E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SK2-17-32: Kantonsgericht Graubünden

X. und Y. reichten Strafanzeigen gegen verschiedene Personen bei der Kantonspolizei Graubünden ein. Die Beschuldigten bestritten die Vorwürfe. X. und Y. stellten separate Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege, die Staatsanwaltschaft gewährte diese ab dem 4. August 2017. Die Beschwerdeführer beantragten jedoch, die Rechtspflege ab dem 15. Dezember 2016 zu erhalten. Das Kantonsgericht von Graubünden entschied, dass die Rechtspflege ab dem 15. Dezember 2016 gewährt werden sollte. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kanton Graubünden. Keine Parteientschädigungen wurden zugesprochen.

Urteilsdetails des Kantongerichts SK2-17-32

Kanton:GR
Fallnummer:SK2-17-32
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SK2-17-32 vom 20.12.2017 (GR)
Datum:20.12.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:unentgeltliche Rechtspflege für die Privatklägerschaft
Schlagwörter : Rechtspflege; Gesuch; Beschwerde; Verfahren; Gesuche; Staatsanwaltschaft; Anzeige; Prozessführung; Verfahren; Graubünden; Verfügung; Anzeige; Klage; Antrag; Datum; Zeitpunkt; Kanton; Eingabe; Beschwerde-; Anspruch; Akten; Entscheid; Beschwerdeverfahren; Kantons; Anzeigen; Gewährung
Rechtsnorm:Art. 101 StPO ;Art. 104 StPO ;Art. 118 StPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 136 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 382 StPO ;Art. 393 StPO ;Art. 397 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 433 StPO ;Art. 436 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Hausheer, Bühler, Schweizer, Berner Schweizerische Zivil- prozessordnung, Art. 119 ZPO, 2012
Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 433 StPO, 2014
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts SK2-17-32

Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni

Ref.:
Chur, 20. Dezember 2017
Schriftlich mitgeteilt am:
SK2 17 32

21. Dezember 2017

(Mit Urteil 1B_4+5/2018 vom 18. Januar 2018 ist das Bundesgericht auf die gegen
diesen Beschluss erhobenen Beschwerden nicht eingetreten.)
Beschluss

II. Strafkammer
Vorsitz
Hubert
RichterInnen
Pritzi und Brunner
Aktuar
Guetg

In der strafrechtlichen Beschwerde
des X.___, und des Y.___, Beschwerdeführer,

gegen

die Verfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 17. August 2017,
gleichentags mitgeteilt, in Sachen der Beschwerdeführer,
betreffend unentgeltliche Rechtspflege für die Privatklägerschaft,
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.
X.___ und Y.___ reichten im Zeitraum zwischen dem ___ 2016 und
dem ___ 2017 bei der Kantonspolizei Graubünden verschiedene Strafanzeigen
gegen diverse Personen mit entsprechenden Strafanträgen ein. Anzeige wurde
insbesondere gegen A.___ (Anzeigen vom ___ 2016, ___ 2016, ___
2016, ___ 2017 sowie ___ 2017); B.___ (Anzeigen vom ___ 2016,
___ 2017, ___ 2017 sowie ___ 2017); C.___ (Anzeigen vom ___
2016 und ___ 2016); D.___ (Anzeige vom ___ 2016); E.___ (Anzeige
vom ___ 2016); F.___ (Anzeige vom ___ 2016); G.___ (Anzeige vom
___ 2017); H.___ (Anzeige vom ___ 2016) sowie unbekannt (Anzeige vom
___ 2016) wegen Drohung etc. gestellt.
B.
In ihren Strafanzeigen bzw. Strafanträgen schildern X.___ und Y.___
diverse Sachverhalte mit den aus ihrer Sicht zutreffenden strafrechtlichen Qualifi-
kationen im Zusammenhang mit verbalen und nachbarrechtlichen Auseinander-
setzungen. Von den beschuldigten Personen werden die erhobenen Vorwürfe in
den wesentlichen Punkten bestritten.
C.
Im Zusammenhang mit den einzelnen Strafanzeigen bzw. Strafanträgen
stellten X.___ und Y.___ jeweils separate Gesuche um Gewährung der un-
entgeltlichen Rechtspflege, erstmals mit Gesuch vom 15. Dezember 2016 betref-
fend die Anzeige mit Strafantrag vom ___ 2016 gegen A.___ und andere (vgl.
insbesondere VV.___ act. 3/31 und 3/33).
D.
Am 4. August 2017 ergänzten X.___ und Y.___ auf Ersuchen der
Staatsanwaltschaft Graubünden ihre Gesuche mit aktuellen Unterlagen und einer
eingehenderen Begründung (vgl. hierzu u.a. VV.___ act. 1/9 S. 2 Ziff. 6. und
act. 1/15-1/18).
E.
Mit Verfügung vom 17. August 2017, welche X.___ und Y.___ am 21.
August 2017 zugestellt wurde, ordnete die Staatsanwaltschaft Graubünden ge-
stützt auf Art. 136 StPO was folgt an (vgl. act. B.1):
1. X.___ und Y.___ wird mit Wirkung ab 4. August 2017 (Datum der
Gesuchseinreichung) insofern die unentgeltliche Rechtspflege ge-
währt, als sie von Vorschussund Sicherheitsleistungen sowie von
Verfahrenskosten befreit wird [recte: werden].

