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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SK1-10-39: Kantonsgericht Graubünden

Die Staatsanwaltschaft führt eine Strafuntersuchung gegen A. wegen Drohung und weiterer Delikte. A. hat Beschwerde gegen den Gutachtensauftrag erhoben, da sie die Befangenheit der Staatsanwälte C. und B. anführt. Es wird festgestellt, dass die Anordnung des Gutachtens nicht im Einklang mit den Vorschriften erfolgte, aber die Anordnung eines Gefährlichkeitsgutachtens als angemessen betrachtet wird. Die Beschwerde gegen die Anordnung des Gutachtens wird gutgeheissen, das Ausstandsgesuch abgewiesen. Es werden keine Kosten für das Beschwerdeverfahren erhoben. Der Beschluss wurde vom Obergericht des Kantons Zürich gefällt.

Urteilsdetails des Kantongerichts SK1-10-39

Kanton:GR
Fallnummer:SK1-10-39
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SK1-10-39 vom 19.11.2010 (GR)
Datum:19.11.2010
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Amtsehrverletzung
Schlagwörter : Berufung; Kläger; Berufungskläger; Urteil; Flugblatt; Recht; Graubünden; Landquart; Kantons; Angeklagte; Bezirksgericht; Vorinstanz; Bezirksgerichts; Sinne; Klage; Kantonsgericht; Sachverhalt; Äusserung; Wahrheit; Gericht; Verfahren; Sache; Recht; Ehrverletzung; Bezirksgerichtsausschuss; Entscheid
Rechtsnorm:Art. 107 StPO ;Art. 125 StPO ;Art. 130 StPO ;Art. 144 StPO ;Art. 146 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 162 StPO ;Art. 168 StPO ;Art. 169 StPO ;Art. 173 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 34 StGB ;Art. 47 OR ;Art. 47 StGB ;Art. 49 OR ;
Referenz BGE:103 IV 158; 114 IV 16; 115 IV 268; 116 IV 206; 117 IV 104; 117 IV 28; 119 IV 47; 119 Ia 316; 124 IV 88; 132 IV 116; 82 IV 91; 89 IV 190;
Kommentar:
Schweizer, Trechsel, Praxis, Zürich, Art. 47 StGB, 2008

Entscheid des Kantongerichts SK1-10-39

Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 19. November 2010
Schriftlich mitgeteilt am:
SK1 10 39
[nicht mündlich eröffnet]

(Eine gegen dieses Urteil beim Bundesgericht erhobene Beschwerde ist mit Urteil
vom 22. Februar 2011 abgewiesen worden, soweit darauf einzutreten war).

Urteil
I. Strafkammer
Vorsitz
Schlenker
RichterInnen
Brunner und Michael Dürst
Redaktion
Aktuarin ad hoc Ambühl

In der strafrechtlichen Berufung
des A., Strafbeklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur.
Alexander R. Lecki, Stadthausstrasse 39, Postfach 232, 8402 Winterthur,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Landquart vom 2. Juni 2010/2. Juli
2010, mitgeteilt am 12. Juli 2010, in Sachen des B., Adhäsionskläger und Beru-
fungsbeklagter, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Erich Vogel, Schulstrasse 1,
Postfach 115, 7302 Landquart gegen den Strafbeklagten und Berufungskläger,
betreffend Amtsehrverletzung,
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.
A. wurde am 15. Dezember 1943 in Poltringen (Deutschland) geboren. Er
ist mit D., geborene E., verheiratet und wohnt am H. 16 in G.. Gemäss Auskunft
der Steuerverwaltung des Kantons Graubünden vom 12. Mai 2009 verfügt A. über
ein steuerbares Einkommen von Fr. 31’696.- und ein Reinvermögen von Fr.
370’076.-. Der Berufungskläger ist im Schweizerischen Zentralstrafregister mit vier
Einträgen verzeichnet. Am 5. September 2001 verurteilte ihn der Bezirksge-
richtsausschuss Landquart wegen übler Nachrede im Sinne von Art. 173 des
schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0) zu einer Busse von Fr.
500.--. Mit Urteil des Kantonsgerichtsausschusses Graubünden vom 24. April
2002 wurde A. wegen Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB mit einer Busse von
Fr. 700.-bestraft. Am 5. Dezember 2007 verurteilte ihn der Kantonsgerichtsaus-
schuss Graubünden wegen übler Nachrede im Sinne von Art. 173 StGB zu einer
Busse von Fr. 1'500.--. Schliesslich wurde A. vom Bezirksgerichtsausschuss
Landquart mit Urteil vom 12. August 2009 der üblen Nachrede im Sinne von Art.
173 StGB schuldig gesprochen und mit einer unbedingten Geldstrafe von 50 Ta-
gessätzen zu je Fr. 110.-bestraft.
B.
Mit Anklageverfügung vom 3. März 2010 versetzte die Staatsanwaltschaft
Graubünden A. wegen übler Nachrede gemäss Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in An-
klagezustand und überwies den Fall dem Bezirksgerichtsausschuss Landquart zur
Beurteilung. In der Anklageschrift vom gleichen Tag wurde der Anklage folgender
Sachverhalt zu Grunde gelegt:
„Am 9. März 2009 fand B. B., whft. F. in G., in seinem Briefkasten ein an
die Einwohner der Gemeinde G. gerichtetes Rundschreiben mit dem Titel
„Strafklagen gegen B.“. In dem Schreiben wird ihm „Amtsmissbrauch, Kor-
ruption, Rechtsverweigerung, Befangenheit, Nötigung, Begünstigung,
Diebstahl, Sachbeschädigung, Erpressung, Drohungen, Ehrverletzungen,
Amtsanmassung, organisiertes Verbrechen, kriminel e Organisation,
rechtswidrige Vereinigung, Hausfriedensbruch etc. etc.“ in insgesamt 44
Fäl en vorgeworfen.

Das Rundschreiben war vom Angeklagten A. erstellt und von ihm bzw. al-
lenfalls von einer Drittperson in seinem Auftrag am 8./9. März 2009 in den
Briefkasten von B. gelegt worden. Zudem war das Rundschreiben anläss-
lich einer politischen Veranstaltung in Jenaz vom 26. April 2009 vom Ange-
klagten bzw. allenfalls einer beauftragten Person unter zahlreiche Schei-
benwischer geklemmt worden. Eine mehr weniger identische Zusam-
menstellung von Daten im Zusammenhang mit B. vorgeworfenen Straftaten
ist auch auf der Homepage des Angeklagten mit der Adresse _ zu finden.

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B. stellte gegen A. mit Strafklage vom 5. Mai 2009 Strafantrag wegen straf-
baren Handlungen gegen die Ehre (Art. 173 ff. StGB). In der Folge wurde
bei der Staatsanwaltschaft Graubünden eine Strafuntersuchung wegen
Amtsehrverletzung (Art. 169 StPO) eröffnet.“

C.
In der Ergänzung der Anklageschrift stellte die Staatsanwaltschaft Grau-
bünden den Antrag, A. im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen und ihn mit
einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 100.-zu bestrafen.
D.
Mit Urteil vom 2. Juni 2010/2. Juli 2010, mitgeteilt am 12. Juli 2010, erkann-
te der Bezirksgerichtsausschuss Landquart was folgt:
„1. A. ist schuldig der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1
StGB.
2. Dafür wird er als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichtsausschus-
ses Landquart vom 12. August 2008 (recte: 12. August 2009) wegen üb-
ler Nachrede mit einer (unbedingten) Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu
je Fr. 110.-bestraft.

