Drei Privatkläger haben gegen ein Urteil Berufung eingelegt, jedoch versäumt, die Berufungserklärung fristgerecht einzureichen. Daher wird auf die Berufung nicht eingetreten. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen, da den Privatklägern die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde. Der Beschluss wurde vom Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, unter Vorsitz von Dr. iur. F. Bollinger gefällt.
Urteilsdetails des Kantongerichts ZB-03-35
Kanton: | GR |
Fallnummer: | ZB-03-35 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 08.12.2003 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter : | Recht; Gesuch; Kreis; Belfort; Pacht; Kreispräsident; Entscheid; Rechtspflege; Kündigung; Rechtsvertreter; Verfahren; Kantons; Prozessführung; Kantonsgericht; Gesuchsteller; Kreispräsidenten; Kantonsgerichtsausschuss; Pachtverhältnis; Beschwerdeführers; Erbengemeinschaft; Frühjahr; Entschädigung; Rechtsvertreters; ändung |
Rechtsnorm: | Art. 235 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 42 ZPO ;Art. 43 ZPO ;Art. 46 ZPO ; |
Referenz BGE: | 109 Ia 5; 128 I 225; |
Kommentar: | Frank, Sträuli, Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, Zürich, 1997 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Entscheid des Kantongerichts ZB-03-35
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 08. Dezember 2003
Schriftlich mitgeteilt am:
ZB 03 35
Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Präsident
Brunner
RichterInnen Jegen
und Riesen-Bienz
Aktuar ad hoc
Maranta
——————
In der zivilrechtlichen Beschwerde
des X., Gesuchsteller und Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur.
Fridolin Hubert, Postfach 111, Hartbertstrasse 1, 7002 Chur,
gegen
den Entscheid des Kreispräsidenten Belfort vom 4. Oktober 2003, mitgeteilt am 6.
Oktober 2003, in Sachen des Gesuchstellers und Beschwerdeführers,
betreffend unentgeltliche Rechtspflege
hat sich ergeben:
2
A.
In dem im Abschreibungsbeschluss des Bezirksgerichtspräsidenten
Albula vom 22. Januar 2003 aufgenommenen gerichtlichen Vergleich betreffend
ein Pachtverhältnis einigten sich die Parteien X. als Pächter und die Erbenge-
meinschaft A. als Verpächter unter anderem wie folgt:
„1. (...).
2.
Die Pachtdauer für die Parzellen Nr. K. „B.“, Nr. L. „C.“, Nr. M. „D.“, Nr.
N. „E.“, Nr. O. „F.“ und Nr. P. „F.“ in G. wird abschliessend und endgül-
tig bis 31. Oktober 2008 erstreckt ohne irgendeine weitere Erstre-
ckungsmöglichkeit.
3. (...).
4. Die von H. auf den verpachteten Grundstücken festgestellten Tritt-
schäden werden durch den Kläger bis spätestens 31. Mai 2003 beho-
ben. Im Zweifelsfall anerkennen die Parteien über diesen Punkt das
Urteil von H..
5. In diesem, auf den 31. Mai 2003 herzustellenden Zustand sind die
Pachtgrundstücke auch bei Ende der Pacht zu übergeben.
6. Sollte der Pächter die Trittschäden auf den Parzellen Nr. N. „E.“ und
Nr. K. „B.“ bis zum angeführten Termin nicht behoben haben hält
er sich nicht an das für bestimmte Flächen geltende Weideverbot, so
gilt dies als Grund für eine sofortige ausserordentliche Kündigung. In
einem solchen Fall ist der vorbezogene Pachtzins unter ausdrückli-
chem Vorbehalt einer Verrechnung mit Schadenersatzansprüchen pro
rata temporis zurückzuzahlen.
(...).“
B.