2.
Das Gesuch [von] X.___ und Y.___ um Bestellung eines unent-
geltlichen Rechtsbeistandes wird abgelehnt.

Seite 2 — 11

F.
Mit Eingabe vom 31. August 2017 erhoben X.___ und Y.___ (nachfol-
gend Beschwerdeführer) beim Kantonsgericht von Graubünden Beschwerde ge-
gen die Verfügung und stellten die Begehren (vgl. act. A.1):
Es wird beantragt die angefochtene Verfügung zu ändern und die unent-
geltliche Rechtspflege ab Datum der verschiedenen Gesuche um unent-
geltliche Prozessführung der beiden Beschwerdeführer zu gewähren, aus-
ser bei Anzeige [sic!] Beschwerdeführer zu 2. vom 12. Juli 2017 dort ist der
4. Aug 2017 richtig, im Einzelnen wird beantragt[:]

1.
Für [die] Gesuche um unentgeltliche Prozessführung der Beschwerde-
führer zu 1. und 2 vom 15 Dez 2016 zur Privatklage vom 15 Dez 2016.
Im Strafverfahren C.___ ua. Anzeige vom 6. Sept 2016 unentgeltli-
che Rechtspflege ab 15 Dez 2016 zu gewähren

2.
Für [die] Gesuche um unentgeltliche Prozessführung der Beschwerde-
führer zu 1. und 2 vom 20 Dez zur Privatklage vom 20 Dez 2016. Im
Strafverfahren gegen C.___ ua. wegen wiederholter Tätlichkeiten
Anzeige vom 19 Dez 2016 unentgeltliche Rechtspflege ab 20 Dez
2016 zu gewähren

3.
Für [die] Gesuche um unentgeltliche Prozessführung der Beschwerde-
führer zu 1. und 2 vom 20. Dez 2016 zur Privatklage vom 20 Dez
2016. Im Strafverfahren gegen C.___ ua. wegen Exhibitionismus
u.a. Anzeige vom 20. Sept 2016 unentgeltliche Rechtspflege ab 20
Dez 2016 zu gewähren

4.
Für [die] Gesuche um unentgeltliche Prozessführung der Beschwerde-
führer zu 1. und 2 vom 6 Feb 2017 im Rahmen Strafklage und Zivilkla-
ge, zur Strafanzeige mit Strafantrag gegen B.___ vom 6. Feb 2017
wegen Ehrverletzung u.a. unentgeltliche Rechtspflege ab 6. Feb 2017
zu gewähren

5.
Für [die] Gesuche um unentgeltliche Prozessführung der Beschwerde-
führer zu 1. und 2 vom 24 Feb 2017 im Rahmen Strafklage und Zivil-
klage, zur Strafanzeige mit Strafantrag gegen B.___ und A.___
[recte: C.___] u.a. vom 20. Feb 2017 wegen Rassendiskriminierung
u.a. unentgeltliche Rechtspflege 24 ab Feb 2017 zu gewähren [sic!]

