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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SKA-08-23: Kantonsgericht Graubünden

Die Schuldnerin EM. legte Beschwerde gegen die Verfügung des Konkursamts Plessur ein, die die Verwertung ihres Autokennzeichens GR ABCD. anordnete. Das Kantonsgericht entschied, dass das Recht auf das Kontrollschild als Vermögenswert betrachtet werden kann und somit in die Konkursmasse fällt. Die Beschwerde von EM. wurde abgewiesen, die Verfügung des Konkursamts aufgehoben. Es wurden keine Kosten erhoben.

Urteilsdetails des Kantongerichts SKA-08-23

Kanton:GR
Fallnummer:SKA-08-23
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SKA-08-23 vom 15.12.2008 (GR)
Datum:15.12.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verwertung eines Autokennzeichens
Schlagwörter : Konkurs; Kontrollschild; Konkursamt; Recht; Schuldnerin; Verfügung; Plessur; Fahrzeug; Vermögens; Kantonsgericht; Schuldbetreibung; Konkursmasse; Schilder; Aufsichtsbehörde; Autokennzeichen; Halter; Kontrollschilder; Vermögenswert; SchKG; Person; Graubünden; Entscheid; Besitz; Sohnes; Nummern; Metallplaketten; Einwand
Rechtsnorm:Art. 204 KG ;
Referenz BGE:50 III 3; 93 III 23;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts SKA-08-23

Kantonsgericht
von
Graubünden
Dretgira
chantunala
dal
Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 15. Dezember 2008
Schriftlich mitgeteilt am:
SKA 08 23

Entscheid
Kantonsgerichtspräsidium
als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
Vorsitz Präsident
Brunner
Aktuar Conrad
——————
In der Schuldbetreibungsund Konkursbeschwerde
der EM., Schuldnerin und Beschwerdeführerin,

gegen

die Verfügung des Konkursamts Plessur vom 14. November 2008, mitgeteilt am
14. November 2008, in Sachen ES., Gläubigerin und Beschwerdegegnerin, vertre-
ten durch Rechtsanwalt lic. iur. Diego Quinter, Goldgasse 11, 7002 Chur, gegen
die Schuldnerin und Beschwerdeführerin,

betreffend Verwertung eines Autokennzeichens,







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wird nach Kenntnisnahme der Beschwerdeschrift von EM. vom 24. November
2008, nach Einsichtnahme in die Konkursakten sowie aufgrund der tatsächlichen
Feststellungen und rechtlichen Erwägungen:
- dass der Konkursrichter des Bezirks Plessur nach Insolvenzerklärung von EM.
über dieselbe am 17. Oktober 2008 den Konkurs eröffnete;
- dass das mit der Durchführung beauftragte Konkursamt Plessur die Schuldnerin
am 23. Oktober einvernahm und dabei u.a. feststellte, dass auf die Schuldnerin
ein Personenwagen mit dem Autokennzeichen/Kontrollschild GR ABCD. einge-
löst war;
- dass das Konkursamt am 28. Oktober 2008 der Schuldnerin gegenüber verfüg-
te, das Fahrzeug werde ihr vorläufig als Kompetenzgut belassen, hingegen
werde, wie bereits anlässlich der Einvernahme vom 23. Oktober 2008 bespro-
chen, das Autokennzeichen GR ABCD. verwertet, weshalb sie gebeten werde,
das Kennzeichen baldmöglichst beim Strassenverkehrsamt Graubünden (SVA)
zu deponieren;
- dass das Konkursamt am 31. Oktober 2008 schriftlich an das SVA gelangte, mit
der Bestätigung, dass das besagte Kontrollschild zwecks konkursamtlicher
Verwertung in der nächsten vom SVA durchgeführten [Internet]Auktion zu plat-
zieren und die Verzichtserklärung [gemäss Art. 17 Abs. 3 der Vollziehungsver-
ordnung zur grossrätlichen Ausführungsverordnung zum Bundesgesetz über
den Strassenverkehr (RVV zum SVG), BR 870.110] dem Konkursamt zur Un-
terzeichnung für die Konkursmasse EM. zuzustellen sei;
- dass das SVA das Konkursamt am 03. November 2008 wissen liess, das Kon-
trollschild GR ABCD. sei bereits zuvor auf den Sohn der Schuldnerin umge-
schrieben worden;
- dass das Konkursamt die Schuldnerin mit Schreiben vom 04. November 2008
auf die strafgesetzlichen Bestimmungen des Verstrickungsbruchs hinwies und
sie bat, das Autokennzeichen GR ABCD. bis spätestens am 07. November
2008 beim SVA zu deponieren, widrigenfalls Strafanzeige erstattet werde;
- dass die Schuldnerin dem Ansinnen keine Folge leistete, weshalb das Kon-
kursamt am 14. November 2008 der Schuldnerin gegenüber eine förmliche Ver-
fügung erliess, wonach sie dafür zu sorgen habe, dass das Kontrollschild bis
spätestens am 21. November 2008 beim SVA deponiert sei;