Anlässlich der am 4. Juni 2003 durchgeführten Begehung der Parzel-
le Nr. N. „E.“, bei der die Rechtsvertreter beider Parteien sowie X. anwesend wa-
ren, stellte H. vom Landwirtschaftlichen Bildungsund Beratungszentrum I. fest,
dass die Trittschäden auf dieser Parzelle nur teilweise gar nicht behoben
wurden. In der Folge teilte der Rechtsvertreter der Erbengemeinschaft mit Schrei-
ben vom 5. Juni 2003 dem Rechtsvertreter von X. mit, dass die Pacht sofort und
fristlos ausserordentlich gekündigt werde. Dieser entgegnete mit Schreiben vom
11. Juni 2003, dass eine Kündigung nicht zulässig bzw. erst auf das Frühjahr 2004
möglich sei.
C.
Am 20. Juni 2003 stellte die Erbengemeinschaft A. durch ihren
Rechtsvertreter beim Kreispräsidenten Belfort ein Gesuch mit folgenden Rechts-
begehren:
„1. Die ausserordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses vom 5. Juni
2003 sei für rechtsgültig zu erklären.
3
2. Der Gesuchsgegner sei anzuweisen, die Pachtgrundstücke entspre-
chend dem Entscheid Ziff. 1 hiervor zu räumen.
3. Diese Anordnung sei für den Missachtungsfall mit der ausdrücklichen
Androhung zu verbinden, dass gemäss Art. 292 StGB mit Haft
mit Busse bestraft wird, wer sich einer an ihn ergangenen behördli-
chen Anordnung widersetzt.
4. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten des Gesuchsgeg-
ners.“
Begründend wurde vorwiegend ausgeführt, dass der gerichtliche
Vergleich dieselben Wirkungen erziele wie ein rechtskräftiges Urteil. Danach sei
der ausserordentliche Kündigungsgrund gemäss Ziff. 6 des Vergleichs endgültig
und eine weitere Erstreckungsmöglichkeit der Pacht ausgeschlossen.
D.
In seiner Vernehmlassung vom 7. Juli 2003 beantragte der Rechts-
vertreter von X. die Abweisung des Gesuches der Erbengemeinschaft vom 20.
Juni 2003, soweit darauf überhaupt eingetreten werden könne, unter gesetzlicher
Kostenund Entschädigungsfolge. Zur Begründung wurde im Wesentlichen gel-
tend gemacht, dass fraglich sei, ob für eine ausserordentliche Kündigung des
Pachtverhältnisses überhaupt ein Kündigungsgrund vorliege und ob die Verein-
barung eines ausserordentlichen Kündigungsgrundes überhaupt Gültigkeit habe.
Ferner wurde dargelegt, dass selbst wenn die Vereinbarung eines ausserordentli-
chen Kündigungsgrundes gültig zu Stande gekommen und der diesbezügliche
Kündigungsgrund eingetreten wäre eine ausserordentliche Kündigung nur auf den
folgenden Frühjahrsoder Herbsttermin unter Einhaltung einer sechsmonatigen
Kündigungsfrist erfolgen könne.
E.
Parallel zur Vernehmlassung reichte der Rechtsvertreter von X. am
7. Juli 2003 beim Kreispräsidenten Belfort ein Gesuch um unentgeltliche Rechts-
pflege und Bestellung eines Rechtsbeistandes ein. Das entsprechende Rechtsbe-
gehren lautete wie folgt:
„1. Dem Gesuchsteller sei für das beim Kreispräsidenten durch die Er-
bengemeinschaft A. anhängig gemachte Befehlsverfahren betreffend
Pachtverhältnis die Befugnis zur unentgeltlichen Prozessführung zu er-
teilen.
2.
Der Unterzeichnete sei zum Rechtsvertreter des Gesuchstellers zu er-
nennen.“
Begründend wurde dargelegt, dass der Gesuchsteller X. durch die
Erbengemeinschaft in ein Gerichtsverfahren betreffend Räumung von Grundstü-
cken, welche die Erbengemeinschaft dem Gesuchsteller verpachtet hätten, invol-
4
viert worden sei. Aufgrund der sich stellenden Rechtsfragen und der Bedeutung
des Verfahrens für X. sei dieser auf eine Rechtsverbeiständung angewiesen, ins-
besondere auch weil die Gegenpartei anwaltlich vertreten werde. Daneben sei der
Gesuchsteller nicht in der Lage, für die erforderlichen Prozesskosten aufzukom-
men, was sich aus dessen Steuerrechnung 2001, dessen seitdem nicht gebesser-
ten Verhältnissen sowie einem Betreibungsregisterauszug vom 27. Oktober 2002
ergebe.
