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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils VB-02-13: Kantonsgericht Graubünden

Der Berufungskläger S. S. verursachte einen Verkehrsunfall in angetrunkenem Zustand und wurde zuvor bereits wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand bestraft. Nach einer Reihe von Vorf?llen wurde ihm der F?hrerausweis entzogen. Es wurde festgestellt, dass er an einer Alkoholabh?ngigkeit leidet und erhielt Auflagen für die Wiedererteilung des F?hrerausweises. S. S. legte Beschwerde ein, die teilweise gutgeheissen wurde, und erneut Berufung ein. Es wurde festgestellt, dass S. S. an einer Trunksucht im strassenverkehrsrechtlichen Sinn leidet, jedoch weitere Abkl?rungen erforderlich sind. Das JPSD entschied, dass ein Sicherungsentzug für mindestens ein Jahr angeordnet wird, abh?ngig von Alkoholabstinenz und einer spezial?rztlichen Untersuchung. Es wurde eine reformatio in peius geltend gemacht, da die Anordnungen des JPSD über die bereits festgesetzten Anweisungen hinausgingen.

Urteilsdetails des Kantongerichts VB-02-13

Kanton:GR
Fallnummer:VB-02-13
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid VB-02-13 vom 13.11.2002 (GR)
Datum:13.11.2002
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Führerausweisentzug
Schlagwörter : Alkohol; Berufung; Berufungskläger; Gutachter; Führerausweis; Recht; Graubünden; Verfügung; Gutachten; Sicherung; Trunksucht; Alkoholabstinenz; Führerausweises; Wiedererteilung; Sicherungsentzug; Kanton; Strassen; Kantons; Trink; Strassenverkehr; Probezeit; Auflage; Kontrollen
Rechtsnorm:Art. 106 SVG ;Art. 14 SVG ;Art. 16 SVG ;Art. 160 StPO ;Art. 173 ZPO ;Art. 180 ZPO ;Art. 25 VVG ;Art. 56 VRV ;Art. 91 SVG ;Art. 92 SVG ;
Referenz BGE:104 Ib 46; 122 II 359; 125 II 396; 127 II 122;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts VB-02-13

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni


Dretgira chantunala dal Grischun

Ref.:
Chur, 13. November 2002
Schriftlich mitgeteilt am:
VB 02 13
(nicht mündlich eröffnet)

Beschluss
Kantonsgerichtsausschuss
Vizepräsident Bochsler, Kantonsrichter Heinz-Bommer und Rehli, Aktuar
Blöchlinger.
——————
In der verwaltungs(straf)rechtlichen Berufung
S. S . , R., T., Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Wilfried
Caviezel, Postfach 414, Masanserstrasse 35, 7001 Chur,
gegen
die Verfügung des Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepartements Graubünden vom 1.
Oktober 2002, mitgeteilt am 3. Oktober 2002, in Sachen gegen den Berufungsklä-
ger,
betreffend Führerausweisentzug,
hat sich ergeben:



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A. 1. Am 26. Juli 2001, um 21.45 Uhr, verursachte S. S. mit seinem
Personenwagen GR ... auf dem Gebiet der Gemeinde T. in angetrunkenem
Zustand einen Verkehrsunfall infolge ungenügenden Rechtsfahrens. Die Analyse
der Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin des Kantonsspitals St. Gallen
(nachfolgend IRM St. Gallen) ergab für den massgeblichen Zeitpunkt eine
Blutalkoholkonzentration von minimal 2.44 und maximal 3.17 Gewichtspromille.
2. S. S. hatte sich bereits im April 2000 des Fahrens in angetrunkenem
Zustand (mit einem minimalen Blutalkoholgehalt von 1.80 Gewichtspromille)
schuldig gemacht, weshalb ihm der Führerausweis für die Dauer von fünf
Monaten vom 11. Februar 2000 bis und mit 10. Juli 2001 entzogen worden war.
3. Mit Strafmandat vom 9. November 2001 verurteilte der Kreispräsident
Fünf Dörfer S. S. wegen vorsätzlichen Fahrens in angetrunkenem Zustand
gemäss Art. 91 Abs. 1 SVG, der Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 34
Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 90 Ziff. 1 SVG sowie der Widerhandlung
gegen Art. 56 Abs. 2 VRV in Verbindung mit Art. 92 Abs. 1 SVG und bestrafte
ihn mit 80 Tagen Gefängnis und Fr. 1'000.-- Busse. Die mit Strafmandat des
Kreispräsidenten Chur vom 26. Juni 2000 wegen Fahrens in angetrunkenem
Zustand bedingt ausgesprochene Gefängnisstrafe von 30 Tagen wurde widerru-
fen.
4. Am 31. August 2001 entzog das Strassenverkehrsamt Graubünden S.
S. wegen ernsthafter Zweifel an der Fahreignung vorsorglich den Führerausweis
auf unbestimmte Zeit und untersagte ihm gleichzeitig das Fahren eines
Motorfahrrades. S. S. wurde angewiesen, sich zwecks Abklärung einer allfälligen
Trunksucht einer spezialärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
5. In seinem Gutachten vom 8. Februar 2002 kam med. pract. H.-J. H. von
der Psychiatrischen Klinik Waldhaus zum Schluss, dass S. S. nicht trunksüchtig im
eigentlichen Sinne sei. Es bestehe jedoch eine psychische AIkoholabhängigkeit,
die behandlungsbedürftig sei. Unter der Bedingung, dass S. S. seine
Alkoholabstinenz nachweisen könne, sei die Rückgabe des Führerausweises
sofort möglich. Die Probezeit sollte dabei mindestens vier Jahre dauern. Unter
Berücksichtigung des Nierenleidens und der beruflichen Situation sei die
Wiedererteilung des Führerausweises von regelmässigen, durchgehenden, zwei-
bis dreimonatigen CDT-Kontrollen sowie dem Nachweis unauffälliger Leberwerte
abhängig zu machen. Im Weiteren seien regelmässige supportive Gespräche



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beim Hausarzt auch bei einem Psychiater durchzuführen. Unter der
Voraussetzung, dass S. S. regelmässig kontrolliert werde und er sich
Bewältigungsstrategien im Umgang mit Suchtmitteln aneigne, sei die Prognose als
gut anzusehen. Nach Beendigung der Probezeit sei für die Wiedererteilung des
Führerausweises nochmals eine spezialärztliche Begutachtung erforderlich.
6. In seiner Vernehmlassung vom 2. April 2002 an das Strassenverkehrs-
amt Graubünden liess S. S. folgende Anträge stellen.
1.
a) Es sei davon abzusehen, einen Sicherungsentzug mit Pro-
bezeit und Auflagen zu verfügen und der Führerausweis sei S.
S. nach Ablauf von einem Jahr seit verfügtem Entzug, also am
28. Juli 2002, wieder zu erteilen.


b) Es sei bezüglich Alkoholabhängigkeit betreffend Herrn S. S.
eine Oberexpertise einzuholen. Eventuell seien dem Gutachter
die sich aus nachstehender Vernehmlassung ergebenden
Fragen zur Ergänzung seines Gutachtens zu unterbreiten.

2. a) Eventuell sei ein Sicherungsentzug zu verfügen und S. S. eine
Probezeit von maximal 1 Jahr anzusetzen.

b) Die Wiedererteilung des Führerausweises nach der Dauer des
Sicherungsentzuges von einem Jahr sei mit der Auflage zu ver-
binden, dass S. S. den Nachweis der Alkoholabstinenz für die
Dauer der Probezeit erbringt.

