Das Kantonsgericht von Graubünden hat in einem verwaltungsstrafrechtlichen Berufungsverfahren entschieden, die bedingte Entlassung eines Mannes namens X. zu widerrufen, der wegen verschiedener Straftaten verurteilt wurde. Trotz einer Verlängerung der Probezeit wurde die bedingte Entlassung aufgrund neuer strafbarer Handlungen während dieser Zeit aufgehoben. X. hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt, die jedoch abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten belaufen sich auf 200 CHF.
Urteilsdetails des Kantongerichts VB-04-14
Kanton: | GR |
Fallnummer: | VB-04-14 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 01.12.2004 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Widerruf der bedingten Entlassung |
Schlagwörter : | Berufung; Kantonsgericht; Entlassung; Vollzug; Graubünden; Kantonsgerichtsausschuss; Berufungskläger; Verfügung; Probezeit; Widerruf; Gefängnis; Urteil; Justiz-; Polizei; Vollzug; Untersuchungshaft; Mandat; Verkehrs; Sanitätsdepartement; Vollzugsbehörde; Rückversetzung; Freiheitsstrafe; ängert |
Rechtsnorm: | Art. 144 StGB ;Art. 146 StGB ;Art. 160 StPO ;Art. 180 StGB ;Art. 186 StGB ;Art. 190 StPO ;Art. 32 SVG ;Art. 91 SVG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Schweizer, Trechsel, , 2. Auflage, Zürich, Art. 38 StGB, 1997 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Entscheid des Kantongerichts VB-04-14
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 01. Dezember 2004
Schriftlich mitgeteilt am:
VB 04 14
(nicht mündlich eröffnet)
Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen
Heinz-Bommer und Rehli
Aktuar Crameri
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In der verwaltungsstrafrechtlichen Berufung
des X., Berufungskläger,
gegen
die Verfügung des Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepartementes Graubünden vom
13. Oktober 2004, mitgeteilt am 20. Oktober 2004, in Sachen gegen den Beru-
fungskläger,
betreffend Widerruf der bedingten Entlassung,
hat sich ergeben:
2
A.
Mit Urteil vom 15./16. März 1999 sprach die Strafkammer des Kan-
tonsgerichtes von Graubünden X. schuldig des gewerbsmässigen Betruges ge-
mäss Art. 146 Abs. 2 StGB, der mehrfachen Veruntreuung gemäss Art. 138 Ziff. 1
Abs. 1 StGB, des Pfändungsbetruges gemäss Art. 163 Ziff. 1 StGB, der einfachen
Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, der Sachbeschädigung
gemäss Art. 144 Abs. 1 StGB, der mehrfachen Drohung gemäss Art. 180 StGB,
des mehrfachen Hausfriedensbruches gemäss Art. 186 StGB, der Urkundenfäl-
schung gemäss Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB, der mehrfachen Widerhandlung ge-
gen Art. 19 Ziff. 1 Betäubungsmittelgesetz, des vorsätzlichen Fahrens in ange-
trunkenem Zustand gemäss Art. 91 Abs. 1 SVG sowie der groben Verletzung von
Verkehrsregeln gemäss Art. 32 Abs. 1 SVG und Art. 4a Abs. 1 lit. d VRV in Ver-
bindung mit Art. 90 Ziff. 2 SVG und bestrafte ihn dafür mit 2 ½ Jahren Gefängnis,
abzüglich der erstandenen Untersuchungshaft von 54 Tagen. Weiter wurden die
ihm mit den Strafmandaten der Kreispräsidenten Chur vom 3. Dezember 1992 und
Fünf Dörfer vom 22. November 1994 gewährten bedingten Vollzüge der Gefäng-
nisstrafen von 30 Tagen und 20 Tagen widerrufen und deren Vollziehung ange-
ordnet. X. trat vorzeitig die Strafen am 10. Juli 1998 in der Strafanstalt Sennhof an.
Am 24. März 1999 erfolgte der Wechsel in die Kantonalen Anstalt Realta und am
30. November 1999 der Beginn der Halbfreiheit in der Kantonalen Strafanstalt
Pöschwies, Regensdorf. Am 12. April 2000 waren zwei Drittel der Strafen ver-
büsst.