F.
Die Gemeinde G. führte in ihrer Stellungnahme vom 5. August 2003
zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege aus, dass sie an den Erfolgschancen
von X. im betreffenden Prozess zweifeln würde. In Bezug auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse von X. verwies sie auf den Auszug des Betreibungsamtes.
G.
In seinem Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege und Be-
stellung eines Rechtsbeistandes vom 4. Oktober 2003, mitgeteilt am 6. Oktober
2003, erkannte der Kreispräsident Belfort wie folgt:
„1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Bestellung eines
Rechtsbeistandes wird in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 ZPO abge-
lehnt.
2.
Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus:
- Kosten Kreisamt
Fr. 250.00
Total
Fr.
250.00
gehen an X. und sind mittels beiliegendem ES innert 30 Tagen seit
Mitteilung der Kreiskasse Belfort zu überweisen.
3. (Rechtsmittelbelehrung).
4. (Mitteilung).“
In den Erwägungen wurde ausgeführt, dass der Prozess dem Ge-
suchsteller X. aufgezwungen worden sei, da er ihn nicht selber beantragt habe,
und dass die finanziellen Gegebenheiten des Gesuchstellers eine unentgeltliche
Rechtspflege begründen würde. Indes müsse davon ausgegangen werden, dass
der Gesuchsteller eine aussichtslose Prozessführung vor sich habe, weshalb das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Bestellung eines Rechtsbeistandes
abzulehnen sei.
H.
In seinem Entscheid in der Hauptfrage betreffend Pachtverhältnis
vom 4. Oktober 2003, mitgeteilt am 6. Oktober 2003, wurde vom Kreispräsidenten
Belfort folgendes erkannt:
5
„1. X. wird in Anwendung von Art. 146 Abs. 1 Ziff. 3 angewiesen, die
Pachtgrundstücke Parz. K., L., M., N., O. und P. allesamt auf dem Ge-
biet der Gemeinde G., auf den Frühjahrstermin 2004 zu räumen.
2.
Diese Anordnung ergeht mit dem ausdrücklichen Hinweis auf Art. 292
StGB, wonach mit Haft Busse bestraft wird, wer sich einer an ihn
ergangenen Anordnung widersetzt.
3. (Kosten).
4. (Rechtsmittelbelehrung).
5. (Mitteilung).“
In den Erwägungen wurde hauptsächlich dargelegt, dass ein Kündi-
gungsgrund im Sinne des gerichtlichen Vergleichs vom 22. Januar 2003 vorliege
und eine Kündigung aufgrund des Schreibens vom 5. Juni 2003 erfolgt sei. Aller-
dings könne nicht gesagt werden, ob X. mit der Unterzeichnung des betreffenden
Vergleichs auf die ihm zustehende Kündigungsfrist gemäss Art. 17 LPG verzichtet
habe. Da dieser Punkt nicht eindeutig geregelt worden sei und Art. 29 LPG besa-
ge, dass die Bestimmung über die Kündigungsfrist zwingenden Charakter habe,
müsse diese Frist eingehalten werden, weshalb das Pachtverhältnis für alle sechs
Parzellen auf den Frühjahrstermin 2004 ende.
I.
Gegen den Entscheid des Kreispräsidenten Belfort vom 4. Oktober
2003, mitgeteilt am 6. Oktober 2003, betreffend die unentgeltliche Rechtspflege
und Bestellung eines Rechtsbeistandes (vgl. Bst. G) erhob der Rechtsvertreter
von X. am 27. Oktober 2003 beim Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Beschwerde mit folgenden Rechtsbegehren:
„1. Der angefochtene Entscheid des Kreispräsidenten Belfort sei aufzuhe-
ben.
