Die Beschuldigte wird beschuldigt, in Drogengeschäfte verwickelt gewesen zu sein und einen neuen Kokainlieferanten vermittelt zu haben. In ihren Aussagen gibt es jedoch Widersprüche und Ungereimtheiten, insbesondere bezüglich des Kennens des Kokainlieferanten und der geplanten Reisen nach Portugal. Die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen wird in Frage gestellt. Die Aussagen der Mittäter B'. und C. belasten die Beschuldigte ebenfalls. Es wird festgestellt, dass die Beschuldigte versucht, ihre Beteiligung an den Drogengeschäften zu verschleiern. Letztendlich wird die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussagen zum Tatvorwurf analysiert. Die Beschuldigte bestreitet weiterhin ihre Beteiligung an Drogengeschäften, jedoch zeigen ihre Aussagen und die der Mittäter deutliche Widersprüche und Ungereimtheiten.
Urteilsdetails des Kantongerichts SK1-10-48
Kanton: | GR |
Fallnummer: | SK1-10-48 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 24.11.2010 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | einfache Körperverletzung |
Schlagwörter : | Berufung; Angeklagte; Abwehr; Angriff; Recht; Bezirk; Graubünden; Kantons; Bezirksgerichts; Körper; Urteil; Angeklagten; Verfahren; Anklage; Verfahren; Kantonsgericht; Notwehr; Berufungskläger; Körperverletzung; Bezirksgerichtsausschuss; Aussage; Sinne; Faust |
Rechtsnorm: | Art. 125 StPO ;Art. 142 StPO ;Art. 144 StPO ;Art. 146 StPO ;Art. 15 StGB ;Art. 157 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 17 StGB ;Art. 186 StGB ; |
Referenz BGE: | 101 IV 121; 115 IV 268; 124 IV 88; 136 IV 49; |
Kommentar: | Viktor Lieber, Donatsch, Hans, Schweizer, Hansjakob, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich, Art. 130 StPO, 2010 |
Entscheid des Kantongerichts SK1-10-48
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 24. November 2010
Schriftlich mitgeteilt am:
SK1 10 48
Urteil
I. Strafkammer
Vorsitz
Schlenker
RichterInnen
Brunner und Michael Dürst
Redaktion
Aktuarin ad hoc Ambühl
In der strafrechtlichen Berufung
des A., Angeklagter und Berufungskläger, vertreten durch Dr. iur. Peter Andri Vital,
Chesa Planta, 7524 Zuoz,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Inn vom 23. April 2010, mitgeteilt am 31.
August 2010, in Sachen der Staatsanwaltschaft Graubünden, Sennhofstrasse 17,
7001 Chur, Anklägerin und Berufungsbeklagte gegen den Angeklagten und Beru-
fungskläger,
betreffend einfache Körperverletzung,
hat sich ergeben:
I. Sachverhalt
A.
A. ist am 10. Januar 1968 in Torun/Thorn (Polen) geboren. Er ist mit E., ge-
borene F., verheiratet, mit welcher er zwei Kinder im Alter von 4 und 6 Jahren hat.
A. ist diplomierter Ingenieur. Er arbeitet für die IT-Firma Hewlett-Packard und ist
zudem Dozent an der Hochschule für Technik in Zürich. A. ist im Schweizerischen
Zentralstrafregister nicht verzeichnet.
B.
Mit Anklageverfügung vom 13. August 2009 versetzte die Staatsanwaltschaft
Graubünden A. wegen einfacher Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 des
Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0) sowie wegen Hausfriedens-
bruchs gemäss Art. 186 StGB in Anklagezustand und überwies den Fall dem Be-
zirksgerichtsausschuss Inn zur Beurteilung. In der Anklageschrift vom gleichen Tag
wurde der Anklage folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
„Am 25. September 2008 deponierte A. drei Kehrichtsäcke an der Kehricht-
sammelstelle beim Gemeindehaus von Fuldera. Auf dem Rückweg zu sei-
nem Haus konnte er beobachten, wie B., welcher gegenüber dem Gemein-
dehaus wohnt, einen dieser Säcke behändigte und sich damit in seine Gara-
ge begab. Da er das bereits mehrfach beobachtet hatte, folgte A. B. und
stellte ihn in dessen Garage zur Rede. Obwohl B. von ihm verlangte, die Ga-
rage zu verlassen, leistete der Angeklagte dieser Aufforderung keine Folge.
Vielmehr kam es zu einem Handgemenge, während welchem A. B. einen
Faustschlag an den Kopf gab, was zu einer Prellung führte. In der Folge
stürzte dieser nach hinten und zog sich durch den Sturz an die dort stehen-
den Fahrräder etc. Brüche der 6.-8. Rippen links vorne zu.“
C.
In der Ergänzung der Anklageschrift stellte die Staatsanwaltschaft Graubün-
den den Antrag, A. sei im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen und er sei mit
einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je Fr. 40.-bedingt bei einer Probezeit von
zwei Jahren und einer Busse von Fr. 600.--, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe
von 15 Tagen, zu bestrafen.
