden Parteien je zur Hälfte zu übernehmen und innert 30 Tagen
dem Kreisamt W. zu überweisen.

5. Die ausseramtlichen Kosten werden wettgeschlagen.
6. Gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen beim Einzelrichter des
Kantonsgerichts Beschwerde im Sinne von Art. 152 ZPO geführt
werden.“

F.
Mit Eingabe vom 06. Oktober 2008, welche vom Kantonsgerichts-
ausschuss als Beschwerde im Sinne von Art. 232 ff. ZPO entgegengenommen
wurde, fochten Z. und Y. das kreisamtliche Erkenntnis entsprechend den Vorga-
ben in der Rechtsmittelbelehrung an. Sie stellten dabei die folgenden Anträge:
„1. Ziff. I./2. des Abschreibungsbeschlusses vom 23. September 2008
des Kreisamtes W. sei aufzuheben und es sei die jährliche Entschä-
digung für das Notwegrecht rückwirkend ab dem 9. Juli 2006 auf
CHF 400.00 festzulegen.

2. Eventualiter sei Ziff. I./2. des Abschreibungsbeschlusses vom 23.
September 2008 des Kreisamtes W. aufzuheben und die Angelegen-
heit zur Neubeurteilung der jährlichen Entschädigung für das Not-
wegrecht an das Kreisamt W. zurückzuweisen.

3. Unter Kostenund Entschädigungsfolge.“
G.
In seiner Vernehmlassung hierzu vom 12. November 2008 liess X.
demgegenüber beantragen, es sei die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
überhaupt eingetreten werden könne, unter Kostenund Entschädigungsfolge zu
Lasten der Beschwerdeführer.
Sinngemäss hatte der Kreispräsident W. mit Eingabe vom 15. Oktober
2008 ebenfalls das Begehren gestellt, dass die Beschwerde abgewiesen werden
müsse.



5


Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung:
1.
Angefochten ist im vorliegenden Fall bei richtiger Betrachtungswei-
se eine im ordentlichen Verfahren ergangene prozessbeendende Verfügung ei-
nes Kreispräsidenten. Hiergegen ist die Beschwerde gemäss Art. 232 ff. ZPO an
den Kantonsgerichtsausschuss gegeben (vgl. PKG 2007-5-26). In diesem Sinne
ist auf das fristund formgerecht erhobene Rechtsmittel einzutreten.
2.
Es gibt Anhaltspunkte, dass der Kreispräsident W. der Meinung
war, er habe die Eingabe des X. vom 30. Juni 2008 als Gesuch um Erlass eines
Amtsbefehls im Sinne der Art. 145 ff. ZPO an die Hand zu nehmen. So bezog er
sich in der durch ihn am 04. Juli 2008 ergangenen superprovisorischen Verfü-
gung auf Erlass vorsorglicher Massnahmen, in welcher er Y. verpflichtete, die
Durchfahrt über die Parzelle Nr. 2346 vorläufig zu dulden und ein Hindernis, das
dem entgegenstehe, zu beseitigen, ausdrücklich auf Art. 147 ZPO, und für den
Fall der Widerhandlung gegen diese Anordnungen wurden dem Gesuchsgegner
die Nachteile gemäss Art. 153 ZPO angedroht. In der Folge wurden X. und Y. zu
einer Verhandlung vor dem Kreispräsidium aufgeboten, womit möglicherweise
ein Vortritt im Sinne von Art. 151 Ziff. 2 ZPO gemeint war. Als dann ein Vergleich
zustande kam und die Sache als erledigt abgeschrieben wurde, versah der Krei-
spräsident W. seine Verfügung vom 23. September 2008 mit der auf Art. 152
Abs. 1 ZPO abgestützten Rechtsmittelbelehrung, welche den Weiterzug von
Entscheiden regelt, die im Amtsbefehlsverfahren ergangen sind.
Nach Art. 146 ZPO ist das Befehlsverfahren zulässig zum Schutz eines
bedrohten Besitzstandes (Ziff. 1), zur Wiedererlangung eines durch verbotene
Eigenmacht entzogenen vorenthaltenen Besitzes, besonders in den Fällen
von Art. 716 und 927 ZGB (Ziff. 2), für die Ausweisung bei Miete und Pacht (Ziff.
3), bei Baueinsprachen, wenn die Verletzung privatrechtlicher Gesetzesbestim-
mungen privater Ansprüche geltend gemacht wird (Ziff. 4) sowie zur Voll-
streckung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheide (Ziff. 5).
X. bezweckt nun aber offenkundig nicht die Durchsetzung solcher An-
sprüche. Obwohl seine Eingabe vom 30. Juni 2008 von einem Laien stammt,
geht aus ihr mit hinlänglicher Klarheit hervor, dass er zulasten der im Eigentum
von Y. und Z. stehenden Parzelle Nr. 2346 einen Notweg zu landwirtschaftlichen
Zwecken eingeräumt erhalten will. Sowohl in der einleitenden Überschrift wie im