3. a) Subeventuell sei ein Sicherungsentzug zu verfügen unter An-
setzung einer Probezeit von maximal 1.5 Jahren.

b) Die Wiedererteilung des Führerausweises nach der Dauer des
Sicherungsentzuges von 1.5 Jahren sei mit der Auflage zu ver-
binden, dass S. S. den Nachweis der Alkoholabstinenz für die
Dauer der Probezeit erbringt.

4. Unter gesetzlicher Kostenund Entschädigungsfolge.
C. Mit Verfügung vom 17. April 2002 entzog das Strassenverkehrsamt des
Kantons Graubünden S. S. den Führerausweis gestützt auf Art. 16 Abs. 1 SVG,
Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1bis SVG und Art. 30 Abs.
1 VZV auf unbestimmte Zeit, mindestens jedoch für zwei Jahre ab dem 17.
Dezember 2001. Die Wiedererteilung des Führerausweises nach Ablauf der Be-
währungsfrist von zwei Jahren wurde vom Nachweis einer kontrollierten und
lückenlosen Alkoholabstinenz während mindestens zwei Jahren sowie einer spe-
zialärztlichen Untersuchung des Psychiatrischen Dienstes Graubünden abhängig
gemacht. Die Anordnung einer neuen Führerprüfung blieb vorbehalten.



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D. 1. Dagegen liess S. S. am 8. Mai 2002 Verwaltungsbeschwerde beim
Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepartement Graubünden (nachfolgend JPSD)
erheben mit folgendem Rechtsbegehren:
1. Die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und der Führer-
ausweis sei S. S. nach Ablauf von einem Jahr seit verfügtem
Entzug, also am 28. Juli 2002, wieder zu erteilen.

2. Eventuell sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und an
die Vorinstanz zur Einholung von Erläuterungen zur Expertise
eventuell Einholung einer Oberexpertise zur Frage der Alkohol-
abhängigkeit von S. S. und zum Neuentscheid nach Wahrung
des rechtlichen Gehörs zurückzuweisen.

3. Subeventuell sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und
zur Frage der Alkoholabhängigkeit seien beim Gutachter Erläute-
rungen, eventuell eine Oberexpertise einzuholen und nach Wah-
rung des rechtlichen Gehörs ein neuer Entscheid zu treffen.

4. a)
Subsubeventuell
sei ein Sicherungsentzug zu verfügen und S.
S. eine Probezeit von maximal 1 Jahr seit dem 17. Dezember
2001 anzusetzen.


b) Die Wiedererteilung des Führerausweises nach der Dauer des
Sicherungsentzuges von einem Jahre sei mit der Auflage zu
verbinden, dass S. S. den Nachweis der Alkoholabstinenz für die
Dauer der Probezeit erbringt.

5. Der vorstehenden Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung
zu erteilen.
6. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Staates.
2. Mit Verfügung vom 4. Juli 2002 wies das JPSD das Gesuch um Erteilung
der aufschiebenden Wirkung ab. Gleichzeitig wurde das Strassenverkehrsamt an-
gewiesen, bezüglich der Alkoholabhängigkeit von S. S. eine Oberexpertise
einzuholen.
3. Das Strassenverkehrsamt Graubünden beauftragte daraufhin am 10. Juli
2002 das IRM St. Gallen mit der Ausarbeitung des vorerwähnten Obergutachtens.
4. In seinem Gutachten vom 14. August 2002 kam Dr. U. G., Facharzt für
Rechtsmedizin des IRM St. Gallen, gestützt auf das mit dem Exploranden geführte
Gespräch, eine hausärztliche Untersuchung, die eigenen medizinischen
Untersuchungsbefunde und die zur Verfügung gestellten Verfahrensakten zum
Schluss, dass bei S. S. eine Alkoholabhängigkeit im strassenverkehrsrechtlichen
Sinne vorliege und aus verkehrsmedizinischer Sicht die Fahreignung wegen einer
Alkoholabhängigkeit im strassenverkehrsrechtlichen Sinn entsprechend Art. 14



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Abs. 2 lit. c SVG nicht befürwortet werden könne. Als Voraussetzung für eine
vertrauensärztlichen Neubeurteilung der Fahreignung empfahl der Gutachter die
Durchführung einer mindestens einjährigen, ärztlich kontrollierten und
fachtherapeutisch betreuten Alkoholabstinenzbehandlung, regelmässige
hausärztliche Kontrollen und bei Bedarf die Behandlung nach ärztlicher Massgabe
sowie striktes Einhalten der ärztlichen Weisungen und das Einreichen entspre-
chender Zeugnisse, welche die Alkoholabstinenz, die erfolgreiche Fachtherapie
und die stabile Entwicklung der gesundheitlichen Verfassung bestätigten. Auf-
grund der bisherigen automobilistischen Vorgeschichte und dem fehlenden Pro-
blembewusstsein müsse sodann je nach Verlauf der Abstinenzbehandlung, ins-
besondere der Fachtherapie eine zusätzliche verkehrspsychologische Explora-
tion im Kontext mit der Frage der Einsichtsfähigkeit vorbehalten bleiben.
5. Das JPSD stellte dem Beschwerdeverführer in der Folge eine Kopie des
Obergutachtens zu und räumte ihm Gelegenheit zur Stellungnahme ein.
6. In seiner Stellungnahme vom 19. September 2002 liess S. S. folgende
Anträge stellen:
1. Die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und der Führer-
ausweis sei S. S. sofort wieder zu erteilen.
2. a) Eventuell sei ein Sicherungsentzug zu verfügen und S. S. eine
Probezeit von maximal einem Jahr seit dem 17. Dezember 2001
anzusetzen.


b) Die Wiedererteilung des Führerausweises nach der Dauer des
Sicherungsentzuges von einem Jahr sei mit der Auflage zu ver-
binden, dass S. S. den Nachweis der Alkoholabstinenz für die
Dauer der Probezeit mittels CDT-Kontrollen erbracht hat.
Gegebenenfalls sei die Wiedererteilung des Führerausweises
am 18. Dezember 2002 mit der Auflage zu verbinden, dass S. S.
weiterhin supportive Gespräche mit seinem Hausarzt führt und
die CDT-Kontrollen für eine beliebige Dauer regelmässig
weiterführt.

3. Unter voller Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des
Staates.
E. Mit Verfügung vom 1. Oktober 2002, mitgeteilt am 3. Oktober 2002, er-
kannte das JPSD:
1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutge-
heissen. Gegen S. S. wird ein Sicherungsentzug gestützt auf Art.
16 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1bis




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SVG und Art. 30 Abs. 1 VZV auf unbestimmte Zeit mindestens
ein Jahr ab 17. Dezember 2001, ausgesprochen.

2. Die Wiedererteilung des Führerausweises wird von folgenden
Voraussetzungen abhängig gemacht:

Nachweis
einer
kontrollierten und lückenlosen Alkoholabsti-
nenz und einer fachtherapeutisch betreuten Alkoholabstinenz-
behandlung zu den im Gutachten aufgeworfenen Problemkrei-
sen während mindestens 12 Monaten.


Vorliegen
eines
spezialärztlichen Gutachtens der Psychiatri-
schen Dienste Graubünden, welches das Vorliegen einer
Trunksucht verneint und die Fahreignung bejaht.


