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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SK1-09-28: Kantonsgericht Graubünden

Der Angeklagte A. wurde wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern und Vernachlässigung von Unterhaltspflichten angeklagt. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, wovon 18 Monate aufgeschoben wurden. Die Gerichtskosten betrugen insgesamt CHF 16'226.30. Der Richter war Vizepräsident Schlenker, die Richterinnen waren Brunner und Michael Dürst. A. akzeptierte die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten, aber bestritt die sexuellen Handlungen mit Kindern. Die Beweislage war nicht eindeutig, und es wurden keine neuen Beweise vorgelegt, die A.s Unschuld beweisen konnten. Letztendlich wurde das Urteil bestätigt, und A. wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Urteilsdetails des Kantongerichts SK1-09-28

Kanton:GR
Fallnummer:SK1-09-28
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SK1-09-28 vom 28.10.2009 (GR)
Datum:28.10.2009
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:sexuelle Handlungen mit Kindern/Vernachlässigung von
Schlagwörter : Aussage; Aussagen; Berufung; Handlung; Handlunge; Handlungen; Mutter; Akten; Konfronteinvernahme; Beweis; Geschlechtsverkehr; Vorakten; Einvernahme; Wohnung; Unterhalt; Kinder; Tochter; Untersuchung; Verfahren; Vorinstanz; Richter; Bezirk; Argument; Kindern; Recht
Rechtsnorm:Art. 102 StPO ;Art. 125 StPO ;Art. 141 StPO ;Art. 142 StPO ;Art. 143 StPO ;Art. 144 StPO ;Art. 146 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 217 StGB ;Art. 307 StGB ;Art. 32 BV ;Art. 42 StGB ;Art. 43 StGB ;Art. 64 StGB ;
Referenz BGE:124 IV 87; 127 I 40; 130 Ia 37; 134 IV 1; 134 IV 60;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts SK1-09-28

Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 30. September 2009
Schriftlich mitgeteilt am:
SK1 09 28
[nicht mündlich eröffnet] 12. Februar 2010
Urteil
I. Strafkammer
Vorsitz
Vizepräsident Schlenker
RichterInnen
Brunner und Michael Dürst
Redaktion
Aktuarin ad hoc Riesen

In der strafrechtlichen Berufung
des A., Angeklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur.
Boris Züst, Bahnhofstrasse 14, 9430 St. Margrethen,

gegen

das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Landquart vom 27. Mai 2009, mitgeteilt
am 11. Juni 2009, in Sachen gegen den Angeklagten und Berufungskläger,
betreffend sexuelle Handlungen mit Kindern/Vernachlässigung von
Unterhaltspflichten,
hat sich ergeben:

A.
A. wurde am 25. Februar 1966 in BB. geboren und wuchs zusammen
mit einer Schwester bei seinen Eltern in AA., CC. und DD. auf. Er besuchte die
Primarund die Realschule. Nach dem Schulabschluss absolvierte er eine
vierjährige Maschinenschlosserlehre bei der LL. in AA., welche er erfolgreich
abschloss. In der Folge arbeitete A. längere Zeit für die Temporärfirma MM. AG.
Im Jahre 1997 lernte A. in GG. B. kennen, welche er im August 1998 in der
Schweiz heiratete und mit ihr in EE. wohnte. Anfangs April 1999 zog C., geboren
am 5. April 1987, Tochter von B., zu A. und ihrer Mutter nach EE.. Die
gemeinsame Tochter D. wurde am 27. September 1999 geboren. Von 1998 bis
Ende 2000 arbeitete A. für die Firma NN. in FF.. Dort verdiente er monatlich
zwischen Fr. 4'800.-- und Fr. 5'000.-brutto. Im Frühjahr 2001 ging er nach GG.
und kam im Jahre 2003 für kurze Zeit zurück in die Schweiz. Von 2003 bis
Februar 2007 hielt er sich wiederum in GG. auf. In GG. verdiente sich A. seinen
Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs. Die Ehe mit B. wurde am 19. Januar 2005
geschieden.
Im Oktober 2007 verheiratete sich A. mit E.. Der gemeinsame Sohn wurde
am 30. Januar 2006 in GG. geboren. Ab Februar 2007 wohnte A. in AA. und es
wurden ihm von der MM. AG in BB. Temporärjobs vermittelt. Ende September
2007 zogen seine Ehefrau und sein Sohn zu ihm nach AA.. Im Zeitraum vom 1.
März 2008 bis 30. April 2008 erhielt A. von der Gemeinde AA. Sozialleistungen in
der Höhe von Fr. 5'737.40. Seit dem 1. April 2008 arbeitet er bei der Firma OO.
AG in BB.. Dort erzielt er ein monatliches Bruttoeinkommen von Fr. 5'475.--.
Gemäss Leumundsbericht sind beim Betreibungsamt des Kreises Rhäzüns drei
Betreibungen im Gesamtbetrag von Fr. 42'504.90 hängig.
Im schweizerischen Zentralstrafregister ist A. nicht verzeichnet. Gemäss
Leumundsbericht vom 22. Januar 2009 hat seine Lebensführung und das
allgemeine Verhalten in AA. nie zu Klagen Anlass gegeben. Sein derzeitiger
Arbeitgeber beschreibt ihn als guten und zuverlässigen Mitarbeiter.
B.
Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 11. März
2009 wurde A. wegen mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern gemäss Art.
187 Ziff. 1 StGB sowie wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten gemäss
Art. 217 Abs. 1 StGB in Anklagezustand versetzt. Dieser Anklage liegt gemäss
Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 11. März 2009 folgender
Sachverhalt zu Grunde:
„A. wird angeklagt
Seite 2 — 46

1. der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern gemäss Art.
187 Abs. [recte: Ziff.] 1 StGB.

Im Jahr 1997 lernte A. in GG. B. kennen, welche er im August
1998 in der Schweiz heiratete und danach mit ihr in EE. wohnte.
Anfangs April 1999 zog C., geb. 5. April 1987, Tochter von B.,
von GG. zu A. und B. nach EE..


Ab Sommer 2000 bis ca. Ende März 2001 kam es dazu, dass A.
C. zuerst in der Familienwohnung an der HH.-Strasse 1 in EE.
und anschliessend in der Familienwohnung am II.-Strasse 4 in
EE. regelmässig berührte und mit ihr Geschlechtsverkehr hatte.
Zu Beginn streichelte er sie in der Nacht immer wieder,
insbesondere auch an den Brüsten und an der Scheide. In der
Folge und vor allem nachdem B. anfangs September 2000 mit
der Tochter D. nach GG. gereist war, kam es zwischen A. und C.
bis Mitte November 2000 in der Familienwohnung täglich
auch mehrmals täglich zu Geschlechtsverkehr.


Am 17. November 2000 erstattete B. bei der Kantonspolizei
Landquart gegen A. Strafanzeige wegen sexuellen Handlungen
mit Kindern zum Nachteil ihrer Tochter C.. Daraufhin hielt sich C.
bis am 6. Dezember 2000 in der Kinderklinik des Kantonsspitals
Graubünden und danach bei der Pflegefamilie P. in EE. auf.
Vom 6. Dezember 2000 bis Ende März 2001 kam es sodann
zwischen A. und C. in der Wohnung am II.-Strasse 4 in EE. und
einmal in der Wohnung von F. in AA. etwa einmal wöchentlich zu
Geschlechtsverkehr.


Der Angeklagte bestreitet, C. in sexueller Absicht berührt
und/oder mit ihr Geschlechtsverkehr vollzogen zu haben.

2. der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten gemäss Art. 217
Abs. 1 StGB.

Mit
Eheschutzentscheid
des
Bezirksgerichtspräsidenten
Landquart vom 13./14. Juni 2001 sowie mit Ehescheidungsurteil
des Bezirksgerichtspräsidiums Plessur vom 19./24. Januar 2005
wurde A. verpflichtet, an den Unterhalt seiner Tochter D., geb.
27.8.1999 [recte: 27.9.1999], einen monatlich praenumerando je
auf den 1. fälligen Unterhaltsbeitrag von CHF 700.-zu
bezahlen, zuzüglich die gesetzlichen und/oder vertraglichen
Kinderzulagen sowie unter Berücksichtigung der vereinbarten
Indexierung.


Gemäss Strafanzeige der Sozialen Dienste der BB. vom 20.
Januar 2004 sowie vom 24. Mai 2007 bezahlte A. im Zeitraum
vom 1. Juni 2001 bis am 31. Mai 2007 den der Tochter D.
geschuldeten monatlichen Unterhaltsbeitrag von CHF 700.--
nicht. Die Sozialen Dienste der BB. bevorschussten B. seit Juli
2001 die Unterhaltsbeiträge und übernahmen ab gleichem
Datum das Inkasso.

Seite 3 — 46


Der Angeklagte gibt an, während der in Frage stehenden
Zeitspanne keine Unterhaltsbeiträge bezahlt zu haben. Er macht
geltend, finanziell nicht in der Lage gewesen zu sein, da er
während seiner Aufenthalte in GG. über ein monatliches
Einkommen von höchstens CHF 300.-verfügte.


Ab Februar bis Mai 2007 erzielte der Angeklagte in der Schweiz
ein regelmässiges Einkommen, bezahlte aber die monatlichen
Unterhaltsbeiträge von CHF 711.--, total CHF 2'844, nicht.“

C.
An der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgerichtsausschuss
Landquart am 27. Mai 2009 waren A. in Begleitung seines amtlichen Verteidigers,
Rechtsanwalt lic. iur. Boris Züst, sowie die Vertreterin der Anklage,
Untersuchungsrichterin lic. iur. Bettina Ott Guyan, anwesend. Die
Anklagevertreterin stellte und begründete folgende Anträge:
„1. A. sei der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern
gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB sowie der Vernachlässigung von
Unterhaltspflichten gemäss Art. 217 Abs. 1 StGB schuldig zu
sprechen.

2. Dafür sei er mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren zu
bestrafen.
3. Für den Teil von 18 Monaten sei die Freiheitsstrafe in
Anwendung von Art. 43 StGB bei einer Probezeit von 3 Jahren
bedingt aufzuschieben.

4. Kostenfolge gemäss Gesetz.“
Der amtliche Verteidiger beantragte und begründete was folgt:
„1. A. sei vom Vorwurf der sexuellen Handlunge mit Kindern
vollumfänglich freizusprechen.
2. A. sei wegen des Vorwurfs der Vernachlässigung von
Unterhaltspflichten zu einer nach richterlichem Ermessen
festzusetzenden Geldstrafe, maximal zu einer Geldstrafe von
CHF 1'000.--, zu verurteilen. Die Geldstrafe sei bedingt
auszusprechen. Von der Auferlegung einer Busse sei
abzusehen.

3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge.“
D.
Mit Urteil vom 27. Mai 2009, mitgeteilt am 11. Juni 2009, erkannte
der Bezirksgerichtsausschuss Landquart wie folgt:
„1. A. ist schuldig der mehrfachen sexuellen Handlungen mit
Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB sowie der
Vernachlässigung von Unterhaltspflichten gemäss Art. 217 Abs.
1 StGB.

2. Dafür wird er mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren bestraft.
Seite 4 — 46

3. In Anwendung von Art. 43 StGB wird der Vollzug der
Freiheitsstrafe im Umfang von 18 Monaten unter Ansetzung
einer Probezeit von 3 Jahren aufgeschoben. Die restlichen 18
Monate Freiheitsstrafe hat A. zu verbüssen.

4. Die Verfahrenskosten, bestehend aus:

- der Untersuchungsgebühr der

Staatsanwaltschaft Graubünden
Fr.
4'000.00
- den Barauslagen der Staatsanwaltschaft

Graubünden
Fr.
176.00
- der Gerichtsgebühr des Bezirksgerichts-

ausschusses Landquart
Fr.
3'820.00
- den Barauslagen des Bezirksgerichts-

ausschusses Landquart
Fr.
380.00
- dem Honorar der amtlichen Verteidigung

(MwSt. Inbegriffen)
Fr.
7'850.30
total somit
Fr. 16'226.30

werden A. auferlegt.
5. (Rechtsmittelbelehrung).
6. (Mitteilung).“
In der Begründung prüfte die Vorinstanz zunächst die Aussagen von C. und
B.. Sie kam zum Schluss, dass diese in den Hauptpunkten konstant,
nachvollziehbar und übereinstimmend und deshalb glaubhaft seien. Die zeitlichen
Ungenauigkeiten und Unsicherheiten sowie die Abweichungen in Details liessen
sich durch den Zeitablauf und das naturgemäss unzulängliche menschliche
Erinnerungsvermögen erklären. Die Aussagen von A. bewertete sie als
Schutzbehauptungen. Sie gelangte daher zum Schluss, dass A. den
Straftatbestand der sexuellen Handlungen mit Kindern in objektiver und
subjektiver Hinsicht mehrfach erfüllt habe. Bezüglich der Vernachlässigung von
Unterhaltspflichten stellte die Vorinstanz fest, A. habe eingeräumt, dass er die
Unterhaltsleistungen an seine Tochter D. nicht bezahlt habe. Er habe jedoch ab
Februar 2007 ein Einkommen erzielt hätte ein solches erzielen können, das
ihm die Bezahlung der Unterhaltsbeiträge ermöglicht hätte. Für die Zeit davor sei
nicht nachgewiesen, dass er in GG. genügend hätte verdienen können, um seiner
Verpflichtung nachzukommen, weshalb für die Zeit, die A. in GG. verbracht habe,
auch keine Anklage erhoben worden sei. Mit Bezug auf die Strafzumessung führte
die Vorinstanz an, A.’ Verschulden wiege schwer. Er habe sich als Stiefvater in
bedeutender Weise an der in seiner Obhut stehenden C. vergangen und habe ihre
innige Zuwendung schamlos, eigennützig und ohne jedes Verantwortungsgefühl
ausgenützt. C. sei durch das Erlebte stark beeinträchtigt worden. Das
verantwortungslose Handeln von A. zeige sich im weiteren darin, dass er die
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Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Tochter D. nicht wahrgenommen habe.
Er habe damit in Kauf genommen, dass sein Kind mangels finanziellen Mitteln
nicht optimal versorgt werden könne. Strafmindernd wirke der bisher ordentliche
Leumund, straferhöhend die Uneinsichtigkeit. Strafschärfend sei die mehrfache
Tatbegehung und das Zusammentreffen mehrer Straftaten zu beachten.
Strafmilderungsgründe seien keine ersichtlich. Der Bezirksgerichtsausschuss
erachtete die von der Staatsanwaltschaft beantragte Freiheitsstrafe von 36
Monaten als dem Verschulden von A. angemessen. Es könne erwartet werden,
dass sich A. inskünftig rechtskonform verhalten werde, weshalb ein Teil der Strafe
aufgeschoben werden könne. Unter Berücksichtigung der Schwere der Tat und
des Verschuldens erscheine ein Aufschub von 18 Monaten angebracht. Die
Probezeit setzte der Bezirksgerichtsausschuss auf drei Jahre fest.
E.
Gegen dieses Urteil erhob A., vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur.
Boris Züst, mit Eingabe vom 2. Juli 2009 beim Kantonsgericht von Graubünden
Berufung mit folgendem Rechtsbegehren:
„1. Der Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses Landquart vom
27.05.2009 (Prozess-Nr. SS.) sei vollumfänglich aufzuheben.
2. Der
Angeklagte
sei
der
Vernachlässigung
von
Unterhaltsbeiträgen gemäss Art. 217 Abs. 1 StGB schuldig zu
sprechen. Vom Vorwurf der mehrfachen sexuellen Handlungen
mit Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB sei der Angeklagte
vollumfänglich freizusprechen.