D.
Mit Urteil vom 23. April 2010, mitgeteilt am 31. August 2010, erkannte der
Bezirksgerichtsausschuss Inn was folgt:
„1. A. ist schuldig der einfachen Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1
StGB.
2. A. wird vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs gemäss Art. 186 StGB frei
gesprochen.
3. Dafür wird er bestraft mit:
Seite 2 — 14
einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 40.00. Der Vollzug der
Geldstrafe wird aufgeschoben unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jah-
ren.
einer Busse von CHF 600.00, ersatzweise mit einer Freiheitsstrafe von
15 Tagen.
4. Die Verfahrenskosten, bestehend aus:
- der Gerichtsgebühr des Bezirksgerichtsausschusses Inn
Fr. 1'500.00
- Barauslagen von
Fr. 192.00
- Schreibgebühren von
Fr. 370.00
- den Kosten der Staatsanwaltschaft Graubünden von
Fr. 2'291.00
Total
Fr. 4’353.00
gehen zu Lasten von A.. Die Busse und die Verfahrenskosten von insge-
samt CHF 4'953.00 sind innert 30 Tagen nach Rechtskraft dem Bezirks-
gericht Inn zu überweisen.
5. (Rechtsmittelbelehrung).
6. (Mitteilung).“
Der Bezirksgerichtsausschuss Inn führte in seinem Entscheid aus, es stehe
fest, dass zwischen den beiden Beteiligten ein Handgemenge stattgefunden haben
müsse. Allerdings sei die Frage, wer damit angefangen beziehungsweise wer wen
wo wie oft geschlagen habe, schwieriger zu beantworten. Zur Beantwortung dieser
Frage ständen lediglich die Aussagen der beiden Beteiligten zur Verfügung, wobei
sich der Bezirksgerichtsausschuss Inn nicht ohne Zweifel für die eine andere
Variante des Beginns des Handgemenges entscheiden könne. Im Zweifel sei daher
von dem für den Angeklagten günstigeren Sachverhalt auszugehen. Dies bedeute,
dass der Bezirksgerichtsausschuss Inn davon ausgehe, dass B. das Handgemenge
eröffnet habe und auf den Angeklagten los gegangen sei. Bezüglich der Handlun-
gen des Angeklagten sei man zur Überzeugung gelangt, dass dieser B. mit der ge-
schlossenen Faust geschlagen habe. Der Angeklagte habe in seiner polizeilichen
Einvernahme ein Tag nach dem Vorfall festgehalten, B. mit der linken Hand zu-
rückgeschupst und mit der geschlossenen Faust der rechten Hand einmal auf das
Gesicht von B. geschlagen und auch getroffen zu haben. Gestützt auf diese Aussa-
ge dürfe davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte B. ins Gesicht geschla-
gen habe, was auch mit der ärztlich festgestellten Prellung an der Schläfe von B.
überein stimme. Es stehe somit fest, dass B. durch den Faustschlag des Angeklag-
ten das Gleichgewicht verloren habe und gestürzt sei. Der Bezirksgerichtsaus-
schuss Inn prüfte des Weiteren auf Seiten der Rechtfertigungsgründe, ob das Vor-
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gehen des Angeklagten in Notwehr im Sinne von Art. 15 StGB erfolgt sei. Dabei
kam er zum Schluss, dass der Angeklagte mehr getan habe als notwendig, um den
Angriff abzuwehren. Es hätte vielmehr genügt, wenn der Angeklagte B. zurückge-
schupst und die Garage verlassen hätte. Indem er B. mit der geschlossenen Faust
ins Gesicht geschlagen habe, habe er jedoch übermässig gehandelt. Folglich sei
die vom Angeklagten getätigte Abwehr nicht verhältnismässig gewesen und habe
mit anderen Worten die Grenzen der Notwehr überschritten. In Bezug auf das Vor-
bringen des Angeklagten, er habe in entschuldbarer Notwehr gehandelt, weshalb er
nicht schuldhaft gehandelt habe, führte der Bezirksgerichtsausschuss Inn aus, dass
keine Anhaltspunkte bestehen würden, dass der Angeklagte derart in Aufregung
geraten sei, dass er sein Verhalten nicht mehr hätte steuern können. Vielmehr habe
A. die Garage von B. betreten und damit rechnen müssen, dass es diesem unan-
genehm sei, beim Durchwühlen des Kehrichtsackes ertappt zu werden. Die Vor-
aussetzungen für eine entschuldbare Notwehr seien demnach nicht erfüllt. In Bezug
auf den Vorwurf des Hausfriedensbruchs erkannte der Bezirksgerichtsausschuss
Inn schliesslich, dass nicht nachgewiesen sei, dass der Angeklagte aufgefordert
worden sei, die Garage zu verlassen und er dieser Aufforderung nicht nachgekom-
men sei. Folglich habe er sich des Hausfriedensbruchs nicht strafbar gemacht.