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- dass EM. gegen die mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Verfügung am
24. November 2008 rechtzeitig Beschwerde an den Kantonsgerichtsausschuss
als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibungund Konkurs führt, mit dem sinn-
gemässen Begehren um Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Anord-
nung, dass das Nummernschild im Familienbesitz verbleiben und damit auch im
Besitz ihres Sohnes belassen werden könne;
- dass das Konkursamt Plessur beantragt, es sei die Konkursitin zu verpflichten,
das Kontrollschild GR ABCD. in die Konkursmasse zu überführen; eventualiter
sei festzustellen, dass es sich beim Kontrollschild um einen pfändbaren Vermö-
genswert handle;
- dass abgesehen von Art. 87 Abs. 1 der Verkehrszulassungsverordnung (VZV,
SR 741.51), wonach die einmal zugeteilten Schildernummern für den Halter re-
serviert bleiben und die Zuteilung anderer Nummern zulässig ist, wenn die
Schilder länger als ein Jahr hinterlegt entzogen worden sind - die Fragen
der Zuteilung der Kontrollschilder von Motorfahrzeugen an Halter vom kantona-
len Recht geregelt werden und Art. 17 Abs. 3 RVV zum SVG diesbezüglich be-
stimmt, dass der Fahrzeughalter zugunsten eines Dritten auf sein Kontrollschild
verzichten kann;
- dass zwischen dem Recht auf das Kontrollschild als Sache (Metallplaketten)
und dem Recht auf das Kontrollschild als Nummer zu unterscheiden ist;
- dass die Kontrollschilder, d.h. die Metallplaketten im Eigentum des SVA bezie-
hungsweise des Staates verbleiben und diese nur leihweise abgegeben wer-
den;
- dass
„sein
Kontrollschild“
im Sinne von Art. 17 Abs. 3 RVV zum SVG hingegen
bedeutet, dass der Inhaber bei Bestehen aller übrigen persönlichen und tech-
nischen Voraussetzungen gegenüber dem Staat/SVA eine Art Nutzungsrecht
Anspruch dahingehend hat, unter eben dieser Nummer ein Fahrzeug auf
seinen Namen zu immatrikulieren;
- dass dieses Recht auf Fahrzeugimmatrikulation unter bestimmter Schilder-
nummer insofern als solches dem Rechtsverkehr zugänglich ist, als sein Inha-
ber zugunsten eines Dritten darauf verzichten kann, wobei durch das privat-
rechtliche Erwerbsgeschäft eines solchen Kontrollschilderbenützungsund -
immatrikulationsrechts keine Rechte übertragen und erworben werden können,
die über diejenigen der ordentlichen Zulassung hinausgehen;