3. Der Angeklagte sei zu einer bedingten Geldstrafe von maximal
33 Tagessätzen à CHF 30.00 zu verurteilen.
4. Dem Angeklagten sei für das Berufungsverfahren die amtliche
Verteidigung durch den unterzeichnenden RA zu gewähren.
5. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge.“
In der Begründung stellte der Verteidiger zudem den Antrag, es seien I., J.,
eventuell K., eventuell F. und eventuell G. als Zeugen einzuvernehmen. Im
weiteren sei über die Aussagen von C. ein Glaubwürdigkeitsgutachten einzuholen.
Der Verteidiger führte weiter aus, A. anerkenne den Sachverhalt betreffend
Vernachlässigung von Unterhaltspflichten, wie er von der Anklage vorgebracht
worden sei. Er sei daher der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten schuldig zu
sprechen und mit einer bedingten Geldstrafe in Höhe von 33 Tagessätzen à CHF
30.-zu bestrafen. Von der zusätzlichen Auferlegung einer Busse sei abzusehen.
Bezüglich der Verurteilung wegen sexueller Handlungen mit Kindern brachte er
zusammengefasst vor, die Vorinstanz habe die Umstände, wie es zur Strafanzeige
gekommen sei, völlig unzureichend gewürdigt. Diese Umstände erweckten schon
Seite 6 — 46

erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit von C.. Die Motivlage sei durchaus von
Bedeutung, wenn das vermeintliche Opfer im ersten Strafverfahren jedwelche
sexuellen Übergriffe verneine, nach rund sechseinhalb Jahren seine Meinung
ändere und eine Strafanzeige einreiche. C. aber habe bezüglich ihres Motivs
gelogen. Die Strafanzeige sei unmittelbar nach Einreichung einer Zivilklage durch
A. gegen B. und D. erfolgt. Es bestehe also ein Zusammenhang zwischen
Zivilklage und Strafanzeige. Da C. versuche, die Motive für die Einreichung der
Strafanzeige zu verschleiern, sei zu Gunsten von A. davon auszugehen, dass die
Strafanzeige ein Racheakt wegen der Zivilklage sei. Die Vorinstanz finde es
nachvollziehbar, dass C. im ersten Strafverfahren wegen ihrer damaligen Liebe zu
A. falsch ausgesagt haben soll. Folge man dieser Argumentation, so sei ebenso
gut Rachsucht ein Grund für eine Falschaussage. Wer aus Liebe lüge, könne dies
genau so gut aus Rachsucht tun. Berücksichtige man zudem, dass B. weder vor
Anstiftung zur Falschaussage noch vor versuchter Erpressung zurückschrecke,
und nehmen man im weiteren die höchst zweifelhaften Aussagen von C. bezüglich
der Ereignisse bei der Familie H. hinzu, so ergäben sich erhebliche Zweifel am
Wahrheitsgehalt der Aussagen der Belastungszeugen. Der Verteidiger wies auf
weitere Widersprüche zunächst in den Aussagen von C. und anschliessend in
jenen von B. hin. Unter anderem machte er dabei geltend, die Aussagen von C.
seien alles andere als detailliert. Einzig bei den zwei Vorfällen, die B. beobachtet
haben wolle, seien Details vorhanden, die C. jedoch aus den früheren Aussagen
ihrer Mutter, welche sie nach eigener Aussage vor etwa sechs Jahren gelesen
habe, übernommen haben könne. Es sei bezüglich B. zudem höchst
ungewöhnlich, dass einer Zeugin in einer Konfronteinvernahme just in dem
Moment, als sie offenbar zusammenzubrechen drohe, eine Pause von 45 Minuten
eingeräumt werde, in der sie ihre Geschichte noch einmal ordnen könne.
Insgesamt bleibe die von der Vorinstanz vorgenommene Beweiswürdigung
willkürlich und sehr einseitig. Wenn das Kantonsgericht wider Erwarten die
Meinung der Vorinstanz teile, so sei doch eine erheblich geringere Strafe
auszusprechen, da von deutlich weniger Straftaten auszugehen sei, als dies die
Vorinstanz getan habe.
F.
a) Mit Schreiben vom 14. Juli 2009 reichte die Staatsanwaltschaft
Graubünden eine Vernehmlassung zur Berufung ein. Sie beantragte was folgt:
„1. Die Berufung sei abzuweisen.
2. Dem Antrag auf Erstellung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens
über die Aussagen von C. sowie den Anträgen auf Befragung
von J. als Zeuge, von I. als Zeugin sowie eventuell von K., F.
und G. als Zeugen sei nicht stattzugeben.

Seite 7 — 46

3. Gesetzliche Kostenfolge.“
In der Begründung führte sie zunächst an, sie verweise auf die
Untersuchungsakten, auf das Plädoyer von Untersuchungsrichterin Bettina Ott,
welches in der erstinstanzlichen Verhandlung zu den Akten gegeben worden sei,
und die sorgfältigen, umfassenden und zutreffenden Erwägungen des
Bezirksgerichtsausschusses Landquart. Bezüglich der Erstellung eines
Glaubwürdigkeitsgutachtens hielt sie fest, die Prüfung der Glaubhaftigkeit von
Aussagen sei primär Sache der Gerichte. Auf Begutachtungen sei nur bei
Vorliegen besonderer Umstände zurückzugreifen, insbesondere wenn dem
Richter die nötige Sachkunde fehle. Die Begutachtung solle nur dann
fachtechnische Unterstützung bieten, wenn das Gericht ohne fachtechnische Hilfe
nicht in der Lage sei, die Aussage zu verstehen. Vorliegend seien besondere
Umstände, die die Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen von C. durch eine
Fachperson als notwendig erscheinen liessen, nicht ersichtlich. Die Einvernahmen
von J. und I. vermöchten keine neuen Aufschlüsse zu geben; F. und G. seien
bereits in der Untersuchung als Zeugen einvernommen worden und es sei nicht
klar, was sie zusätzlich aussagen könnten. Die Aktennotizen bezüglich der
Telefonate mit K. seien im Rahmen der Beweiswürdigung zu würdigen. Es sei
nicht ersichtlich, weshalb eine von der Untersuchungsbehörde erstellte Aktennotiz
aus dem Recht zu weisen wäre. Eine solche Aktennotiz über das Gespräch mit
der Beiständin sei einem schriftlichen Bericht einer Behörde gleichzustellen und
entsprechend zu würdigen. Eine Befragung der Beiständin erübrige sich somit.
b) Mit Schreiben vom 24. Juli 2009 verzichtete das Bezirksgericht
Landquart auf die Einreichung einer Vernehmlassung unter Hinweis auf die
einlässliche Begründung des angefochtenen Urteils. Gleichzeitig beantragte es die
vollumfängliche Abweisung der Berufung unter entsprechender Kostenfolge.
G.
An der Hauptverhandlung vor der I. Strafkammer des
Kantonsgerichts von Graubünden am 30. September 2009 waren A. und sein
Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. Boris Züst, anwesend. Die Staatsanwaltschaft
wurde durch Untersuchungsrichterin lic. iur. Bettina Ott Guyan vertreten. Gegen
die Zuständigkeit und die Zusammensetzung des Gerichts wurden keine
Einwände erhoben. Die Parteien verzichteten ausdrücklich auf das Verlesen
einzelner Akten. Im Rahmen der Befragung äusserte sich A. ausführlich zu seiner
Ehe mit B., zum Vorwurf der sexuellen Handlungen mit Kindern sowie zu seinen
heutigen Lebensumständen. Der Verteidiger hielt sich in seinem Plädoyer im
weiteren weitgehend an die bereits in der Berufung gemachten Ausführungen. Die
Seite 8 — 46

Untersuchungsrichterin begründete in ihrem mündlichen Vortrag die beantragte
Abweisung der Berufung. Der Verteidiger bekräftigte in seiner Replik seine
Argumente, während die Untersuchungsrichterin auf eine Duplik verzichtete.
Anschliessend erhielt A. die Gelegenheit zum Schlusswort. Er betonte, dass es zu
keinen sexuellen Handlungen mit C. gekommen sei. Gleichzeitig stellte er
Vermutungen bezüglich des Motivs zur erneuten Strafanzeige an. Er hoffe nun auf
ein faires Urteil.
H.
Am 28. Oktober 2009 erfolgte auf Begehren von A. die vorzeitige
schriftliche Mitteilung des Urteilsdispositivs.
I.
Auf die weiteren Ausführungen im angefochtenen Urteil, in der
Berufungsschrift, im Sachvortrag an der mündlichen Berufungsverhandlung sowie
in der persönlichen Befragung von A. wird, soweit erforderlich, in den
nachstehenden Erwägungen eingegangen.
Die I. Strafkammer zieht in Erwägung :
1.
Gegen Urteile und Beschlüsse der Bezirksgerichte und ihrer
Ausschüsse können der Verurteilte, das Opfer und der Staatsanwalt beim
Kantonsgericht gemäss Art. 141 Abs. 1 StPO innert 20 Tagen seit der schriftlichen
Eröffnung des angefochtenen Entscheides Berufung einlegen. Diese ist zu
begründen und hat darzutun, welche Mängel des erstinstanzlichen Entscheides
oder Gerichtsverfahrens gerügt werden und ob das ganze Urteil lediglich
Teile davon angefochten werden (Art. 142 Abs. 1 StPO). Diesen Anforderungen
vermag die vorliegenden Berufung zu genügen. Auf die fristund formgerecht
eingereichte Berufung ist daher einzutreten.
2.
Für das Berufungsverfahren ist zu beachten, dass der I. Strafkammer
des Kantonsgerichts als Berufungsinstanz grundsätzlich eine umfassende,
uneingeschränkte Kognition auch mit Bezug auf Ermessensfehler, bei deren
Prüfung sie sich aber eine gewisse Zurückhaltung auferlegt zukommt (Art. 146
Abs. 1 StPO). Sie überprüft das vorinstanzliche Urteil jedoch nur im Rahmen der
in der Berufung Anschlussberufung gestellten Anträge. Wenn die Aktenlage
die Beurteilung zulässt und keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt
der Mangel geheilt ist, entscheidet die Strafkammer des Kantonsgerichts in der
Sache selber (Art. 146 Abs. 2 StPO e contrario), eine Rückweisung an die
Vorinstanz bildet die Ausnahme (Padrutt, Kommentar zur Strafprozessordnung
des Kantons Graubünden, 2. Auflage, BB. 1996, S. 375 f.).
Seite 9 — 46

3.
A. stellt in der Berufungsschrift den Antrag, Rechtsanwalt lic. iur.
Boris Züst sei ihm als amtlicher Verteidiger beizugeben. Zieht der Angeklagte nicht
einen privaten Verteidiger auf eigene Kosten bei, so bestellt ihm der Präsident
unter Berücksichtigung berechtigter Wünsche einen amtlichen Verteidiger, wenn
die Anklage vor Gericht mündlich vertreten wird, wenn die Anklage eine
Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren eine Massnahme im Sinne von Art.
59, Art. 60, Art. 61 und Art. 64 StGB beantragt wenn die tatsächliche
rechtliche Schwierigkeit des Falles es rechtfertigt (Art. 144 Abs. 2 StPO in
Verbindung mit Art. 102 Abs. 1 StPO). Dabei unterscheidet das Gesetz nicht, ob
die Freiheitsstrafe bedingt beziehungsweise teilbedingt unbedingt beantragt
wird. Vorliegend wurde von der Anklage eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten,
wovon 18 Monate unbedingt, beantragt und von der Vorinstanz zum Urteil
erhoben. A. hat mithin gemäss Gesetz Anspruch auf einen amtlichen Verteidiger.
Die beantragte amtliche Verteidigung durch Rechtsanwalt lic. iur. Boris Züst wird
daher bewilligt.
4.
Das Kantonsgerichtspräsidium kann gemäss Art. 144 Abs. 1 StPO
eine mündliche Berufungsverhandlung von Amtes wegen auf Antrag
durchführen, wenn die persönliche Befragung des Angeklagten für die Beurteilung
der Streitsache wesentlich ist. Auf die Berufungsverhandlung finden unter
Vorbehalt abweichender Bestimmungen die Vorschriften der Strafprozessordnung
über das Gerichtsverfahren sinngemäss Anwendung (vgl. Art. 144 Abs. 2 StPO).
A. hat in seiner Berufung vom 2. Juli 2009 die Durchführung einer mündlichen
Berufungsverhandlung beantragt. Mit der Vorladung zur Berufungsverhandlung
vom 30. September 2009 (vgl. Verfügung vom 10. August 2009, act. 06) sowie der
Durchführung der Berufungsverhandlung selbst wurde diesem Antrag
entsprochen.
5.
a) A. hat in der Berufungsschrift mehrere Beweisergänzungsanträge
gestellt, die ihn bezüglich der Verurteilung wegen sexuellen Handlungen mit
Kindern entlasten sollen.
aa) Den Verfahrensbeteiligten steht es als Ausfluss des rechtlichen Gehörs
frei, Beweisanträge zu stellen. Dabei besteht aber kein uneingeschränktes Recht
auf Beweisabnahme. Vielmehr kann auf die Erhebung weiterer Beweise dann
verzichtet werden, wenn die für die Beurteilung der Sache erforderlichen
Tatsachen bereits aufgrund der vorhandenen Beweismittel feststehen und nicht zu
erwarten ist, dass neue Beweismittel das Ergebnis der freien Würdigung der
vorhandenen Beweismittel zu erschüttern vermögen. Vorweggenommene
Seite 10 — 46