6.
Für [die] Gesuch[e] um unentgeltliche Prozessführung der Beschwer-
deführer zu 1. und 2 vom 15 Juni 2017 im Rahmen Strafklage und Zi-
vilklage, zur Strafanzeige mit Strafantrag gegen B.___ vom 13. Feb
2017 wegen Irreführung der Rechtspflege u.a. unentgeltliche Rechts-
pflege ab 15. Juni 2017 zu gewähren

7.
Für [die] Gesuch[e] um unentgeltliche Prozessführung der Beschwer-
deführer zu 1. und 2 vom 15 Juni 2017 im Rahmen Strafklage und Zi-
vilklage, zur Strafanzeige mit Strafantrag gegen A.___ vom 10 April
2017 wegen zweitem Exhibitionismius [recte: Exhibitionismus] u.a. un-
entgeltliche Rechtspflege ab 15. Juni 2017 zu gewähren

8.
Für [die] Gesuch[e] um unentgeltliche Prozessführung der Beschwer-
deführer zu 1. und 2 im Schreiben vom 15 Juni 2017 im Rahmen
Strafklage und Zivilklage, zur Strafanzeige mit Strafantrag gegen
B.___ vom 13 Feb 2017 wegen Irreführung der Rechtspflege u.a.
unentgeltliche Rechtspflege ab 15 Juni 2017 zu gewähren

Seite 3 — 11

9.
Weiter beantragen die beiden Beschwerdeführer eine Parteientschädi-
gung, da sie für dieses [recte: diese] Beschwerde anwaltliche Beratung
in Anspruch genommen haben, siehe beiliegende Quittung vom 24-08-
2017, die vom Beschwerdeführer zu 1. ausgelegt wurde

10. Weiter beantragen die beiden Beschwerdeführer eine Parteientschädi-
gung für ihre Fahrt zum Anwalt Herrn I.___ nach O.1___ am 24-
08-2017, sowie für die Umtriebe infolge dieser Beschwerde, da sie So-
zialhilfe bzw Ergänzungsleistungen erhalten sind ihnen diese Kosten
nicht zuzumuten [sic!]

G.
Mit Eingabe vom 15. September 2017 reichte die Staatsanwaltschaft dem
Kantonsgericht von Graubünden sämtliche mit den Verfahren VV.___,
VV.___, VV.___, EK.___, EK.___, EK.___, EK.___ im Zusammen-
hang stehenden Akten ein, die hauptsächlich im Dossier A.___ aufgeführt sind
(VV.___ Dossiers 1, 2 und 10). Die Staatsanwaltschaft beantragte die kostenfäl-
lige Abweisung der Beschwerde sowie eine Beschränkung einer allfällig beantrag-
ten Akteneinsicht durch die Beschwerdeführer.
H.
Mit Schreiben vom 22. September 2017 nahmen die Beschwerdeführer zur
Eingabe der Staatsanwaltschaft unaufgefordert Stellung und beantragten dem
Kantonsgericht die Einsicht in alle Akten und sowie die Anordnung eines weiteren
Schriftenwechsels, da sich die Staatsanwaltschaft nicht zu ihren Vorwürfen in der
Beschwerde geäussert habe (vgl. act. A.3).
II. Erwägungen
1.1.
Gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO in Verbindung mit Art. 22 des Einfüh-
rungsgesetzes
zur
Schweizerischen
Strafprozessordnung
(EGzStPO;
BR 350.100) können Verfügungen der Staatsanwaltschaft beim Kantonsgericht
von Graubünden angefochten werden. Zur Beschwerde legitimiert ist jede Partei,
die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung des an-
gefochtenen Entscheides hat (vgl. Art. 382 Abs. 1 StPO). Partei im Sinne des Ge-
setzes ist unter anderem die Privatklägerschaft (vgl. Art. 104 StPO). Privatklägerin
ist nach Art. 118 Abs. 1 StPO die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt,
sich am Strafverfahren als Strafoder Zivilklägerin zu beteiligen. Bei Antragsdelik-
ten ist der Strafantrag der Konstituierung gleichgestellt (Art. 118 Abs. 2 StPO). Mit
Eingaben vom 15. Dezember 2016 konstituierten sich beide Beschwerdeführer im
Strafverfahren gegen "A.___ und andere", d.h. in den Verfahren VV.___,
VV.___, VV.___, EK.___, EK.___, EK.___. Im Verfahren gegen
Seite 4 — 11