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- dass somit der mit einer bestimmten Kontrollschildnummer zugelassene Halter
zwar nicht die Schilder/Metallplaketten aber doch das damit verbundene Recht
auf Fahrzeugimmatrikulation unter der entsprechenden Nummer übertragen
kann;
- dass Art. 17 Abs. 3 RVV zum SVG weder in Bezug auf den Personenkreis, zu-
gunsten dessen verzichtet werden kann, noch hinsichtlich der privatrechtlichen
Bedingungen, unter denen ein solcher Kontrollschildverzicht vereinbart wird,
Einschränkungen macht;
- dass der sinngemässe Einwand der Beschwerdeführerin, das Kontrollschild
stelle keinen pfändund verwertbaren Vermögenswert dar, weil mit einem Kon-
trollschilderverzicht kein Gewinn erzielt werden dürfe, rechtlich irrig ist, weil die
ausführende kantonale Gesetzgebung zum SVG und insbesondere Art. 17 Abs.
3 RVV zum SVG eine solche Restriktion nicht kennt;
- dass das Recht beziehungsweise der Verzicht auf ein Kontrollschild auch fak-
tisch einen Vermögenswert darstellt, weil dafür erfahrungsgemäss ein Markt
besteht, der im Übrigen vom SVA durch Zurverfügungstellung einer Internetauk-
tionsplattform unterstützt und gefördert wird (vgl. http://auktion.stva.gr.ch/);
- dass der Einwand der Beschwerdeführerin, ihr Personenwagen sei nicht als
Vermögenswert ins Konkursinventar aufgenommen worden unbehelflich ist, da
die Inventarisierung nicht Voraussetzung für den Vermögensbeschlag ist und
ferner das Fahrzeug als Sache und das Kontrollschild beziehungsweise das da-
ran bestehende Benützungsrecht zu unterscheiden sind;
- dass der Hinweis der Vorinstanz, es würde eine nicht zu rechtfertigende Un-
gleichbehandlung darstellen, wenn man den Privaten den Handel mit Benüt-
zungsrechten an Kontrollschildern erlauben, dem Konkursamt jedoch untersa-
gen würde, wenig hilfreich ist, macht doch die Beschwerdeführerin einerseits
nicht geltend, der Handel sei nur staatlichen Ämtern verboten, und ist anderer-
seits klar, dass das Konkursamt Plessur in dieser Sache nur für die Konkurs-
masse der Privatperson EM. handeln kann;
- dass das Benützungsund Immatrikulationsrecht am Kontrollschild GR ABCD.
somit in die Konkursmasse von EM. fiel, diese Vermögensmasse am 17. Okto-
ber, um 10.30 Uhr, gebildet wurde, und die am 27./28. Oktober 2008 erfolgte
Übertragung des Kontrollschilds auf ihren Sohn gegenüber den Konkursgläubi-
gern ungültig ist (Art. 204 Abs. 1 SchKG);