E.
Gegen dieses Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Inn liess A. mit Eingabe
vom 21. September 2010 beim Kantonsgericht von Graubünden Berufung mit fol-
genden Rechtbegehren erheben:
„1. Die Ziffern 1, 3 und 4 des Urteils des Bezirksgerichtsausschusses Inn
vom 23. April 2010, mitgeteilt am 31. August 2010, seien aufzuheben und
A. sei von der Anklage der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art.
123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB freizusprechen.
2. Eventuel sei das Strafmass erheblich zu reduzieren.
3. Es sei nach Massgabe von Art. 144 Abs. 1 StPO eine mündliche Beru-
fungsverhandlung durchzuführen.
4. Unter gesetzlicher Kostenund Entschädigungsfolge.“
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Vorinstanz gehe
offenbar davon aus, dass der Schlag von A. als „Gerade im Gesicht von B. gelan-
det und so kräftig gewesen sei, dass dieser auf die Fahrräder gefallen sei. Dafür
finde sich in den Akten aber keine Stütze. Soweit die Vorinstanz davon ausgehe,
dass der Schlag des Angeklagten übertrieben hart gewesen sei, sei diese Feststel-
lung aktenwidrig und damit willkürlich. Die korrekte Feststellung dieses Ablaufes sei
jedoch für den Rechtfertigungsgrund der Notwehr von Bedeutung. Vorliegend sei
Seite 4 — 14
davon auszugehen, dass B. den Angeklagten mit Faustschlägen gegen seinen Kopf
angegriffen habe. Der Angeklagte habe sich mit Stössen und Schlägen gewehrt,
worauf B. auf die Gerätschaften gefallen sei und sich dabei verletzt habe. Allein
deswegen sei die Abwehr jedoch noch lange nicht unangemessen. Der Angeklagte
sei vielmehr unter Druck gestanden und habe nicht mühelos erkennen können,
dass B. durch seine Abwehr stürzen und sich dermassen verletzen würde. Der An-
geklagte habe lediglich verhindern wollen, dass B. weiterhin auf seinen Kopf ein-
schlagen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts müsse eine mühe-
lose Erkennbarkeit der Übermässigkeit einer Abwehrhandlung vorliegen, um einen
Notwehrexzess anzunehmen. Ausserdem dürften nach dieser Rechtsprechung
nicht nachträglich allzu subtile Überlegungen darüber angestellt werden, ob der An-
gegriffene sich nicht allenfalls auch mit anderen, weniger einschneidenden Mass-
nahmen hätte begnügen können und sollen (BGE 6B_1005/2009 vom 18.02.2010,
E. 3.2 und E. 3.3). Die vorliegend relevante Abwehr sei nicht zuletzt auch im Rah-
men dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung als angemessen zu bezeichnen
und die rechtfertigende Notwehr als gegeben zu beurteilen.
F.
Mit Eingabe vom 28. September 2010 verzichtete die Staatsanwaltschaft
Graubünden auf die Einreichung einer Vernehmlassung.
G.
Anlässlich der Hauptverhandlung vor dem Kantonsgericht von Graubünden
vom 24. November 2010 waren sowohl A. als auch dessen Rechtsvertreter anwe-
send. Es wurden keine Einwände gegen die Zuständigkeit und Zusammensetzung
des Gerichts erhoben, so dass sich dieses als in der Sache legitimiert erklärte. Der
Berufungskläger erhielt die Gelegenheit, sich zu dem Vorfall in der Garage von B.
zu äussern. Dabei führte er insbesondere aus, dass B. zum Zeitpunkt seines An-
griffs sehr wütend gewesen sei. Das Verhalten von B. habe ihn sehr überrascht und
er habe den Angriff nur mit einem erheblichen Kraftaufwand abwenden können. B.
sei dabei mit seinen Fäusten insbesondere auf seinen Kopf losgegangen. Er könne
nicht mehr genau sagen, wie er B. weggestossen habe. Des Weiteren führte A. aus,
er habe vor einigen Jahren nach einem Autounfall ein Schleudertrauma erlitten,
weshalb sein ganzer Bereich um den Kopf und Nacken sehr empfindlich sei. Diesen
Bereich habe er unbedingt schützen wollen, weshalb er seine Abwehrhandlung ge-
gen den Angriff von B. als natürliche Reaktion beurteile. Anschliessend nahm der
Rechtsvertreter von A. in seinem Plädoyer nochmals zur Sache Stellung. Dabei gab
er eine schriftliche Ausfertigung seines Plädoyers zu den Akten.
Auf weitere Ausführungen in der Rechtsschrift sowie im angefochtenen Ent-
scheid wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Seite 5 — 14
II. Erwägungen
1.