3. A. wird gerichtlich verpflichtet, an B. eine Genugtuungssumme von Fr.
500.-zu bezahlen und ihn darüber hinaus ausseramtlich mit Fr. 800.--
zu entschädigen (Mehrwertsteuer darin enthalten).

4. Die Verfahrenskosten, bestehend aus:
- der Untersuchungsgebühr der Staatsanwaltschaft Graubünden
Fr. 1'160.00
- den Barauslagen der Staatsanwaltschaft Graubünden
Fr. 0.00
- der Gerichtsgebühr des Bezirksgerichtsausschusses Landquart
Fr. 2'116.00
- den Barauslagen des Bezirksgerichtsausschusses Landquart
Fr. 884.00
total somit
Fr. 4'160.00
werden A. auferlegt.
5. (Rechtsmittelbelehrung).
6. (Mitteilung).“

Begründet wurde dieser Entscheid insbesondere damit, dass angesichts
des Inhaltes des Rundschreibens, welches zugestandenermassen praktisch mit
den Inhalten der von A. betriebenen Webseite übereinstimme, es auch in einer
politisch hart geführten Auseinandersetzung nach den hiesigen Gepflogenheiten
immer noch sehr unwahrscheinlich erscheine, dass jemand den politischen Geg-
ner mit den Schlagwörtern Amtsmissbrauch, Korruption, Rechtsverweigerung, Be-
fangenheit, Nötigung, Begünstigung, Diebstahl, Sachbeschädigung, Erpressung,
Drohungen, Ehrverletzungen, Amtsanmassung, organisiertes Verbrechen, krimi-
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nelle Organisation, rechtswidrige Vereinigung, Hausfriedensbruch, etc. etc. in 44
Fällen beschuldige, nur um daraus einen politischen Vorteil zu ziehen. Viel wahr-
scheinlicher, ja sogar auf der Hand liegend, erscheine es, dass A. mit den Flug-
blättern einmal mehr seinen Unmut über sein Unterliegen in dem gerichtsnotori-
schen, langjährigen und teilweise sehr unzimperlich geführten nachbarschaftlichen
Konflikt am H. in G. bekundet habe, bei dem B. als B. verschiedentlich in Erschei-
nung getreten sei. Im Weiteren sei nicht ersichtlich, dass eine Drittperson ein Inte-
resse an einer derartigen Verunglimpfung von B. habe und solches sei weder
glaubhaft gemacht noch bewiesen worden. Im Weiteren habe A. gleich selber den
Nachweis erbracht, dass er der Urheber des besagten Flugblattes sei, indem er
einem Schreiben an den Untersuchungsrichter ein mindestens 100 Seiten umfas-
sendes Dossier rund um die nachbarschaftliche Auseinandersetzung am H. beige-
legt habe, welches unter anderem ein praktisch identisches Flugblatt enthalte, das
auch Gegenstand der vorliegenden Beurteilung bilde. Wer ohne Hinweis auf eine
andere Urheberschaft Unterlagen über die eigene Nachbarstreitigkeit verschicke,
müsse damit rechnen, als Urheber von Dokumenten betrachtet zu werden, aus
denen kein anderer Verfasser hervorgehe. Daher ergebe sich für das Gericht nach
der Beweiswürdigung ohne jeden Zweifel, dass A. Urheber des Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens bildenden Flugblattes sei. Es sei im Weiteren offensicht-
lich, dass die im Flugblatt enthaltenen Vorwürfe ohne weiteres geeignet seien, den
Ruf einer Person, ein ehrbarer Mensch zu sein, das heisst sich so zu benehmen,
wie nach allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger Mensch sich zu
verhalten pflege, zu beeinträchtigen. Zudem sei sich A. auch in subjektiver Hin-
sicht der Ehrenrührigkeit seiner Behauptungen und des Umstandes bewusst, dass
sie von Dritten zur Kenntnis genommen werden würden. Schliesslich habe er den
Antritt eines Wahrheitsbeweises für seine Beschuldigungen weder beantragt, ge-
schweige denn erbracht. A. habe sich daher sowohl in objektiver als auch in sub-
jektiver Hinsicht der üblen Nachrede gemäss Art. 173 Ziffer 1 Abs. 1 StGB schul-
dig gemacht.
E.
Gegen dieses Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Landquart liess A. mit
Eingabe vom 30. Juli 2010 beim Kantonsgericht von Graubünden Berufung mit
folgenden Rechtbegehren erheben:
„1. Es sei das vom Bezirksgerichtsausschuss Landquart am 2. Juni/2. Juli
2010 unter der Prozess-Nummer 520-2010-6 gefällte Urteil aufzuheben,
und es sei der Angeklagte vom Vorwurf der üblen Nachrede gemäss Art.
173 Ziffer 1 Absatz 1 StGB freizusprechen.

eventualiter:
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Es sei Dispositivziffer 2. des vorgenannten Urteiles aufzuheben, und es
sei der Angeklagte mit einer bedingten Geldstrafe von zehn Tagessät-
zen à Fr. 110.00 zu bestrafen.

subeventualiter:
Es sei dem Angeklagten in Abänderung von Dispositivziffer 2. des rele-
vanten Urteils der bedingte Strafvollzug zu gewähren.
2. Es sei Dispositivziffer 3. des angefochtenen Urteiles aufzuheben und
dem Antragsteller B. keine Genugtuung zuzusprechen.
3. Es seien die Verfahrenskosten, eventualiter die Kosten des Berufungs-
verfahrens, auf die Staatskasse zu nehmen, und es sei dem Angeklag-
ten aus dieser eine angemessene Prozessentschädigung zuzuspre-
chen.“


Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich bei den Ver-
fahrensakten kein einziges Beweismittel finden lasse, dem sich auch nur annä-
hernd entnehmen liesse, der Angeklagte sei der Urheber der relevanten Flugblatt-
aktion auch nur daran beteiligt gewesen. Im Weiteren erfasse der strafrechtli-
che Ehrbegriff nur die so genannte sittliche Ehre, nicht hingegen die gesellschaftli-
che Ehre. Durch das relevante Flugblatt sei jedoch ausschliesslich die gesell-
schaftliche Ehre von B. B. betroffen; diese sei jedoch durch den strafrechtlichen
Ehrbegriff nicht geschützt. Schliesslich habe A. auch den subjektiven Tatbestand
der üblen Nachrede nicht erfüllt, da der Angeklagte noch nie wegen Amtsehrver-
letzung verurteilt worden sei und sich demnach auch der Ehrenrührigkeit seiner
Behauptungen nicht habe bewusst sein können. Die bisherigen Entscheide betref-
fend Ehrverletzungen hätten sich auf die jahrelange Auseinandersetzung mit sei-
nem Nachbarn und die Verwendung der Begriffe „kriminell und „Mehrfach-
Straftäter bezogen. Genau diese eine ähnliche Wortwahl seien im relevan-
ten Flugblatt jedoch vermieden worden. Auch könne ihm nicht vorgeworfen wer-
den, dass er die Erbringung des Wahrheitsbeweises nicht angeboten bzw. er-
bracht habe, da dies als Schuldeingeständnis zu werten gewesen wäre.
F.
In der Vernehmlassung vom 12. August 2010 beantragte die Staatsanwalt-
schaft Graubünden die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des vor-
instanzlichen Urteils. Dabei wies sie noch einmal darauf hin, dass beim Vergleich
des während der laufenden Untersuchung dem Untersuchungsrichter zugestellten
Flugblattes mit dem hier in Frage stehenden Flugblatt ersichtlich werde, dass die-
se inhaltlich zwar identisch seien, in der Darstellung aber eine klare Abweichung
aufweisen würden. So seien an dem vom Berufungskläger dem Untersuchungs-
richter zugestellten „Pamphlet die Strafanzeigen Nr. 43 und 44 mit PC erfasst,
während die entsprechenden Einträge auf dem vom Strafkläger eingereichten
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Flugblatt handschriftlich vorgenommen worden seien. Somit könne keine Rede
davon sein, dass aus Versehen das Flugblatt weitergeleitet worden sei, welches
angeblich vom Berufungskläger in seinem Briefkasten vorgefunden worden sei.
Gegen eine versehentliche Zustellung des Flugblattes an den Untersuchungsrich-
ter spreche auch der Umstand, dass das Blatt mit „Strafklagen gegen B. in der
Postsendung an den Untersuchungsrichter sogar in doppelter Ausfertigung vor-
handen gewesen sei.
G.
Der Adhäsionskläger beantragte in seiner Berufungsantwort vom 20. Sep-
tember 2010 die vollumfängliche Abweisung der Berufung. Dabei führte er insbe-
sondere aus, dass sich die Auflistungen der Daten auf dem Rundschreiben auf
Auseinandersetzungen und Zwischenfälle mit den Nachbarn beziehen würden.
Konkret würden sich diese auf diverse nachbarrechtliche Gerichtsverfahren bezie-
hen. Lediglich der Berufungskläger sei in all diese Verfahren involviert gewesen.
Aus diesem Grund habe der Berufungskläger zu seiner Verteidigung auch ein um-
fangreiches Dossier eingereicht, worin das Rundschreiben ebenfalls enthalten sei.
Damit habe er den Nachweis selber erbracht, dass er der Urheber des besagten
Flugblattes sein müsse.
H.
Das Bezirksgericht Landquart verzichtete mit Eingabe vom 13. August 2010
auf die Einreichung einer Vernehmlassung.

