Die Y._____ AG hat beim Bezirksgericht Plessur die Konkurseröffnung über X._____ beantragt, nachdem dieser betrieben wurde und die Konkursandrohung zugestellt wurde. X._____ hat daraufhin Beschwerde beim Kantonsgericht von Graubünden eingereicht, um die Aufhebung des Konkurses zu erreichen. Obwohl die Y._____ AG das Konkursbegehren zurückzog und auf die Durchführung des Konkurses verzichtete, konnte X._____ seine Zahlungsfähigkeit nicht glaubhaft machen, weshalb die Beschwerde abgewiesen wurde. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von 500 CHF gehen zu Lasten der Konkursmasse von X._____.
Urteilsdetails des Kantongerichts SK2 2021 92
Kanton: | GR |
Fallnummer: | SK2 2021 92 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | |
Datum: | 15.12.2021 |
Rechtskraft: | |
Leitsatz/Stichwort: | unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter : | Gesuch; Rechtspflege; Gesuchsteller; Genugtuung; Verfahren; Kläger; Angehörigen; Persönlichkeit; Persönlichkeitsverletzung; Staatsanwaltschaft; Mitarbeiter; Beschwerdeverfahren; Privatklägerschaft; Verfügung; Graubünden; Anzeige; Anschuldigung; Kantonsgericht; Gewährung; Zivilansprüche; Personen; Ehrverletzung; Vorwürfe; Gesuchstellers; Äusserung; Voraussetzung; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 136 StPO ;Art. 29 BV ;Art. 303 StGB ;Art. 49 OR ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Entscheid des Kantongerichts SK2 2021 92
Verfügung vom 15. Dezember 2021
Referenz SK2 21 92
Instanz II. Strafkammer
Besetzung Nydegger, Vorsitzender
Parteien A.___
Gesuchsteller
Gegenstand Unentgeltliche Rechtspflege
Mitteilung 16. Dezember 2021
Sachverhalt
A. Mit Schreiben vom 18. Juni 2021 erstattete A.___ bei der Staatsanwaltschaft Graubünden (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) Strafanzeige 'gegen die Mitarbeiter des B.___' wegen Ehrverletzungsdelikten (Art. 173 ff. StGB) und falscher Anschuldigung (Art. 303 StGB). Im Wesentlichen warf er den Beschuldigten vor, ihn am 14. Juni 2021, abends, im C.___ in O.1___ vor seinen Angehörigen zu Unrecht des Diebstahls beschuldigt und ihm ein Hausverbot erteilt zu haben.
B. Mit Nichtanhandnahmeverfügung vom 15. November 2021 entschied die Staatsanwaltschaft, dass in oberwähnter Angelegenheit kein Strafverfahren an die Hand genommen werde.
C. Gegen diese Verfügung erhob A.___ mit Eingabe vom 26. November 2021 Beschwerde an das Kantonsgericht von Graubünden. Das Beschwerdeverfahren wird separat geführt (SK2 21 89).
D. Mit Eingabe vom 7. Dezember 2021 stellte A.___ (nachfolgend: Gesuchsteller) ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren SK2 21 89.
Erwägungen
1. Zur Behandlung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für beim Kantonsgericht von Graubünden hängige Rechtsmittelverfahren ist der Kammervorsitzende zuständig (Art. 9 Abs. 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG; BR 173.000] in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 der Kantonsgerichtsverordnung [KGV; BR 173.100]).
2.1. Die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für die Privatklägerschaft richten sich nach Art. 136 StPO. Art. 136 Abs. 1 StPO sieht vor, dass der Privatklägerschaft die unentgeltliche Rechtspflege zur Durchsetzung ihrer Zivilansprüche zu gewähren ist, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und kumulativ - die Zivilklage nicht aussichtslos erscheint (lit. b).
2.2. Gemäss konstanter bundesgerichtlicher Praxis hat der Gesetzgeber die unentgeltliche Rechtspflege bewusst auf Fälle beschränkt, in denen die Privatklägerschaft Zivilansprüche (insbesondere Schadenersatz und/oder Genugtuung) geltend macht und nicht lediglich die Bestrafung der angezeigten Personen verlangt (vgl. statt vieler BGer 6B_458/2015 v. 16.12.2015 E. 4.3.3). Es obliegt der Gesuchstellerin, in ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege die Nichtaussichtslosigkeit ihrer Zivilklage darzulegen (vgl. BGer 6B_1039/2017 v. 13.3.2018 E. 2.3 m.w.H.). Der Privatklägerschaft kann ausnahmsweise die unentgeltliche Rechtspflege unabhängig von Zivilansprüchen direkt gestützt auf Art. 29 Abs. 3 BV gewährt werden (dazu BGer 1B_355/2012 v. 12.10. 2012 E. 1.2.2 und E. 5).
2.3. Im Formular 'Privatklage' (StA act. 5) gab der Gesuchsteller gegenüber der Staatsanwaltschaft an, er beteilige sich im Strafverfahren als Strafkläger. Ob er sich auch als Zivilkläger beteiligen wolle, beantwortete er mit 'nein'. Im Widerspruch dazu gab er an, dass seine Genugtuungsforderung 'noch offen' sei und er diese Forderung spätestens im Parteivortrag vor Gericht beziffern und begründen werde. Damit erscheint zumindest fraglich, ob eine Konstituierung im Zivilpunkt erfolgt ist. Wie aus den nachfolgenden Ausführungen hervorgeht, braucht diese Frage indes nicht abschliessend beurteilt zu werden.