Gegen Urteile und Beschlüsse der Bezirksgerichte und ihrer Ausschüsse
sowie gegen Verfügungen der Bezirksgerichtsund Kreispräsidenten (ausgenom-
men Untersuchungshandlungen, prozessleitende Verfügungen und Strafmandate)
können der Verurteilte und der Staatsanwalt beim Kantonsgericht Berufung einrei-
chen. Die Formalitäten richten sich dabei nach den allgemeinen Bestimmungen
über das Berufungsverfahren gemäss Art. 141 ff. des Gesetzes über die Straf-
rechtspflege (StPO; BR 350.000). Die Berufung ist innert 20 Tagen seit der schriftli-
chen Eröffnung des angefochtenen Entscheides einzureichen. Sie ist zu begründen
und hat darzutun, welche Mängel des erstinstanzlichen Entscheides Gerichts-
verfahrens gerügt werden und ob das ganze Urteil lediglich Teile davon ange-
fochten werden (vgl. Art. 142 Abs. 1 StPO). Genügt eine fristgerecht eingereichte
Berufung diesen Anforderungen nicht, so setzt der Vorsitzende eine kurze Frist zur
Behebung des Mangels mit der Androhung, dass sonst auf die Berufung nicht ein-
getreten werden könne (vgl. Art. 142 Abs. 2 StPO).
Die am 21. September 2010 formund fristgerecht eingereichte Berufung
vermag diesen Anforderungen zu genügen, weshalb darauf einzutreten ist.
2.a) Wird im Berufungsverfahren eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils zu
Ungunsten des Verurteilten Freigesprochenen beantragt, so kann dieser die
Durchführung einer mündlichen Verhandlung verlangen. In den übrigen Fällen kann
der Vorsitzende eine mündliche Verhandlung von sich aus auf Antrag der Par-
teien anordnen (Art. 144 Abs. 1 StPO). Findet keine mündliche Verhandlung statt,
so trifft das Kantonsgericht seinen Entscheid ohne Parteivortritt auf Grund der Akten
(Art. 144 Abs. 3 StPO). Der Angeschuldigte in einem Strafverfahren hat aber unab-
hängig von der kantonalen Verfahrensordnung gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK An-
spruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich gehört wird. Dieser An-
spruch ist Teilgehalt der umfassenden Garantie auf ein faires Verfahren. Das Gebot
der Verfahrensöffentlichkeit gilt dem Grundsatz nach nicht nur für das erstinstanzli-
che Strafverfahren, sondern erstreckt sich auf die Gesamtheit eines Strafverfahrens
inklusive des gesamten Rechtsmittelweges, somit auch auf das Berufungsverfahren
gemäss Art. 141 ff. StPO.
Seite 6 — 14
b)
Mit der am 24. November 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Ver-
handlung hat das Kantonsgericht dem vom Berufungskläger gestellten Antrag um
Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung entsprochen.
3.a) Die I. Strafkammer des Kantonsgerichts überprüft das erstinstanzliche Urteil
in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Rahmen der gestellten Anträge frei (Art.
146 Abs. 1 StPO). Sie besitzt eine umfassende, uneingeschränkte Kognitionsbe-
fugnis. Wenn die Aktenlage die Beurteilung zulässt und keine Verletzung des recht-
lichen Gehörs vorliegt der Mangel geheilt ist, entscheidet die I. Strafkammer in
der Sache selber (Art. 146 Abs. 2 StPO e contrario; Padrutt, Kommentar zur Straf-
prozessordnung des Kantons Graubünden, 2. Auflage, Chur 1996, S. 376).
b)
Die Vorinstanz hat A. der einfachen Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1
StGB schuldig gesprochen. Gegen das vorinstanzliche Urteil hat der Berufungsklä-
ger Berufung eingelegt mit dem Antrag, er sei von der Anklage der einfachen Kör-
perverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB freizusprechen. Dabei
macht er insbesondere geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt aktenwidrig
und damit willkürlich festgestellt und in der Folge Art. 15 StGB unrichtig angewen-
det. Die korrekte Feststellung des Ablaufs des Handgemenges sei für den Rechtfer-
tigungsgrund der Notwehr jedoch von Bedeutung. Im vorliegenden Fall sei im Spe-
ziellen davon auszugehen, dass der Angeklagte dem Angreifer keinen fadengera-
den Boxhieb verpasst, sondern ihn lediglich weggeschlagen habe. Die Abwehr von
A. sei in Anbetracht der Umstände als angemessen zu bezeichnen und die rechtfer-
tigende Notwehr im Sinne der genannten Bestimmung als gegeben zu beurteilen.
4.a) Gemäss Art. 125 Abs. 2 StPO entscheidet das Gericht bei der Würdigung der
Beweismittel nach freier Überzeugung. Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdi-
gung ergibt sich bereits aus Art. 249 des Bundesgesetzes über die Bundesstraf-
rechtspflege (BStP; SR 312.0). Der Richter hat danach von Bundesrechts wegen
frei von gesetzlichen Beweisregeln und nur nach seiner persönlichen Überzeugung
aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber zu entschei-
den, ob er eine Tatsache für bewiesen hält nicht (vgl. BGE 115 IV 268 f.).