antizipierte Beweiswürdigung ist also in einem beschränkten Umfange zulässig;
insbesondere kann der Richter das Beweisverfahren schliessen, wenn er aufgrund
bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür
in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass diese seine
Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 131 I
153 E 3; 130 II 425 E 2.1, je mit Hinweisen).
bb) Wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt, ist A. bereits
aufgrund der bestehenden Beweislage vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit
Kindern freizusprechen. Es erübrigt sich aber unter diesen Umständen,
diesbezüglich weitere entlastende Beweiserhebungen zu tätigen. Die von A. in der
Berufung gestellten Beweisergänzungsanträge werden daher abgewiesen.
b) Der Verteidiger von A. hat in seinem Plädoyer die bereits in der
Berufungsschrift gestellten Beweisergänzungsanträge wiederholt und bekräftigt,
was unproblematisch ist. Daneben hat er jedoch auch einen neuen
Beweisergänzungsantrag gestellt, der in der Berufungsschrift nicht zu finden ist. Er
beantragt aus Händen des damaligen Arbeitgebers die Edition der
Stempeluhrausdrucke betreffend A. für die Monate Juni bis und mit September
2000. Damit versucht er zu belegen, dass die von C. geltend gemachte Häufigkeit
des Geschlechtsverkehrs rein zeitlich schon gar nicht möglich gewesen sei. Dieser
Beweisergänzungsantrag betrifft mithin einen Umstand, der im Zeitpunkt der
Erhebung der Berufung bereits bekannt war. Unter diesen Umständen aber kann
auf den Beweisergänzungsantrag nicht eingetreten werden, da er verspätet ist.
Beweisergänzungsanträge, die keine echten Noven betreffen, sind schon in der
Berufungsschrift zu stellen (vgl. Urteil der I. Strafkammer des Kantonsgerichts vom
17. Juni 2009, SK1 09 14, E 7b).
c) Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass
die Aktennotiz der Untersuchungsrichterin bezüglich des Inhalts eines Telefonats
mit K. (Vorakten, act. 3.8) vorliegend entgegen den Ausführungen der
Staatsanwaltschaft in ihrer Vernehmlassung in der Beweiswürdigung nicht
herangezogen werden kann. Eine Aktennotiz des Untersuchungsrichters, die eine
Zusammenfassung eines Gesprächs mit einer Person beinhaltet, welche als
Zeuge einvernommen werden könnte, ist nicht einem Bericht einer Behörde,
sondern vielmehr einem Polizeirapport gleichzustellen. Denn wie bei
Zusammenfassungen von Aussagen in Polizeirapporten wurde die Aktennotiz von
K. nicht unterschrieben, weshalb nicht nachvollzogen werden kann, ob die
Zusammenfassung von der aussagenden Person überprüft und als ihren
Seite 11 — 46

Aussagen entsprechend anerkannt wurde. Es kann auch nicht kontrolliert werden,
ob die Zusammenfassung die Aussagen korrekt wiedergibt. Das heisst jedoch
nicht, dass eine Aktennotiz des Untersuchungsrichters generell bedeutungslos ist.
Vielmehr kann auch sie ein wichtiges und taugliches Beweismittel sein. Sie kann
durchaus berücksichtigt werden, soweit sie mit den Angaben des Angeklagten
übereinstimmt, die Angaben mit den Akten übereinstimmen, sie auf eigenen
Feststellungen beruhende und allenfalls verifizierbare Ermittlungsergebnisse
festhält wenn weitere Abklärungen getroffen werden, die es dem Gericht
ermöglichen, die Glaubhaftigkeit der Angaben zu überprüfen. Schliesslich ist noch
zu beachten, dass aus Art. 6 Ziff. 1 und 3 EMRK abgeleitet wird, dass dem
Angeklagten, um sich wirksam verteidigen zu können, grundsätzlich mindestens
einmal das Recht eingeräumt werden muss, an einen Belastungszeugen
Ergänzungsfragen zu stellen und dessen Aussagen zu bestreiten. Eine Aktennotiz
des Untersuchungsrichters, welche ein Gespräch mit einer Person
zusammenfasst, die den Angeklagten belastet und die als Zeuge
Auskunftsperson einvernommen werden könnte, kann daher nur als Beweismittel
herangezogen werden, soweit damit nicht das eben geschilderte Recht des
Angeklagten beschnitten gar umgangen wird. Vorliegend nun widersprechen
die Ausführungen in der Aktennotiz den Beteuerungen von A., es habe zwischen
ihm und C. keine über das Übliche hinausgehenden Berührungen gegeben.
Andere Beweismittel, die die Ausführungen in der Aktennotiz stützen würden, sind
nicht vorhanden. Vor allem aber wurde A. nie die Gelegenheit eingeräumt, K. zu
befragen und dabei ihre Aussagen auch zu hinterfragen und in Zweifel zu ziehen
(vgl. zum Ganzen insbesondere auch PKG 2002 Nr. 11 und PKG 2004 Nr. 14).
Die Aktennotiz kann daher in der Beweiswürdigung nicht herangezogen werden.
Hätte man die Ausführungen in der Aktennotiz A. entgegenhalten wollen, dann
wäre eine Einvernahme von K. als Zeugin notwendig gewesen.
6.
Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Vernehmlassung zur Berufung
ihren Antrag, die Berufung abzuweisen, bezüglich der Beweiswürdigung, der
rechtlichen Erwägungen und der Strafzumessung nicht weiter begründet. Vielmehr
hat sie in diesem Zusammenhang auf die Untersuchungsakten, auf das Plädoyer
der Untersuchungsrichterin vor der Vorinstanz, welches sich in schriftlicher Form
bei den Akten befindet, und die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen. Anlässlich
der Berufungsverhandlung hat Untersuchungsrichterin lic. iur. Bettina Ott Guyan
zu den genannten Themen aber plädiert. Es stellt sich die Frage, ob ihre
Ausführungen vorliegend Beachtung finden dürfen.
Seite 12 — 46

a) Eine Vernehmlassung im Berufungsverfahren ist, sofern von diesem
Recht Gebrauch gemacht wird, wie die Berufungsschrift selber schriftlich zu
begründen (Art. 143 Abs. 2 StPO in Verbindung mit Art. 142 Abs. 1 StPO). Nach
ständiger Rechtsprechung ist es bezüglich der Berufungsschrift grundsätzlich
unzulässig, anstelle eigener Begründung in der Berufungsschrift selbst auf andere
schriftliche Einlagen zu verweisen. Denn dem Gericht ist es nicht zuzumuten, die
Argumentationen eines Berufungsklägers in verschiedenen Schriftstücken
zusammenzusuchen und an seiner Stelle zusammenzutragen (vgl. dazu Padrutt,
a.a.O. S. 368 f.). Nach Sinn und Zweck von Art. 142 Abs. 1 StPO soll die
Berufungsschrift ein (einziger) in sich geschlossener Schriftsatz sein.
Selbstredend steht dabei die Möglichkeit der Verweisung auf das in Form von
Dokumenten
vorliegende
Ergebnis
der
Strafuntersuchung
offen;
die
Argumentationsketten hingegen müssen aus dem Schriftsatz selbst ersichtlich
sein (PKG 2003 Nr. 18). Dieselben Überlegungen gelten aber auch bezüglich der
schriftlichen Vernehmlassung im Berufungsverfahren (PKG 1999 Nr. 27).
Argumente und Begründungen, die der Berufungsbeklagte vorbringen will,
müssen daher aus der Vernehmlassung selbst hervorgehen. Es wäre nämlich
nicht zu rechtfertigen, wenn dem Berufungsbeklagten erlaubt wäre, was dem
Berufungskläger
verboten
ist.
Die
schriftliche
Vernehmlassung
im
Berufungsverfahren muss somit alle Argumentationsketten enthalten, die der
Berufungsbeklagte geltend machen will. Verweisungen auf andere Einlagen
anstelle von eigenen Ausführungen sind nicht statthaft. Der Verweis auf das
Plädoyer der Untersuchungsrichterin, welches sie vor Schranken der Vorinstanz
gehalten hat und das sich in schriftlicher Form bei den Akten befindet, genügt
mithin der Begründungsanforderung nicht; die in jenem Plädoyer enthaltenen
Argumente sind nicht Inhalt der Vernehmlassung geworden. Dasselbe aber ist
bezüglich der globalen Verweisung auf die Untersuchungsakten zu sagen. Es ist
dem Gericht nicht zuzumuten, aus der Fülle der Akten Argumente hervorzusuchen
und zusammenzutragen, die einen nicht begründeten Antrag stützen würden. Mit
Bezug auf die Verweisung auf die Erwägungen im vorinstanzlichen Urteil
wiederum ist zu sagen, dass es zur Begründung der eigenen Anträge nicht
genügen kann, auf das angefochtene Urteil als Ganzes zu verweisen, müssen
sich die Argumentationsketten doch aus der Vernehmlassung selbst ergeben.
Bezüglich der Beweiswürdigung, der rechtlichen Erwägungen und der
Strafzumessung enthält die Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft Graubünden
folglich keine Begründungen beziehungsweise keine Argumente, die Beachtung
finden müssen.
Seite 13 — 46

b) Die Untersuchungsrichterin hat nun an Schranken des Kantonsgerichts
trotzdem zur Beweiswürdigung und Strafzumessung plädiert. Ihr Plädoyer,
welches sie anlässlich der Berufungsverhandlung gehalten hat, befasst sich sogar
ausschliesslich mit diesen Themen. Es stellt sich die Frage, ob die Argumente,
welche sie in ihrem Plädoyer vorgebracht hat, im Berufungsverfahren noch
Beachtung finden dürfen, nachdem sie in der Vernehmlassung nicht enthalten
sind. Gemäss Art. 142 Abs. 1 StPO ist die Berufung innert zwanzig Tagen
einzureichen und zu begründen. Daraus kann abgeleitet werden, dass
Begründungen, die nach Ablauf der Berufungsfrist erst geltend gemacht werden
und die keine echten Noven betreffen, nicht mehr zugelassen werden können.
Anders entscheiden hiesse, Art. 142 Abs. 1StPO auszuhebeln, weil die Frist zur
(„endgültigen) Begründung der Berufung entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut
bis zur Berufungsverhandlung verlängert würde. Die Berufungsbegründung muss
daher bereits in der Berufungsschrift vorgebracht werden. Argumente, die sich
nicht in der Berufungsschrift finden, die nicht als nähere Ausführung einer bereits
in der Rechtsschrift vorgebrachten Begründung angesehen werden können und
die auch keine echten Noven betreffen, können daher keine Beachtung finden,
auch wenn sie anlässlich der Berufungsverhandlung vorgebracht werden (vgl. zum
Ganzen das Urteil der I. Strafkammer des Kantonsgerichts vom 17. Juni 2009,
SK1 09 14, E 8). Da nun also der Berufungskläger anlässlich der
Berufungsverhandlung keine neuen Argumente vorbringen kann, sofern es sich
nicht um echte Noven handelt, muss es auch dem Berufungsbeklagten verwehrt
sein, noch an der Berufungsverhandlung neue Argumente einzuführen. Dies allein
schon unter dem Aspekt der gleichlangen Spiesse. Der Berufungskläger wäre
klarerweise benachteiligt, wenn er noch an der Berufungsverhandlung mit neuen
Argumenten der Gegenseite rechnen müsste, während er selbst bereits in der
Berufungsschrift seine Argumente offen legen musste. Diese Überlegungen
zeigen deutlich auf, dass auch der Berufungsbeklagte anlässlich der
Berufungsverhandlung keine neuen Argumente vorbringen kann, soweit es sich
nicht um echte Noven handelt. Die Begründung muss damit vollständig bereits in
der Vernehmlassung enthalten sein. Daran vermag auch der Umstand nichts zu
ändern, dass es sich bei der Frist zur Einreichung einer Vernehmlassung nicht um
eine gesetzliche, sondern um eine richterliche Frist handelt, die folglich erstreckt
werden kann. Denn zum einen wird diese Frist nur auf begründetes Gesuch und
nicht beliebig oft erstreckt, und zum andern muss der Berufungsbeklagte
Argumente, die er vorbringen will, auch im Falle einer erstreckten Frist in der
Vernehmlassung aufführen. In diesem Zusammenhang gilt es zudem ganz klar
festzuhalten, dass eine Berufungsverhandlung nicht dazu da ist, allfällige
Seite 14 — 46