Auf die weiteren Ausführungen im angefochtenen Urteil und in den Rechts-
schriften wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegan-
gen.
II. Erwägungen
1.a) Gegen Urteile und Beschlüsse der Bezirksgerichte und ihrer Ausschüsse
sowie gegen Verfügungen der Bezirksgerichtsund Kreispräsidenten (ausgenom-
men Untersuchungshandlungen, prozessleitende Verfügungen und Strafmandate)
können der Verurteilte und der Staatsanwalt beim Kantonsgericht Berufung einrei-
chen. Auch Urteile der Bezirksgerichtsausschüsse in Amtsehrverletzungssachen
sind von den Parteien mit Berufung beim Kantonsgericht von Graubünden an-
fechtbar (Art. 169 des Gesetzes über die Strafrechtspflege; StPO; BR 350.000).
Im Gegensatz zum gewöhnlichen, vom Kreispräsidenten geleiteten Ehrverlet-
zungsverfahren (Art. 162 StPO - Art. 168 StPO) gelten für das Ehrverletzungsver-
fahren, bei dem Amtspersonen mit Bezug auf ihre Amtstätigkeit die Verletzten
sind, grundsätzlich die Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens, mithin die Of-
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fizialmaxime, auch hinsichtlich der Parteiöffentlichkeit und der Kosten (vgl. Art. 162
StPO; Padrutt, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Graubünden, 2.
Aufl., Chur 1996, S. 426 Ziff. 2). Die Formalitäten richten sich demnach nach den
allgemeinen Bestimmungen über das Berufungsverfahren gemäss Art. 141 ff.
StPO (W. Padrutt, a.a.O., S. 433). Die Berufung ist innert 20 Tagen seit der schrift-
lichen Eröffnung des angefochtenen Entscheides einzureichen. Sie ist zu begrün-
den und hat darzutun, welche Mängel des erstinstanzlichen Entscheides Ge-
richtsverfahrens gerügt werden und ob das ganze Urteil lediglich Teile davon
angefochten werden (Art. 141 ff. StPO).
b)
Diesen Anforderungen vermag die im Übrigen formund fristgerecht einge-
reichte Berufung von A. vom 30. Juli 2010 zu genügen, weshalb darauf einzutre-
ten ist.
2.a) Der Vorsitzende kann eine mündliche Verhandlung von sich aus auf
Antrag der Parteien anordnen, wenn die persönliche Befragung des Angeklagten
für die Beurteilung der Streitsache wesentlich ist (Art. 144 Abs. 1 StPO). Findet
keine mündliche Verhandlung statt, so trifft die I. Strafkammer ihren Entscheid oh-
ne Parteivortritt auf Grund der Akten (Art. 144 Abs. 3 StPO). Der Angeschuldigte
in einem Strafverfahren hat aber unabhängig von der kantonalen Verfahrensord-
nung gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger
Weise öffentlich gehört wird. Das Gebot der Verfahrensöffentlichkeit unter dem
Vorbehalt von Art. 107 StPO gilt dem Grundsatz nach nicht nur für das erstin-
stanzliche Strafverfahren, sondern erstreckt sich auf die Gesamtheit eines Straf-
verfahrens inklusive des gesamten RechtsH.es, somit auch auf das Berufungsver-
fahren gemäss Art. 141 ff. StPO. Der Betroffene kann auf die Durchführung einer
mündlichen Berufungsverhandlung von sich aus verzichten. Voraussetzung eines
wirksamen Verzichts ist, dass er ausdrücklich erklärt wird sich aus dem Still-
schweigen des Betroffenen eindeutig ergibt.
b)
Der Berufungskläger hat im vorliegenden Fall nicht die Durchführung einer
mündlichen Berufungsverhandlung verlangt. Daraus kann auf einen wirksamen
Verzicht geschlossen werden. Es besteht aber auch kein Grund, dass das urtei-
lende Gericht von sich aus (vgl. hierzu Art. 144 Abs. 1 StPO) eine mündliche Beru-
fungsverhandlung anordnet, nachdem die Vorinstanz öffentlich verhandelt hat,
bezüglich des strittigen Sachverhalts keine zusätzlichen Aufschlüsse von einer
mündlichen Verhandlung zu erwarten sind, eine reformatio in peius ausgeschlos-
sen ist und sich ferner im vorliegenden Fall keine Fragen zur Person und zum
Charakter des Berufungsklägers stellen, welche sich nicht mit genügender Hin-
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länglichkeit aufgrund der Akten beantworten lassen. Zudem steht einem nichtöf-
fentlichen Verfahren kein öffentliches Interesse entgegen (vgl. BGE 119 Ia 316 E.
2b S. 318 f.; Art. 107 StPO; ZGRG 2/99, S. 46; ZR 99/2000 Nr. 36). Die streitige
Strafsache kann somit gestützt auf die vorliegenden Akten sachgerecht entschie-
den werden. Ein persönliches Vortreten des Berufungsklägers erscheint nicht als
notwendig.
3.a) Die I. Strafkammer des Kantonsgerichts überprüft das erstinstanzliche Urteil
in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Rahmen der gestellten Anträge frei
(Art. 146 Abs. 1 StPO). Sie besitzt eine umfassende, uneingeschränkte Kogniti-
onsbefugnis. Wenn die Aktenlage die Beurteilung zulässt und keine Verletzung
des rechtlichen Gehörs vorliegt der Mangel geheilt ist, entscheidet die I.
Strafkammer in der Sache selber (Art. 146 Abs. 2 StPO e contrario; Padrutt,
a.a.O., S. 376). Es gilt dabei aber zu berücksichtigen, dass das Kantonsgericht
auch weitere Urteilspunkte abändern ergänzen kann und muss, wenn sonst
der Würdigung aller Umstände unzureichend Rechnung getragen würde bezie-
hungsweise einzelne Fragen aus dem Sachzusammenhang gerissen würden und
damit Bundesrecht verletzt würde (vgl. BGE 117 IV 104 ff.).
b)
Vorliegend bestritten sind gemäss der Berufungsschrift unter anderem der
von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt und dessen rechtliche Würdigung.
Nachfolgend ist daher vorerst zu prüfen, ob der dem Berufungskläger zur Last ge-
legte Sachverhalt rechtsgenüglich erstellt ist und ob der Berufungskläger zu Recht
wegen übler Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig gespro-
chen wurde.
4.a) Gemäss Art. 144 Abs. 2 StPO in Verbindung mit Art. 125 Abs. 2 StPO ent-
scheidet das Gericht bei der Würdigung der Beweismittel nach freier Überzeu-
gung. Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung ergibt sich bereits aus Art.
249 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (BStP; SR 312.0). Der
Richter hat danach von Bundesrechts wegen frei von gesetzlichen Beweisregeln
und nur nach seiner persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung
der vorliegenden Beweise darüber zu entscheiden, ob er eine Tatsache für bewie-
sen hält nicht (vgl. BGE 115 IV 268 f.). Aufgabe des Richters ist es, ohne
Bindung an Beweisregeln an sich mögliche Zweifel zu überwinden und sich mit
Überzeugung für einen bestimmten Sachverhalt zu entscheiden, wobei die Bildung
der Überzeugung objektivierund nachvollziehbar sein muss. Zu den verschiede-
nen Beweismitteln ist anzuführen, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung
eine Rangordnung verbietet. Bei der Würdigung der Beweise ist weniger die Form,
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sondern vielmehr der Gesamteindruck, das heisst die Art und Weise der Bekun-
dung sowie die Überzeugungskraft massgebend. Entscheidend ist mit anderen
Worten allein die Beweiskraft der konkreten Beweismittel im Einzelfall (Hau-
ser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, §
54 N 5, S. 246). Ist eine Überzeugung weder in der einen noch in der anderen
Richtung zu gewinnen, so ist nach der Entscheidungsregel mit Verfassungsrang
„in dubio pro reo und in Nachachtung von Art. 6 Ziff. 2 EMRK der für den Ange-
klagten günstigere Sachverhalt anzunehmen. Allerdings kommt diese Entschei-
dungsregel nicht schon dann zur Anwendung, wenn Aussage gegen Aussage
steht. Es kann mithin nicht schon dann von dem für den Angeklagten günstigeren
Sachverhalt ausgegangen werden, sobald sich zwei widersprüchliche
Sachverhaltsschilderungen gegenüberstehen. Vielmehr ist ein solcher Schluss nur
dann gerechtfertigt, wenn aufgrund einer sachlichen Beweiswürdigung beide
Sachverhaltsvarianten als gleichwertig erscheinen und keiner der beiden Versio-
nen der Vorzug gegeben werden kann (vgl. PK 1978 Nr. 13). Das Prinzip „im
Zweifel für den Angeklagten erfordert mit anderen Worten nicht erst dann einen
Freispruch, wenn nach dem Beweisergebnis überhaupt keine Zweifel am Fehlen
des objektiven und subjektiven Tatbestandes erlaubt sind, sondern bereits dann,
wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche unüberwindliche Zweifel am Tat-
oder Schuldbeweis zurückbleiben (vgl. BGE 124 IV 88). Die richterliche Überzeu-
gung verlangt mehr als blosse Wahrscheinlichkeit; es ist vielmehr erforderlich,
dass ein gegenteiliger Sachverhalt ausgeschlossen werden kann eine nur
sehr geringe Wahrscheinlichkeit für sein Vorliegen spricht. Aus diesen grundsätzli-
chen Überlegungen hinsichtlich dem Grundsatz „in dubio pro reo beziehungswei-
se den damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden allgemeinen Beweis-
würdigungsregeln folgt für den vorliegenden Fall, dass anhand sämtlicher Um-
stände, die sich aus den Akten ergeben, zu untersuchen ist, ob die Darstellung der
Anklage jene des Angeklagten die Richter zu überzeugen vermag.
b)
Der Berufungskläger macht in seiner Berufung vom 30. Juli 2010 an das
Kantonsgericht von Graubünden insbesondere geltend, er sei nicht der Urheber
der relevanten Flugblattaktion auch nicht daran beteiligt. Zur Begründung
bringt er vor, dass es an jeglichen Beweismitteln fehle, welche objektiv geeignet
seien, den Angeklagten als Verantwortlichen Helfer bei der Erstellung und
Verbreitung des Flugblattes erscheinen zu lassen. Wie nachfolgend aufgezeigt
werden kann, ist die diesbezügliche vorinstanzliche Beweiswürdigung jedoch nicht
zu beanstanden und es kann im Wesentlichen darauf verwiesen werden. Insbe-
sondere vermögen die Aussagen des Berufungsklägers in Bezug auf das verse-
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hentliche Mitversenden des Flugblattes bei der Postsendung an den Untersu-
chungsrichter die Richter nicht zu überzeugen. Es ist schlichtweg nicht nachvoll-
ziehbar, wie ein Flugblatt, welches bei einer Verteilaktion in einen Briefkasten ge-
legt wird wie es vorliegend der Fall ist -, versehentlich in ein mehr als 100 Seiten
umfassendes Dossier gelangen kann. Dies nicht zuletzt in Anbetracht des Um-
standes, dass das besagte Dossier gleich zwei Exemplare des fraglichen Flugblat-
tes enthält. Dies kann auf keinen Fall ein Versehen darstellen. Die Staatsanwalt-
schaft führt in ihrer Vernehmlassung vom 12. August 2010 zudem zutreffend aus,
dass insbesondere beim Vergleich des Flugblattes mit demjenigen, welches der
Strafkläger eingereicht habe, ersichtlich sei, dass diese inhaltlich zwar identisch
seien, in der Darstellung jedoch eine klare Abweichung aufweisen würden. Von
dieser Feststellung konnte sich auch das Kantonsgericht von Graubünden über-
zeugen. So wurden die in den vom Berufungskläger eingereichten Flugblättern mit
den Nummern 43 und 44 bezeichneten Strafklagen mit PC erfasst, währenddem
dieselben Strafklagen in dem von B. im Zusammenhang mit seiner Strafanzeige
eingereichten Flugblatt handschriftlich erfasst sind. Dies lässt - dem vorinstanzli-
chen Urteil entsprechend ohne Weiteres den Schluss zu, dass A. Urheber des
hier in Frage stehenden Flugblattes ist. Im Weiteren durfte die Vorinstanz zu
Recht davon ausgehen, dass in Bezug auf die vom Angeklagten eingereichten
Dokumente anderslautende Angaben vorbehalten -, der Angeklagte auch als
Verfasser der Dokumente angesehen werden darf. Dementsprechend verhält es
sich bei dem vorliegend eingereichten Dossier. Die Unterlagen wurden dem
Untersuchungsrichter von A. zugestellt, weshalb ohne Weiteres davon ausgegan-
gen werden darf, dass letztgenannter der Verfasser der eingereichten Dokumente
ist; dies nicht zuletzt in Anbetracht der Umstände, dass es an jeglichen Verweisen
auf einen anderen Urheber fehlt. Im Weiteren spricht auch die Tatsache, dass auf
der von A. seit etlichen Jahren betriebenen Homepage (_) B. bezichtigt wird, 41
Straftaten begangen zu haben, welche genau denjenigen Strafklagen entspre-
chen, die auch auf dem vorliegend relevanten Flugblatt zu finden sind, für die Ur-
heberschaft von A.. Der Einwand des Berufungsklägers, dass es jedem Dritten
und Gegner von B. B. möglich sei, die erwähnten Begriffe herunterzuladen und zu
kopieren, erweist sich in Anbetracht der gesamten Umstände als unbehelflich. Der
Berufungskläger vermochte auch sein Vorbringen, Urheber des Flugblattes könne
insbesondere in Anbetracht des politischen Engagements des B.en für die BDP -
ohne Weiteres auch ein politischer Gegner von B. sein, nicht rechtsgenüglich
nachzuweisen. Dieser unbehelfliche Hinweis kann auch aufgrund des bereits
Gesagten als geradezu abwegig bezeichnet werden. Die Vorinstanz hat mit Be-
zug darauf zu Recht erwogen, dass den Gerichtsmitgliedern eine mit dermassen
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harten Bandagen geführte politische Diskussion im betreffenden Gerichtssprengel
nicht bekannt sei. In Würdigung sämtlicher Umstände und aufgrund der Aktenlage
kommt das Kantonsgericht von Graubünden zum Schluss, dass der Sachverhalt
rechtsgenüglich festgestellt worden ist und keine Zweifel daran bestehen, dass A.
Urheber des hier in Frage stehenden Flugblattes ist. Die diesbezüglichen Vorbrin-
gen des Berufungsklägers sind als reine Schutzbehauptungen zu qualifizieren. Die
Berufung erweist sich demnach in diesem Punkt als unbegründet, weshalb sie
abzuweisen ist.
5.a) Der Berufungskläger macht im Weiteren geltend, dass A. weder den objek-
tiven noch den subjektiven Tatbestand der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173
Ziffer 1 Absatz 1 StGB erfülle. Er begründet dies einerseits damit, dass der straf-
rechtliche Ehrbegriff lediglich die sittliche Ehre erfasse, nicht hingegen die gesell-
schaftliche Ehre. Vorliegend sei durch das relevante Flugblatt jedoch lediglich die
gesellschaftliche Ehre betroffen. Andererseits gehe auch die Feststellung der Vor-
instanz, wonach sich der Angeklagte der Ehrenrührigkeit seiner Behauptungen
habe bewusst sein müssen, fehl. Nachfolgend gilt es demnach zu prüfen, ob A.
entsprechend dem vorinstanzlichen Urteil den Tatbestand der üblen Nachrede im
Sinne von Art. 173 Ziffer 1 Abs. 1 StGB erfüllt hat.
b)
Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens an-
derer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt
verdächtigt, wird gestützt auf Art. 173 Ziff. 1 StGB, auf Antrag, mit einer Geldstrafe
bis zu 180 Tagessätzen bestraft. Gegenstand dieser Bestimmung bilden ehrenrüh-
rige Tatsachenbehauptungen über eine Person, die gegenüber einem Dritten er-
hoben werden. Die Tatsachenbehauptung muss ehrrührig sein, das heisst geeig-
net, den Ruf des Betroffenen zu schädigen. Dabei ist gemäss bundesgerichtlicher
Rechtsprechung Ehre der Anspruch einer Person auf Geltung (BGE 114 IV 16).
Geschützt wird der Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein, also sich so zu benehmen,
wie ein charakterlich anständiger Mensch sich zu verhalten pflegt (BGE 117 IV 28
f.; BGE 116 IV 206; BGE 103 IV 158). Entscheidend dafür, ob die eingeklagte
Äusserung ehrverletzend sein kann, ist der Sinn, welchen ihr der unbefangene
Hörer nach den Umständen beilegen musste (BGE 119 IV 47). Die Ehre ist unter
anderem beim Vorwurf betroffen, vorsätzlich eine strafbare Handlung begangen
zu haben (Riklin, Basler Kommentar zum StGB, Band II, Basel 2003, N 18 vor Art.
173 StGB; Trechsel et al., Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar,
Zürich 2008, N 1 ff. zu Art. 173 StGB). Subjektiv ist lediglich erforderlich, dass sich
der Täter der Ehrenrührigkeit seiner Behauptung bewusst ist und diese mindes-
tens eventualvorsätzlich einem Dritten gegenüber geäussert hat (vgl. Do-
Seite 11 — 20