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eigentlichen Gesuchstext ist unmissverständlich hiervon die Rede, und darüber
hinaus wird auch noch ausdrücklich die massgebliche materiellrechtliche Geset-
zesbestimmung angeführt (Art. 694 ZGB).
Handelt es sich aber um eine notwegrechtliche Streitigkeit, liegt kein An-
wendungsfall von Art. 146 ZPO vor, und es konnte sich ihr also der Kreispräsi-
dent W. als Befehlsrichter gültig gar nicht annehmen. Die Angelegenheit ist viel-
mehr vor dem im ordentlichen Verfahren zuständigen Sachrichter auszutragen,
je nach dem Streitwert also vor dem Kreispräsidenten als Einzelrichter (Art. 16
ZPO), dem Bezirksgerichtspräsidenten als Einzelrichter (Art. 17 ZPO), dem Be-
zirksgerichtsausschuss (Art. 18 ZPO) dem Bezirksgericht (Art. 19 ZPO), bei
den letzteren Drei nach Durchführung eines Sühneverfahrens vor dem Kreisprä-
sidenten als Vermittler (Art. 63 ZPO).
3.
Die durch ihn erlassene Abschreibungsverfügung vom 23. Septem-
ber 2008 und die ihr vorangegangenen Anordnungen dürfen dem Kreispräsiden-
ten W. nun aber nicht einfach in seiner Eigenschaft als Einzelrichter zugeordnet
werden, übersteigt doch der Streitwert im vorliegenden Fall die in Art. 16 ZPO
festgelegte Obergrenze von Fr. 1000.00. Verlangt wird zwar nicht die Einräu-
mung eines dinglichen, sondern bloss eines obligatorischen Durchfahrtsrechtes,
das zeitlich erst noch beschränkt sein soll, bis zum Zeitpunkt, ab welchem eine
bessere, auf dem öffentlichrechtlichen Weg geschaffene Zufahrt zur Liegen-
schaft des Gesuchstellers zur Verfügung stehen würde. Wann dies sein wird, ist
freilich noch völlig ungewiss. Die Gutheissung des von X. geltend gemachten
Anspruchs würde bedeuten, dass man mit einem Milchtankwagen anderen
Grossfahrzeugen bis auf die Parzelle Nr. 1475 gelangen könnte. Dies aber wäre
mit betrieblichen Erleichterungen verbunden, welche über mehrere Jahre gese-
hen mit einem über Fr. 1000.00 liegenden Betrag zu veranschlagen sind. Zum
gleichen Ergebnis käme man, wenn die jährliche Entschädigung, die für das
Durchfahrtsrecht zu entrichten ist, als massgeblicher Anknüpfungspunkt angese-
hen würde. Auch sie übersteigt innert weniger Jahre den genannten Grenzwert.
4.
Bei dieser Ausgangslage muss die Eingabe des X. vom 30. Juni
2008 dahin verstanden werden, dass in einer Streitsache betreffend Einräumung
eines Notweges die Durchführung eines Vermittlungsverfahrens verlangt werde.
Der Vortritt der Parteien vom 18. August 2008 auf dem Kreisamt W. erfüllte dabei
an sich die Anforderungen an eine Sühneverhandlung, ging es doch darum, die