Freie Beweiswürdigung gilt auch dort, wo Aussage gegen Aussage steht (vgl.
Padrutt, a.a.O., S. 306 ff.). Zu den verschiedenen Beweismitteln ist anzuführen,
dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung eine Rangordnung verbietet. Ins-
besondere sind die Aussagen von Zeugen und Angeschuldigten voll gültige Be-
weismittel mit derselben Beweiseignung. Bei der Würdigung der Beweise ist weni-
ger die Form, sondern vielmehr der Gesamteindruck, das heisst die Art und Weise
der Bekundung sowie die Überzeugungskraft massgebend. Entscheidend ist mit
Seite 7 — 14
anderen Worten allein die Beweiskraft der konkreten Beweismittel im Einzelfall
(Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel
2005, § 54 N 5, S. 246). Ist eine Überzeugung weder in der einen noch in der ande-
ren Richtung zu gewinnen, so ist nach der Entscheidungsregel mit Verfassungsrang
„in dubio pro reo und in Nachachtung von Art. 6 Ziff. 2 EMRK der für den Angeklag-
ten günstigere Sachverhalt anzunehmen. Allerdings kommt diese Entscheidungsre-
gel nicht schon dann zur Anwendung, wenn Aussage gegen Aussage steht. Es
kann mithin nicht schon dann von dem für den Angeklagten günstigeren Sachver-
halt
ausgegangen
werden,
sobald
sich
zwei
widersprüchliche
Sachverhaltsschilderungen gegenüberstehen. Vielmehr ist ein solcher Schluss nur
dann gerechtfertigt, wenn aufgrund einer sachlichen Beweiswürdigung beide
Sachverhaltsvarianten als gleichwertig erscheinen und keiner der beiden Versionen
der Vorzug gegeben werden kann. Das Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten
erfordert mit anderen Worten dann einen Freispruch, wenn bei objektiver Betrach-
tung erhebliche unüberwindliche Zweifel am Tatoder Schuldbeweis zurück-
bleiben (vgl. BGE 124 IV 88). Die richterliche Überzeugung für einen Schuldspruch
verlangt somit mehr als blosse Wahrscheinlichkeit; es ist vielmehr erforderlich, dass
ein gegenteiliger Sachverhalt ausgeschlossen werden kann eine nur sehr ge-
ringe Wahrscheinlichkeit für sein Vorliegen spricht. Aus diesen grundsätzlichen
Überlegungen hinsichtlich dem Grundsatz „in dubio pro reo beziehungsweise den
damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden allgemeinen Beweiswürdigungs-
regeln folgt für den vorliegenden Fall, dass anhand sämtlicher Umstände, die sich
aus den Akten ergeben, zu untersuchen ist, ob die Darstellung der Anklage
jene des Angeklagten die Richter zu überzeugen vermag.
b)
Unbestritten ist vorliegend, dass A. den Tatbestand der einfachen Körperver-
letzung im Sinne von Art. 123 Ziffer 1 StGB grundsätzlich erfüllen würde. Der einfa-
chen Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich schuldig,
wer vorsätzlich einen Menschen am Körper der Gesundheit schädigt. Die Vor-
instanz hat diesbezüglich erwogen, dass es sich bei den von B. anlässlich des
Handgemenges mit A. zugezogenen Rippenbrüchen und der Schwellung an der
Schläfe links um eine einfache Körperverletzung handle. Des Weiteren habe A.
mindestens in Kauf genommen, dass ein Faustschlag ins Gesicht B. verletzten
könne und der 74-jährige B. ins Wanken kommen und stürzen könne, wenn er von
einem Faustschlag am Kopf getroffen werde. Geht man - dem vorinstanzlichen Ur-
teil entsprechend - davon aus, dass A. von B. angegriffen wurde, so stellt die von A.
darauf gezeigte Verhaltensweise grundsätzlich eine Handlung dar, welche darauf
gerichtet war, den Angriff abzuwehren. Nachfolgend gilt es folglich zu prüfen, wie
Seite 8 — 14
sich das Handgemenge zugetragen hat beziehungsweise ob A. den Angriff von B.
in angemessener Weise im Sinne von Art. 15 StGB abgewehrt hat.