Versäumnisse der Parteien nachzuholen. Sie ist auch keine Wiederholung der
Verhandlung vor der ersten Instanz. Vielmehr bezweckt die mündliche
Berufungsverhandlung, die bereits in der Berufungsschrift vorgetragenen Rügen,
also umstrittene Fragen der Sachverhaltsermittlung und der Beweiswürdigung
sowie umstrittene Rechtsfragen, anhand einer Befragung des Angeschuldigten
noch zu erhellen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die I. Strafkammer des
Kantonsgerichts auf die Argumente der Untersuchungsrichterin grundsätzlich nicht
weiter eingehen muss.
7.
In der Berufungsschrift wird festgestellt, A. anerkenne den
Sachverhalt in Sachen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten, wie er von der
Anklage an Schranken vorgebracht worden sei. Gemäss Rechtsbegehren in der
Berufung beantragt A. denn auch eine Verurteilung wegen Vernachlässigung von
Unterhaltspflichten gemäss Art. 217 Abs. 1 StGB. Obwohl A. mit der Berufung den
Antrag stellt, es sei das angefochtene Urteil vollumfänglich aufzuheben, ergibt sich
somit aus der Berufung selbst, dass der Schuldspruch betreffend
Vernachlässigung von Unterhaltspflichten akzeptiert und nicht angefochten wird.
Die I. Strafkammer des Kantonsgerichts hat sich daher mit diesem Schuldspruch
nicht weiter zu befassen. Angefochten ist jedoch der Schuldspruch wegen
mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern. Ebenso wendet sich A. gegen die
Strafzumessung durch die Vorinstanz. In einem ersten Schritt hat die I.
Strafkammer somit zu prüfen, ob sich aus den Akten genügend Anhaltspunkte
ergeben, dass A. den in der Anklageschrift relevierten Sachverhalt erfüllt hat. In
einem zweiten Schritt ist sodann über die Strafzumessung zu befinden.
8.
a) Bei der Würdigung der Beweismittel entscheidet das Gericht nach
Art. 144 Abs. 2 StPO in Verbindung mit Art. 125 Abs. 2 StPO auch im
Berufungsverfahren nach freier Überzeugung (vgl. Schmid, Strafprozessrecht, 4.
Auflage, Zürich 2004, N 286). Die Beweislast für die dem Angeklagten zur Last
gelegte Tat liegt dabei grundsätzlich beim Staat (vgl. Padrutt, a.a.O., S. 306). An
den Beweis der zur Last gelegten Tat sind hohe Anforderungen zu stellen.
Verlangt wird mehr als eine blosse Wahrscheinlichkeit, nicht aber ein absoluter
Beweis der Täterschaft. Nach der aus Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK
fliessenden Beweiswürdigungsregel „in dubio pro reo darf sich der Strafrichter
jedoch nicht von der Existenz eines für den Angeklagten ungünstigen
Sachverhaltes überzeugt erklären, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel an den
tatsächlichen Voraussetzungen für ein verurteilendes Erkenntnis bestehen (vgl.
BGE 124 IV 87 f.). Bloss theoretische und abstrakte Zweifel sind indessen nicht
massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht
Seite 15 — 46

verlangt werden kann. Es muss sich vielmehr um erhebliche und nicht zu
unterdrückende Zweifel handeln, das heisst um solche, die sich nach der
objektiven Rechtslage aufdrängen (vgl. BGE 130 Ia 37). Aufgabe des Richters ist
es, ohne Bindung an Beweisregeln die an sich möglichen Zweifel zu überwinden
und sich mit Überzeugung für einen bestimmten Sachverhalt zu entscheiden,
wobei die Bildung der Überzeugung objektivierund nachvollziehbar sein muss.
Die Schuld des Angeklagten muss sich dabei auf vorgelegte Beweise stützen, die
vernünftige Zweifel in ausschliessender Weise zu beseitigen vermögen (vgl. PKG
1987 Nr. 12). Es ist anhand sämtlicher sich aus den Akten ergebenden Umstände
zu untersuchen, ob die Darstellung der Anklage jene des Angeklagten den
Richter zu überzeugen vermag. Erst wenn eine solche Überzeugung weder in der
einen noch in der anderen Richtung zu gewinnen ist, muss gemäss dem
Grundsatz „in dubio pro reo der für den Angeklagten günstigere Sachverhalt
angenommen werden und es hat allenfalls ein Freispruch zu erfolgen (vgl. Padrutt,
a.a.O., S. 307; Schmid, a.a.O., N 286; BGE 127 I 40 E 2).
b) Zu den verschiedenen Beweismitteln ist sagen, dass der Grundsatz der
freien Beweiswürdigung eine Rangordnung verbietet, was bedeutet, dass alle
Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind. Insbesondere sind die Aussagen von
Zeugen, Auskunftspersonen und sogar Angeschuldigten vollgültige Beweismittel
mit derselben Beweiseignung. Entscheidend ist mit anderen Worten allein die
Beweiskraft der konkreten Beweismittel im Einzelfall (Hauser/Schweri/Hartmann,
Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Basel 2005, § 54 N 5). Wesentlich
können auch so genannte Indizien sein (vgl. Schmid, a.a.O., N 290). Bei der
Würdigung der Beweise ist weniger die Form, sondern vielmehr der Inhalt, das
heisst deren innere Autorität massgebend (Schmid, a.a.O., N 290). Entsprechend
interessiert im Rahmen des Gerichtsverfahrens nicht in erster Linie die persönliche
Glaubwürdigkeit des Angeschuldigten von Zeugen, sondern die sachliche
Glaubhaftigkeit ihrer konkreten Aussagen (vgl. Hauser, Der Zeugenbeweis im
Strafprozess mit Berücksichtigung des Zivilprozesses, Zürich 1974, S. 311 f.). Als
Kennzeichen wahrheitsgetreuer Aussagen sind dabei die innere Geschlossenheit
und Folgerichtigkeit in der Darstellung des Geschehens sowie die konkrete und
anschauliche Wiedergabe des Erlebten zu werten. Für die Korrektheit einer
Aussage sprechen im weiteren die Selbstbelastung unvorteilhafte Darstellung
der eigenen Rolle, Entlastungsbemerkungen zu Gunsten des Beschuldigten und
die Konstanz in der Aussage bei verschiedenen Befragungen. Bei
wahrheitswidrigen Bekundungen fehlen diese Kennzeichen regelmässig. Indizien
für bewusst unbewusst falsche Aussagen sind Unstimmigkeiten grobe
Seite 16 — 46

Widersprüche in den eigenen Aussagen, Zurücknahmen, erhebliche
Abschwächungen Übersteigerungen im Verlaufe mehrerer Einvernahmen,
unklare, verschwommene ausweichende Antworten und gleichförmige,
eingeübt wirkende Aussagen. Die Richtigkeit einer Deposition muss alsdann auf
ihre Übereinstimmung mit den Lebenserfahrungen und dem Ergebnis der übrigen
Beweiserhebungen geprüft werden (vgl. im Einzelnen: Arntzen/Michaelis-Arntzen,
Psychologie der Zeugenaussage, System der Glaubwürdigkeitsmerkmale, 3.
Auflage, München 1993).
9.
Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid bezüglich des Vorwurfs der
sexuellen Handlungen mit Kindern auf die Aussagen von C. und B.. Im Folgenden
sind ihre Aussagen daher einer vertieften Würdigung zu unterziehen.
a) Bereits im November 2000 hatte sich B. gegenüber der Polizei
dahingehend geäussert, dass ihr damaliger Ehemann A. mit ihrer
ausserehelichen, 13-jährigen Tochter C. eine sexuelle Beziehung pflege
(Vorakten, Polizeirapport, act. 3.01). In der Folge eröffnete die Staatsanwaltschaft
Graubünden am 24. November 2000 eine Strafuntersuchung gegen A. wegen
sexuellen Handlungen mit Kindern (Vorakten, act. 1.01). Das Strafverfahren wurde
am 13. September 2001 eingestellt, nachdem sowohl A. als auch insbesondere C.
jegliche sexuellen Handlungen vehement verneint hatten (Vorakten, act. 1.07). Es
wurde wieder aufgenommen, da C. am 25. Februar 2008 Strafanzeige gegen A.
wegen sexuellen Handlungen mit Kindern eingereicht hatte (act. 5.01).
b) Wie bereits festgestellt, stellte C. die von ihrer Mutter behaupteten
sexuellen Handlungen während des gesamten ersten Strafverfahrens konsequent
und klar in Abrede. Insbesondere hielt sie auch in der Konfronteinvernahme mit B.
an ihrer Darstellung fest, dass zwischen ihr und ihrem Stiefvater keine sexuellen
Handlungen
stattgefunden
hätten
(Vorakten,
act.
5.12).
Diese
Konfronteinvernahme fand am 29. März 2001 statt. A. war gemäss Aktenlage
bereits seit dem 4. März 2001 verschwunden (Vorakten, Aktennotiz der
Untersuchungsrichterin vom 23. März 2001, act. 3.14). C. selbst erklärte in der
Konfronteinvernahme, dass sie seit längerer Zeit keinen Kontakt mehr mit A.
gehabt habe. Auch wusste sie nicht, wo er sich aufhielt (vgl. Vorakten, act. 5.12,
S. 15). Obwohl sie somit schon mehrere Wochen keinen Kontakt mehr mit A.
gehabt hatte und obwohl sich dieser offenbar abgesetzt und sie in ihrer
schwierigen Situation alleine gelassen hatte, hielt C. an ihren Aussagen fest. Dies
spricht grundsätzlich für deren Glaubhaftigkeit. Andererseits hatte C. im Vorfeld
der Konfronteinvernahme offenbar ihre Mutter gefragt, was sie denn tun solle, und
Seite 17 — 46

B. hatte ihrer Tochter den Rat gegeben, bei ihren bisherigen Aussagen zu bleiben
(Vorakten, act. 5.12, S. 11 und 12). Jedoch hat C. auf die Frage der
Untersuchungsrichterin, ob sie denn unter diesen Umständen deshalb an ihren
bisherigen Aussagen festhalte, weil ihre Mutter ihr das gesagt habe, geantwortet,
dass sie vor niemandem Angst habe und auch nicht machen müsse, was ihre
Mutter sage (Vorakten, act. 5.12, S. 13). Zudem hat B. anlässlich der
Konfronteinvernahme in diesem Zusammenhang ausgesagt, C. habe sie gefragt,
was sie machen solle. C. habe offenbar Mitleid mit ihrer Mutter gehabt (vgl.
Tonbandaufnahme der Konfronteinvernahme, Beilage zu den Vorakten. Diese
Aussage hat keinen Eingang in die schriftliche Ausfertigung der
Konfronteinvernahme gefunden). Dies könnte auch dahingehend interpretiert
werden, dass C. aus Mitleid mit ihrer Mutter sogar bereit gewesen wäre, deren
Aussagen zu bestätigen, nur um ihr zu helfen. Das wiederum würde durch die
Feststellung von Dr. L., KJPD Graubünden, der ab dem 24. November 2000
mehrere Sitzungen mit C. durchführte, bestätigt. Dr. L. hat in einem Schreiben an
das Untersuchungsrichteramt BB. vom 12. Juni 2001 festgestellt, dass C. sich
sehr ambivalent gegenüber ihrer Mutter und ihrem Stiefvater verhalte; dass sie
von beiden Seiten sehr beeinflussbar sei und sich noch keine eigene und feste
Meinung im Loyalitätskonflikt zwischen ihrer Mutter und A. bilden könne (Vorakten,
act. 3.21, S. 2, Ziff. 4). Andererseits könnte diese bestätigte leichte
Beeinflussbarkeit auch dafür sprechen, dass C. nur bei ihren verneinenden
Aussagen blieb, weil ihre Mutter ihr dies so gesagt hatte. Die leichte
Beeinflussbarkeit könnte im weiteren auch als Hinweis dafür interpretiert werden,
dass C. als 13-jährige unter dem Einfluss von A. stand, welcher in der Zeit, als sie
bei der Pflegefamilie war, lange Telefongespräche mit ihr führte, sie auch
besuchen
durfte
und
dabei
alleine
mit
ihr
sprechen
konnte
(untersuchungsrichterliche Einvernahme von O. vom 13. August 2008, act. 5.14,
S. 3). Die leichte Beeinflussbarkeit zusammen mit dem intensiven Kontakt
zwischen A. und C. könnte ein Indiz dafür sein, dass C. damals unter dem Einfluss
von A. beziehungsweise aufgrund ihrer nahen Verbundenheit zu ihm nicht die
Wahrheit gesagt hat, um ihn vor der Strafverfolgung zu schützen. Sie hat denn
auch in der untersuchungsrichterlichen Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai
2008 erklärt, sie habe damals gelogen. Sie habe in diesem Alter nicht gewusst,
was sie machen sollte. Sie habe auch Angst gehabt und sei auf eine Art verliebt
gewesen, weshalb sie A. in Schutz genommen habe. Sie hätte alles für ihn
gemacht (act. 5.6, S. 2 und 10). In der Konfronteinvernahme mit F. vom 6.
November 2008 sagte sie aus, sie habe damals zu allen gesagt, dass kein
geschlechtlicher Kontakt zwischen ihr und A. stattgefunden habe. Sie sei damals
Seite 18 — 46

in ihn verliebt gewesen. Sie hätte damals alles gesagt und getan, um dies [die
sexuellen Handlungen] zu verleugnen. Dies habe sie ja auch getan (act. 5.28, S. 5
unten). Damit aber liesse sich absolut plausibel und einleuchtend erklären, warum
C. in den Einvernahmen in den Jahren 2000 und 2001 nicht die Wahrheit gesagt
haben könnte. Aus den Akten ergibt sich im weiteren, dass A. C. ein grosszügiges
Taschengeld gab, dass er stundenlange Telefonate mit ihr führte und ihr auch
sonst manchen Wunsch erfüllte, als sie bei der Pflegefamilie untergebracht war
(untersuchungsrichterliche Einvernahme von O. vom 13. August 2008, act. 5.14,
S. 1 f. und S. 3; Vorakten: untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme
zwischen A. und B. vom 1. Februar 2001, act. 5.9, S. 26 oben). Dass er sich auch
um seine leibliche Tochter D. in gleicher Weise gekümmert hätte, geht aus den
Akten im übrigen nicht hervor. A. hat sein Verhalten damit zu erklären versucht,
dass er lediglich für die Bedürfnisse von C. aufkomme, wie es B. vor ihrer Heirat
zur
Bedingung
gemacht
habe
(Vorakten,
untersuchungsrichterliche
Konfronteinvernahme zwischen A. und B. vom 1. Februar 2001, act. 5.9, S. 26
oben). Das eben Aufgezählte geht jedoch über das hinaus, was zur Deckung der
Bedürfnisse von C. notwendig gewesen wäre. Diese Überhäufung von C. mit
Aufmerksamkeit, Geld und Geschenken würde wiederum dafür sprechen, dass
zwischen A. und C. durchaus mehr war, als eine normale Stiefvater-Stieftochter-
Beziehung, und dass sexuelle Handlungen stattgefunden haben könnten. Der von
der
Vorinstanz
angeführte
Umstand,
dass
C.
anlässlich
der
untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 28. November 2000 gelacht habe,
als sie die sexuellen Handlungen verneint habe, erscheint der I. Strafkammer des
Kantonsgerichts jedoch weniger ein Indiz dafür zu sein, dass C. die sexuellen
Handlungen zu Unrecht negiert haben könnte. Hört man der Tonbandaufnahme
jener Einvernahme zu, so ist leicht festzustellen, dass C. an vielen verschiedenen
Stellen gelacht hat (vgl. die Tonbandaufnahme in der Beilage zu den Vorakten).
Es entsteht dabei durchaus der Eindruck, dass C. mit dem Lachen auf die für sie
ungewöhnliche und wohl auch etwas einschüchternde Situation reagiert hat.
Hingegen hat C., als es um die Schilderung der körperlichen Auseinandersetzung
zwischen A. und B. ging, zwar erklärt, A. habe ihre Mutter auf den Hinterkopf
geschlagen. Sofort jedoch hat sie versucht, den Ausdruck „schlagen wieder
zurückzunehmen und durch einen milderen Ausdruck zu ersetzen. Auch hat sie
sehr viel Wert darauf gelegt, dass A. mit seiner Handlung auf die Messerattacke
ihrer Mutter reagiert und sich nur verteidigt beziehungsweise geschützt habe
(Tonbandaufnahme in der Beilage zu den Vorakten). Diese Passage erweckt
klarerweise den Eindruck, dass es C. gar nicht recht war, dass sie A. belastet
hatte, und dass sie dies gerne zurückgenommen und ungeschehen gemacht
Seite 19 — 46