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Meinungsverschiedenheiten nach Möglichkeit gütlich beizulegen. Entsprechend
gingen beide Parteien denn auch in der einleitenden Formulierung ihrer Verein-
barung vom 18. August 2008 ausdrücklich von einem Vermittlungsverfahren aus.
Ausser Frage steht schliesslich, dass der Kreispräsident als Vermittler nach dem
Zustandekommen eines Vergleichs zum Erlass einer Abschreibungsverfügung
berechtigt ist. Der Kreispräsident W. liess es nun aber in seiner Verfügung vom
23. September 2008 nicht damit bewenden (Ziff. 1), sondern er traf darüber hin-
aus wie ein Sachrichter materiellrechtliche Regelungen, indem er die Höhe der
zur Abgeltung des provisorischen Durchfahrtsrechts geschuldeten Betrags fest-
legte (Ziff. 2) und für den Fall einer definitiven Lösung die bis dann bezahlten
Entschädigungen als anrechenbar bezeichnete (Ziff. 3). Hierzu war er indessen
nicht befugt (vgl. PKG 2007-5-25 E. 2 S. 27; PKG 1999-14-50 E. 3 S. 51). Inso-
weit er dadurch also seine Kompetenzen als Vermittler überschritt, ist die Ab-
schreibungsverfügung aufzuheben (vgl. PKG 2007-5-25 E. 3 S. 27).
Zusätzlich gilt es zu beachten, dass gestützt auf einen von den Parteien
abgeschlossenen Vergleich ein Verfahren nur dann abgeschrieben werden darf,
wenn diese Vereinbarung über das beiderseitige Nachgeben vollständig und klar
ist. Nötigenfalls sind die Parteien zur Verbesserung und Ergänzung anzuhalten
(vgl. PKG 1988-21-83 E. 2 S. 84; LEUCH / MARBACH / KELLERHALS / STERCHI, Die
Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl., Bern 2000, Art. 207 N. 2.c.;
FRANK / STRÄULI / MESSMER, ZPO, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozess-
ordnung, 3. Aufl., Zürich 1997, § 188 N. 18). - Nach den Ausführungen des Krei-
spräsidenten W. gegenüber dem Kantonsgerichtsausschuss, die mit dem Text
des Vergleichs vom 18. August 2008 übereinstimmen, verhandelten und einigten
sich die Parteien einzig über die Durchfahrt im Bereich der Nordwestecke der
Parzelle Nr. 2346. Um dorthin zu gelangen, muss dieses Grundstück indessen
laut dem bei den Akten liegenden Situationsplan offenbar bereits vorher (bei der
Anfahrt entlang der Westgrenze) in Anspruch genommen werden, wenn auch
nur in geringem Umfang. Die Eigentümer (Z. und Y.) scheinen dies zwar dulden
zu wollen, möglicherweise aber nur auf Zusehen hin und nur gegen entspre-
chende Entschädigung. Um eine brauchbare Grundlage für eine Streitbeilegung
zu erhalten, hätte deshalb Gegenstand des Vergleichs die Gesamtbelastung der
Parzelle Nr. 2346 sein müssen. - Die Parteien sahen offenkundig davon ab, das
genaue Mass der betroffenen Bodenfläche durch einen Geometer feststellen zu
lassen, sondern sie begnügten sich mit einer blossen Schätzung. Um spätere
Auseinandersetzungen zu vermeiden, wie sie nunmehr entstanden sind, wäre es