natsch/Flachsmann/Hug/Maurer/Riesen-Kupper/Weder, Schweizerisches Strafge-
setzbuch, Kommentar, 18. Auflage, Zürich 2010, N 20 zu Art. 137; Reh-
berg/Schmid/Donatsch, Donatsch, Strafrecht III, Delikte gegen den Einzelnen, 9.
Auflage, Zürich 2008, S. 327). Nicht zum Vorsatz gehört dagegen das Bewusst-
sein der Unwahrheit der Äusserung. Auch bedarf es keiner besonderen Beleidi-
gungsoder Kränkungsabsicht (Trechsel et al., a.a.O., N 11 zu Art. 173).
c)
Der Bezirksgerichtsausschuss Landquart sprach A. der üblen Nachrede im
Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig. Ausschlaggebend war ein an die
Einwohner der Gemeinde G. gerichtetes Rundschreiben mit dem Titel „Strafklagen
gegen B., welches B. am 9. März 2010 in seinem Briefkasten vorfand. In dem
Schreiben wird ihm „Amtsmissbrauch, Korruption, Rechtsverweigerung, Befan-
genheit, Nötigung, Begünstigung, Diebstahl, Sachbeschädigung, Erpressung,
Drohungen, Ehrverletzungen, Amtsanmassung, organisiertes Verbrechen, krimi-
nelle Organisation, rechtswidrige Vereinigung, Hausfriedensbruch etc. etc. in ins-
gesamt 44 Fällen vorgeworfen. Durch diese Ausführungen wird ohne Zweifel der
Ruf von B., ein ehrbarer Mensch zu sein, also sich so zu benehmen, wie ein cha-
rakterlich anständiger Mensch sich zu verhalten pflegt, geschädigt. Dabei kann
das Vorbringen des Berufungsklägers, das relevante Flugblatt betreffe aus-
schliesslich die gesellschaftliche Ehre von B. B., welche nicht durch den strafrecht-
lichen Ehrbegriff geschützt sei, nicht gehört werden. Zwar beschränkt das Bun-
desgericht den Ehrenschutz auf die ethische Integrität, womit Äusserungen, die
sich lediglich eignen, jemanden in anderer Hinsicht, zum Beispiel als Politiker, in
der gesellschaftlichen Geltung herabzusetzen, nicht ehrverletzend sind. Allerdings
wird diesbezüglich zusätzlich vorausgesetzt, dass die Kritik an den strafrechtlich
nicht geschützten Seiten des Ansehens nicht zugleich seine Geltung als ehrbarer
Mensch treffen (vgl. Trechsel et al., a.a.O., S. 822; BGE 119 IV 47). Indem A. B.
beschuldigt, 44 Straftaten begangen zu haben, kann jedoch keinesfalls mehr die
Rede davon sein, dass diese Äusserungen B. lediglich hinsichtlich seiner Funktion
als Politiker in der gesellschaftlichen Geltung herabzusetzen vermögen. Vielmehr
sind diese Vorwürfe ohne Weiteres geeignet, den Charakter von B. in ein ungüns-
tiges Licht zu rücken ihn gar als Mensch verächtlich zu machen. Diese Äus-
serungen treffen zweifelsohne den Anspruch B.s, als ehrbarer Mensch zu gelten
und damit den strafrechtlich geschützten Ehrbegriff. Da dieses Schreiben zudem
an die Einwohner der Gemeinde G. gerichtet war beziehungsweise anlässlich ei-
ner politischen Veranstaltung in Jenaz vom 26. April 2009 unter zahlreiche Schei-
benwischer geklemmt worden ist und die Äusserung damit gegenüber Dritten er-
folgte, ist der objektive Tatbestand von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erfüllt. Der Be-
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zirksgerichtsausschuss Landquart ist aufgrund der Ausführungen des Berufungs-
klägers in diesem Rundschreiben zu Recht zum Schluss gekommen, dass dieser
damit B. eines unehrenhaften Verhaltens beschuldigte und so seinen Ruf, ein ehr-
barer Mensch zu sein, schädigte.
d)
In subjektiver Hinsicht wird vom Berufungskläger vorgebracht, der Ange-
klagte sei bisher noch nie wegen Amtsehrverletzung verurteilt worden, daher kön-
ne er sich der Ehrenrührigkeit seiner Behauptungen entgegen der vorinstanzlichen
Feststellungen auch nicht bewusst gewesen sein. Die Äusserungen des Beru-
fungsklägers erfolgten willentlich und im Wissen darum, dass diese Äusserungen
ehrverletzend sind. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsschrift
vom 30. Juli 2010, insbesondere, dass sich die bisherigen Entscheide betreffend
Ehrverletzung auf die jahrelangen Auseinandersetzungen mit dem Nachbarn C.
und die Verwendung der Begriffe „kriminell und „Mehrfach-Straftäter bezogen
hätten, und genau diese eine ähnliche Wortwahl im relevanten Flugblatt ver-
mieden worden sei, weshalb er sich der Ehrenrührigkeit seiner Behauptungen
nicht habe bewusst sein können, erweisen sich als nicht hilfreich. Vielmehr ist da-
von auszugehen, dass sich der Berufungskläger angesichts der aktenkundigen
Vorstrafen der Ehrenrührigkeit seiner Behauptungen im Rundschreiben ohne Wei-
teres bewusst gewesen sein musste. Aufgrund dieser vorangegangenen gerichtli-
chen Verfahren betreffend Ehrverletzungssachen darf zudem davon ausgegangen
werden, dass dem Berufungskläger die Folgen seines Handelns durchaus bekannt
waren. Die Vorinstanz hat damit zu Recht auch das Vorliegen des subjektiven
Tatbestandes von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB bejaht.
e)
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz den Sachverhalt
rechtsgenüglich festgestellt hat und auch die rechtliche Würdigung zutreffend vor-
genommen worden ist. A. erfüllt damit sowohl den objektiven als auch den subjek-
tiven Tatbestand von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB.
6.a) Der Berufungskläger führt in seiner Berufung vom 30. Juli 2010 des Weite-
ren aus, ihm könne entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch in keinster Wei-
se ein Vorwurf aus der Tatsache gemacht werden, dass er die Erbringung des
Wahrheitsbeweises nicht angeboten bzw. diesen nicht erbracht habe. Hätte er die
Zulassung zum Wahrheitsbeweis beantragt, dann wäre dies als Schuldeinge-
ständnis zu werten gewesen. Nachfolgend ist zu prüfen, ob die Vorinstanz zu
Recht festgestellt hat, dass der Angeklagte weder einen Entlastungsbeweis bean-
tragt noch ernsthafte Gründe ersichtlich seien, welche ihn hätten veranlassen
können, seine Behauptungen als „in guten Treuen für wahr zu halten.
Seite 13 — 20