hätte. Ihr Aussageverhalten lässt klar den Eindruck entstehen, dass es C. wirklich
wichtig war, A. möglichst gut dastehen zu lassen und ihn in keiner Weise zu
belasten. Dies wiederum würde C.s Aussagen aus dem Jahre 2008 stützen, sie
sei damals in A. verliebt gewesen und habe ihn in Schutz genommen. Unter
diesen Umständen aber würden die verneinenden Aussagen von C. gerade nicht
gegen die Vornahme von sexuellen Handlungen zwischen ihr und A. sprechen.
Andererseits hat sie die Faustschläge von A. ihrer Mutter gegenüber geschildert
und nicht einfach verneint, was wiederum in der Weise interpretiert werden
könnte, dass sie, wenn auch mit Widerwillen, negative Verhaltensweisen von A.
durchaus zugegeben hat, wenn diese vorlagen. Die sexuellen Handlungen hat sie
immer klar und ohne zu zögern verneint. Aus den Aussagen von C. in den Jahren
2000 und 2001 sowie dem damaligen Verhalten von A. ergeben sich mithin
sowohl Argumente, die dafür sprechen, dass zwischen C. und A. sexuelle
Handlungen stattgefunden haben könnten, als auch solche, die dagegen
sprechen, wobei nach Auffassung der I. Strafkammer die Argumente dafür leicht
überwiegen, jedoch eine Verurteilung noch nicht zu rechtfertigen vermögen.
c) Nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens im Jahre 2008 hat C. erklärt,
sie habe früher gelogen und es sei im Jahre 2000 sehr wohl zu sexuellen
Handlungen zwischen ihr und A. gekommen. Wie bereits ausgeführt, sind ihre
Erklärungen, weshalb sie als 13-jährige nicht die Wahrheit gesagt haben soll,
durchaus plausibel. Dass sie nach ihren eigenen Angaben während des gesamten
ersten Strafverfahrens gelogen hat, lässt ihre nunmehr gemachten Aussagen
daher nicht von vornherein unglaubhaft erscheinen. Jedoch finden sich in ihren
Aussagen zahlreiche schwerwiegende Widersprüche, auch im Verhältnis zu
anderen Beweismitteln, sowie Unsicherheiten und grobe Ungenauigkeiten. Jeder
Widerspruch, jede Ungenauigkeit Unsicherheit für sich allein würde den
Aussagen von C. noch keinen Abbruch tun, ist doch in Rechnung zu stellen, dass
die Ereignisse, über die C. ausgesagt hat, mehr als sieben Jahre zuvor
stattgefunden haben. Die Gesamtheit der Widersprüche, Ungenauigkeiten und
Unsicherheiten aber lassen Zweifel an den Aussagen von C. entstehen, die
schwer wiegen. Im Folgenden ist nun darauf einzugehen. Am klarsten tritt dies in
der Aussage von C. bezüglich des behaupteten Geschlechtsverkehrs in der
Wohnung von F., einer Tante von A., zu Tage. C. hat diesbezüglich in der
Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008 ausgesagt, sie sei nach dem
Spitalaufenthalt zu Pflegeeltern nach TT. gekommen, wo sie aber nicht lange habe
bleiben können. Sie habe dann bei einer Schulkollegin in EE. wohnen können.
Eine Verwandte von A. habe sich bei ihr gemeldet, wobei A. dies arrangiert habe.
Seite 20 — 46

Sie habe damals mit A. keinen Kontakt haben dürfen, weshalb die Tante sie
besucht und abgeholt habe. Sie hätten anschliessend A. getroffen und seien zur
Wohnung der Tante gefahren. Die Tante habe gesagt, dass sie von ihr und A.
wisse, ihre Tochter jedoch nicht. Die Tochter sei dann mit dem Hund spazieren
gegangen, die Tante sei in der Wohnung geblieben. Sie, C., und A. seien in ein
Zimmer gegangen und hätten Geschlechtsverkehr gehabt. Danach habe die Tante
sie wieder zur Familie der Kollegin gebracht (act. 5.6, S. 9). In der
Konfronteinvernahme mit F. vom 6. November 2008 erklärte C. - nachdem sie
den Beginn des Besuchs zunächst anders geschildert hatte -, sie erinnere sich
nun wieder. Sie habe sich mit A. nicht treffen dürfen. Deshalb habe sie der Familie
P. gesagt, sie treffe sich mit F.. Sie habe sich aber mit A. getroffen. Dieser habe
sie mit dem Auto abgeholt. Sie hätten unterwegs F. getroffen, welche mit ihrem
roten Auto bei der Kreuzung zwischen EE. und FF. gewesen sei. Sie seien dann
ins Café M. an der JJ.-Strasse in BB. gefahren, wo sie etwas gegessen hätten.
Anschliessend seien sie mit dem Auto zur Wohnung von F. gefahren. Dort hätten
sie ein wenig geredet. Sie seien im Wohnzimmer gewesen. Danach seien A. und
sie in ein Zimmer gegangen. A. habe ihr gesagt gehabt, er habe seiner Tante von
ihnen beiden erzählt. Sie habe gemerkt, dass die Tante von ihnen wisse, weil
diese im Café M. gesagt habe, sie würden nun zu ihr nach Hause gehen, wo A.
und sie, C., ein wenig kuscheln könnten. A. habe ihr gesagt, die Tochter wisse
jedoch nichts davon. Dass die Tochter das Ganze komisch gefunden habe, habe
sie daran festgestellt, dass diese kaum etwas gesagt habe und dann mit dem
Hund nach draussen gegangen sei. Kurz darauf seien A. und sie in ein kleines
Zimmer gegangen, in welchem ein Bett gewesen sei. Sie hätten in diesem Zimmer
Geschlechtsverkehr gehabt. Später seien sie dann weggegangen. Sie denke,
dass F. sie zur Familie ihrer Kollegin gefahren habe, da sie ja gesagt habe, dass
sie sich mit ihr treffe. Von A. hätten sie sich wieder an der Kreuzung
verabschiedet. Sie seien etwa eine Stunde alleine im Zimmer gewesen, hätten
zunächst Geschlechtsverkehr gehabt und seien danach noch eine Weile im Bett
gelegen. Auf Frage der Untersuchungsrichterin, ob sie allenfalls in ihrer
Erinnerung ein Ereignis verwechsle und deshalb davon ausgehe, in der Wohnung
von F. Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, erklärte C. nein, sie wisse, wo sie
Geschlechtsverkehr gehabt habe. Der Sinn des Treffens sei auch der
Geschlechtsverkehr gewesen. Auf Nachfrage des Verteidigers räumte sie ein,
dass es auch so gewesen sein könne, wie sie es in der Konfronteinvernahme mit
A. geschildert habe, dass nämlich die Tante sie besucht und abgeholt habe (act.
5.28). Aus den Aussagen von C. geht unzweifelhaft hervor, dass sie sich
bezüglich der Vorgänge rund um ihren Besuch bei F. in keiner Weise mehr sicher
Seite 21 — 46