• Dabei bleibt die Anordnung einer neuen Führerprüfung ge-
mäss Art. 14 Abs. 3 SVG vorbehalten.
3. (Kosten)
4. (Rechtsmittelbelehrung)
5 (Mitteilung).
F. 1. Gegen diese Verfügung liess S. S. am 24. Oktober 2002 die Berufung
an den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden erheben mit folgenden
Anträgen:
1. Die
angefochtene
Departementsverfügung sei als Ganzes auf-
zuheben und der Führerausweis sei S. S. sofort wieder zu
erteilen.

2. a) Eventuell seien die Ziffern 2 und 3 der angefochtenen Depar-
tementsverfügung aufzuheben.

b) Diesfalls sei die Wiedererteilung des Führerausweises nach
der Dauer des Sicherungsentzuges von einem Jahr seit 17. De-
zember 2001 mit der Auflage zu verbinden, dass S. S. den
Nachweis der Alkoholabstinenz für die Dauer der Probezeit
mittels CDT-Kontrollen erbracht hat. Gegebenenfalls sei die
Wiedererteilung des Führerausweises am 18. Dezember 2002
mit der Auflage zu verbinden, dass S. S. weiterhin supportive
Gespräche mit seinem Hausarzt führt und die CDT-Kontrollen für
eine beliebige Dauer regelmässig weiterführt.

3. Unter voller Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des
Staates.
2. Das JPSD beantragt in seiner Vernehmlassung vom 11. November 2002
die kostenfällige Abweisung der Berufung.



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Auf die weiteren Ausführungen in den Rechtsschriften und in der ange-
fochtenen Verfügung wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen
eingegangen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1. Gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG darf der Führerausweis nicht erteilt
werden, wenn der Bewerber dem Trunke anderen die Fahrfähigkeit herab-
setzenden Süchten ergeben ist. Wird nachträglich festgestellt, dass die gesetzli-
chen Voraussetzungen zur Erteilung nicht nicht mehr bestehen, ist der Füh-
rerausweis zu entziehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Ein solcher Sicherungsentzug
dient gemäss Art. 30 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen
und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV; SR 741.51) der Sicherung des Ver-
kehrs vor Fahrzeuglenkern, die aus medizinischen charakterlichen Grün-
den, wegen Trunksucht anderen Süchten wegen einer anderen Unfä-
higkeit zum Führen von Motorfahrzeugen nicht geeignet sind.
Voraussetzung des Sicherungsentzugs ist das Vorliegen einer Sucht.
Trunksucht wird bejaht, wenn der Betreffende regelmässig so viel Alkohol kon-
sumiert, dass seine Fahrfähigkeit vermindert wird und er diese Neigung zum
übermässigen Alkoholgenuss durch den eigenen Willen nicht zu überwinden
zu kontrollieren vermag. Er muss mithin in einem Masse abhängig sein,
dass er mehr als jede andere Person der Gefahr ausgesetzt ist, sich in einem
Zustand ans Steuer eines Fahrzeugs zu setzen, der das sichere Führen nicht
mehr gewährleistet. Nach der Rechtsprechung darf auf fehlende Fahreignung
geschlossen werden, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, Alkohol-
bzw. Drogenkonsum und Strassenverkehr ausreichend zu trennen, wenn
die nahe liegende Gefahr besteht, dass er im akuten Rauschzustand am motori-
sierten Strassenverkehr teilnimmt (BGE 127 II 122 E. 3c). Der Suchtbegriff des
Verkehrsrechts deckt sich somit nicht mit dem medizinischen Begriff der Alko-
holabhängigkeit. Auch bloss suchtgefährdete Personen, bei denen ein Alkohol-
missbrauch vorliegt, sind bei diesem Verständnis der Trunksucht vom Führen
eines Motorfahrzeugs fernzuhalten (vgl. R. Schaffhauser, Grundriss des schwei-
zerischen Strassenverkehrsrechts, Band III, Die Administrativmassnahmen,
1995, N 2098; R. Seeger, Fahreignung und Alkohol, in: Probleme der Verkehrs-
medizin, hrsg. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich, 1999, S.
10). Unzulässig ist es, die Trunksucht allein deshalb als erwiesen zu betrachten,



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weil die betreffende Person innert 10 Jahren zum dritten Mal ein Motorfahrzeug in
angetrunkenem Zustand geführt hat (BGE 104 Ib 46).
2. In seinem Gutachten vom 8. Februar 2002 hielt med. pract. H.-J. H. von
den Psychiatrischen Diensten Graubünden im Wesentlichen fest, S. S. habe
eigenen Angaben zufolge mit ca. 18 Jahren im normalen Rahmen begonnen,
Alkohol zu trinken. Er habe demgemäss zwei bis drei Flaschen Bier pro Tag
getrunken, könne aber auch einmal einen Monat ohne Alkohol sein. Es käme vor,
dass er mit seinen Kunden ab und zu etwas Alkohol konsumiere. In letzter Zeit
habe ihm auch seine Frau, die ihn bei der letzten Werbefahrt im T. besucht habe,
gesagt, dass er nicht mehr soviel trinken dürfe. Der Explorand gebe an, dass
Alkohol für ihn eigentlich kein Problem sei und er Mühe damit habe, als
Alkoholiker bezeichnet zu werden. Bei S. S. bestehe keine medizinische
Alkoholabhängigkeit im engeren Sinn. Es zeige sich jedoch eine Abhängigkeit,
Alkohol zu konsumieren, dies auch in Mengen, die über der Norm lägen. Bei S. S.
bestehe weder ein zwingender Wunsch Alkohol konsumieren, noch sei eine
verminderte Kontrollfähigkeit im Sinne eines Alkoholabhängigkeitssyndroms
eine Toleranzbildung zu eruieren. Körperlich leide der Explorand nicht an
Folgeschäden und ein sozialer Abstieg habe der Alkoholkonsum nicht bewirkt. Es
könne nicht von einer Abhängigkeit im medizinischen Sinn gesprochen werden.
Jedoch sei eine Neigung zu Suchtverhalten vorhanden, die sich im vermehrten
Alkoholkonsum bei zweimaligem nachgewiesenen übermässigem Alkoholkonsum
mit Fahren am Steuer zeige.
Dr. U. G., Facharzt für Rechtsmedizin des Instituts hielt demgegenüber in
seinem Obergutachten vom 14. August 2002 fest, dass S. S. eigenen Angaben
zufolge kein Alkoholproblem habe und er die drei FiaZ-Ereignisse innerhalb von
11 Jahren auf Leichtsinn zurückführe. Nach eigenem Bekunden trinke er nur
gelegentlich Alkohol und Abstürze kämen sehr, sehr selten vor, insgesamt dreimal
in seinem Leben. Die geschilderten Trinkgewohnheiten seien so der Explorand -
im Prinzip immer gleich gewesen, jedoch hätte es im Frühjahr 2001 eine Phase
über 3 Monate gegeben, in der er mehr getrunken hätte. Er sei seinerzeit beruflich
im S. gewesen und dort hätte man fast täglich zwei bis drei Bier getrunken. Auf
Aktenvorhalt (psychiatrisches Gutachten der Klinik Waldhaus), wonach seine Frau
ihm mehrmals gesagt hätte, er solle nicht mehr so viel trinken, habe S. S.
angegeben, dass dies falsch sei. Sie hätte dies so nicht gemeint. Die
immunologische Screenuntersuchung der Urinprobe auf gängige Drogen und
zentralwirksame Medikamente sei negativ verlaufen. Bei der klinischen Untersu-