G.___ (EK.___) erfolgte die Konstituierung aufgrund der gestellten Strafan-
träge (EK.___ act. 1).
1.2.
Art. 382 StPO räumt die Rechtsmittellegitimation der Partei ein, die ein
rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung eines Entschei-
des hat. Dieses Interesse ergibt sich daraus, dass die betreffende Person durch
den angefochtenen Entscheid unmittelbar in ihren Rechten betroffen, d.h. be-
schwert ist, was sich anhand des Dispositivs der angefochtenen Verfügung beur-
teilt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_492/2016 vom 12. Januar 2017 E. 1.2.).
Streitpunkt des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet die Frage, ab welchem
Zeitpunkt den Beschwerdeführern die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren
ist. Die Staatsanwaltschaft Graubünden verfügte am 17. August 2017 mit Wirkung
ab 4. August 2017 die unentgeltliche Rechtspflege hinsichtlich der Befreiung von
Vorschussund Sicherheitsleistungen sowie von Verfahrenskosten. Die Be-
schwerdeführer machen dementsprechend geltend, dass sie die unentgeltliche
Rechtspflege bereits mit Gesuchen vom 15. Dezember 2016 beantragt hätten,
weswegen sie ihnen ab diesem Datum zuzusprechen sei. Damit sind die Be-
schwerdeführer zweifellos durch die Verfügung der Staatsanwaltschaft Graubün-
den beschwert. Die übrigen Prozessvoraussetzungen geben zu keinen Bemer-
kungen Anlass, womit auf die formund fristgerecht eingereichte Beschwerde vom
31. August 2017 einzutreten ist.
2.
Die Beschwerde nach Art. 393 ff. StPO wird in einem schriftlichen Verfah-
ren behandelt. Heisst die Behörde die Beschwerde gut, so fällt sie einen neuen
Entscheid hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist ihn zur neuen
Entscheidung an die Vorinstanz zurück (Art. 397 Abs. 1 und 2 StPO). Mit der Be-
schwerde können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliess-
lich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und
Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige unrichtige Feststellung des
Sachverhaltes (lit. b) sowie Unangemessenheit (lit. c) gerügt werden. Die Sach-
verhaltsfeststellung ist unvollständig, wenn entscheidrelevante Umstände nicht
nicht ausreichend abgeklärt berücksichtigt worden sind. Unrichtig ist sie,
wenn der hoheitlichen Verfahrenshandlung falsche, aktenwidrige Tatsachen zu-
grunde gelegt werden. Die Rechtsmittelinstanz verfügt über eine volle Kognition
und kann die angefochtene Verfügung vollständig in allen Rechtsund Tatfragen
überprüfen (vgl. Patrick Guidon, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kom-
mentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2014, N 15 f. zu
Art. 393 StPO).
Seite 5 — 11