2. Dem Beschwerdeführer sei für das beim Kreispräsidenten Belfort
durch die Erbengemeinschaft A. anhängig gemachte Befehlsverfahren
betreffend Pachtverhältnis die Befugnis zur unentgeltlichen Prozess-
führung zu erteilen.
3. Der unterzeichnete Rechtsanwalt sei zum Rechtsvertreter des Be-
schwerdeführers zu ernennen.
4. Dem Beschwerdeführer sei für das vorliegende Verfahren ebenfalls
die Befugnis zur unentgeltlichen Prozessführung zu erteilen unter
Rechtsverbeiständung durch den unterzeichneten Rechtsanwalt.
5.
Alles unter gesetzlicher Kostenund Entschädigungsfolge.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Kreispräsident Belfort wie
auch die Gemeinde G. die Voraussetzung betreffend die finanziellen Verhältnisse
des Beschwerdeführers zur Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege als er-
6
füllt angesehen habe. Abgelehnt worden sei das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege darum, weil es sich um eine aussichtslose Prozessführung seitens
X. handeln würde. Indes habe der Kreispräsident aber entschieden, dass eine
Ausweisung erst auf das Frühjahr 2004 möglich sei, womit der Beschwerdeführer
mit seinen Begehren bei der Vorinstanz zumindest teilweise durchgedrungen sei.
Daher könne nicht von aussichtsloser Prozessführung gesprochen werden, wes-
halb sich diesbezüglich der angefochtene Entscheid als willkürlich erweise.
J.
In ihrer Vernehmlassung vom 11. November 2003 stellte die Ge-
meinde G. folgende Rechtsbegehren:
„1. Die Beschwerde des X. vom 27. Oktober 2003 sei abzuweisen, soweit
darauf eingetreten werden kann.
2. Für den Fall, dass die Beschwerde gutgeheissen wird, seien die Ver-
fahrenskosten und eine allfällige aussergerichtliche Entschädigung
dem Kreis Belfort zu überbinden.
3.
Unter gerichtlicher Kostenund Entschädigungsfolge.“
In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ge-
meinde G. an den Erfolgschancen des Prozesses aus Sicht des Beschwerdefüh-
rers gezweifelt habe. Da aber der Kreispräsident Belfort einem Teil des Rechtsbe-
gehrens des Beschwerdeführers im vorinstanzlichen Verfahren stattgeben habe,
sei sein Verhalten mit der Ablehnung der unentgeltlichen Rechtspflege aufgrund
Aussichtslosigkeit der Prozessführung in der Tat widersprüchlich gewesen. Die
Gemeinde G. könne indes nicht zur Übernahme von irgendwelchen Kosten ver-
pflichtet werden, falls ein Erfolg der Beschwerde auf die Widersprüchlichkeit des
Entscheides des Kreispräsidenten Belfort zurückzuführen wäre.
Der Kreispräsident Belfort verzichtete auf die Einreichung einer Ver-
nehmlassung.
K.
Auf die weiteren Ausführungen im angefochtenen Entscheid, im Ent-
scheid des Kreispräsidenten betreffend Pachtverhältnis sowie den Rechtsschriften
wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1. a) Gemäss Art. 47a der Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden
(ZPO; BR 320.000) und Art. 232 Ziff. 8 ZPO können Entscheide über die unent-
7
geltliche Rechtspflege, die Bestellung eines Rechtsvertreters und die Festlegung
von dessen Entschädigung mit zivilrechtlicher Beschwerde wegen Gesetzesver-
letzung beim Kantonsgerichtsausschuss angefochten werden. Die Beschwerde ist
schriftlich unter Beilage des angefochtenen Entscheides und der dem Beschwer-
deführer schon erstatteten Beweisurkunden innert der peremptorischen Frist von
20 Tagen seit Mitteilung des angefochtenen Entscheides einzureichen, wobei in
der Beschwerdefrist mit kurzer Begründung anzugeben ist, welche Punkte des
Entscheides angefochten und welche Abänderungen beantragt werden (Art. 233
Abs. 1 und 2 ZPO). Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid
des Kreispräsidenten Belfort betreffend unentgeltliche Rechtspflege und Bestel-
lung eines Rechtsvertreters vom 4. Oktober 2003, mitgeteilt am 6. Oktober 2003,
welcher somit beim Beschwerdeführer frühestens am 7. Oktober 2003 eingegan-
gen ist. Mit der Übergabe der Beschwerde am 27. Oktober 2003 an die Schweize-
rische Post ist die Beschwerdefrist gewahrt. Auf die im Übrigen formgerecht einge-
reichte Beschwerde ist einzutreten.