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chung hätten sich gerötete Handinnenflächen sowie angedeutet spinnenartige
Gefässzeichnungen am Dekolleté feststellen lassen. Diese Veränderungen könn-
ten Folge eines langjährigen vermehrten Alkoholkonsums sein. Ausserdem habe
S. S. einen deutlich erhöhten Blutdruck, was zwar im Zusammenhang mit einem
angegebenen Nierenleiden stehen könne, was aber auch alkoholbedingt der Fall
sein könne. Die Blutuntersuchungen der alkoholrelevanten Parameter hätten
durchwegs Resultate im Normbereich ergeben. Von daher würden keine Hinweise
auf einen in der letzten Zeit getätigten konstant vermehrten Alkoholkonsum
vorliegen. Dies schliesse aber keinesfalls einen zumindest episodenhaften
Alkoholüberkonsum aus. Ein solches Trinkverhalten sei allein bereits durch die
jeweils hohe minimale BAK bei den letzten beiden FiaZ-Ereignisse ausreichend
belegt. Beim letzten FiaZ habe die minimale Blutalkoholkonzentration 2.44
Gewichtspromille betragen. Ein solch hoher Wert sei nicht nur Ausdruck eines
übermässigen Alkoholkonsums und damit eines abnormen Trinkverhaltens, son-
dern setze auch eine deutliche Alkoholgewöhnung voraus. Dies passe auch zur
ärztlichen Einschätzung anlässlich der dem Ereignis folgenden Blutentnahme, wo-
nach Herr S. nur mittelgradig alkoholisiert gewirkt hätte. Aufgrund der Schilde-
rungen des Probanden über seine Trinkgewohnheiten sei aber eine Alkoholge-
wöhnung nicht zu erwarten gewesen. Von daher müsse ein Bagatellisieren der
Trinkgewohnheiten abgeleitet werden. Die wiederholten FiaZ-Ereignisse sowie
auch die Höhe der minimalen BAK bei den beiden letzten FiaZ-Vorfällen passten
zu einem Kontrollverlust im Umgang mit Alkohol. Dabei gelte mitzuberücksichti-
gen, dass dem Probanden die Folgen (körperlicher, psychischer sozialer Art)
eines erneuten einschlägigen Vorfalles bewusst gewesen sein dürften. Trotzdem
sei er jedoch nicht in der Lage gewesen, seine Konsumgewohnheiten entspre-
chend zu ändern. Insgesamt müsse somit bei S. S. von einer erheblichen und
aufgrund der drei FiaZ-Ereignisse auch verkehrsrelevanten Alkoholproblematik mit
der bisherigen Unfähigkeit, Fahren und Trinken trennen zu können, ausgegangen
werden. Zwar mache der Proband eine einjährige Alkoholabstinenz geltend. Ein
eigentlicher Alkoholabstinenznachweis liege jedoch nicht vor. Gelegentliche
Blutkontrollen, wie vom Probanden erwähnt, seien jedenfalls nicht geeignet, eine
solche Abstinenz zu belegen. Auch sei prognostisch ungünstig zu bewerten, dass
die BAK bei den einzelnen Ereignissen im Verlauf bis zum letzten Vorfall deutlich
angestiegen und die letzten beiden Trunkenheitsfahrten innerhalb sehr kurzer Zeit
erfolgt seien. Aus dem offenbar fehlenden Problembewusstsein, Bagatellisieren
der Trinkgewohnheiten und der bisherigen strassenverkehrsrechtlichen
Vorgeschichte müsse abgeleitet werden, dass S. S. überdurchschnittlich stark



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gefährdet sei, erneut in alkoholisiertem bzw. fahrunfähigem Zustand ein
Motorfahrzeug zu lenken.
Der Berufungskläger stellt eine Trunksucht im strassenverkehrsrechtlichen
Sinn entschieden in Abrede und macht geltend, die gegenteilige Auffassung der
Gutachter beruhe lediglich auf unzulässigen Annahmen. Letztlich leite der Gut-
achter des IRM St. Gallen die Trunksucht allein aus dem Umstand ab, dass er
zweimal innert 10 Jahren in angetrunkenem Zustand ein Fahrzeug geführt habe.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sei eine solche Annahme selbst bei
einer dreimaligen Trunkenheitsfahrt innert 10 Jahren nicht gerechtfertigt.
3. Wie der Berufungskläger zutreffend ausführt, ist es nach bundesgerichtli-
cher Rechtsprechung nicht statthaft, nur aufgrund der Tatsache, dass eine Person
innerhalb von 10 Jahren dreimal in angetrunkenem Zustand ein Fahrzeug führt,
auf eine Trunksucht im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG zu schliessen. Unzuläs-
sig ist es mithin, rein aufgrund wiederholter Trunkenheitsfahrten in einem be-
stimmten Zeitraum schematisch eine Trunksucht als erwiesen zu betrachten. Im
vorliegenden Fall hat der Gutachter jedoch keineswegs rein schematisch auf eine
Trunksucht im strassenverkehrsrechtlichen Sinn geschlossen. Vielmehr kam er
nach einer konkreten Würdigung der Umstände, die sich im Zusammenhang mit
der wiederholten Trunkenheitsfahrt zeigten, zum Schluss, es liege eine Trunksucht
im Sinne des Gesetzes vor. Massgebend für die Schlussfolgerung war mit ande-
ren Worten nicht allein die Zahl der Trunkenheitsfahrten in einem gewissen Zeit-
raum, sondern eine auf eigenen Abklärungen und den zur Verfügung gestellten
Akten beruhende Analyse des Trinkund Fahrverhaltens des Berufungsklägers.
Eine umfassende Würdigung des Obergutachtens kann an dieser Stelle -
wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt - unterbleiben. An dieser
Stelle sei lediglich vermerkt, dass die gutachterlichen Schlussfolgerungen nach
Auffassung des Kantonsgerichtsausschusses keineswegs wie der Beklagte gel-
tend macht völlig haltlos erscheinen. Tatsache ist, dass der Berufungskläger in-
nert eines kurzen Zeitraums mit sehr hohen Promillenwerten ein Fahrzeug lenkte.
Bei der Frage, von welchem Blutalkoholgehalt im Verfahren des Sicherungsent-
zugs auszugehen ist, findet der Grundsatz der Unschuldsvermutung anders als
beim Schuldspruch wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand und beim War-
nungsentzug, der eine schuldhafte Verletzung einer Verkehrsregel voraussetzt,
angesichts der unterschiedlichen Zielsetzung keine Anwendung (BGE 122 II 359
E. 2c). Daraus ergibt sich, dass der Maximalwert der beim Berufungskläger ge-