war. Trotzdem hat sie sehr klar darauf beharrt, dass es in der Wohnung von F. zu
Geschlechtsverkehr gekommen sei. Dies haben F. (untersuchungsrichterliche
Einvernahme vom 13. August 2008, act. 5.16, sowie Konfronteinvernahme mit C.
vom 6. November 2008, act. 5.28) und ihre Tochter G. (untersuchungsrichterliche
Einvernahme vom 13. August 2008, act. 5.18) jedoch beide klar und entschieden
verneint. G. hat als Zeugin und damit unter der Strafdrohung von Art. 307 StGB
ausgesagt. Sowohl F. als auch G. haben beide übereinstimmend erklärt, dass G.
nur etwa zehn Minuten mit dem Hund draussen gewesen sei. Nach Aussage von
C. seien sie und A. ins Zimmer gegangen, als G. mit dem Hund nach draussen
ging, und sie seien etwa eine Stunde in diesem Zimmer geblieben. C. hat an der
Konfronteinvernahme mit F. die Wohnung von F. nach ihrer Erinnerung
aufgezeichnet und das Zimmer, in welchem der Geschlechtsverkehr stattgefunden
haben soll, mit einem Kreuz gekennzeichnet. Auch F. hat an dieser
Konfronteinvernahme ihre Wohnung aufgezeichnet und die Zimmer nummeriert.
Nach ihrer Aussage gehört das Zimmer Nr. 2, in welchem nach C.s Zeichnung der
Geschlechtsverkehr stattgefunden haben soll, G. (act. 5.28, S. 4 unten, sowie
Anhang zu act. 5.28). Wenn nun G. nach eigener Aussage nach fünf bis zehn
Minuten mit dem Hund zurückgekommen ist (act. 5.18, S. 2 unten), hätte sie noch
etwa fünfzig Minuten ihr Zimmer nicht betreten können. Es wäre ihr unter diesen
Umständen mit Sicherheit nicht verborgen geblieben, dass sich C. und A. alleine
in ihrem Zimmer aufgehalten hätten. Sie hat jedoch klar ausgesagt, dass A. und C.
an jenem Nachmittag nie alleine gewesen seien (untersuchungsrichterliche
Einvernahme vom 13. August 2008, act. 5.18, S. 3). Im übrigen wäre es doch
eigenartig, wenn G., die ja von allem nichts gewusst habe, mit dem Hund mehr als
eine Stunde spazieren gegangen wäre, obwohl sie und ihre Mutter Gäste hatten.
Die Aussagen von C. auf der einen sowie von F. und G. auf der anderen Seite
stehen sich mithin diametral entgegen, sowohl was die Länge des Zeitraums
angeht, den G. mit dem Hund draussen verbrachte, als auch in Bezug auf den von
C. geltend gemachten Umstand, dass sie mit A. etwa eine Stunde alleine in einem
Zimmer gewesen sei und in dieser Zeit mit ihm Geschlechtsverkehr gehabt habe.
Nachdem aber C. auf Frage der Untersuchungsrichterin ausdrücklich darauf
beharrt hat, dass sie sich bezüglich des Geschlechtsverkehrs in der Wohnung von
F. nicht geirrt habe (act. 5.28, S. 6), kann auch nicht einfach davon ausgegangen
werden, C. habe die Örtlichkeit verwechselt und der Geschlechtsverkehr habe
tatsächlich anderswo stattgefunden, wie es die Vorinstanz als möglich erachtet
hat. Die Aussagen von C. sowie von F. und G. sind miteinander unvereinbar und
lassen sich nicht in Einklang bringen. Hinweise aber, dass F. und G.
übereinstimmend falsch ausgesagt hätten, lassen sich den Akten nicht
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entnehmen. Allein aus dem Umstand, dass sich F. allenfalls der Gehilfenschaft zu
sexuellen Handlungen mit Kindern schuldig gemacht haben könnte, falls der
Geschlechtsverkehr tatsächlich in ihrer Wohnung und mit ihrem Wissen und Willen
stattgefunden hätte, kann augenscheinlich nicht geschlossen werden, sie und ihre
Tochter, welche unter der Strafdrohung von Art. 307 StGB ausgesagt hat, hätten
falsche Aussagen gemacht. Der von C. geltend gemachte Geschlechtsverkehr in
der Wohnung von F. ist unter diesen Umständen nicht erstellt, die Aussagen von
C. erweisen sich in diesem Punkt als erschüttert. Lediglich nebenbei sei im
Zusammenhang mit dem Besuch bei F. auf einen Widerspruch in den Aussagen
von C. hingewiesen. In der untersuchungsrichterlichen Konfronteinvernahme mit
A. hat C. angegeben, sie sei dieses eine Mal [als es zu Geschlechtsverkehr
gekommen sein soll] bei F. zu Hause gewesen (act. 5.6, S. 10 oben). In der
untersuchungsrichterlichen Konfronteinvernahme mit F. hat C. zu Protokoll
gegeben, A., B. und sie hätten F. früher ab und zu besucht (act. 5.28, S. 2). Es
trifft zwar zu, dass F. im Herbst 2000 in eine neue Wohnung umgezogen war (act.
5.28, S. 4 unten), jedoch hat C. nicht erklärt, sie sei nur dieses eine Mal in der
neuen Wohnung gewesen. Vielmehr hat sie ganz klar ausgesagt, sie sei nur
dieses eine Mal bei F. zu Hause gewesen. Dies widerspricht klarerweise ihren
späteren Aussagen. In der untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 6.
November 2008 hat C. im weiteren ausgesagt, gegen Schluss habe ihre Mutter
wieder mit A. zusammen gewohnt. Sie erinnere sich, dass ihre Mutter und A. am
5. April 2001 zusammen zur Pflegefamilie gekommen seien und ihren Geburtstag
gefeiert hätten. Ihr habe es nicht gepasst, dass ihre Mutter wieder bei A. gewesen
sei. Sie sei ja verliebt gewesen. Ihre Mutter und sie hätten deswegen auch Streit
gehabt. Sie wisse noch, dass sie vom Bahnhof in EE. aus mit A. telefoniert habe,
geweint habe und nachher nichts mehr mit ihm gewesen sei. Kurze Zeit später sei
sie zu ihrer Mutter gezogen (act. 5.29, S. 2). Sie wolle noch etwas angeben, was
sie bis anhin nicht gesagt habe, weil sie N. nicht habe mit reinziehen wollen. Als
ihre Mutter und A. an ihrem Geburtstag zur Pflegefamilie gekommen und sie alle
am Tisch gesessen seien, habe A. sie unter dem Tisch mit dem Fuss streicheln
wollen. Er habe aber N. erwischt. Er habe sich entschuldigt. N. habe komisch
reagiert, so dass sie gedacht habe, sie habe gemerkt, dass A. eigentlich sie habe
erreichen wollen (act. 5.29, S. 3). Diese Aussagen von C. können nicht zutreffen,
denn gemäss Aktenlage war A. ungefähr ab dem 4. März 2001 verschwunden
(Vorakten, act. 3.14; vgl. aber auch Vorakten, act. 2.3, wonach A. am 12. Februar
2001 und am 9. März 2001 die Kontrollschilder seiner Fahrzeuge abgegeben
haben soll). Er hatte seine Wohnung aufgegeben (Entscheid des Bezirksgerichts
Landquart betreffend Eheschutzmassnahmen vom 13. Juni 2001, act. 3.5, S. 4;
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Vorakten: act. 3.14 und act. 2.3) und trotz intensiver Nachforschungen wusste
niemand, wo er sich aufhielt (Vorakten: act. 1.8 samt Beilagen, act. 3.14 und act.
5.12, S. 15). Nach eigener Aussage war er nach GG. ausgereist (vgl. Beilage 2 zu
den Akten: Beigezogene Akten Bezirksgericht Plessur, Prozesseingabe vom 11.
März 2007 [recte: 2008], S. 4, Ziff. 4; untersuchungsrichterliche Einvernahme vom
10. Januar 2008, act. 4.10, S. 2). Er konnte damit gar nicht an der
Geburtstagsfeier von C. am 5. April 2001 teilnehmen. Wäre er tatsächlich bei der
Geburtstagsfeier erschienen, so hätte im übrigen die Pflegefamilie diese
Information zweifellos weiter geleitet, war ihnen doch bewusst, dass A. als
verschwunden galt. In den Akten findet sich jedoch kein entsprechender Hinweis.
Zudem erscheint es kaum realistisch und völlig lebensfremd, dass A. seine
Wohnung aufgegeben haben soll (er hatte seine Wohnung im übrigen sogar
einfach verlassen, ohne sie zu räumen, vgl. Vorakten, act. 2.3), dass er sich alle
Mühe gegeben haben soll, seinen Aufenthaltsort zu verschleiern, dass er den
Kontakt mit seiner Familie und seinem Umfeld vollständig abgebrochen haben
soll, dann aber etwa einen Monat nach seinem Verschwinden zur Geburtstagsfeier
von C. erschienen sein soll, sogar noch in Begleitung seiner damaligen Ehefrau
und Mutter von C. und obwohl er davon ausgehen musste, dass sein
Verschwinden bemerkt worden war und er allenfalls gesucht wurde, um dann
anschliessend wieder vollständig unterzutauchen. Auch in diesem Punkt
widersprechen die Aussagen von C. mithin der klaren Aktenlage. Sie sind nicht
nachvollziehbar und durch die Akten sogar widerlegt. Nachdem C. klar von ihrer
Geburtstagsfeier gesprochen hat und nachdem die Untersuchungsrichterin C.
gerade vor dieser Aussage darauf hingewiesen hat, dass A. ab dem 4. März 2001
verschwunden gewesen sei, kann auch nicht davon ausgegangen werden, C.
habe sich bei ihrer Aussage im Datum geirrt. C. hat offensichtlich ein Ereignis
geschildert, das so nicht stattgefunden haben kann. Dies wirkt sich erheblich
negativ bei der Würdigung ihrer gesamten Aussagen aus. Durch die Erwähnung
von N. wäre im übrigen augenscheinlich auch dieses Erlebnis nachprüfbar
gewesen. Dies aber hat C. nicht davon abgehalten, die entsprechende
Begebenheit zu erzählen. Damit aber ist auch dem Argument, C. habe damit
rechnen müssen, dass ihre Angaben bezüglich des Geschlechtsverkehrs in der
Wohnung von F. überprüft werden würden, was für die Glaubhaftigkeit ihrer
Aussagen spreche, der Boden entzogen. Weitere Widersprüche und
Ungereimtheiten finden sich im Zusammenhang mit dem Vorfall, bei dem B. A.
und C. zum ersten Mal bei sexuellen Handlungen erwischt haben soll. C. hat
diesbezüglich in der Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008 ausgesagt, die
sexuellen Handlungen hätten damit begonnen, dass A. sie in der Nacht
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gestreichelt habe, zunächst nur an den Armen, nachher immer intimer, so auch an
den Brüsten und an der Vagina. Das Streicheln sei jede Nacht einmal erfolgt,
jedoch nicht lange. Dies sei geschehen, als sie auf einer eigenen Matratze im
Schlafzimmer von A. und ihrer Mutter geschlafen habe. Zum Geschlechtsverkehr
sei es erst gekommen, als sie wieder im Wohnzimmer geschlafen habe. Immer,
wenn die Mutter mit dem Hund spazieren gegangen sei, sei es zum
Geschlechtsverkehr gekommen. In der Nacht sei es erst wieder gegen Schluss
passiert. Sie glaube, dass A. früher schlafen gegangen und dann wieder heraus
gekommen sei, als ihre Mutter geschlafen habe. Dann sei es wieder passiert.
Einmal habe sie auch ihre Mutter erwischt. Sie glaube, dass sie damals im
Wohnzimmer gewesen seien. Sie hätten keinen Geschlechtsverkehr gehabt,
sondern nur geküsst. Ihre Mutter sei aus dem Schlafzimmer gekommen und habe
sie beide halbnackt gesehen. Es sei jeweils auf dem Sofa auf ihrem Bett im
Wohnzimmer passiert. Der Geschlechtsverkehr sei ganz normal abgelaufen. Es
habe mit küssen begonnen, dann streicheln und dann ... (act. 5.6, S. 5 und 6).
Diese Schilderung ist zum einen in sich widersprüchlich und deckt sich zum
andern in keiner Weise mit den Aussagen von B.. C. hat ausgesagt, in der Nacht,
in welcher B. sie erwischt habe, hätten A. und sie keinen Geschlechtsverkehr
gehabt, sondern nur geküsst. Es habe immer damit angefangen, dass sie sich
geküsst hätten, dann gestreichelt und dann sei es zum Geschlechtsverkehr
gekommen. Diese Schilderung zusammen mit dem Umstand, dass beide nach
Aussage von C. halbnackt gewesen seien, lässt ohne weiteres den Schluss zu,
dass es zum Geschlechtsverkehr gekommen wäre, wenn B. nicht ins
Wohnzimmer getreten wäre. Die Aussage von C., sie hätten keinen
Geschlechtsverkehrt gehabt, sondern nur geküsst, ist wohl dahingehend zu
verstehen, dass im Moment, als B. ins Wohnzimmer kam, kein
Geschlechtsverkehr stattfand. Der Widerspruch in der Aussage liegt nun darin,
dass es zum einen erst gegen Schluss, also gegen Mitte November 2000, wieder
in der Nacht passiert sein soll, die Mutter die beiden zum andern jedoch in einer
Nacht erwischt haben soll, noch bevor sie anfangs September 2000 nach GG.
gegangen ist. Die Aussagen von C. erweisen sich in diesem Punkt mithin als sehr
ungenau beziehungsweise widersprüchlich. Was nun die Schilderung dieses
Vorfalles anbelangt, so hat B. ausgesagt, sie sei in der Nacht aufgestanden, weil
sie zur Toilette habe gehen müssen. Dabei habe sie A. im Wohnzimmer auf dem
Sofa sitzen gesehen. Er habe nur ein T-Shirt getragen und sei unten nackt
gewesen. C. sei zwischen seinen Beinen gekniet. Sie sei unten ebenfalls nackt
gewesen. Als die beiden sie bemerkt hätten, seien sie sehr erschrocken. A. habe
schnell sein Geschlechtsteil bedeckt und C. habe ihre Hand, mit der sie zumindest
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in der Nähe des Penis von A. gewesen sei, schnell zurückgezogen. Der Penis von
A. sei erigiert gewesen (vgl. untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 14.
August 2008, act. 5.20, S. 2; Vorakten: untersuchungsrichterliche Einvernahme
vom 1. Februar 2001, act. 5.9, S. 2 f., und vom 29. März 2001, act. 5.12, S. 2 f.).
Damit divergieren die Aussagen von C. und B. so stark, dass sie nicht in Einklang
gebracht werden können. Die Unterschiede lassen sich im übrigen auch nicht mit
dem Zeitablauf erklären, welcher die Erinnerung verblassen lassen kann. Denn
das geltend gemachte Erwischen durch die Mutter wäre ohne Zweifel sowohl für
C. als auch für B. ein dermassen einschneidendes Ereignis gewesen, dass es sich
bei beiden sehr deutlich ins Gedächtnis eingeprägt haben müsste, so dass ihre
Schilderungen zumindest in den Hauptpunkten übereinstimmen müssten. Dies tun
sie aber nicht, was wiederum Zweifel an den Aussagen sowohl von C. als auch
von B. weckt. Im weiteren bleiben die Aussagen von C., was den geltend
gemachten Geschlechtsverkehr angeht, überraschend vage und unbestimmt.
Einzig im Zusammenhang mit der Schilderung der ersten Streicheleien finden sich
Hinweise zur Gemütslage von C.. Später fehlen solche gänzlich. Sie verliert kein
Wort darüber, wie sie sich gefühlt hat, wie sie die verschiedenen Handlungen
empfunden hat, ob ihr gewisse Dinge unangenehm waren und Ähnliches. Es fehlt
jedwelcher Hinweis darauf, wie es zum ersten Geschlechtsverkehr gekommen
sein soll, der ja stattgefunden haben soll, als die Mutter mit dem Hund draussen
war, und was dieser für C. bedeutet hat, hat sie sich doch offensichtlich in einem
erheblichen Loyalitätskonflikt gegenüber ihrer Mutter befunden. Kein Wort über die
Beziehung zu ihrer Mutter, vor der ja alles geheim gehalten werden musste. Nicht
der kleinste Hinweis darauf, was es für sie bedeutet hat, das Geheimnis auch vor
Freunden, Schulkameraden, Kollegen, Lehrern und so weiter verbergen zu
müssen, mit niemandem über ihre Gefühle und Erfahrungen sprechen zu können,
immer auf der Hut sein zu müssen, dass sie sich nicht doch auf irgendeine Weise
verrät. Zur Frage, wie der Geschlechtsverkehr jeweils abgelaufen sei, hat C.
ausgesagt, es habe mit Küssen begonnen, dann Streicheln und dann der
Geschlechtsverkehr. Es fehlen dann aber nähere Angaben, wo sie sich konkret
geküsst und gestreichelt haben sollen. Nachdem es nach Aussage von C. ja
ausserordentlich häufig zu Geschlechtsverkehr gekommen sein soll, wären hier
genauere Ausführungen, zum Beispiel Hinweise auf Vorlieben, durchaus zu
erwarten gewesen. Ganz besonders auffällig ist die Unbestimmtheit in den
Aussagen im Zusammenhang mit der erneuten Aufnahme einer sexuellen
Beziehung, nachdem B. nach GG. abgereist war. C. schildert dies so, dass ihre
Mutter vor dem Umzug in die neue Wohnung mit D. nach GG. gegangen sei. Sie
sei nicht mitgegangen, sie habe keine Schulferien gehabt. Es hätte mit A. nichts
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mehr passieren sollen. Sie seien dann nach Hause gegangen. Sie hätten viele
Sachen schon in die neue Wohnung gezügelt gehabt und hätten auch dort
übernachtet. A. habe ihr eine Glacé gekauft und es sei wieder passiert. Es sei
wieder
zum
Geschlechtsverkehr
gekommen
(untersuchungsrichterliche
Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008, act. 5.6, S. 6 unten). Es fehlen
konkrete Angaben, wie und wann genau es zum erneuten Geschlechtsverkehr
gekommen sein soll. Ebenso wenig aber macht C. ihre Gemütslage kenntlich,
obwohl die Spannung zwischen der Loyalität der Mutter gegenüber, der sie selbst
und A. im übrigen nach dem geltend gemachten ersten Erwischen versprochen
haben sollen, dass nichts mehr passieren werde, und den erneuten sexuellen
Handlungen MM. gewesen sein müsste. Es fehlen alle Details, die Schilderung
bleibt äusserst rudimentär. Auf Frage der Untersuchungsrichterin erklärte C. im
weiteren, dass es auch zu Oralverkehr bei beiden gekommen sei
(untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008, act.
5.6, S. 7 Mitte). Wiederum fehlen nähere Angaben und es finden sich
insbesondere auch hier keine Hinweise zu ihren Gefühlen. Gerade mit Bezug auf
Oralverkehr jedoch wären weitergehende Äusserungen zu erwarten gewesen, war
C. im Zeitpunkt, als dieser stattgefunden haben soll, doch erst 13 Jahre alt und
hatte sie zuvor gemäss Aktenlage noch kaum sexuelle Erfahrungen gesammelt,
so dass Oralverkehr für sie eine ungewöhnliche Handlung dargestellt haben
müsste. Trotzdem belässt es C. dabei, die Frage der Untersuchungsrichterin
einfach zu bestätigen. Und obwohl die Untersuchungsrichterin zuvor bereits
nachgefragt hatte, wie denn alles abgelaufen und was genau vorgefallen sei, und
C. daraufhin geschildert hat, was geschehen sei, hat sie erst auf konkrete Frage
der Untersuchungsrichterin hin den Oralverkehr erwähnt. Gesamthaft gesehen ist
festzustellen, dass die Aussagen von C. zu den sexuellen Handlungen sehr vage
und stereotyp erscheinen, was klarerweise gegen ihre Glaubhaftigkeit spricht.
Gerade anschliessend erklärte C. in der Konfronteinvernahme mit A. weiter, sie
wisse nicht mehr genau, wie häufig es zu den geschilderten Vorfällen gekommen
sei. Insgesamt sei es vielleicht ein Jahr lang dazu gekommen. Ein paar Monate
lang sei es in der kleinen Wohnung passiert. Dort sei es aber noch nicht so
schlimm gewesen. In der neuen Wohnung sei es dann länger passiert, vielleicht
ein bis zwei Monate und vor allem, als ihre Mutter weg gewesen sei (act. 5.6, S. 7
unten). Diese Angaben sind äusserst widersprüchlich, hat C. in der nämlichen
Einvernahme kurz davor doch selbst erklärt, dass ihre Mutter nach GG. abgereist
sei, noch bevor sie endgültig in die neue Wohnung umgezogen seien. Gleichzeitig
hat sie ausgeführt, dass nach dem Erwischen durch die Mutter eine Weile lang
nichts mehr passiert sei, dass sie dann in die neue Wohnung umgezogen seien,
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dass die Mutter vorher nach GG. gegangen sei und dass es wieder zu
Geschlechtsverkehr gekommen sei, nachdem die Mutter weg gewesen sei (act.
5.6, S. 6 unten). Es kann mithin nicht schon vor der Reise der Mutter nach GG.
während ein bis zwei Monaten in der neuen Wohnung zu sexuellen Handlungen
gekommen sein. Auch wenn zu bedenken ist, dass nach mehr als sieben Jahren
gewisse Erinnerungslücken und Unsicherheiten durchaus nachvollziehbar sind, so
lässt sich dieser eklatante Widerspruch in den eigenen Aussagen damit doch nicht
erklären. In der Konfronteinvernahme erklärte C. weiter, dass es in der neuen
Wohnung häufiger zu Geschlechtsverkehr gekommen sei als in der kleineren
Wohnung. Es sei mehrfach pro Tag passiert und dies meistens jeden Tag
(untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008, act.
5.6, S. 8 oben). Diese Aussage erscheint übersteigert. Zum einen ist die Anzahl
der geltend gemachten sexuellen Kontakte ausserordentlich hoch, hätten doch
über einen Zeitraum von fast zweieinhalb Monaten beinahe täglich zwei und mehr
Sexualkontakte stattfinden müssen. Zum andern spielt auch der Zeitaspekt eine
Rolle, worauf der Verteidiger anlässlich der Berufungsverhandlung zu Recht
hingewiesen hat. A. verfügte über eine Vollzeitarbeitsstelle, er führte
Renovationsarbeiten an der neuen Wohnung aus, schloss den Umzug ab und
richtete die neue Wohnung ein. Daneben hätte er noch jeden Tag bis zu zwei
Stunden und mehr für die geltend gemachten sexuellen Handlungen aufwenden
müssen, hat C. doch erklärt, der Geschlechtsverkehr habe jeweils zwischen 30
Minuten und einer Stunde gedauert, abhängig davon, wie schnell A. zum
Samenerguss gekommen sei (untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit
A. vom 15. Mai 2008, act. 5.6, S. 7 oben). Insgesamt betrachtet erscheint die
geltend gemachte Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs als überzeichnet und daher
wenig glaubhaft. Weitere Unstimmigkeiten finden sich bezüglich der Schilderung
der Ereignisse rund um das zweite Mal, als B. C. und A. bei sexuellen Handlungen
erwischt haben soll. Die Aussagen von C. weichen bezüglich der Reihenfolge der
Ereignisse ganz erheblich von den Aussagen von B. und A. ab, welche diese im
Jahre 2000 und 2001 gemacht haben. Damals haben beide übereinstimmend
ausgesagt, dass die körperliche Auseinandersetzung zwischen ihnen am Mittwoch
nach der Rückkehr von B. aus GG. stattgefunden habe (Vorakten: act. 3.3, S. 3
unten; act. 3.6, S. 4; act. 5.9, S. 17 f., wobei sowohl die Untersuchungsrichterin als
auch B. und A. die Auseinandersetzung auf den 22. November 2001 datierten,
statt auf den 15. November 2001, an welchem sie tatsächlich stattfand). B. hat im
weiteren zu jener Zeit ausgesagt, sie habe A. und C. am selben Tag, als die
körperliche Auseinandersetzung stattgefunden habe, in der Nacht bei sexuellen
Handlungen erwischt (Vorakten: act. 3.3, S. 3; act. 5.9, S. 10 und 17 ff.). Gemäss
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Polizeirapport meldete sich B. erst am Freitag danach, um 17.10 Uhr, bei der
Polizei (Vorakten, act. 3.01); sie wartete mithin beinahe 48 Stunden, bevor sie die
Polizei avisierte. C. hat in der Konfronteinvernahmen mit A. vom 15. Mai 2008
erklärt, ihre Mutter sei aus den Ferien zurückgekehrt, habe sie erwischt und sofort
die Polizei angerufen. Nachdem die Polizei bei ihnen gewesen sei, sei es
zwischen ihrer Mutter und A. zu einer Auseinandersetzung gekommen, in deren
Verlauf ihre Mutter ein Messer genommen habe und A. ihre Mutter an den Haaren
gepackt und am Boden in die Dusche gezogen habe. Am nächsten Tag seien sie
wieder bei der Polizei gewesen. Ihre Mutter habe dann ins Spital gehen wollen,
wohin sie A. schliesslich auch gebracht habe. Ihre Mutter habe im Spital alles
erzählt, was passiert sei, worauf sie, C., ebenfalls untersucht worden und im Spital
geblieben sei (act. 5.6, S. 8). In der untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom
6. November 2008 hat sie sich, angesprochen auf die Divergenzen in ihren
Aussagen im Vergleich zu den Aussagen der Mutter, dahingehend geäussert, sie
habe ja früher schon gesagt, dass sie möglicherweise die Reihenfolge verdrehe.
Sie wisse es nicht mehr genau. Sie wisse noch, dass die Polizei gekommen und
sie danach ins Spital gegangen sei. Der Geschlechtsverkehr habe am Tag
stattgefunden, an welchem ihre Mutter aus GG. zurückgekommen sei. Die
Auseinandersetzung mit dem Messer könne nicht am gleichen Tag stattgefunden
haben. Sie müsse nach dem Geschlechtsverkehrt stattgefunden haben. Sie wisse
noch, dass ihre Mutter sich aufgeregt habe. Die Polizei sei erst gekommen,
nachdem die Auseinandersetzung gewesen sei. Ihre Mutter habe erst da die
Polizei angerufen (act. 5.29, S. 5 oben). Damit bestehen eklatante Widersprüche
sowohl zwischen den Aussagen von C. und den früheren Aussagen von B. und A.,
als auch zwischen den einzelnen Aussagen von C. selbst. C. hat versucht, diese
Widersprüche damit zu erklären, dass sie schon vorher gesagt habe, dass sie die
Reihenfolge möglicherweise verdrehe, sie wisse es nicht mehr genau. Trotzdem
hat sie gerade anschliessend und ohne Einschränkung die nach ihrer Meinung
zutreffende Abfolge der Ereignisse geschildert, die jedoch mit den früheren
Aussagen von A. und B. sowie den aufgrund der Akten belegten zeitlichen
Abläufen nicht übereinstimmt. Interessanterweise terminiert sie dabei die
angeblich beobachteten sexuellen Handlungen auf den Abend des Tages, an
welchem ihre Mutter aus GG. zurückgekehrt ist. Dieselbe Aussage hat B. in ihrer
Einvernahme vom 14. August 2008 gemacht (act. 5.20, S. 9 unten), obwohl sie in
den Jahren 2000 und 2001 klar ausgesagt hat, sie sei am Montag
zurückgekommen und habe am Mittwoch beziehungsweise drei, vier Tage nach
ihrer Ankunft sexuelle Handlungen zwischen A. und C. gesehen (Vorakten:
polizeiliche Einvernahme vom 23. November 2000, act. 3.3, S. 3;
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untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 1. Februar 2001, act.
5.9, S. 10 und 11). Sowohl Mutter als auch Tochter geben mithin denselben
falschen Termin an, was doch etwas überrascht. Widerlegt ist im weiteren die
Aussage von C., am Tag ihres Spitaleintritts sei sie aus dem Spital abgehauen
und zu A. gegangen, von wo sie K. am selben Abend wieder ins Spital gebracht
habe (untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008,
act. 5.6, S. 8 unten). K. war am 18. November 2000, als C. ins Kinderspital
aufgenommen wurde, noch gar nicht mit ihrem Fall betraut, wurde die
Vormundschaftsbehörde doch erst am 21. November 2000 eingeschaltet (Beilage
3 zu den Akten: Beigezogene Akten Vormundschaftsbehörde Kreis KK., Protokoll
der Sitzung der Kinderschutzgruppe der Kinderklinik BB. vom 24. November 2000,
act. 6). Wieder hat C. eine Begebenheit geschildert, die so nicht geschehen sein
kann, was im übrigen schon während der Einvernahme leicht zu erkennen war.
Dass C. bei der Schilderung einfachster Abläufe so grobe und offenkundige Fehler
unterlaufen sind, wirft kein gutes Licht auf ihr Aussageverhalten. Aus dem
Protokoll der Sitzung der Kinderschutzgruppe der Kinderklinik BB. vom 20.
November 2000 geht im übrigen eindeutig hervor, dass A. C. ins Spital zurück
gebracht hat (Beilage 3 zu den Akten: Beigezogene Akten der
Vormundschaftsbehörde Kreis KK., act. 6). Im weiteren hat C. erklärt, während
ihrer Zeit bei der Pflegefamilie habe sie sich heimlich etwa einmal in der Woche
mit A. getroffen. Er habe sie beim Coop mit dem Auto abgeholt. Sie seien in seine
Wohnung gefahren und dort sei es zu Geschlechtsverkehr gekommen. Sie habe
der Pflegefamilie gegenüber jeweils gesagt, dass sie früher in die Schule gehe
(untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008, act.
5.6, S. 9; untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 6. November 2008, act.
5.29, S. 2). Diese Aussage widerspricht klarerweise der Lebenserfahrung. Zum
einen wäre es ein grosses Risiko gewesen. Denn zweifellos hätte A. immer damit
rechnen müssen, dass jemand sie beobachtet und diese Information an die
Strafbehörden weiter gibt, war doch offenbar allgemein bekannt, was ihm
vorgeworfen wurde (vgl. Beilage 2 zu den Akten: Beigezogene Akten
Bezirksgericht Plessur, Prozesseingabe an das Bezirksgericht Plessur vom 11.
März 2007 [recte: 2008], S.4, Ziff. 4). Es ist kaum realistisch, dass A. ein solches
Risiko bei laufendem Strafverfahren wöchentlich eingegangen wäre. Zum zweiten
ist kaum vorstellbar, dass C. sich wöchentlich vor der Schule mit A. hätte treffen
können, ohne dass es der Pflegefamilie aufgefallen wäre. Die Pflegefamilie war
sich, gemäss Aussagen von O., durchaus bewusst, dass C. besonderen Schutz
benötigte, und sie liessen sie daher nicht gerne alleine (untersuchungsrichterliche
Einvernahme von O. vom 13. August 2008, act. 5.14, S. 2). Kommt hinzu, dass die
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jüngere Tochter der Pflegefamilie in derselben Klasse wie C. war, weshalb die
Pflegefamilie bezüglich Schulzeiten und Aktivitäten in der Schule zweifellos immer
bestens informiert und auf dem Laufenden war. Dass sich C. unter diesen
Umständen wöchentlich einmal mit dem Hinweis, sie gehe früher zur Schule, hätte
absetzen können, ohne dass die Pflegefamilie misstrauisch geworden wäre und
etwas bemerkt hätte, ist kaum anzunehmen. Zudem soll der Geschlechtsverkehr
gemäss Aussagen von C. jeweils zwischen 30 Minuten und einer Stunde gedauert
haben (untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008,
act. 5.6, S. 7 oben). Zusammen mit dem Weg zum Treffpunkt, der Fahrt in die
Wohnung, der Fahrt zurück und dem Weg zur Schule wäre somit jedes Mal mehr
als eine Stunde notwendig gewesen. Es wäre nun aber der Pflegefamilie
zweifellos aufgefallen, wenn C. jede Woche einmal über eine Stunde früher zur
Schule gegangen wäre, als notwendig, und die Pflegefamilie hätte das mit
Sicherheit nicht einfach so und ohne Reaktion hingenommen. Die Aussage von C.
widerspricht mithin der Lebenserfahrung deutlich und erscheint wenig glaubhaft.
Damit ist im übrigen auch dem Argument der Boden entzogen, C. habe ihre
eigene Rolle wenig vorteilhaft dargestellt, da sie mit den Treffen mit A. während
ihrer Zeit bei der Pflegefamilie alle hintergangen habe, was wiederum für die
Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen spreche. Die geltend gemachten Treffen
erscheinen eben gerade nicht glaubhaft. Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen,
dass C. ausgesagt hat, bei der Pflegefamilie hätten sie und A. die Zimmertüre
jeweils offen lassen müssen (untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 6.
November 2008, act. 5.29, S. 3), während O. erklärt hat, sie hätten C. und A.
jeweils eine Stunde alleine gelassen, wobei die Zimmertüre geschlossen gewesen
sei (untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 13. August 2008, act. 5.14, S. 3).
Ein weiterer Widerspruch zwischen den Aussagen von C. und dem übrigen
Beweisergebnis. Widersprüchlich ist auch C.s Schilderung, wie es zum Ende der
sexuellen Handlungen mit A. gekommen sein soll. In der Einvernahme vom 6.
November 2008 hat C. in diesem Zusammenhang erklärt, als sie bei der
Pflegefamilie gewesen sei, habe sie sich sicher einmal pro Woche heimlich mit A.
getroffen und habe in seiner Wohnung Geschlechtsverkehr mit ihm gehabt. Kurz
bevor sie von der Pflegefamilie weggegangen sei, sei es nicht mehr
vorgekommen, da sie mehr in BB. gewesen sei und sich dort mit Kollegen
getroffen habe (act. 5.29, S. 2 Mitte). Nach dieser Aussage soll das Ende der
sexuellen Handlungen somit dadurch eingetreten sein, dass C. sich keine Zeit
mehr genommen hat, A. zu treffen. In derselben Einvernahme hat C. nur wenig
später erklärt, sie habe mit ihrer Mutter einen Streit gehabt, weil diese wieder mit
A. zusammen gewohnt habe. Dies habe ihr nicht gepasst, sie sei ja verliebt
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gewesen. Sie wisse noch, dass sie vom Bahnhof EE. aus mit A. telefoniert habe,
geweint habe und nachher nichts mehr gewesen sei mit ihm (act. 5.29, S. 2
unten). Diese Aussage wiederum erweckt den Eindruck, die sexuellen
Handlungen hätten aufgehört, weil der Kontakt zu A. abgebrochen sei. Im übrigen
war A. etwa seit dem 4. März 2001 verschwunden und niemand kannte seinen
Aufenthaltsort. C. ist am 15. April 2001 von der Pflegefamilie wieder zu ihrer
Mutter
gezogen
(Beilage
3
zu
den
Akten:
Beigezogene
Akten
Vormundschaftsbehörde Kreis KK., Bericht der Beiständin vom 16. Dezember
2002, act. 2, S. 2, Ziff. 1). Die sexuellen Handlungen müssten damit zumindest
etwa eineinhalb Monate vor ihrem Weggang bei der Pflegefamilie aufgehört haben
und damit nicht erst kurz davor. Die Aussagen von C. erwecken über weite
Strecken den Anschein, dass sie sich mit Bezug auf die von ihr zu schildernden
Geschehnisse im Jahre 2000 in vielerlei Hinsicht nicht sicher war und dass sie die
Unsicherheiten nicht eingestanden, sondern einfach mit Inhalten gefüllt hat, wie es
ihr im Moment gerade passend erschien. Dies lässt erhebliche Zweifel an der
Glaubhaftigkeit ihrer gesamten Aussagen entstehen. In einem letzten Punkt
schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass C. nach ihrer eigenen Aussage im
Jahre 2008 den Strafantrag gegen A. gestellt hat, weil sie ein paar Wochen
knapp einen Monat zuvor A. mit seiner neuen Ehefrau und dem Kind
überraschend in BB. im PP. auf der gegenüberliegenden Rolltreppe gesehen
hatte, was sie stark aufgewühlt und aufgeregt hatte und alle Ereignisse wieder
hoch kommen liess (vgl. untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A.
vom 15. Mai 2008, act. 5.6, S. 11 und 12). Es überrascht nun, dass dieses
unverhoffte Sehen eine solche Reaktion hervorgerufen haben soll, nachdem C. A.
gemäss ihren eigenen Aussagen in den Jahren nach seinem Verschwinden
zumindest bereits zwei Mal gesehen hatte. Einmal traf sie ihn, nachdem sie schon
nach BB. zu ihrer Mutter gezogen war. Sie erklärte in diesem Zusammenhang
anlässlich der untersuchungsrichterlichen Konfronteinvernahme mit A., als sie
einmal mit einer Kollegin beim Bahnhof in BB. gewesen sei, habe sie A. getroffen.
Für sie sei die Sache damals abgeschlossen gewesen. Ihre damalige Aussage sei
ein Fehler, aber schon passiert gewesen. A. sei zu ihr gekommen und habe sie an
den Armen gestreichelt. Sie habe gesagt, er solle sie in Ruhe lassen. Sie habe
sich nur noch geschämt und habe ihn nicht mehr sehen wollen (act. 5.6, S. 9). In
der untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 6. November 2008 führte sie
zudem aus, A. habe nach seinem Verschwinden einmal an der Wohnung ihrer
Mutter an der QQ.-Strasse in BB. geläutet. Sie sei damals mit ihrem Ex-Freund
vor dem Haus gewesen und sei sofort in die Wohnung gegangen, als A.
gekommen sei. Sie wisse nicht mehr, ob ihre Mutter mit ihm gesprochen habe.
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Ihre Mutter habe sich wohl wegen D. danach noch ab und zu mit ihm getroffen
(act. 5.29, S. 4). Dieses Ereignis muss einige Zeit nach dem Verschwinden von A.
stattgefunden haben. Zum einen war B. auf den 1. April 2001 nämlich in eine
Wohnung
an
der
RR.-Strasse
in
BB.
gezogen
(Vorakten,
untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme zwischen C. und B. vom 29. März
2001, act. 5.12, S. 1), also in eine andere Wohnung, als C. bei der Schilderung
des Ereignisses erwähnt hat. Zum andern spricht C. von ihrem Ex-Freund,
weshalb wohl davon auszugehen ist, dass sie damals doch etwas älter als 13
Jahre gewesen ist. Und drittens ergibt sich aus den Akten, dass A. sich nach
seinem Verschwinden nur in den Jahren 2003 und 2005 für kurze Zeit in der
Schweiz aufgehalten hat (act. 3.27; Beilage 2: Beigezogene Akten Bezirksgericht
Plessur, Schreiben Rechtsanwalt lic. iur. Wilfried Caviezel an die Sozialen Dienste
der BB. vom 22. August 2003 samt Vollmacht). Dies spricht im übrigen auch dafür,
dass das erste geschilderte Zusammentreffen einige Zeit nach dem Verschwinden
von A. stattgefunden hat. Obwohl C. somit A. seit dessen Verschwinden im Jahre
2001 bereits zwei Mal getroffen hatte, wobei sie einmal sogar mit ihm gesprochen
und er sie ganz vertraulich an den Armen gestreichelt haben soll, hat sie keine
Anzeige eingereicht. Schliesslich ist auch noch auf das Verfahren wegen
Ehrverletzung zu verweisen, welches C. im Jahre 2003 gegen A. angestrengt hat,
nachdem dessen Rechtsanwalt in einem Schreiben an die Sozialen Dienste der
BB. erklärt hatte, A. mache geltend, dass C. im Sexgewerbe tätig sein solle, was
ihm nicht unwahrscheinlich erscheine, nachdem A. einen entsprechenden
Sexanzeiger mit Bild vorgelegt habe (Beilage 2 zu den Akten: Beigezogene Akten
Bezirksgericht Plessur, Schreiben von Rechtsanwalt lic. iur. Wilfried Caviezel vom
22. August 2003). Für C. war dieser Vorwurf nach eigener Aussage eine
Verletzung (untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai
2008, act. 5.6, S. 15 Mitte), so dass sie ein Ehrverletzungsverfahren gegen A.
anstrengte. Trotz dieses schwerwiegenden Vorwurfs, welchen A. ihr gegenüber
erhoben haben soll, sprach sie mit ihrem damaligen Anwalt nicht über die nun
geltend gemachten sexuellen Handlungen und sie erhob auch keine Strafanzeige.
Dass aber weder die aufgezeigten Treffen mit A. noch vor allem dessen von
seinem Anwalt kolportierte Aussage, C. sei möglicherweise im Sexgewerbe tätig,
C. so sehr aufgewühlt haben, dass sie ein Strafverfahren gegen A. angestrengt
hätte, ein zufälliges, kurzes Sehen im Februar 2008 auf der gegenüberliegenden
Rolltreppe im PP. jedoch schon, ist nur schwer nachvollziehbar. C. konnte denn
auch nicht wirklich erklären, weshalb sie im Jahre 2003 neben dem
Ehrverletzungsverfahren nicht auch eine Strafanzeige wegen sexuellen
Handlungen mit Kindern gemacht hat (siehe untersuchungsrichterliche
Seite 33 — 46

Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008, act. 5.6, S. 15). Dieses Verhalten
lässt doch Zweifel entstehen, ob die geltend gemachten gravierenden sexuellen
Handlungen tatsächlich vorgefallen sind. Andererseits erscheinen die Aussagen
von C., es sei ihr eigentlich egal, ob man ihr noch glaube und was mit A.
geschehen werde, sie habe das Strafverfahren wieder aufgerollt, um die ganze
Sache für sich abschliessen und den Fehler von damals, nämlich das Lügen, mit
dem sie habe leben müssen, für sich wiedergutmachen zu können (vgl.
untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 15. Mai 2008, act. 5.6,
S. 2; untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 6. November 2008, act. 5.29, S.
5 unten), recht überzeugend. Im Gegensatz zu den Vermutungen von A., welche
er anlässlich der Berufungsverhandlung geäussert hat, sind auch keine Anzeichen
vorhanden, dass C. einen finanziellen Vorteil aus ihrem Vorgehen ziehen wollte.
So hat sie beispielsweise keine Adhäsionsklage eingereicht, obwohl ihr diese
Möglichkeit durchaus offen gestanden hat. Es sind mithin durchaus
Gesichtspunkte vorhanden, die für die Glaubhaftigkeit der Aussagen von C.
sprechen. In Abwägung sämtlicher Aspekte gelangt die I. Strafkammer des
Kantonsgerichts jedoch zum Schluss, dass die vielen Ungenauigkeiten und
Unsicherheiten in ihrer Gesamtheit, die Widersprüche in den Aussagen selbst und
im Verhältnis zu den übrigen Beweisen und die widerlegten Aussagen insgesamt
gesehen erhebliche Zweifel an den Depositionen von C. erwecken, die die
Argumente, welche für die Aussagen von C. sprechen, überwiegen. Auf ihre
Aussagen kann daher nicht abgestellt werden.
10.
Neben den Aussagen von C. stützt sich die Vorinstanz auch auf die
Aussagen von B.. Diese sind im Folgenden einer eingehenden Würdigung zu
unterziehen. Zunächst ist festzustellen, dass sich in den Aussagen von B.
bezüglich der sexuellen Handlungen, welche sie zwischen A. und C. beobachtet
haben will, viele Details finden. Zudem hat sie die sexuellen Kontakte zwischen A.
und ihrer Tochter an sich in den verschiedenen Einvernahmen immer gleich
geschildert. Dies spricht grundsätzlich für die Glaubhaftigkeit der Aussagen.
Daneben jedoch gibt es mehrere Faktoren, die erhebliche Zweifel an den
Aussagen von B. entstehen lassen. Zunächst einmal erscheint es wenig
überzeugend, dass B. nicht einmal eine Woche, nachdem sie A. und C. in
eindeutiger Situation erwischt haben will, für zweieinhalb Monate nach GG. gereist
sein soll. B. hatte nach ihren eigenen Aussagen gesehen, dass A. auf dem Sofa
sass, wobei er unten nackt war, dass C. zwischen seinen Beinen kniete, unten
ebenfalls nackt, dass C. ihre Hand zumindest in der Nähe des Penis von A. hatte
und dass der Penis erigiert war (vgl. untersuchungsrichterliche Einvernahme vom
Seite 34 — 46