b)
Der Kantonsgerichtsausschuss überprüft im Rahmen der Beschwer-
deanträge, ob der angefochtene Entscheid das diesem vorausgegangene
Verfahren Gesetzesbestimmungen verletzt, welche für die Beurteilung der Streit-
frage wesentlich sind (Art. 235 Abs. 1 ZPO). Die Feststellungen der Vorinstanz
über tatsächliche Verhältnisse sind für die Beschwerdeinstanz bindend, es sei
denn, sie seien unter Verletzung von Beweisvorschriften zustande gekommen,
erwiesen sich als willkürlich beruhten auf offensichtlichen Versehen (Art. 235
Abs. 2 ZPO). Bei Fragen des Ermessens greift der Kantonsgerichtsausschuss nur
ein, wenn die Ermessensbetätigung der Vorinstanz mit sachlichen Gründen nicht
mehr vertretbar und somit willkürlich ist (vgl. PKG 1987 Nr. 17).
c)
Der Beschwerdeführer beantragt in Ziff. 4 seiner Beschwerde für das
vorliegende Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege samt Rechts-
verbeiständung. Dazu ist anzumerken, dass für ein solches Gesuch der Präsident
der angerufenen Rechtsmittelinstanz zuständig ist (Art. 43 Abs. 1 und 2 ZPO).
Demnach hat nicht der Kantonsgerichtsausschuss darüber zu befinden, weshalb
das entsprechende Gesuch gemäss Ziff. 4 des Rechtsbegehrens des Beschwer-
deführers nicht in diesem Verfahren zu behandeln ist.
2.
Einer Partei, die öffentliche Sozialhilfe bezieht sonst nicht in der
Lage ist, neben dem notwendigen Lebensunterhalt für sich und ihre Angehörigen
für die erforderlichen Prozesskosten aufzukommen, ist die unentgeltliche Rechts-
8
pflege zu bewilligen (Art. 42 Abs. 1 ZPO); indes ist bei offensichtlich mutwilliger
aussichtsloser Prozessführung ein entsprechendes Gesuch abzuweisen (Art.
42 Abs. 2 ZPO). Wenn die zur unentgeltlichen Prozessführung berechtigte Partei
eines Rechtsvertreters bedarf, hat die zu deren Erteilung zuständige Instanz auf
Gesuch hin und unter Berücksichtigung der berechtigten Wünsche des Gesuch-
stellers einen Rechtsvertreter zu bezeichnen (Art. 46 ZPO). Zuständig für die Be-
urteilung des Gesuches ist der auch für das Hauptverfahren zuständige Einzelrich-
ter, für das vorinstanzliche Verfahren folglich der Kreispräsident Belfort (Art. 43
Abs. 1 ZPO). Dieser hat in diesem Verfahren (wie übrigens auch die Gemeinde
G.) aufgrund der Steuerveranlagung des Beschwerdeführers aus dem Jahre 2001
und eines Betreibungsregisterauszuges des Betreibungsamtes Belfort vom 29.