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messenen Blutalkoholkonzentration durchaus Bedeutung erlangen kann. In die-
sem Sinne ist das Bundesgericht denn auch in zwei früheren Entscheiden zum
Sicherungsentzug wegen Trunksucht von einer mittleren Blutalkoholkonzentra-
tion ausgegangen (BGE 125 II 396; Urteil des Kassationshofs 6A.106/2001 vom
26.11.2001 E. 3c/bb). Angesichts dessen, dass der Berufungskläger bei der letz-
ten Trunkenheitsfahrt Werte von minimal 2.44 Promille und maximal 3.17 Promille
aufwies, muss effektiv von einer auffällig hohen Alkoholtoleranz ausgegangen
werden. In der Lehre wird jedenfalls darauf hingewiesen, dass Blutalkoholkonzen-
trationen von 2.5 Promille und mehr, die in der Regel erst ab einem Konsum von
3.5 Liter Bier 1.5 Liter Wein erreicht werden, eine sehr hohe Alkoholgewöh-
nung anzeigen, die ihrerseits in der Regel auf eine Alkoholabhängigkeit hinweist
(vgl. R. Seeger, a.a.O., S. 7). Zwar versucht der Rechtsvertreter des Berufungs-
klägers unter Hinweis auf eine in einem anderen Fall erfolgte Einschätzung der
Alkoholisierung und die zur Verfügung stehenden vier Beurteilungskriterien aufzu-
zeigen, dass mit der Einschätzung einer mittelgradigen Alkoholisierung anlässlich
der Blutentnahme ebenso gut eine Alkoholisierung an der Grenze zu komatös
vorgelegen haben könnte. Aus der Beurteilung des Alkoholisierungsgrads lasse
sich somit mangels eines Beweises nicht der Schluss ziehen, S. S. sei
alkoholgewöhnt. Diesbezüglich gilt jedoch darauf hinzuweisen, dass nebst der
Einschätzung anlässlich der Blutentnahme sehr wohl weitere Beweis vorliegen,
welche Aufschluss darüber geben, in welchem Mass sich eine Alkoholisierung von
über zwei Gewichtspromille zum Zeitpunkt der Blutentnahme betrug diese immer
noch 2.14 bis 2.37 Promille beim Berufungskläger bemerkbar gemacht hat. Dass
sich der Berufungskläger gemäss eigener Aussage zum Zeitpunkt der Trunken-
heitsfahrt topfit und nicht annähernd komatös gefühlt hat, ist jedenfalls ebenso
belegt wie der Umstand, dass er in der Lage war, sich im Rahmen der Einver-
nahme einen eigenen Willen zu bilden und diesem Willen entsprechend die ihm
gestellten Fragen zu beantworten.
Allerdings - und insofern ist dem Rechtsvertreter des Berufungsklägers
recht zu geben vermögen die beiden Gutachten und die übrige Aktenlage noch
keine ausreichende Grundlage für den von der Vorinstanz angeordneten Siche-
rungsentzug zu bilden.
a) Der Gutachter des IRM St. Gallen hielt fest, auch die im Normbereich lie-
genden Blutuntersuchungswerte schlössen einen zumindest episodenhaften Alko-
holüberkonsum nicht aus und die gelegentlichen Blutkontrollen, wie sie vom Pro-
banden geltend gemacht wurden, seien nicht geeignet, eine Abstinenz zu belegen.



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Trotz der im normalen Bereich liegenden Blutwerte schloss der Experte des IRM
aufgrund der hohen Promillewerte auf eine erhebliche Alkoholgewöhnung und
unter zusätzlicher Berücksichtigung des Wiederholungsfalls auf einen Kontroll-
verlust im Umgang mit Alkohol. Der Experte erklärte, es liege eine Trunksucht im
strassenverkehrsrechtlichen Sinn vor und empfahl einerseits einen strikten,
lückenlosen Alkoholnachweis und gleichzeitig eine fachtherapeutisch begleitete
Alkoholabstinenzbehandlung, in der das Problembewusstsein im Zusammenhang
mit Alkohol und Fahren aufgearbeitet wird. Nicht gänzlich klar erscheint damit,
worin nun eigentlich das die Fahreignung beeinträchtigende Alkoholproblem liegt,
welche Form der Abhängigkeit letztlich besteht. Die Ausführungen des Gutachters
und hierbei insbesondere der Hinweis auf die erhebliche Alkoholgewöhnung las-
sen jedenfalls nicht nur die auch im ersten Gutachten festgestellte psychische,
sondern auch eine physische Abhängigkeit als möglich erscheinen. Vom Gut-
achter ist insofern zusätzlich Auskunft darüber einzuholen, ob S. S. ein
Alkoholproblem im engeren Sinn hat, mithin das Problem im regelmässigen Alko-
holkonsum und/oder im zumindest episodenhaft bestehenden Alkoholüberkon-
sum zu sehen ist und dieser Konsum als Sucht suchtartig aufzufassen ist,
ob S. S. ohne dass eine eigentliche Suchterkrankung vorliegt lediglich
nicht in der Lage ist, das Führen eines Motorfahrzeugs und den die Fahrfähigkeit
beeinträchtigenden Alkoholkonsum zu trennen. Wäre nur Letzteres der Fall, würde
sich sodann auch die Frage stellen, ob eine weitergehende verkehrspsychologi-
sche Beurteilung als Zusatzabklärung erforderlich erscheint.
b) Aus den gutachterlichen Ausführungen muss sodann geschlossen wer-
den, dass alle Alkoholmarker (CDT, MCV, GGT, GOT, GPT) innerhalb der Norm
liegen. Nicht gänzlich klar erscheint dabei allerdings, welche Bedeutung dem im
Gutachten des IRM St. Gallen enthaltenen Hinweis, aufgrund einer erhöhten Tri-
sialofraktion ergebe sich der Verdacht auf eine D-Variante, beizumessen ist. So-
dann weist der Gutachter des IRM St. Gallen darauf hin, dass die im Normbereich
liegenden Resultate der Blutuntersuchung einen zumindest episodenhaften Alko-
holüberkonsum keineswegs ausschliessen. Der Berufungskläger macht demge-
genüber geltend, CDT-Kontrollen in zweibis dreimonatigem Abstand seien als
tauglicher Beweis der Abstinenz anzusehen. Das JPSD wiederum führt aus, es sei
offenbar durchaus möglich, einen extremen Alkoholüberkonsum mit einer mini-
malen Blutalkoholkonzentration von 2.44 Gewichtspromillen zu betreiben und
gleichzeitig über CDT-Werte im Normbereich zu verfügen. Der Grund hierfür sei
wohl in der fehlenden Konstanz des Alkoholmissbrauchs mit anderen Worten
in dessen Episodenhaftigkeit zu suchen.



13


Bei der Abklärung eines gesundheitsschädlichen Alkoholkonsums steht die
Laboruntersuchung fraglos im Vordergrund. Aus den vorerwähnten gutachterli-
chen Feststellungen lässt sich nun aber effektiv nicht mit ausreichender Sicherheit
feststellen, welche Rückschlüsse das Ergebnis der Laboruntersuchungen auf den
Alkoholkonsum des Berufungsklägers zulässt, welche Bedeutung ihr der Gutach-
ter im Rahmen seiner Gesamtbeurteilung im Einzelnen beimass und weshalb er
insbesondere trotz normalen CDT-Werten ein Alkoholproblem nicht ausschliesst
und Kontrollen im zweibis dreimonatigem Abstand nicht als Beweis für eine Ab-
stinenz betrachtet. Auch in dieser Hinsicht besteht demnach weiterer Klärungsbe-
darf.
4. Lässt sich keine pathologische Erhöhung der Laborwerte feststellen und
ist auch eine Alkoholabhängigkeit im Sinne der ICD-10 zu verneinen, kommt wie
das Bundesgericht in seiner neuesten Rechtsprechung betont (vgl. Urteil des Kas-
sationshofs des Bundesgerichts vom 9. Oktober 2002 i.S. M. K., 6A.48/2002/pai,
S. 12) - den weiteren, für den Nachweis der Trunksucht erforderlichen Abklärun-
gen eine besondere Bedeutung zu. Dazu gehören unter anderem eine gründliche
Prüfung der persönlichen Verhältnisse, welche namentlich die Einholung von
Fremdberichten von Hausarzt, Arbeitgeber und Familienangehörigen etc. umfasst,
eine einlässliche Aufarbeitung der konkreten Trunkenheitsfahrten, eine Al-
koholanamnese, das heisst die Erforschung des Trinkverhaltens (Trinkgewohn-
heiten und Trinkmuster) des Betroffenen und seine subjektive Einstellung dazu,
sowie eine umfassende, eigens vorzunehmende körperliche Untersuchung, mit
besonderer Berücksichtigung von alkoholbedingten Hautveränderungen und der-
gleichen.
Zwar wurden im vorliegenden Fall verschiedene der vorerwähnten zusätzli-
chen Abklärungen vorgenommen. Ein entscheidungsreifes Ergebnis liegt aber
auch diesbezüglich nicht vor.
a) Im Rahmen der klinischen Untersuchung stellte der Gutachter des IRM
St. Gallen bei S. S. gerötete Handinnenflächen sowie angedeutet spinnenartige
Gefässzeichnungen am Dekolleté fest. Diese Veränderungen so der Gutachter -
könnten Folge eines langjährigen vermehrten Alkoholkonsums sein. Als mögliche
Ursache für den deutlich erhöhten Blutdruck führte der Experte sowohl das
angegebene Nierenleiden als auch den Alkoholkonsum an. Der Berufungskläger
wirft dem Gutachter vor, er habe damit spekulativ auf einen übermässigen
Alkoholkonsum geschlossen. Zwar ist angesichts dessen, dass das Ergebnis der