b)
Der Beschuldigte macht sich gemäss Art. 173 Ziffer 2 StGB nicht strafbar,
wenn er zu beweisen vermag, dass die von ihm vorgebrachte weiterverbrei-
tete Äusserung der Wahrheit entspricht (Wahrheitsbeweis), dass er ernsthaf-
te Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten (Gutglaubensbeweis). In
Umkehr der üblichen Beweislast ist somit der Verletzer für die Wahrheit seiner
ehrverletzenden Äusserung beweispflichtig. Der Grundsatz „in dubio pro reo spielt
nicht. Der Wahrheitsbeweis ist erbracht, wenn alle wesentlichen Punkte der Äus-
serung bewiesen sind, verhältnismässig unbedeutende Übertreibungen werden
nicht geahndet. Beim Gutglaubensbeweis genügt es nicht, wenn der Beschuldigte
nachweist, dass er die Tatsache, auf die er seinen Verdacht gestützt hat, für wahr
halten durfte. Er muss darüber hinaus dartun, dass er gestützt auf diese Tatsa-
chen den Antragsteller in guten Treuen und aus ernsthaften Gründen des ehren-
rührigen Verhaltens verdächtig halten durfte (vgl. Riklin, a.a.O., N. 10 ff. zu Art.
173 StGB; PKG 1985 Nr. 34). Gemäss Art. 173 Ziffer 3 StGB wird der Beschuldig-
te von diesen so genannten Entlastungsbeweisen ausgeschlossen, wenn kumula-
tiv einerseits eine Wahrung öffentlicher Interessen sonst wie eine begründete
Veranlassung für die Äusserung fehlte und andererseits der Täter in der überwie-
genden Absicht, jemandem Übles vorzuwerfen, gehandelt hat, insbesondere,
wenn sich die Äusserungen auf das Privatoder Familienleben beziehen (vgl. Art.
173 Ziffer 3 StGB). Von einem Handeln aus begründeter Veranlassung kann aber
nicht schon dann die Rede sein, wenn eine solche objektiv bestand. In der be-
gründeten Veranlassung muss auch der Beweggrund für die Äusserungen gele-
gen haben (BGE 82 IV 91; BGE 89 IV 190). Die beiden Voraussetzungen (fehlen-
des öffentliches Interesse/fehlende begründete Veranlassung einerseits und be-
stehende Absicht, Übles vorzuwerfen, andererseits) müssen kumulativ erfüllt sein
(Riklin, a.a.O., N 23 zu Art. 173). Aufgrund der gesetzlichen Regelung in Art. 173
Ziff. 3 StGB tritt der Fall, dass jemand nicht zum Entlastungsbeweis zugelassen
werden kann, selten ein, was bedeutet, dass die Zulassung die Regel bildet (vgl.
BGE 132 IV 116; Trechsel et al., a.a.O., N 21 zu Art. 173 StGB; PKG 2006 Nr. 21).
c)
Wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, hat der Berufungskläger nie
einen Entlastungsbeweis beantragt. Sein diesbezügliches Vorbringen, dass ein
Antrag um Zulassung zum Wahrheitsbeweis als Schuldeingeständnis zu qualifizie-
ren gewesen wäre, ist als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren. Vielmehr ist es
gerade Sinn und Zweck des Entlastungsbeweises im Sinne von Art. 173 Ziffer 2
StGB, zu beweisen, dass die von ihm vorgebrachte weiterverbreitete Äusse-
rung der Wahrheit entspreche (Wahrheitsbeweis), dass er ernsthafte Gründe
hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten (Gutglaubensbeweis) und somit die
Seite 14 — 20