Oktober 2002 die Voraussetzung bezüglich der finanziellen Verhältnisse des Be-
schwerdeführers im Sinne von Art. 42 Abs. 1 ZPO bejaht, was denn auch nicht
gerügt wurde. Ebenso wurde aufgrund des nicht selbst eingeleiteten Prozesses
betreffend Pachtverhältnis eine offensichtlich mutwillige Prozessführung ausge-
schlossen. Somit ist im vorliegenden Verfahren einerseits darüber zu befinden, ob
der Kreispräsident das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Bestellung
eines Rechtsbeistandes zu Recht wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit des
Prozesses abgelehnt hat, und andererseits, ob im Falle der Verneinung einer aus-
sichtslosen Prozessführung und somit der zu gewährenden unentgeltlichen
Rechtspflege für das vorinstanzliche Verfahren die Notwendigkeit einer Rechts-
verbeiständung besteht.
3. a) Im Entscheid über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
hatte der Kreispräsident darüber zu befinden, ob der Beschwerdeführer bei der
Vorinstanz aus seiner Sicht vor einem offensichtlich aussichtslosen Prozess stand.
Dabei haben als aussichtslos Rechtsbegehren zu gelten, bei denen in Bezug auf
den Hauptprozess die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Ver-
lustgefahren und deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können, nicht
aber, wenn die Gewinnaussichten und die Verlustgefahren sich ungefähr die
Waage halten wenn jene nur wenig geringer sind als diese (BGE 109 Ia 5 E.
4; 105 Ia 113 f.). Bei einer Betrachtung der Rechtsbegehren der Erbengemein-
schaft A. und des Beschwerdeführers sowie einer summarischen Abklärung der
entsprechenden Sachund Rechtslage im vorinstanzlichen Prozess musste
durchaus in Betracht gezogen werden, dass es aufgrund der Bestimmung von Art.
17 des Bundesgesetzes über die landwirtschaftliche Pacht (LPG; SR 221.213.2) -
welche zwingenden Charakter hat (vgl. Art. 29 LPG) allenfalls nicht möglich sein
würde, den Beschwerdeführer sofort, d.h. zum Zeitpunkt der am 5. Juni 2003 er-
9
folgten ausserordentlichen Kündigung seitens der Erbengemeinschaft, aus der
Pacht zu weisen, sondern erst nach Ablauf einer sechsmonatigen Kündigungsfrist
auf den nächsten Frühjahrsoder Herbsttermin, mithin auf das Frühjahr 2004.
Damit bestanden im vorinstanzlichen Verfahren aber bereits gewisse Gewinnaus-
sichten für die gesuchstellende Partei, was die Abweisung des Begehrens wegen
offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Prozessführung bereits ausschloss. Dieser
vom Gesuchsteller eventualiter dargelegten Rechtsauffassung folgte der Kreisprä-
sident Belfort denn auch in seinem Entscheid vom 4. Oktober 2003 betreffend
Pachtverhältnis, indem er dem Rechtsbegehren der Erbengemeinschaft nur teil-
weise entsprochen hat, mithin in der Tat dem Rechtsbegehren des Beschwerde-
führers teilweise entsprach. Damit hat der Kreispräsident Belfort dem Beschwer-
deführer zu Unrecht die unentgeltliche Rechtspflege für das vorinstanzliche Ver-
fahren aufgrund aussichtsloser Prozessführung (Art. 42 Abs. 2 ZPO) verweigert.