14


körperlichen Untersuchung in der Gesamtwürdigung keine Erwähnung findet, eher
darauf zu schliessen, dass der Gutachter diesen Befunden keine Relevanz
beimass. Angesichts der Bedeutung, welche den übrigen Umständen vorliegend
zukommt, erscheint aber das Einholen einer klaren gutachterlichen Aussage
darüber, ob die klinische Untersuchung für ein Alkoholproblem spricht und gege-
benenfalls weitere Untersuchungen angezeigt sind, als unerlässlich. Die blosse
Möglichkeit, dass die vorerwähnten körperlichen Besonderheiten auf einen Alko-
holüberkonsum zurückzuführen sind, reicht jedenfalls nicht aus, um auf eine
Trunksucht im strassenverkehrsrechtlichen Sinn zu schliessen.
b) Der Rechtsvertreter des Berufungsklägers weist darauf hin, dass der
Hausarzt seinen Mandaten keineswegs als Alkoholiker einstufe, er deshalb auch
nie in Behandlung gestanden habe und bei den Arztbesuchen auch keinen ent-
sprechenden Eindruck gemacht habe. Wie vorstehend dargelegt wurde, lässt sich
dem Gutachten nicht mit ausreichender Sicherheit entnehmen, ob der Experte
auch von einem Alkoholproblem im engeren Sinn ausgeht. Dabei ergibt sich auch,
dass dem Gutachter unter anderem ein Bericht von Dr. med. K. vom 9. August
2002 zur Verfügung stand. Nicht ersichtlich ist jedoch, welchen Inhalt dieser Be-
richt hatte, ob und allenfalls welche Erkenntnisse der Gutachter aus diesem Be-
richt zog, und inwiefern sich allenfalls die Feststellungen des Gutachters und jene
des Hausarztes widersprechen. Namentlich ist auch unklar, wie sich der Gutachter
zu den Ausführungen des Hausarztes in dessen Schreiben vom 4. September
2002 stellt und ob das im strassenverkehrsrechtlichen Sinn relevante Alkoholpro-
blem, wie es der Gutachter dem Berufungskläger attestiert, von dessen Hausarzt
überhaupt hätte bemerkt werden müssen. So ist auch nicht ersichtlich, ob sich der
Berufungskläger in den letzten Jahren - dies auch vor der Trunkenheitsfahrt bei
Dr. med. K. in Behandlung befand und der Hausarzt gestützt darauf überhaupt in
der Lage ist, mit triftigen Gründen ein Alkoholproblem auszuschliessen. Auf die
vorerwähnten Abklärungen kann umso weniger verzichtet werden, als ein Arzt
schwerlich als Laie bezeichnet werden kann, der nicht in der Lage sein soll, Alko-
holprobleme zu bemerken, die rechtlich als Trunksucht im strassenverkehrsrecht-
lichen Sinne zu würdigen wären. Es ist indes davon auszugehen, dass Dr. med. K.
dem Experten allfällige erforderliche Unterlagen zur Verfügung stellt und bereit ist,
die ihm vom Gutachter zusätzlich gestellten Fragen korrekt zu beantworten. Auf
eine Befragung des Hausarztes als Zeuge kann demnach verzichtet werden.
c) Sodann macht der Rechtsvertreter des Berufungsklägers geltend, auch
B. S.-H. habe bestätigt, dass ihr Ehemann nicht Alkoholiker sei. Für den Fall, dass



15


das JPSD ihre schriftlichen Darlegungen nicht als glaubwürdig erachtete, sei ihre
Aussage als Zeugin beantragt worden.
Zum Trinkverhalten liegen mit Ausnahme der eigenen Aussagen des Be-
rufungsklägers keine Angaben vor. Wie sodann dem Gutachten der Psychiatri-
schen Klinik Waldhaus zu entnehmen ist, soll S. S. unter anderem auch erklärt
haben, seine Frau habe ihm auch gesagt, er dürfe nicht mehr so viel trinken.
Anlässlich seiner obergutachterlichen Exploration machte S. S. dann allerdings
geltend, dass dies falsch sei. Seine Frau hätte dies so nicht gemeint. In der
Berufung wird sogar geltend gemacht, die Ehefrau weise ausdrücklich darauf hin,
dass die Feststellung im Gutachten in keinem Fall zutreffend sei. Grundsätzlich
scheint es doch sehr unwahrscheinlich, dass der Gutachter diese Angaben
schlicht erfand. Auffallend erscheint denn auch, dass S. S. gegenüber dem
Obergutachter die Feststellung im Gutachten der Klinik Waldhaus zwar als falsch
bezeichnet, dann aber relativierend ausführt, seine Frau hätte das so nicht
gemeint. Insofern wäre darauf zu schliessen, dass der Berufungskläger seine Er-
klärung gegenüber dem Gutachter lediglich anders verstanden haben wollte. Dem
steht wiederum entgegen, dass nach Behauptung der Ehefrau die Feststellung
gänzlich falsch ist. Abgesehen davon wird weder in der Stellungnahme zum Gut-
achten noch in der Berufungsschrift näher dargelegt, wie denn die Äusserung ge-
meint gewesen sein soll.
Es bedarf wohl keiner besonderen Erörterung, dass die allfällige Behaup-
tung, der Gutachter habe dem Berufungskläger eine Aussage unterstellt, die über-
haupt nicht erfolgt ist, sich als recht problematisch erweisen kann. Andererseits
kommt in einem Fall wie dem Vorliegenden wie sich nachgerade aus der bereits
erwähnten neuesten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ergibt - der genauen
Abklärung des Trinkverhaltens eine erhebliche Bedeutung zu. Es erscheint des-
halb angezeigt, in einem ersten Schritt zu klären, ob der Berufungskläger mit sei-
ner Bestreitung nun tatsächlich geltend macht, eine entsprechende Äusserung
gegenüber dem Gutachter sei gar nicht erfolgt, ob seiner Auffassung nach
seinen Worten lediglich ein anderer Sinn beizumessen gewesen wäre. Hierzu ist
eine Stellungnahme des Berufungsklägers einzuholen. Alsdann ist der Gutachter
der Psychiatrischen Klinik Waldhaus um allfällige Erläuterungen zum vorerwähn-
ten Teil seines Gutachtens zu ersuchen. Möglicherweise sind auch handschriftli-
che Aufzeichnungen, die weitergehenden Aufschluss über diesen Punkt des gut-
achterlichen Gesprächs geben, vorhanden. Im Anschluss daran wird das JPSD
darüber zu befinden haben, ob sich in Bezug auf das Trinkverhalten des Beru-