Straflosigkeit herbeizuführen. Im Übrigen ist - den vorinstanzlichen Erwägungen
entsprechend weder ersichtlich, dass A. seine Äusserungen in guten Treuen für
wahr halten durfte, noch dass die weiterverbreiteten Aussagen der Wahrheit ent-
sprechen. In diesem Zusammenhang ist ausserdem darauf hinzuweisen, dass der
Wahrheitsbeweis bezüglich eines behaupteten Deliktes eines diesbezüglich
geäusserten Verdachtes grundsätzlich durch die entsprechende Verurteilung zu
erbringen ist. Gegen B. sind jedoch nie Strafverfahren geführt worden. Dieser Um-
stand war A. zweifelsohne bekannt. Die Berufung ist demnach auch in diesem
Punkt abzuweisen.
7.a) Der Bezirksgerichtsauschuss Landquart verurteilte A. zu einer (unbeding-
ten) Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 110.00. Da der Berufungskläger das
vorliegend eingeklagte Delikt vor der Verurteilung wegen übler Nachrede durch
den Bezirksgerichtsausschusse Landquart vom 12. August 2008 (recte: 2009) -
welche mit Urteil vom 22. April 2010 vom Schweizerischen Bundesgericht bestä-
tigt wurde beging, wurde die Strafe als Zusatzstrafe zum genannten Urteil aus-
gesprochen. Der Verteidiger des Berufungsklägers beantragt in der Berufungs-
schrift vom 30. Juli 2010, eventualiter sei der Angeklagte mit einer bedingten
Geldstrafe von zehn Tagessätzen à Fr. 110.00 zu bestrafen; subeventualiter sei
der bedingte Strafvollzug zu gewähren. Bei der Überprüfung der Strafzumessung
ist zu beachten, dass die I. Strafkammer des Kantonsgerichts ihr Ermessen zwar
an die Stelle desjenigen der Vorinstanz setzt und die Regeln über die Strafzumes-
sung selbständig anwendet. Jedoch steht der Vorinstanz bei der Gewichtung der
einzelnen Strafzumessungsfaktoren innerhalb des jeweiligen Strafrahmens ein
erheblicher Ermessensspielraum zu. In diesen greift die I. Strafkammer des Kan-
tonsgerichts nur mit grosser Zurückhaltung ein. In Ergänzung zu den nachfolgen-
den Ausführungen sei deshalb auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz
verwiesen.
b)
Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Ver-
schulden des Täters zu und berücksichtigt dabei das Vorleben und die persönli-
chen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das
Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betrof-
fenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und
Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren
und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu
vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB). Je leichter es für ihn gewesen wäre, die von ihm
übertretene Norm zu respektieren, desto schwerer wiegt die Entscheidung gegen
sie und damit seine Schuld (vgl. Trechsel et al., a.a.O., N 21 zu Art. 47 StGB;
Seite 15 — 20

Wiprächtiger, Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl., Basel 2007, N 65 zu Art. 47
StGB). Daraus geht hervor, dass sich die Strafe grundsätzlich auf die Schuld be-
zieht. Wie nach altem soll auch nach geltendem Recht das Verschulden die Strafe
begründen und nach oben begrenzen, wobei Verschulden im Sinne dieser Be-
stimmung das Mass der Vorwerfbarkeit des Rechtsbruchs ist (vgl. Wiprächtiger,
a.a.O., N 10 ff. zu Art. 47 StGB). Folglich ist die Strafzumessung innerhalb des
zulässigen Strafrahmens und unter Berücksichtigung allfälliger Strafminderungs-
und Strafmilderungsgründe sowie Straferhöhungsund Strafschärfungsgründe im
Wesentlichen eine Frage des Ermessens, bei dessen Überprüfung sich das ange-
rufene Gericht als Rechtsmittelinstanz Zurückhaltung aufzuerlegen hat und nicht
ohne Not in das Ermessen der Vorinstanz eingreift.
c)
Die üble Nachrede im Sinne von Art. 173 StGB wird auf Antrag mit einer
Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen bestraft. Gemäss Art. 34 Abs. 1 StGB be-
stimmt das Gericht die Zahl der Tagessätze nach dem Verschulden des Täters.
Ein Tagessatz beträgt höchstens Fr. 3'000.00. Das Gericht bestimmt die Höhe des
Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters
im Zeitpunkt des Urteils, namentlich nach Einkommen und Vermögen, Lebens-
aufwand, allfälligen Familienund Unterstützungspflichten sowie nach dem Exis-
tenzminimum (vgl. Art. 34 Abs. 2 StGB). Dem Gericht verbleibt dabei ein erhebli-
cher Ermessensspielraum. In Bezug auf die Bemessung der Anzahl Tagessätze
kann vollumfänglich auf die korrekten Ausführungen im vorinstanzlichen Urteil
verwiesen werden. Die Vorinstanz hat die Strafzumessung nach pflichtgemässem
Ermessen vorgenommen. Insbesondere erweist sich das Verschulden von A. als
erheblich. Die von A. gegen B. erhobenen Vorwürfe wiegen nicht zuletzt in Anbet-
racht dessen schwer, als kein einziger aktenkundig ausgewiesen ist. Im Übrigen
muss auch dem Berufungskläger aufgrund der ergangenen gerichtlichen Urteile im
Zusammenhang mit der nachbarrechtlichen Streitigkeit am H. in G. ohne Weiteres
klar sein, dass B. stets in rechtlich korrekter Art und Weise handelte. Dabei ist ins-
besondere zu bemerken, dass einige der genannten Urteile letztinstanzlich gar
vom Schweizerischen Bundesgericht bestätigt wurden. Die Vorinstanz hat im Üb-
rigen zutreffend erwogen, dass sich der getrübte Leumund und die mehrheitlich
einschlägigen Vorstrafen straferhöhend auswirken würden. Strafmilderungsund
Strafminderungsgründe seien zudem keine ersichtlich. Die Anzahl der Tagessätze
erweist sich somit als durchaus angemessen. Die Tagessatzhöhe wird vom Beru-
fungskläger nicht bestritten, weshalb darauf nicht näher eingegangen werden
muss.
Seite 16 — 20