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deshalb angezeigt gewesen, das Ergebnis dieser Schätzung in den Vergleich
aufzunehmen. - Nach dem Willen der Parteien soll die Zufahrt über die Nord-
westecke der Parzelle Nr. 2346 nur schweren Fahrzeugen (Lastwagen etwa)
erlaubt sein, nicht aber Personenund Lieferwagen. Weiter besteht Einigkeit
darüber, dass diese Regelung vor Ort kenntlich zu machen ist. In der Vereinba-
rung vom 18. August 2008 finden sich nun aber, was zusätzlichen Konfliktstoff
bietet, keine hinreichend klaren Ausführungen darüber, wie die Signalisation
auszusehen hat, und vor allem, an welcher Stelle sie angebracht werden soll.
Die Verfügung vom 23. September 2008 muss somit auch insoweit aufge-
hoben werden, als darin die Streitsache gestützt auf einen ungenügenden Ver-
gleich als erledigt abgeschrieben wurde. Die Angelegenheit ist zur Durchführung
bzw. Fortsetzung eines ordnungsgemässen Vermittlungsverfahrens an den Krei-
spräsidenten W. zurückzuweisen. Er wird die Parteien zu einer (neuen) Sühne-
verhandlung vorzuladen und an ihr ausgehend von der Vereinbarung vom 18.
August 2008 eine umfassende Regelung der strittigen Punkte anzustreben ha-
ben. Gelingt dies, kann das Verfahren erneut abgeschrieben werden. Andernfalls
sind die Rechtsbegehren aufzunehmen und es ist in der Folge der Leitschein
auszustellen.
Anzumerken bleibt schliesslich noch, dass der Kreispräsident W. seine
Aufgaben als Vermittler auch insoweit verletzte, als er in seiner superprovisori-
schen Verfügung vom 04. Juli 2008 vorsorgliche Massnahmen traf und dadurch
in den Zuständigkeitsbereich des Bezirksgerichtspräsidenten eingriff (vgl. Art. 52
Abs. 2 ZPO in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 ZPO). Ob die dortigen Anordnungen
damit von Anfang an unbeachtlich waren, kann offen bleiben. Spätestens mit der
Gegenstand der Abschreibungsverfügung vom 23. September 2009 bildenden
Regelung sind sie jedenfalls dahingefallen, und sie leben auch nicht etwa
dadurch wieder auf, dass die Abschreibungsverfügung nunmehr aufgehoben
wird.
5.
Nach der Rückweisung der Angelegenheit zur Weiterbehandlung
wird der Kreispräsident W. die bei ihm aufgelaufenen amtlichen Kosten neu zu
verlegen haben, je nach dem Verfahrensausgang vorläufig (bei Ausstellung des
Leitscheins) aber definitiv (bei Abschreibung der Sache wegen Rückzugs,
Anerkennung, Vergleichs Auslaufenlassens des Leitscheins). Allenfalls wird



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zusätzlich über die Zusprechung von Umtriebsentschädigungen zu befinden
sein.
Z. und Y. verfolgten mit ihrem Weiterzug an den Kantonsgerichtsaus-
schuss das Ziel, eine höhere Quadratmeterentschädigung zu erhalten, als sie
der Kreispräsident W. in seiner Abschreibungsverfügung festgelegt hatte, wäh-
rend X. laut seiner Vernehmlassung die dortige Regelung bestätigt wissen wollte.
Beide Parteien drangen damit nicht durch, so dass es sich rechtfertigt, ihnen die
Kosten des Verfahrens vor Kantonsgerichtsausschuss je zur Hälfte zu überbin-
den. Die aussergerichtlichen Kosten sind bei dieser Sachlage wettzuschlagen.



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Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss:
1. Die
Beschwerde
wird
dahin entschieden, dass die angefochtene Ab-
schreibungsverfügung aufgehoben und die Sache zur Weiterbehandlung
im Sinne der Erwägungen an den Kreispräsidenten W. zurückgewiesen
wird.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1660.00 (Gerichtsgebühr
Fr. 1500.00, Schreibgebühr Fr. 160.00) gehen zu einem Zweitel unter so-
lidarischer Haftung zulasten von Z. und Y. sowie zu einem Zweitel zulas-
ten von X..
3.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Umtriebsentschädigungen
zugesprochen.
4.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 113 des Bundesgerichts-
gesetzes (BGG) subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Schwei-
zerische Bundesgericht geführt werden. Sie ist dem Bundesgericht innert
30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung
schriftlich einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation,
die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Verfassungsbe-
schwerde gelten die Art. 113-119 BGG.
5. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Präsident
Der Aktuar



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