3.
Mit Verfügung vom 17. August 2017 betreffend unentgeltliche Rechtspflege
für die Privatklägerschaft gewährte die Staatsanwaltschaft Graubünden den Be-
schwerdeführern die unentgeltliche Prozessführung für die entsprechenden Ver-
fahren ab dem 4. August 2017. Begründend führte sie aus, dass die Beschwerde-
führer mit Schreiben vom 4. August 2017, eingegangen am 7. August 2017, die
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung in den von ihnen zur Anzeige
gebrachten Sachverhalten beantragt hätten. Aufgrund deren Angaben sei erstellt,
dass sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügen würden, um ihre Ansprüche
aus den eingereichten Anzeigen durchsetzen zu können. Die Voraussetzungen
zur Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 136 Abs. 2 lit. a und
b StPO seien somit erfüllt. Anders beurteilte die Staatsanwaltschaft den Anspruch
auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung i.S.v. Art. 136 Abs. 2 lit.
c StPO, da sich weder aufgrund der Schwere der Delikte noch aus anderen Grün-
den eine anwaltliche Vertretung als notwendig aufdrängen würde. Selbst wenn
von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung von Y.___ auszugehen wäre, die
im Gesuch lediglich summarisch dargelegt worden sei, sei ihm die Wahrung seiner
Rechte im vorliegenden Verfahren unter Beizug der kantonalen Opferberatungs-
stelle ausreichend möglich (vgl. VV.___ act. 3/19).
3.1
Mit Eingabe vom 31. August 2017 erheben die Beschwerdeführer Be-
schwerde gegen die Verfügung vom 17. August 2017 und verlangen unter ande-
rem die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ab Datum der jeweiligen
Gesuchstellung, d.h. ab mindestens dem 15. Dezember 2016. Sie rügen, die
Staatsanwaltschaft habe ihnen die unentgeltliche Prozessführung fälschlicher-
weise erst ab dem 4. August 2017 gewährt, obwohl sie bereits am 15. Dezember
2016 ein erstes Gesuch gestellt hätten. Die Staatsanwaltschaft habe folglich die
von ihnen bereits vorgängig eingereichten Gesuche rechtsfehlerhaft unberücksich-
tigt gelassen. Die abschlägige Beurteilung des Anspruchs auf unentgeltliche
Rechtsverbeiständung wird hingegen nicht gerügt und bildet damit nicht Gegen-
stand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. act. A.1).
3.2.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden nahm mit Eingabe vom 15. September
2017 zur Beschwerde Stellung. Dabei ging sie auf das eigentliche Beschwer-
dethema - die Frage des Zeitpunkts, ab welchem die unentgeltliche Rechtspflege
zu gewähren ist mit keinem Wort ein (vgl. act. A.2).
3.3.
Die materiellen Voraussetzungen zur Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege für die Beschwerdeführer sind vorliegend unstrittig. Zu beurteilen ist
lediglich die Frage des Zeitpunkts der Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Seite 6 — 11

Massgebend für den Beginn der unentgeltlichen Rechtspflege ist der Zeitpunkt der
Gesuchstellung
(vgl.
Goran
Mazzucchelli/Mario
Postizzi,
in:
Nig-
gli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozess-
ordnung, 2. Auflage, Basel 2014, N 8 zu Art. 136 StPO). Davon scheint auch die
Staatsanwaltschaft auszugehen, wie sich aus Ziffer 1 des Dispositivs der ange-
fochtenen Verfügung ergibt. Aus den Akten ergibt sich, dass mit den diversen
Strafanzeigen und Strafanträgen der Beschwerdeführer jeweils separate Gesuche
um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege gestellt wurden. Die ersten Gesu-
che, auf welche sich die Beschwerdeführer berufen und welche im Zusammen-
hang mit der Strafanzeige bzw. dem Strafantrag vom 6. September 2016 stehen,
datieren vom 15. Dezember 2016 (vgl. VV.___ act. 3/31 und 3/33). Weshalb
nicht dieses Datum für den Beginn der unentgeltlichen Rechtspflege massgebend
sein soll, erschliesst sich der Beschwerdeinstanz nicht und wird von der Staats-
anwaltschaft Graubünden weder in der angefochtenen Verfügung selbst noch im
vorliegenden Verfahren dargelegt. Die Gründe, von denen sich die Staatsanwalt-
schaft diesbezüglich hat leiten lassen, sind nicht erkennbar. Zwar sind Gesuche
um unentgeltliche Rechtspflege begründet und mit den entsprechenden Belegen
einzureichen (vgl. Art. 136 StPO; Goran Mazzucchelli/Mario Postizzi, a.a.O., N 9
zu Art. 136 StPO). Es liesse sich indessen nicht rechtfertigen, bei Einreichung von
mangelhaften Gesuchen den Zeitpunkt des Beginns der unentgeltlichen Rechts-
pflege hinauszuschieben. Jedenfalls nicht ohne dass vorgängig eine Nachfrist zur
Verbesserung unter Androhung der Konsequenzen für den Säumnisfall angesetzt
worden wäre. Ein entsprechendes Vorgehen gebietet insbesondere der verfas-
sungsmässige Gehörsanspruch von Art. 29 Abs. 2 BV, welcher dem Gesuchsteller
den Anspruch gewährt, dass er im Verfahren um Bewilligung der unentgeltlichen
Rechtspflege mindestens ein Mal auf die Unvollständigkeit seiner Darlegung der
finanziellen Verhältnisse sowie der hiezu eingereichten Unterlagen hingewiesen
und ihm Gelegenheit gegeben wird, diese zu ergänzen klarzustellen (vgl. Alf-
red Bühler, in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivil-
prozessordnung, Band I, Bern 2012, N 107 zu Art. 119 ZPO mit weiteren Hinwei-
sen). Dies hat vorliegend umso mehr zu gelten, als es sich bei den Gesuchstellern
um juristische Laien handelt.
3.4.
Aufgrund des Dargelegten ist die Beschwerde gutzuheissen, die angefoch-
tene Verfügung aufzuheben und die unentgeltliche Rechtspflege mit Wirkung ab
dem 15. Dezember 2016 zu gewähren. Da sämtliche Strafanzeigen bzw. Strafan-
träge in einem zumindest faktisch vereinigten Verfahren behandelt werden, ist die
unentgeltliche Prozessführung der Einfachheit halber gesamthaft ab diesem Da-
Seite 7 — 11