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fungsklägers die Einvernahme von B. S.-H. als Zeugin nach den
verfahrensrechtlichen Bestimmungen von Art. 173 ff. ZPO (namentlich unter Hin-
weis auf Art. 173 Abs. 2 ZPO und Art. 180 Abs. 1 ZPO) aufdrängt, und/oder be-
züglich des Trinkverhaltens andere Beweiserhebungen wie etwa die vom Be-
rufungskläger beantragte Befragung des Arbeitgebers möglich und erforderlich
sind. Allein aus dem Umstand, dass der Berufungskläger wie der Gutachter fest-
stellt bezüglich seiner Angaben zum Trinkverhalten nicht glaubwürdig erscheint,
darf jedenfalls nicht auf eine bestehende Suchtproblematik geschlossen werden
(vgl. vgl. Urteil des Kassationshofs des Bundesgerichts vom 9. Oktober 2002 i.S.
M. K., 6A.48/2002/pai, S. 13).
5. In verfahrensrechtlicher Hinsicht macht der Berufungskläger eine unzu-
lässige reformatio in peius geltend. Zur Begründung bringt er vor, das Strassen-
verkehrsamt des Kantons Graubünden habe in seiner Verfügung vom 17. April
2002 einen Sicherungsentzug mit einer Bewährungsfrist von zwei Jahren ange-
ordnet. Die Wiedererteilung des Führerausweises sei vom Nachweis einer kon-
trollierten und lückenlosen Alkoholabstinenz während mindestens zwei Jahren und
von einer spezialärztlichen Untersuchung, welche die Fahreignung bejahe, ab-
hängig gemacht worden. In der dagegen erhobenen Beschwerde habe sich S. S.
für den Fall, dass es beim Sicherungsentzug bleibe, lediglich gegen die verfügte
Dauer der Bewährungsfrist zur Wehr gesetzt und zwar innerhalb eines
Eventualbegehrens und eines Subeventualbegehrens. Nicht angefochten worden
sei die Verfügung dagegen insoweit, als die Wiedererteilung des Führerausweises
vom Nachweis der Alkoholabstinenz gestützt auf zweibis dreimonatige CDT-
Kontrollen zu erbringen sei. Ebensowenig habe er sich gegen die zusätzliche
spezialärztliche Untersuchung gewehrt. Insofern sei die Verfügung des
Strassenverkehrsamtes des Kantons Graubünden in Rechtskraft erwachsen. Die
Anordnungen des JPSD gingen weit über die bereits rechtskräftig festgesetzten
Anweisungen des Strassenverkehrsamtes des Kantons Graubünden hinaus, seien
unverhältnismässig und widersprächen Treu und Glauben.
Das JPSD macht demgegenüber geltend, es sei fraglich, ob überhaupt eine
reformatio in peius vorliege, da die vorinstanzlich verfügte Probezeit letztlich auf
ein Jahr reduziert worden sei. Gleiches gelte für die Dauer der Auflagen. Im Übri-
gen sei dem Rechtsvertreter des Berufungsklägers das Gutachten zur Vernehm-
lassung zugestellt worden.



17


a) Zutreffend ist, dass das JPSD die Probezeit von zwei Jahren auf ein Jahr
reduziert hat. Gleichzeitig hat es jedoch die Wiedererteilung des Ausweises an-
ders als das Strassenverkehrsamt - nicht nur vom Nachweis einer kontrollierten
und lückenlosen Alkoholabstinenz, sondern auch von einer fachtherapeutisch be-
treuten Alkoholabstinenzbehandlung abhängig gemacht. Damit ging das JPSD
letztlich zu Ungunsten des Berufungsklägers über die Anordnungen der Vorin-
stanz hinaus. Im Weiteren scheint das JPSD auch in Bezug auf den Nachweis der
Alkoholabstinenz mehr zu verlangen. Im Entscheid des Strassenverkehrsamtes
wird festgehalten, S. S. habe den Nachweis einer kontrollierten und lückenlosen
Abstinenz während mindestens zwei Jahren vor der Stellung des Gesuchs um
Wiedererteilung des Führerausweises zu erbringen. Welche Anforderungen im
Einzelnen an diesen Beweis gestellt werden, wird nicht näher dargelegt. Lediglich
im Gutachten der Psychiatrischen Klinik wird festgehalten, die Wiedererteilung sei
von regelmässigen CDT-Kontrollen im Abstand von zwei bis drei Monaten sowie
dem Nachweis unauffälliger Leberwerte abhängig zu machen. Solchen CDT-
Kontrollen im erwähnten Rhythmus unterzieht sich der Berufungskläger denn auch
schon während längerer Zeit. Im Entscheid der JPSD wird ebenfalls der Nachweis
einer kontrollierten und lückenlosen Alkoholabstinenz verlangt. In den
Erwägungen wird diesbezüglich aber das Gutachten des IRM St. Gallen erwähnt,
wonach der Nachweis mittels einer ärztlich kontrollierten Antabus-Abgabe
alternativ zweibis dreimal wöchentlich zu erfolgende Blastests respektive
Urinalkoholproben in Verbindung mit monatlichen Blutkontrollen (CDT, GOT, GGT,
MCV) zu erbringen sei. Die CDT-Kontrollen im Abstand von zwei bis drei Monaten,
denen der Berufungskläger sich bis anhin unterzogen hat, wären somit für den
Abstinenznachweis nicht ausreichend. Verlangt das JPSD die im Gutachten des
IRM St. Gallen erwähnten Nachweise, nützt dem Berufungskläger die Kürzung der
Mindestentzugsdauer auf ein Jahr folglich nichts, da ihm die Zeit vor Erlass der
Verfügung des JPSD mangels ausreichendem Beweis der Abstinenz nicht
angerechnet werden kann. Zusammenfassend gilt demnach festzustellen, dass
die Vorinstanz den Berufungskläger offensichtlich schlechter gestellt und insofern
eine reformatio in peius vorgenommen hat.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsklägers ist eine solche
Schlechterstellung indes nicht ausgeschlossen. Der Entzug des Führerausweises
erfolgt in einem verwaltungsrechtlichen Administrativverfahren. Sowohl das Ver-
fahren zum Erlass der Massnahmen als auch die Rechtspflege richtet sich nach
kantonalem Recht (Art. 106 Abs. 2 SVG, Schaffhauser, a.a.O., S. 419). Im Verfah-
ren vor der Vorinstanz gelangt demgemäss das VVG zur Anwendung. Welche