B.
Auf Begehren von X. verfügte das Justiz-, Polizeiund Sanitätsde-
partement Graubünden am 2. März 2000 die bedingte Entlassung des Gesuchstel-
lers aus dem Strafvollzug auf den 12. April 2000. Probezeit und Schutzaufsicht
wurden auf 2 Jahre festgelegt.
C.
Mit Strafmandat des Kreispräsidenten Chur vom 5. Oktober 2001
wurde X. wegen vorsätzlichen Fahrens in angetrunkenem Zustand gemäss Art. 91
Abs. 1 SVG, Widerhandlung gegen Art. 99 Ziff. 3 SVG und Übertretung des Art.
143 Ziff. 3 VZV zu 50 Tagen Gefängnis verurteilt bei unbedingtem Vollzug.
D.
Mit Verfügung vom 11. März 2002 sah das Bau-, Verkehrsund
Forstdepartement Graubünden vom Widerruf der am 2. März 2000 dem Rückfälli-
gen gewährten bedingten Strafentlassung ab, erteilte ihm indessen eine förmliche
Mahnung und verlängerte gleichzeitig die Probezeit der bedingten Entlassung und
die Schutzaufsicht um ein Jahr, somit auf insgesamt 3 Jahre.
3
E.
In der Folge bestrafte die Bezirksanwaltschaft T-3 Zürich mit Straf-
mandat vom 14. April 2003 X. wegen Zechprellerei, begangen am 9. Mai 2002, mit
90 Tagen Gefängnis. Sodann wurde X. vom Bezirksgericht Bülach mit Urteil vom
11. Mai 2004 wegen Veruntreuung, verübt zwischen dem 11. und dem 30. Juni
2002, zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Bei beiden Strafen wurde deren Vollzug
unbedingt ausgesprochen.
F.
Mit Verfügung vom 13. Oktober 2004 widerrief das Justiz-, Polizei-
und Sanitätsdepartement Graubünden, gestützt auf Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 StGB, die
am 2. März 2000 X. gewährte bedingte Strafentlassung und ordnete den Vollzug
der Reststrafe von 10 Monaten und 16 Tagen Gefängnis an.
G.
Gegen diese am 20. Oktober 2004 mitgeteilte Verfügung erhob X.
mit Eingabe vom 7. November, der Post am 8. November 2004 übergeben, ver-
waltungsstrafrechtliche Berufung beim Kantonsgerichtsausschuss von Graubün-
den mit den Begehren, es sei auf den Widerruf der erwähnten Strafe zu verzichten
(Ziff. 1) und es sei die Strafvollzugsbehörde anzuweisen, die zwei Tage Untersu-
chungshaft der ausgefällten Strafe anzurechnen (Ziff. 2).
Das kantonale Departement beantragte die kostenfällige Abweisung der
Berufung.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1. Gegen
Vollzugsverfügungen des Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepar-
tementes Graubünden gemäss Art. 190 Abs. 1 StPO können der Betroffene und
der Staatsanwalt beim Kantonsgerichtsausschuss Berufung gemäss Art. 141 ff.
StPO einlegen (Art. 190 Abs. 3 StPO). Die Berufung ist innert 20 Tagen seit der
schriftlichen Eröffnung der Verfügung, unter Beilage des angefochtenen Entschei-
des, beim Kantonsgerichtsausschuss einzureichen. Sie ist zu begründen und hat
darzutun, welchen Mängel des erstinstanzlichen Entscheides Verfahrens ge-
rügt werden und ob die ganze Verfügung lediglich Teile davon angefochten
werden. Diesen Anforderungen vermag die vorliegende Berufung zu genügen.
Darauf ist somit einzutreten.
2.