tum zu gewähren. Dieses Vorgehen rechtfertigt sich auch wenn die Gesuche der
Beschwerdeführer um Erteilung der unentgeltlichen Prozessführung im Verfahren
gegen G.___ erst am 24. Februar 2017 gestellt worden sind (EK.___ act. 6
und 7) - deshalb, weil die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auf die
Befreiung von Vorschussund Sicherheitsleistungen sowie von Verfahrenskosten
beschränkt wurde und die jeweiligen Gesuche zusammen mit den einzelnen
Strafanzeigen bzw. Strafanträgen gestellt wurden, so dass in den einzelnen Un-
terverfahren keine Kosten vor der jeweiligen Gesuchstellung angefallen sind. Da
die unentgeltliche Rechtspflege hinsichtlich einer unentgeltlichen Rechtsverbei-
ständung nicht gewährt wurde und dies nicht Gegentand des vorliegenden Be-
schwerdeverfahrens bildet, besteht keine Gefahr, dass vor Gesuchseinreichung
angefallene (Anwalts-)kosten entschädigt werden müssten.
3.5.
Nachdem die Staatsanwaltschaft in ihrer Vernehmlassung darauf hinwies,
dass im Falle einer Akteneinsicht des Beschwerdeführers, die Einsichtnahme auf
die die Beschwerde betreffenden Akten zu beschränken sei, beantragen die Be-
schwerdeführer in ihren Eingaben vom 22. September 2017 die Einsichtnahme in
die gesamten Strafakten (vgl. act. A.3). Die Beschwerdeinstanz erachtet eine Ak-
teneinsichtnahme in vorliegendem Beschwerdeverfahren als nicht geboten, be-
schränkt sich der Beschwerdegegenstand doch ausschliesslich auf die Frage, ab
welchem Zeitpunkt die unentgeltlichen Prozessführung zu erteilen ist. Wie das
vorliegende Verfahren zeigte, war es den Beschwerdeführern ohne weiteres mög-
lich, ihre Interessen adäquat wahrzunehmen und zu vertreten. Es bleibt den Be-
schwerdeführern im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften unbenommen, im
Rahmen des Strafverfahrens bei der jeweiligen Verfahrensleitung ein Gesuch um
Akteneinsicht zu stellen (vgl. Art. 101 StPO).
3.6.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Beschwerde gutzuheis-
sen und die unentgeltliche Rechtpflege für sämtliche Verfahren der Beschwerde-
führer (VV.___, VV.___, VV.___, EK.___; EK.___, EK.___,
EK.___) ab dem 15. Dezember 2017 zu gewähren ist.
4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat nach Art. 428 Abs. 4 StPO der
Kanton Graubünden die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. In Anwen-
dung von Art. 8 der Verordnung über die Gerichtsgebühren in Strafverfahren
(VGS; BR 350.201) werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens vorliegend auf
CHF 500.00 festgesetzt.
Seite 8 — 11