5.a) Wird jemand ohne Recht angegriffen unmittelbar mit einem Angriff be-
droht, so ist der Angegriffene und jeder andere berechtigt, den Angriff in einer den
Umständen angemessenen Weise abzuwehren (Art. 15 StGB). Gerechtfertigt ist
mithin nur die den Umständen angemessene Abwehr. Als solche können zunächst
nur Handlungen gelten, die sich gegen den Angreifer selbst richten; der Verteidi-
gung dienende Eingriffe in die Rechtsgüter unbeteiligter Dritter sind dagegen allein
unter den Voraussetzungen des Notstandes gerechtfertigt (Art. 17 StGB). Ange-
messenheit im Sinne des Gesetzes bedeutet zweierlei: Subsidiarität (Erforderlich-
keit) und Verhältnismässigkeit im engeren Sinn (Proportionalität). Subsidiär ist die
Abwehr, wenn das mildeste Abwehrmittel angewendet wird. Die Entscheidung über
das subsidiäre (erforderliche) Mittel kann nur aufgrund der konkreten Umstände
vorgenommen werden. Dabei sind insbesondere auch subjektive Faktoren wie Per-
son, Örtlichkeit, Art und Mittel des Angriffs, Fertigkeiten des Verteidigers, zur Verfü-
gung stehende Möglichkeiten etc., zu berücksichtigen. Die Angemessenheit der
Abwehr kann demzufolge weder in Unkenntnis der Folgen der Abwehrhandlung
noch der Situation, in der sich der rechtswidrig Angegriffene im Zeitpunkt seiner Tat
befand, beurteilt werden. Ob ein leichteres als das von ihm benutzte Mittel genügt
hätte, wäre freilich oft nur festzustellen, wenn er es, auf die Gefahr seiner Wirkungs-
losigkeit hin, tatsächlich erprobt hätte. Dem Verteidiger muss deshalb gestattet sein,
statt unsicherer sogleich voraussichtlich wirksame Mittel einzusetzen, wenn es
sonst für eine Gegenwehr zu spät sein könnte. Gemäss der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung dürfen nicht nachträglich allzu subtile Überlegungen darüber an-
gestellt werden, ob der Angegriffene sich nicht allenfalls auch mit anderen, weniger
einschneidenden Massnahmen hätte begnügen können sollen (vgl. BGE 107
IV 12 E. 3a). Kein Erfordernis der Subsidiarität besteht schliesslich zu anderen,
nicht direkt der Abwehr dienenden Mittel. Anerkannt ist somit die Regel, dass der
Angegriffene dem Angriff nicht ausweichen, nicht flüchten polizeiliche Hilfe
beiholen muss (vgl. BGE 101 IV 121). Bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit
der Abwehrhandlung spielen dabei vor allem die Schwere des Angriffs, die durch
den Angriff und die Abwehr bedrohten Rechtsgüter, die Art des Abwehrmittels und
dessen tatsächliche Verwendung eine Rolle (vgl. BGE 136 IV 49 E. 3.2). Von Ab-
wehr kann schliesslich nur die Rede sein, wenn der Täter sich der Notwehrlage be-
wusst gewesen ist und mit dem Willen zur Verteidigung gehandelt hat (vgl. Straten-
werth/Wohlers, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 2. Auflage,
Seite 9 — 14
Bern 2009, N 5 ff. zu Art. 15; Seelmann, in: Niggli/Wiprächtiger, Strafrecht I, Basler
Kommentar, 2. Auflage, Basel 2007, N 12 ff. zu Art. 15).
b)
Dem vorinstanzlichen Urteil entsprechend ist vorliegend zu Recht davon
auszugehen, dass B. das Handgemenge eröffnet hat und auf den Angeklagten los-
ging. In Bezug auf die Abwehrhandlung des Angeklagten ist der Bezirksgerichts-
ausschuss Inn zur Überzeugung gelangt, dass dieser B. mit der geschlossenen
Faust auf das Gesicht geschlagen habe. Aufgrund dessen ist der Bezirksgerichts-
ausschuss Inn dann zum Schluss gekommen, dass A. dadurch mehr getan habe
als notwendig, um den Angriff von B. abzuwehren. Er führt diesbezüglich des Wei-
teren aus, dass es genügt hätte, wenn der Angeklagte B. zurückgeschupst und die
Garage verlassen hätte. Indem er jedoch B. mit der geschlossenen Faust ins Ge-
sicht geschlagen habe, habe er übermässig gehandelt. Die getätigte Abwehr sei mit
anderen Worten nicht verhältnismässig gewesen und die Grenzen der Notwehr sei-
en damit überschritten. Die Vorinstanz hat sich bei der Begründung der Verhältnis-
mässigkeit dabei vor allem auf die Abwehrhandlung von A. konzentriert. Den voran-
gehenden Erwägungen zu Folge sind jedoch bei der Beurteilung der Verhältnis-
mässigkeit der Abwehrhandlung unter anderem insbesondere auch die Schwere
des Angriffs und die durch den Angriff und die Abwehr bedrohten Rechtsgüter mit
zu berücksichtigen. Gemäss den Aussagen von A. anlässlich der mündlichen Beru-
fungsverhandlung vor dem Kantonsgericht von Graubünden vom 24. November
2010 sei B., als er ihm den Kehrichtsack auf sein Verlangen heraus gegeben habe,
plötzlich auf ihn losgegangen und habe mehrmals auf ihn und insbesondere auf