b)
Ist eine Partei zur unentgeltlichen Prozessführung berechtigt, so ist
ihr auf Gesuch hin ein Rechtsvertreter zu bestellen, sofern sie für den ausstehen-
den Prozess eines solchen bedarf (Art. 46 ZPO). Nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ist dies zu bejahen, wenn die Interessen des Gesuchstellers in
schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich
machen (BGE 128 I 225 E. 2.5.2 ). Daneben ist für die Beurteilung der Notwendig-
keit einer Rechtsverbeiständung auch massgebend, ob einerseits die Gegenpartei
anwaltlich vertreten ist und ob die Partei, welche um die Rechtsverbeiständung
ersucht, rechtsunkundig ist (Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen
Zivilprozessordnung, Zürich 1997, N 9 zu § 87). Im vorinstanzlichen Verfahren
waren die Interessen des Beschwerdeführer ohne Zweifel stark betroffen, ging es
dabei doch um die Ausweisung hinsichtlich der Pacht von mehreren Parzellen, die
den Grossteil der von ihm bewirtschafteten Grundstücke ausmachen. Damit war
für ihn von grosser Tragweite, ob er seine gepachteten Grundstücke sofort
erst - nach Einbringung einer mehrerer Ernten im Frühjahr 2004 zu räumen
hat, ob er die Pacht gemäss dem gerichtlichen Vergleich vom 22. Januar
2003 sogar bis ins Jahre 2008 hätte aufrechterhalten können. Überdies waren die
sich stellenden Fragen nicht einfach zu beantworten, wie dies auch aus dem Ge-
such des Rechtsvertreters der Gegenpartei und dem Entscheid des Kreispräsiden-
ten Belfort in der Hauptsache vom 4. Oktober 2003 hervorgeht. Es musste geprüft
werden, ob ein wie im gerichtlichen Vergleich vom 22. Januar 2003 festgelegter
ausserordentlicher Kündigungsgrund überhaupt mit den zwingenden Bestimmun-
gen des LPG vereinbar ist, ob dieser beschriebene Grund überhaupt eingetreten
10
war und auf wann eine allfällige Kündigung zu vollziehen ist. Solche Fragen bieten
nicht unerhebliche Schwierigkeiten, die vor allem auch angesichts der Rechtsun-
kundigkeit des Beschwerdeführers den Beizug eines Rechtsvertreters zweifellos
erfordern. Demnach muss, auch weil die Gegenpartei im vorinstanzlichen Verfah-
ren anwaltlich vertreten war, die Notwendigkeit einer Rechtsverbeiständung im
Sinne von Art. 46 ZPO bejaht werden.
4. Im
Lichte
dieser
Erwägungen ist die Beschwerde gutzuheissen, der
angefochtene Entscheid aufzuheben und dem Beschwerdeführer für das vo-
rinstanzliche Verfahren neben der unentgeltlichen Rechtspflege auch die Rechts-
verbeiständung zu gewähren. Damit sind für das Verfahren vor dem Kreispräsi-
denten Belfort ab dem Datum der Gesuchseinreichung sämtliche Gerichtskosten,
die dem Beschwerdeführer auferlegt wurden, sowie die Kosten seiner Rechtsver-
tretung von der Wohnsitzgemeinde des Beschwerdeführers zu tragen (Art. 47 Abs.
1 ZPO). Der Kreispräsident Belfort ist gehalten, nach Anhörung der Gemeine G.
und Einforderung einer Honorarnote des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers
einen Kostenentscheid bezüglich der Entschädigung für die in seinem Verfahrens-
abschnitt entstandenen Kosten des betreffenden Rechtsvertreters zu fällen (Art.
47 Abs. 4 ZPO; vgl. dazu Urteil des Kantonsgerichtsausschusses vom 20. Oktober
2003, ZB 03 26).
Bei diesem Ausgang gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens
zu Lasten des Kantons Graubünden. Da aber ein offensichtlicher Fehler des Kreis-
präsidenten das vorliegende Beschwerdeverfahren verursacht hat, ist der Kreis
Belfort zu verpflichten, dem Beschwerdeführer für dieses Verfahren eine ange-
messene aussergerichtliche Entschädigung auszurichten.
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Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufge-
hoben.
2.
Dem Beschwerdeführer wird für das vorinstanzliche Verfahren ab Datum
der Gesuchseinreichung die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Zum
Rechtsbeistand wird Rechtsanwalt lic. iur. Fridolin Hubert, Postfach 111,
Hartbertstrasse 1, 7002 Chur, bestellt.
3.
Die Gerichtskosten und die Kosten der Rechtsvertretung für das vorinstanz-
liche Verfahren gehen - unter Vorbehalt der Rückforderung zu Lasten der
Gemeinde G.
4.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens gehen zu Lasten des Kantons
Graubünden. Der Kreis Belfort hat den Beschwerdeführer aussergerichtlich
mit Fr. 400.-zu entschädigen.
5. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Präsident:
Der Aktuar ad hoc:
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