5.1.
Schliesslich bleibt der beschwerdeführerische Antrag in Ziffer 9 zu beurtei-
len, gemäss welchem die Beschwerdeführer für das vorliegende Beschwerdever-
fahren eine Parteientschädigung für anwaltliche Beratung, die sie für das Be-
schwerdeverfahren in Anspruch genommen haben, beantragen. Als Beleg reichen
sie hierzu eine Quittung vom 24. August 2017 von Rechtsanwalt lic. iur. I.___ im
Umfang von CHF 250.00 ein (act. B.2). Ferner beanspruchen sie eine Entschädi-
gung für "ihre Fahrt zum Anwalt Herrn I.___ nach O.1___ am 24-08-17, sowie
für die Umtriebe infolge dieser Beschwerde".
5.2.
Ansprüche auf Entschädigung und Genugtuung im Rechtsmittelverfahren
richten sich nach den Artikeln 429-434 StPO (vgl. Art. 436 Abs. 1 StPO). Gemäss
Art. 433 Abs. 1 lit. a. StPO hat die Privatklägerschaft gegenüber der beschuldigten
Person im Falle ihres Obsiegens Anspruch auf angemessene Entschädigung für
notwendige Aufwendungen im Verfahren. Vorliegend erscheint zunächst deshalb
fraglich, ob der geltend gemachte Aufwandsbetrag in Höhe von CHF 250.00 ein-
gefordert werden kann, da doch gemeinhin verlangt wird, dass die zu entschädi-
genden Aufwendungen des Privatklägers für die Teilnahme am Verfahren einen
gewissen Umfang erreichen (vgl. Niklaus Schmid, Handbuch des schweizerischen
Strafprozessrechts, 2. Auflage, Zürich 2013, N 1830; Yvona Griesser, a.a.O., N 1
ff. zu Art. 433 StPO). Ob die Schwelle vorliegend erfüllt ist, kann jedoch offen ge-
lassen werden. Der Anspruch auf Parteientschädigung ist jedenfalls aus nachfol-
genden Überlegungen unbegründet: Wie bereits erwähnt, wird verlangt, dass die
zu entschädigenden Aufwendungen des Privatklägers für die Teilnahme am Ver-
fahren notwendig sind (Art. 433 Abs. 1 StPO). Allgemein wird immer dann von
notwendigen Aufwendungen ausgegangen, wenn sich der Sachverhalt in zivil-
rechtlicher strafrechtlicher Hinsicht als komplex erweist (vgl. 138 IV 197 E.
2.3 m.w.H.; Eymann, a.a.O., S. 316). Die Abwägung, ob ein komplexer Fall vor-
liegt, liegt im richterlichen Ermessen. Im vorliegenden Fall geht es nun einzig und
allein um die Frage des Zeitpunkts, ab dem die unentgeltliche Prozessführung zu
gewähren ist. Für diese Frage, die weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hin-
sicht eine besondere Schwierigkeit aufweist, war es nicht notwendig einen
Rechtsvertreter beizuziehen. Dies gilt umso mehr als aus der angefochtenen Ver-
fügung ohne weiteres hervor geht, dass das Datum der Gesuchseinreichung für
den Zeitpunkt, ab welchem die unentgeltliche Rechtpflege zu erteilen ist, massge-
bend ist (vgl. VV.___ act. 1/19 Dispositiv Ziff. 1). Für die Eruierung des Datums,
an welchem die unentgeltliche Prozessführungsgesuche eingereicht wurden, war
aber der Beizug eines Rechtsvertreters auch unter Berücksichtigung eines allfäl-
ligen gesundheitlichen Handicaps von Y.___ offensichtlich nicht erforderlich.
Seite 9 — 11

Auf die weiter geltend gemachte unbezifferte und nicht belegte Entschädigungs-
forderung für die Fahrt nach O.1___ vom 24. August 2017 ist nicht einzutreten
(vgl. Yvona Griesser, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur
Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Auflage, Zürich 2014, N 4 zu Art. 433
StPO).
Den Beschwerdeführern ist somit für das Beschwerdeverfahren keine Parteient-
schädigung zuzusprechen.
Seite 10 — 11

III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und Ziffer 1 des Dispositivs der ange-
fochtenen Verfügung wird dahingehend abgeändert, dass die gewährte un-
entgeltliche Rechtspflege mit Wirkung ab 15. Dezember 2016 (Datum der
ersten Gesuchseinreichung) erteilt wird.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 500.00 gehen zu Lasten
des Kantons Graubünden.
3.
Parteientschädigungen werden keine zugesprochen.
4.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 ff. BGG Beschwerde in
Strafsachen an das Bundesgericht geführt werden. Die Beschwerde ist dem
Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, schriftlich innert 30
Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in
der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die
Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen
und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff.
BGG.
5.
Mitteilung an:

Seite 11 — 11

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.