seinen Kopf eingeschlagen. Daraufhin habe er B. weggestossen, woraufhin dieser
hingefallen sei. Anlässlich der ersten polizeilichen Einvernahme vom 26. September
2008 führte der Berufungskläger aus, B. habe sich mit seinem Körper und beiden
Händen nach vorne gestreckt auf ihn gestürzt und ihn dabei mit beiden geschlosse-
nen Fäusten am Kopf getroffen. Dieselbe Aussage machte der Berufungskläger
auch anlässlich der Konfronteinvernahme vom 1. April 2009. B. hingegen machte in
Bezug auf seine Angriffshandlung gegenüber A. während der durchgeführten Ein-
vernahmen keinerlei Angaben, weshalb diesbezüglich einzig auf die Aussagen von
A. abgestellt werden muss. Die Ausführungen von A. in Bezug auf die Angriffshand-
lung von B. stimmen in sämtlichen von ihm diesbezüglich gemachten Aussagen
überein, weshalb das Kantonsgericht von Graubünden ohne Weiteres davon aus-
gehen darf, dass sich der Angriff seitens B. wie von A. beschrieben zugetragen ha-
ben muss. Der Berufungskläger führte anlässlich der mündlichen Berufungsver-
handlung vom 24. November 2010 vor dem Kantonsgericht von Graubünden des
Weiteren aus, obwohl B. sicher einen halben Kopf kleiner sei als er, sei ihm B. zum
Seite 10 — 14
Zeitpunkt des Angriffs viel grösser vorgekommen. Auch habe er sehr viel Kraft auf-
wenden müssen, um B. von sich weg zu stossen. Er sei ob dem Verhalten von B.
sehr überrascht gewesen und dadurch auch verängstigt. In diesem Zusammenhang
ist für das Kantonsgericht von Graubünden insbesondere der Umstand, dass ge-
mäss den Aussagen des Berufungsklägers und zudem aktenkundig erwiesen der
ganze Bereich um den Kopf und Nacken des Berufungsklägers aufgrund eines vor
Jahren erlittenen Schleudertraumas sehr empfindlich sei, von massgebender Be-
deutung. A. führte diesbezüglich denn auch aus, er habe seinen Kopf vor den
Schlägen von B. unbedingt schützen wollen. Die Beurteilung, ob eine Abwehrhand-
lung angemessen ist, ist im Speziellen aufgrund der Situation zum Zeitpunkt des
Angriffs vorzunehmen (vgl. BGE 136 IV 49 E. 3.2). Aufgrund der gesamten Um-
stände und insbesondere aufgrund seiner gesundheitlichen Vorgeschichte erhellt,
dass sich A. zum Zeitpunkt des Angriffs in einer Notwehrlage befunden haben muss
und es ihm zu diesem Zeitpunkt - der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ent-
sprechend im Sinne des einzigen sinnvollen Verteidigungsmittels als angebracht,
ja gar notwendig erschien, den Angriff von B. mit seinen Händen abzuwehren. Ge-
mäss BGE 6B_529/2010 dürfen dabei nicht nachträglich allzu subtile Überlegungen
darüber angestellt werden, ob der Angegriffene sich nicht allenfalls auch mit ande-
ren, weniger einschneidenden Massnahmen hätte begnügen können und sollen,
weshalb die vorliegend relevante Abwehrhandlung in Anbetracht der zum Zeitpunkt
des Angriffs herrschenden Umstände als angemessen zu beurteilen ist. Der Beru-
fungskläger bediente sich im Übrigen zur Abwehr des Angriffs von B. derselben Mit-
tel, nämlich blosser Körpergewalt. Die Abwehr war somit nicht nur verhältnismässig
(Proportionalität), sondern auch erforderlich (Subsidiarität), war doch die Garage
eng, ein Ausweichen schwierig und ein Fliehen in der konkreten Situation mitnich-
ten naheliegend.
c)
Zusammenfassend und in Anbetracht der gesamten Umstände insbesonde-
re, dass B. das Handgemenge eröffnet hat und der Angriff aus der Sicht des Ange-
griffenen zu diesem Zeitpunkt als äusserst heftig, überraschend und bedrohlich
wahrgenommen wurde ist die hier zu beurteilende Abwehr als angemessen zu
qualifizieren und A. von der Anklage der einfachen Körperverletzung im Sinne von
Art. 123 Ziffer 1 StGB freizusprechen.
6.a) Wird eine Rechtsmitteleingabe gutgeheissen, so entscheidet das Gericht
über die Kostenverteilung zwischen dem Obsiegenden, dem Staat, der ersten In-
stanz und dem Unterliegenden (Art. 160 Abs. 3 StPO). Die Rechtsmittelinstanz
kann dem Obsiegenden zudem eine aussergerichtliche Entschädigung zulasten des
Unterliegenden, der Vorinstanz des Staates zusprechen (Art. 160 Abs. 4
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StPO). Vorliegend ist der Berufungskläger mit sämtlichen seiner Rechtsbegehren
durchgedrungen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens müssen die vorinstanzlichen
Verfahrenskosten neu verlegt werden.
b)
Im vorinstanzlichen Urteil wurden A. die Verfahrensund Gerichtskosten voll-
ständig auferlegt, soweit sie mit seinem Strafverfahren in Zusammenhang standen.