18


Voraussetzungen im bundesrechtlichen Beschwerdeverfahren nach VwVG an die
reformatio in peius gestellt werden, ist damit ebenso irrelevant wie der Umstand,
dass gemäss Strafprozessordnung des Kantons Graubünden im strafrechtlichen
Berufungsverfahren keine reformatio in peius möglich ist. Gemäss Art. 25 Abs. 3
VVG kann die Beschwerdeinstanz den angefochtenen Entscheid zu Gunsten
zu Ungunsten des Beschwerdeführers ändern. Irgendwelche inhaltliche Ein-
schränkungen werden nicht genannt. Das Gesetz räumt der Beschwerdeinstanz
damit ausdrücklich die Befugnis ein, den vorinstanzlichen Entscheid frei zu prüfen
und ihn von Amtes wegen abzuändern. In der Lehre wird zwar teilweise die Auf-
fassung vertreten, die reformatio in peius sei nur dann gerechtfertigt, wenn der
betreffende Entscheid offensichtlich unrichtig und die Korrektur von erheblicher
Bedeutung ist, weil durch ihn klares Recht wesentliche öffentliche Interessen
verletzt werden (A. Gadola, Das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren, 1991,
S. 444). Eine solche, sich aus der Praxis ergebende Einschränkung ist im Kanton
Graubünden indes nicht ersichtlich. Wie es sich damit verhält, kann letztlich offen-
bleiben. Tatsache ist, dass das JPSD gestützt auf die neue gutachterliche Beur-
teilung von einem wesentlich veränderten Sachverhalt auszugehen hatte, dem der
vorinstanzliche Entscheid offensichtlich nicht gerecht wurde, und darüber hinaus
mit dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verkehrs vor ungeeigneten
Fahrzeugführern auch nach Massgabe dieser erhöhten Anforderungen ausrei-
chend Grund für eine reformatio in peius bestand.
Ebensowenig vermag der Berufungskläger einzuwenden, eine reformatio in
peius erweise sich als unzulässig, weil er die vom Strassenverkehrsamt verfügten
Auflagen nicht angefochten habe und diese in Rechtskraft erwachsen seien. Die
Dauer des Mindestentzugs und die Voraussetzungen, unter welchen eine Wie-
dererteilung des Führerausweises überhaupt in Frage kommt, stehen in einem
Abhängigkeitsverhältnis. So ist die Möglichkeit der Behandlung der festgestellten
Trunksucht also etwa die im vorliegenden Fall angeordnete fachtherapeutische
Aufarbeitung ein Element, die es bei der Bemessung der Probezeit zu gewichten
gilt (vgl. Schaffhauser, a.a.O., S. 139). Ähnlich verhält es sich beim Nachweis der
Abstinenz. Wer bei gutem Therapieerfolg den Nachweis der vollständigen Alko-
holabstinenz zu erbringen vermag, soll eher in den Genuss der Mindestdauer
kommen. Insofern stellen die zusätzlichen Anordnungen verwaltungsrechtliche
Auflagen dar, unter denen sich die von den Behörden im Rahmen der Hauptverfü-
gung festgelegte Mindestdauer überhaupt erst rechtfertigt. Kommt es zur Aufhe-
bung der Hauptverfügung, werden entsprechend auch die mit ihr verbundenen
Auflagen hinfällig (vgl. Blaise Knapp, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band I,



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1992, N. 992 S. 231). Darüber hinaus hat der Berufungskläger in seinem
Hauptantrag die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Wiedererteilung
des Führerausweises nach Ablauf eines Jahres seit verfügtem Entzug verlangt.
Angefochten wurde damit die ganze Verfügung samt Auflagen. Dass dem so ist,
ergibt sich auch aus der Begründung der Beschwerde. So stellte sich der Beru-
fungskläger auf den Standpunkt, er habe den Nachweis der Abstinenz erbracht,
was belege, dass er nicht trunksüchtig im strassenverkehrsrechtlichen Sinn sei.
Der Berufungskläger vertrat folglich die Auffassung, der Ausweis sei ihm bedin-
gungslos nach Ablauf eines Jahres wieder zu erteilen, da die Voraussetzungen für
einen Sicherungsentzug nicht gegeben seien und nur der einjährige, gesetzlich
zwingende Warnungsentzug (Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG) gerechtfertigt sei. Offen-
kundig falsch ist schliesslich die Behauptung des Berufungsklägers, er habe auf-
grund der Feststellungen des Gutachters der Klinik Waldhaus darauf vertrauen
dürfen, dass er mit seinen bereits erfolgten CDT-Kontrollen einen genügenden
Beweis für seine Abstinenz erbringe. Mit seinen Feststellungen zur Trunksucht
äussert der Gutachter reine Empfehlungen. Der Betroffene hat keinen Anspruch
darauf, dass die Behörde der Meinung des Sachverständigen in jedem Punkt
Folge leistet.
c) Erwägt die Behörde die Abänderung des Entscheids zu Ungunsten des
Beschwerdeführers, so hat sie ihm jedoch gemäss Art. 25 Abs. 3 VVG vorgängig
Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dass die Vorinstanz dem Berufungs-
kläger Gelegenheit einräumte, sich zum Gutachten vernehmen zu lassen, vermag
das Einholen einer solchen Stellungnahme zweifellos nicht zu ersetzen. Ob sich
möglicherweise eine Schlechterstellung rechtfertigt, liess sich überhaupt erst nach
Eingang der Stellungnahme zum Gutachten umfassend beurteilen. Zudem folgt
aus dem Umstand, dass der Gutachter weitergehende Auflagen empfahl, nicht
zwangsläufig, dass sich die Behörde diesen Empfehlungen auch tatsächlich
anzuschliessen gedenkt und somit eine Abänderung des angefochtenen Ent-
scheids erwägt. Der Einwand des Berufungsklägers, es sei ihm im Zusammen-
hang mit der reformatio in peius das rechtliche Gehör verweigert worden, erweist
sich somit als zutreffend.
6. Die Berufung ist demnach im Sinne der Erwägungen gutzuheissen und
Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese hat in einem ersten Schritt dem
Berufungskläger die Möglichkeit einzuräumen, eine Stellungnahme zur beabsich-
tigten reformatio in peius einzureichen seine Beschwerde zurückzuziehen.
Sofern S. S. an seiner Beschwerde festhalten sollte, ist über die Aufrechterhaltung



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des vorsorglichen Führerausweisentzugs zu befinden und sind die für die
Abklärung der Fahreignung erforderlichen zusätzlichen Beweiserhebungen im
Sinne der vorstehenden Erwägungen vorzunehmen. Alsdann ist in der Sache neu
zu entscheiden.
7. Bei diesem Ausgang gehen die Kosten des Berufungsverfahrens zu La-
sten des Kantons Graubünden (Art. 160 Abs. 3 StPO). Gestützt auf Art. 160 Abs.
4 StPO ist dem Berufungskläger überdies eine ausseramtliche Entschädigung zu-
zusprechen. Unter Berücksichtigung des notwendigen Aufwandes und der Tatsa-
che, dass sich der Berufungskläger für seine Berufungsbegründung zu einem
nicht unerheblichen Teil auf seine Ausführungen im vorinstanzlichen Verfahren
stützen konnte, erscheint eine Entschädigung in Höhe von Fr. 1'000.-angemes-
sen.



21


Demnach beschliesst der Kantonsgerichtsausschuss:
1.
Die Berufung wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, die angefoch-
tene Verfügung aufgehoben und die Sache zur weiteren Abklärung und
Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 600.-gehen zu Lasten des
Kantons Graubünden, der ausserdem den Berufungskläger ausseramtlich
mit Fr. 1'000.-zu entschädigen hat.
3.
Gegen dieses Urteil kann innert 30 Tagen seit erhaltener schriftlicher Mit-
teilung beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art.
97 ff. OG eingereicht werden.
4. Mitteilung
an:
- Rechtsanwalt lic. iur. Wilfried Caviezel, Postfach 414, Masanserstrasse
35, 7001 Chur, auch zuhanden seiner Mandantin (im Doppel)
- Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepartement Graubünden, Hofgraben 5,
7000 Chur (im Doppel)
- Bundesamt für Strassen, Sekretariat Administrativmassnahmen, 3003
Bern
- Strassenverkehrsamt Graubünden, Kalchbühlstrasse 18, 7007 Chur
- Finanzverwaltung Graubünden (im Dispositiv)
——————
Für das Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden:

Der Vizepräsident: Der Aktuar:


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