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- dass der Einwand der Schuldnerin, sie sei vom Konkursamt erstmals mit des-
sen Schreiben vom 04. November 2008 zur Deponierung der Schilder angehal-
ten worden, tatsächlich unwahr und rechtlich unbehelflich ist, weil sie bereits am
28. Oktober 2008 entsprechend aufgefordert worden ist (act. 03.1.4), die Verfü-
gungsfähigkeit bereits durch die Konkurseröffnung am 17. Oktober 2008 auf
das Konkursamt übergegangen war, und die Schuldnerin bei ihrer Einvernahme
am 23. Oktober 2008 unterschriftlich vom umfassenden Verfügungsverbot und
den Strafbestimmungen Kenntnis genommen hat (act. 03.1.2);
- dass indessen die angefochtene Verfügung des Konkursamt Plessur als sinnlos
aufzuheben ist, da sie die Verfügungsadressatin aus eigener faktischer
und/oder rechtlicher Macht nicht erfüllen kann, nachdem sie auf das Benüt-
zungsund Immatrikualtionsrecht am Kontrollschild unbestrittenermassen zu
Gunsten ihres Sohnes privatrechtlich verzichtet hat und dieser Verzicht und die
Übertragung öffentlich rechtlich vollzogen (Immatrikulation) worden sind, womit
der Sohn nunmehr als immatrikulierter Fahrzeughalter Rechtsbesitz hat;
- dass die Vorinstanz vielmehr gegen den neuen Halter der Nummer vorzugehen
hat, wobei anzufügen ist, dass sie von diesem nicht autoritativ die Herausgabe
verlangen beziehungsweise die Rückübertragung an die Konkursmasse verfü-
gen kann, sondern mangels Besitz nötigenfalls den Prozessweg gegen den
neuen Inhaber zu beschreiten hat (BGE 50 III 3, 52 III 10, 53 III 106, 85 III 143,
100 III 64);
- dass sowohl für dingliche wie auch für obligatorische Ansprüche die Entschei-
dung über die Frage, was als Vermögen des Gemeinschuldners zur Konkurs-
masse gehört und was Dritte beanspruchen können, ausschliesslich dem Sach-
richter obliegt, weshalb die Konkursverwaltung das, was sich nicht in ihrer aus-
schliesslichen, tatsächlichen Verfügungsgewalt befindet, nur durch Klage, nicht
durch Verfügung zur Masse ziehen kann (BGE 93 III 23 E. 2, 99 III 12 E. 2, 100
III 64 E. 2, 104 III 23 E. 2, 108 III 21 E. 1, 110 III 87, E. 2a; 122 III 436, E. 2a;
Brigit Hänzi, Die Konkursverwaltung nach schweizerischem Recht - Beitrag zur
Bestimmung ihrer Rechtsstellung und kurze Darstellung ihres Aufgabenbe-
reichs, Diss. Zürich 1979, S. 126),
- dass sich die Vorinstanz diesen Umstand selbst zuzuschreiben hat, nachdem
sie am 23. Oktober vom strittigen Vermögenswert Kenntnis erhielt (act. 03.1.2)
und gehalten ist, sofort nach Empfang des Konkurserkenntnisses die zur Siche-



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rung des zur Konkursmasse gehörenden Vermögens erforderlichen Massnah-
men zu treffen (Art. 221, 223 SchKG);
- dass anstatt Bitten und Vorwarnungen der Schuldnerin angemessen gewesen
wäre, ohne Verzug das Kontrollschild beim SVA sperren lassen beziehungs-
weise diesem gegenüber zu verfügen, dass das Kontrollschild nicht auf eine
andere Person umgeschrieben/immatrikuliert werden darf;
- dass das weitere Begehren der Beschwerdeführerin, es sei festzustellen bezie-
hungsweise anzuordnen, dass das Nummernschild im Familienbesitz verblei-
ben und damit auch im Besitz ihres Sohnes belassen werden könne, abzuwei-
sen ist, da es materiellrechtlicher Natur und folglich vom Kantonsgerichtsaus-
schuss als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibungsund Konkurs nicht zu
prüfen ist;
- dass vorliegende Entscheidung in Anwendung von Art. 12 Abs. 3 GOG in ein-
zelrichterlicher Kompetenz erfolgt;
- dass das Verfahren kostenfrei (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG) und entschädi-
gungslos ist (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG);



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erkannt :
1.
Die angefochtene Verfügung des Konkursamts Plessur vom 14. November
2008 im Konkurs Nr. 2080044 wird ersatzlos aufgehoben.
2.
Im Übrigen wird die Beschwerde von EM. abgewiesen.
3.
Es werden keine Kosten erhoben und keine Verfahrensentschädigungen
zugesprochen.
4. Gegen
vorliegende
Entscheidung
kann gemäss Art. 72 des Bundesge-
richtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische
Bundesgericht geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, in-
nert 10 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entschei-
dung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen.
Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Vorausset-
zungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und
Art. 90 ff. BGG.
5. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
Der Präsident:
Der Aktuar:



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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