Nachdem nun aber ein Freispruch von der Anklage der einfachen Körperverletzung
erfolgen muss, wäre ein Überbinden von Verfahrenskosten nur möglich, wenn der
Berufungskläger durch sein Verhalten begründeten Anlass zur Durchführung der
Untersuchung und des Gerichtsverfahrens gegeben hätte (vgl. Art. 157 StPO). Dem
ist vorliegend offensichtlich nicht so, weshalb A. keine Kosten auferlegt werden dür-
fen. Es gehen daher die Kosten der Staatsanwaltschaft Graubünden von Fr. 2'291.-
zu Lasten des Kantons Graubünden, welcher A. zudem angemessen zu entschä-
digen hat. Rechtsanwalt Dr. iur. Peter Andri Vital hat eine detaillierte Honorarnote
eingereicht, aus welcher der Aufwand für das Untersuchungsverfahren errechnet
werden kann. Dieser beträgt Fr. 1'620.45 (inklusive Barauslagen und MwSt.), was
der Schwierigkeit und der Bedeutung des Falles angemessen erscheint, weshalb
dieser Betrag zugesprochen werden kann. Die Kosten des Bezirksgerichtsaus-
schusses Inn hat im Weiteren der Bezirk Inn zu übernehmen, welcher A. für das
erstinstanzliche Gerichtsverfahren angemessen zu entschädigen hat. Für das erst-
instanzliche Verfahren inklusive Besprechung des vorinstanzlichen Urteils mit dem
Klienten ergibt sich ein Aufwand von Fr. 5'245.50 (inklusive Barauslagen und
MwSt.), welcher der Sache angemessen erscheint und daher zu entschädigen ist.
c)
Da A. mit seiner Berufung insofern durchdringt, als er von der Anklage der
einfachen Körperverletzung freigesprochen wird, sind dem Berufungskläger für das
Berufungsverfahren keine Kosten aufzuerlegen. Die Kosten des Berufungsverfah-
rens von Fr. 2'000.gehen daher zu Lasten des Kantons Graubünden (Art. 160
Abs. 2 und 3 StPO), der A. für seinen Aufwand im Zusammenhang mit dem Beru-
fungsverfahren zudem angemessen allerdings reduziert entschädigen muss. Aus
der eingereichten Honorarnote ergibt sich für das Berufungsverfahren ein Aufwand
von Fr. 6'816.45.- (inklusive Barauslagen und MwSt.). Dieser Betrag erscheint recht
hoch, nachdem die Akten bereits aus dem erstinstanzlichen Verfahren bekannt wa-
ren und A. im Berufungsverfahren keine neuen Argumente vorbringt, die er nicht
schon im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht hat; insbesondere werden
keine neuen rechtlichen Erwägungen vorgebracht. Schliesslich ist auch der vorlie-
gende Sachverhalt als relativ unkompliziert zu beurteilen. Aufgrund dieser Umstän-
de erscheint eine Kürzung als angebracht. Die I. Strafkammer des Kantonsgerichts
erachtet in Berücksichtung vorstehender Erwägungen eine ausseramtliche Ent-
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schädigung von pauschal Fr. 4'000.- (inklusive Barauslagen und MwSt.) als der
Schwierigkeit und der Bedeutung der Sache angemessen.
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III. Demnach wird erkannt
1.
Die Berufung wird gutgeheissen und das angefochtene Urteil wird aufgeho-
ben.
2.
A. wird von der Anklage der einfachen Körperverletzung gemäss Art. 123
Ziffer 1 StGB sowie des Hausfriedensbruchs gemäss Art. 186 StGB frei ge-
sprochen.
3.
a) Die Kosten der Staatsanwaltschaft Graubünden von Fr. 2'291.-gehen zu
Lasten des Kantons Graubünden, welcher A. mit Fr. 1'620.45 (inkl. MwSt.) zu
entschädigen hat.
b) Die Kosten des Bezirksgerichtsausschusses Inn von Fr. 2'062.-gehen zu
Lasten des Bezirkes Inn, welcher A. mit Fr. 5'245.50 (inkl. MwSt.) zu ent-
schädigen hat.
c) Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 2'000.-gehen zu Lasten des
Kantons Graubünden, welcher A. mit Fr. 4'000.-- (inkl. MwSt.) zu entschädi-
gen hat.
4.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 des Bundesgerichtsgeset-
zes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist dem Bundes-
gericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausferti-
gung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Wei-
se einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weite-
ren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29
ff., 78 ff. und 90 ff. BGG.
5.
Mitteilung an:
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