2.4. Aufgrund der Angaben im Formular 'Privatklage' kommt jedenfalls nur eine Genugtuung als Zivilforderung in Frage. Die widerrechtliche Verletzung der Persönlichkeit kann einen Anspruch auf Genugtuung und damit einen Zivilanspruch im Sinne von Art. 136 Abs. 1 lit. a StPO begründen. Nach Art. 49 OR ist eine Genugtuung jedoch nur geschuldet, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt. Der Eingriff muss aussergewöhnlich schwer sein und in seinen Auswirkungen das Mass einer Aufregung einer alltäglichen Sorge klar übersteigen (BGer 6B_94/2013 v. 3.10.2013 E. 1.1). Leichte Persönlichkeitsverletzungen, wie beispielsweise unbedeutende Ehrverletzungen, rechtfertigen keine finanzielle Genugtuung. Inwiefern die Persönlichkeitsverletzung objektiv und subjektiv schwer wiegt, ist im Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege darzulegen (BGer 6B_973/2016 v. 7.3.2017 E. 2.2). Dasselbe gilt auch in Bezug auf den Tatbestand der falschen Anschuldigung gemäss Art. 303 StGB: Auch diesbezüglich ist im Gesuch auszuführen, inwiefern die geltend gemachte Persönlichkeitsverletzung objektiv wie subjektiv schwer wiegt (BGer 6B_973/2016 v. 7.3.2017 E. 2.2).
2.5. Der Gesuchsteller führt in dieser Hinsicht aus, er sei Opfer falscher Anschuldigung, Ehrverletzung und unmenschlicher Behandlung. Seit dem der Strafanzeige zugrundeliegenden Vorfall gehe es ihm psychisch sehr schlecht und er leide sehr darunter. Diese Belastungssituation habe seinen Alltag stark beeinträchtigt. Er habe innere Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen und leichte depressive Verstimmungen (act. A.1). Diese Schilderungen scheinen überzogen zu sein. In der Strafanzeige hielt der Gesuchsteller fest, er sei vor seinen Angehörigen beschuldigt worden, Dinge geklaut zu haben. Nachdem die Polizei hinzugezogen worden sei, sei festgestellt worden, dass er nichts gestohlen habe. Trotzdem hätten die Mitarbeiter des B.___ ihn weiterhin als Dieb hingestellt und ihm ein Hausverbot wegen Diebstahls ausgestellt. Er fühle sich schlecht behandelt und durch die haltlosen Behauptungen der B.___-Mitarbeiter vor seinen Angehörigen in seiner Ehre verletzt (vgl. StA act. 2). Ausgehend von der Hypothese, dass diese Vorwürfe stimmen, lässt sich festhalten, dass es sich vorliegend lediglich um eine leichte Persönlichkeitsverletzung handelt. Dies gilt umso mehr, als die inkriminierten Äusserungen gemäss eigenen Angaben des Gesuchstellers nur gegenüber seinen Angehörigen, mithin gegenüber einem kleinen Personenkreis, erfolgt sein soll. Dabei ist auch zu beachten, dass die damals anwesenden Angehörigen des Gesuchstellers gemäss dessen eigenen Angaben (vgl. SK2 21 89, act. A.1) kein Deutsch sprachen, mithin die angeblich ehrverletzenden Äusserungen gar nicht verstanden. Da es sich um die Angehörigen des Gesuchstellers und nicht um ihm unbekannte Personen handelte, war es ihm zudem sogleich ohne weiteres möglich, die Vorwürfe aus seiner Sicht richtig zu stellen. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Vorwürfe der B.___-Mitarbeiter in mündlicher Form getätigt wurden, sich demnach in ihrer einmaligen Äusserung erschöpften. Jedenfalls in objektiver Hinsicht lag damit keine Persönlichkeitsverletzung vor, welche eine Genugtuung rechtfertigen würde. Selbst wenn sich der Gesuchsteller also als Zivilkläger konstituiert hätte, müsste die von ihm geltend gemachte Genugtuungsforderung als aussichtslos qualifiziert werden. Damit scheidet ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gestützt auf Art. 136 StPO von vornherein aus; die kumulative - Voraussetzung der Mittellosigkeit muss daher nicht mehr geprüft werden. Im Übrigen liegt auch kein Anwendungsfall für eine ausnahmsweise Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege direkt gestützt auf Art. 29 Abs. 3 BV liegt vor. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren SK2 21 89 ist folglich abzuweisen.
3. Für das vorliegende Verfahren betreffend das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege werden keine Kosten erhoben.
Demnach wird erkannt:
1. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren SK2 21 89 wird abgewiesen.
2. Für das vorliegende Verfahren werden keine Kosten erhoben.
3. Gegen diese Verfügung kann gemäss Art. 78 ff. BGG Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht geführt werden. Die Beschwerde ist dem Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, schriftlich innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff. BGG.
4. Mitteilung an:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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