d)
Der Berufungskläger beantragt im Weiteren, es sei ihm der bedingte Straf-
vollzug zu gewähren. Eine Geldstrafe ist in der Regel aufzuschieben, wenn vom
Fehlen einer ungünstigen Prognose ausgegangen werden kann (vgl. Art. 42 Abs.
1 StGB). Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für einen bedingten
Strafvollzug jedoch klar nicht erfüllt. Insbesondere wurde der Berufungskläger be-
reits wiederholt wegen Ehrverletzungsdelikten verurteilt, wobei er letztmals mit
Urteil vom 12. August 2009 vom Bezirksgerichtsausschuss Landquart wegen übler
Nachrede zu einer unbedingten Geldstrafe verurteilt worden ist. Der Berufungs-
kläger zeigt auch in diesem Fall, dass er aus den bisherigen Verurteilungen nichts
gelernt hat und in ähnlicher Art und Weise straffällig geworden ist. Der Einwand
des Berufungsklägers, er sei noch nie wegen Amtsehrverletzung verurteilt worden
und die bisherigen Entscheide betreffend Ehrverletzung hätten sich auf die Ver-
wendung der Begriffe „kriminell und „Mehrfach-Straftäter bezogen, ist dabei, wie
bereits in Erwägung 5d.) ausgeführt, nicht hilfreich. A. verhält sich im Übrigen äus-
serst uneinsichtig; dies ergibt sich nicht zuletzt aufgrund der Zustellung des mehr
als 100 Seiten umfassenden Dossiers betreffend die nachbarrechtliche Streitigkeit
am H. in G. an die Staatsanwaltschaft Graubünden, woraus ersichtlich wird, dass
der Berufungskläger die ergangenen rechtskräftigen Urteile nur schwer zu akzep-
tieren vermag und aufgrund des Vorgefallenen nichts aus diesen Urteilen gelernt
zu haben scheint. Die Berufung ist daher auch in diesem Punkt abzuweisen und
das vorinstanzliche Urteil zu bestätigen.
8.a) Gemäss Art. 49 Abs. 1 des Schweizerischen Obligationenrecht (OR; SR
220) hat, wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, Anspruch auf
Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es
rechtfertigt und sie nicht anders wiedergutgemacht worden ist. Art. 49 OR setzt
somit eine widerrechtliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten voraus. Diese
Verletzung muss nicht von "besonderer Schwere" sein, leichte Persönlichkeitsver-
letzungen hingegen rechtfertigen noch keinen Genugtuungsanspruch (vgl. PKG
1987 Nr. 31). Art. 49 OR hat subsidiären Charakter. So kann eine Genugtuungs-
summe herabgesetzt werden ist gar hinfällig, wenn der Geschädigte sich be-
reits erfolgreich zur Wehr setzten konnte sich die verletzende Person nach
einer Ehrverletzung in aller Form entschuldigt hat (Honsell/Vogt/Wiegand, Kom-
mentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, 4. Aufl., Basel 2007,
N 3 zu Art. 49 OR). Bei der Bemessung der Genugtuungsleistung kommt es vor
allem auf die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und die Dauer der
Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen sowie auf den Grad des Ver-
Seite 17 — 20

schuldens an, das den Schädiger am Schadenereignis trifft (Hon-
sell/Vogt/Wiegand, a.a.O., N 21 zu Art. 47 OR).
b)
Im vorliegenden Fall hat der Berufungskläger wie bereits unter Ziffer 5
ausgeführt aufgrund der Ausführungen im Flugblatt zweifelsohne den Ruf von
B., ein ehrbarer Mensch zu sein, geschädigt. Diese Ehrverletzung kann nicht mehr
als leicht qualifiziert werden. Die Persönlichkeitsverletzung ist zudem durch keiner-
lei Rechtfertigungsgründe gedeckt, weshalb auch die Widerrechtlichkeit der Tat
bejaht werden muss. Schliesslich steht ausser Zweifel, dass die Persönlichkeits-
verletzung adäquat kausal auf die von A. verursachte Ehrverletzung zurückzufüh-
ren ist, weshalb sich vorliegend dem vorinstanzlichen Urteil entsprechend die Zu-
sprechung einer Genugtuung rechtfertigt. Die Höhe einer Genugtuungssumme
von Fr. 500.-erscheint dem Kantonsgericht von Graubünden entsprechend der
Schwere der Persönlichkeitsverletzung von B. und dem Verschulden von A. als
angemessen. Die Berufung ist folglich auch in diesem Punkt abzuweisen.
9.
Wie bereits dargelegt gelangen für das Amtsehrverletzungsverfahren unter
Vorbehalt der in den Ziffern 1-5 von Art. 169 StPO erwähnten Besonderheiten die
Vorschriften über das ordentliche Verfahren zur Anwendung. Dementsprechend
sind für den Kostenspruch ausschliesslich die für das ordentliche Verfahren gel-
tenden Bestimmungen der Art. 156 ff. StPO massgebend (vgl. PKG 1994 Nr. 33;
Padrutt, a.a.O., S. 433). Gemäss Art. 160 Abs. 1 StPO trägt derjenige die Kosten
des Rechtsmittelverfahrens, welcher ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat.
Die Rechtsmittelinstanz kann dem Obsiegenden zudem eine aussergerichtliche
Entschädigung zulasten des Unterliegenden zusprechen (Art. 160 Abs. 4 StPO).
Im Übrigen hat der Berufungsbeklagte nicht nur aufgrund seiner Stellung als
Strafantragssteller, sondern auch als Adhäsionskläger Anspruch auf eine Partei-
entschädigung. Da Gegenstand der Adhäsionsklage eine zivilrechtliche Forderung
ist (Art. 130 StPO), sind bezüglich der ausseramtlichen Entschädigungsfolge die
Bestimmungen der Zivilprozessordnung analog anwendbar (Domenig, Die Adhä-
sionsklage im Bündner Strafprozess, Diss. Zürich 1990, S. 128), wobei gemäss
Art. 122 Abs. 2 der Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden (ZPO; BR
320.000) die unterliegende Partei in der Regel verpflichtet wird, der obsiegenden
alle ihr durch den Rechtsstreit verursachten, notwendigen Kosten zu ersetzen. Da
der Berufungskläger von der Vorinstanz der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173
Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen wurde und auch mit der beim Kantonsge-
richt von Graubünden eingelegten Berufung nicht durchgedrungen ist, sind die
Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von Fr. 2’000.-- dem Berufungskläger zu
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überbinden, welcher den Berufungsbeklagten zudem mit Fr. 800.-- (inkl. MwSt.)
angemessen zu entschädigen hat.
Seite 19 — 20

III. Demnach wird erkannt
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 2'000.-gehen zu Lasten des
Berufungsklägers, welche den Adhäsionskläger für das Berufungsverfahren
mit Fr. 800.-- (inkl. MwSt.) zu entschädigen hat.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 des Bundesgerichtsgeset-
zes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist dem Bundes-
gericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausferti-
gung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen
Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die
weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die
Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff. BGG.
4.
Mitteilung an:
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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