Gemäss Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 StGB ordnet die zuständige Behörde
die Rückversetzung an, wenn der aus dem Strafvollzug bedingt Entlassene wäh-
rend der Probezeit eine strafbare Handlung begeht, für die er zu einer 3 Monate
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übersteigenden und unbedingt zu vollziehenden Freiheitsstrafe verurteilt wird. Ist
dieser Sachverhalt gegeben, steht der Strafvollzugsbehörde kein Ermessen zu;
der Widerruf der bedingten Entlassung und die Rückversetzung in den Strafvoll-
zug sind zwingend (Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar,
2. Auflage, Zürich 1997, N 16 zu Art. 38). Werden während der Probezeit gegen-
über dem Entlassenen mehrere Freiheitsstrafen ausgesprochen, so ist auf deren
Gesamtdauer abzustellen.
a)
Die am 2. März 2000 mit der bedingten Entlassung des Gesuchstel-
lers aus dem Strafvollzug auf den 12. April 2000 angeordnete Probezeit von 2
Jahren wurde mit Verfügung des Bau-, Verkehrsund Forstdepartementes Grau-
bünden vom 11. März 2002 um ein Jahr verlängert. Demnach dauerte die Probe-
zeit insgesamt 3 Jahre, also bis zum 12. April 2003. Die strafbaren Handlungen,
für die der Berufungskläger mit Strafmandat der Bezirksanwaltschaft T-3 Zürich
vom 14. April 2003 und mit Urteil des Bezirksgerichtes Bülach vom 11. Mai 2004
zu zwei unbedingt zu vollziehenden Strafen von 90 Tagen und 5 Monaten Ge-
fängnis verurteilt wurde, beging er am 9. Mai 2002 und zwischen dem 11. und
dem 30. Juni 2002, also während der Probezeit. Ist, wie oben ausgeführt, bei Ver-
urteilungen zu unbedingt zu vollziehenden Freiheitsstrafen von über 3 Monaten
die Rückversetzung obligatorisch, kann die von der Vorinstanz widerrufene be-
dingte Entlassung aus dem Strafvollzug nicht beanstandet werden.
b)
Der Berufungskläger setzt dem nichts Taugliches entgegen. Aus
dem Umstand, dass die während der Probezeit der bedingten Entlassung aus dem
Strafvollzug begangenen Verfehlungen gemäss Gesetz die Prüfung der Rückver-
setzung zur Folge haben, kann er nicht schliessen, dass der Widerruf der beding-
ten Entlassung für ausgesprochene unbedingt zu vollziehenden Gefängnisstrafen
von über drei Monaten nicht zwingend sein muss. Aktenwidrig ist weiter seine Be-
hauptung, die Probezeit sei um ein Jahr verlängert worden, ohne dass er davon
Kenntnis gehabt habe. Bei den Akten liegen die Bestätigungen der mit einge-
schriebenem Brief am 13. März 2002 dem Berufungskläger zugestellten Departe-
mentsverfügung vom 11. März 2002 (act. 10 und 17) und die vom Berufungskläger
unterschriebene Empfangsbescheinigung vom 18. März 2002 (act. 18). Schliess-
lich lässt sich aus der Berufungsschrift nicht klar entnehmen, in welchem Zusam-
menhang die nach Ansicht des Berufungsklägers nicht angerechneten 2 Tage Un-
tersuchungshaft stehen. Abgesehen davon ist die Frage der korrekten Anrech-
nung der erstandenen Tage Untersuchungshaft nicht Gegenstand der angefoch-
tenen Verfügung, so dass der Kantonsgerichtsausschuss darauf nicht einzutreten
5
braucht. Im Übrigen stellt diese Frage keine Verurteilung dar, die in die Zuständig-
keit des Richters fällt. Vielmehr hat sich bei Unklarheiten über angerechnete und
nicht angerechnete Untersuchungshafttage die Strafvollzugsbehörde zu befassen.
c)
Das kantonale Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepartement hat nach
dem Gesagten die massgebliche Voraussetzung für den Widerruf der bedingten
Entlassung des Berufungsklägers aus dem Strafvollzug zu Recht als erfüllt be-
trachtet. Unter diesen Umstand erweist sich die Berufung als unbegründet. Sie ist
abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens gehen zu Lasten des Beru-
fungsklägers (Art. 160 Abs. 1 StPO).
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Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 200.-gehen zu Lasten des
Berufungsklägers.
3.
Gegen dieses Urteil kann innert 30 Tagen seit erhaltener schriftlicher Mittei-
lung beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97
ff. OG eingereicht werden.
4. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Vizepräsident
Der Aktuar
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