14. August 2008, act. 5.20, S. 2; Vorakten, untersuchungsrichterliche
Konfronteinvernahme mit A. vom 1. Februar 2001, act. 5.9, S. 2 f.). Diese von B.
geschilderte Situation ist doch sehr eindeutig und auch schwerwiegend. Sie liesse
ohne weiteres darauf schliessen, dass die sexuelle Beziehung zwischen A. und C.
schon sehr weit fortgeschritten gewesen sein muss. Kommt hinzu, dass C. ihrer
Mutter gegenüber gerade nach deren Beobachtung gesagt haben soll, das Ganze
gehe schon einen Monat (untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A.
vom 1. Februar 2001, Vorakten, act. 5.9, S. 4). Dass B. in dieser Situation kaum
eine Woche später für zweieinhalb Monate nach GG. gereist wäre und A. mit ihrer
Tochter C. alleine gelassen hätte, erscheint schwer nachvollziehbar. B. hat in
diesem Zusammenhang erklärt, die beiden hätten ihr versprochen, dass nichts
mehr geschehen werde, weshalb sie ihre Reise angetreten habe (Vorakten,
untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme vom 1. Februar 2001, act. 5.9, S.
26 Mitte). A. habe zuvor immer gemacht, was er gesagt habe (Vorakten,
untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme vom 1. Februar 2001, act. 5.9, S.
13 unten). Sie habe A. und C. vertraut (Vorakten, untersuchungsrichterliche
Konfronteinvernahme vom 1. Februar 2001, act. 5.9, S. 12). Es sei in ihrer Kultur
so, dass es eine Strafe von Gott geben könne, wenn man etwas verspreche, aber
dann nicht halte, weshalb man das, was jemand verspreche, auch glaube
(untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 14. August 2008, act. 5.20, S. 4
oben). Zudem habe sie an ihren Vater gedacht und alles sei für sie zuviel
gewesen in jenem Moment (untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 14.
August 2008, act. 5.20, S. 2 unten). Diese Ausführungen vermögen nicht zu
überzeugen. Bezüglich der Aussage, in ihrer Kultur glaube man jemandem, der
etwas verspreche, weil ein gebrochenes Versprechen eine Strafe Gottes nach sich
ziehen könne, ist festzuhalten, dass C. gegenüber der Untersuchungsrichterin
ausgesagt hat, sie habe erst etwa mit sieben acht Jahren erfahren, dass B.
ihre Mutter sei. Danach hätten sie sich ab und zu gesehen. Sie hätten abgemacht.
Ihre Mutter habe viel versprochen, es aber oft nicht gehalten
(untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme zwischen A. und C. vom 15. Mai
2008, act. 5.6, S. 3). Diese Aussage zeigt deutlich, dass für B. Versprechen
offenbar nicht den Stellenwert einnahmen, der ihnen allenfalls in der GG.-Kultur
ansonsten zukommen kann. Ihre Aussage, sie hätte den Versprechen von A. und
C., dass nichts mehr geschehen werde, geglaubt, weil gemäss ihrer Kultur
gebrochene Versprechen eine Strafe Gottes nach sich ziehen könnten, wird damit
ganz erheblich relativiert. Ihrer weiteren Aussage, A. habe vorher immer gemacht,
was er gesagt habe, ist entgegen zu halten, dass die sexuellen Handlungen
gemäss Aussagen von C. gegenüber ihrer Mutter bereits seit einem Monat
Seite 35 — 46

angedauert haben sollen. Damit aber hätte A. klarerweise und leicht erkennbar
sein Wort über längere Zeit und mehrfach gebrochen, das er B. nach seiner
eigenen Aussage vor der Ehe gegeben hatte, nämlich dass er sich um ihre
Tochter C. kümmern werde; er hätte sich somit in gravierender Weise nicht an das
gehalten, was er gesagt hatte. Zudem hätte er B. bereits einen Monat lang in sehr
schwerwiegender Weise hintergangen, was ohne Zweifel das Vertrauen in ihn und
sein Wort erheblich erschüttert hätte. In dieser Situation wäre kaum zu erwarten,
dass sich B. durch eine Zusicherung von A. hätte tatsächlich beschwichtigen
lassen. Und schliesslich scheint es, dass B. das Vertrauen in A. hervorhebt
verneint, gerade wie es ihr nützlich passend erscheint. Einerseits hat sie
nämlich, um ihre Reise nach GG. erklären zu können, ausgesagt, sie habe A. und
ihrer Tochter vertraut, da beide versprochen hätten, dass nichts mehr geschehe.
Andererseits hat sie auch ausgeführt, sie habe mit A. nach ihrer Rückkehr aus
GG. gestritten, weil er ihr nicht habe helfen wollen, obwohl er früher gesagt habe,
er werde helfen, wenn etwas mit ihrem Vater sei. Früher habe er sich jeweils an
das gehalten, was er gesagt habe. Nachdem sie aber C. und A. zusammen
gesehen habe, habe sie das Vertrauen verloren (untersuchungsrichterliche
Einvernahme vom 14. August 2008, act. 5.20, S. 3). Da sie erst anschliessend den
eben erwähnten Streit und die zweite sexuelle Handlung zwischen A. und C.
schildert, welche sie in der Nacht nach dem Streit gesehen haben will
(untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 14. August 2008, act. 5.6, S. 3 und
4), bezieht sich der Verlust des Vertrauens offenbar auf die erste Situation, in
welcher sie sexuelle Handlungen zwischen ihrem damaligen Ehemann und ihrer
Tochter gesehen haben will. Damit aber setzt sie sich in klaren Widerspruch zu
ihrer eigenen Aussage, sie habe dem nach dem ersten Erwischen abgegebenen
Versprechen von A. und C. vertraut. B. Erklärung, sie sei nach GG. gegangen,
weil sie A. und ihrer Tochter, die versprochen hätten, dass nichts mehr geschehen
werde, vertraut habe, überzeugt unter diesen Umständen nicht. Andererseits ist
nur schwer vorstellbar, dass B. in einer solchen Situation tatsächlich für
zweieinhalb Monate nach GG. gereist wäre und A. und C. allein zurückgelassen
hätte. Die Tatsache, dass B. anfangs September 2000 für zweieinhalb Monate
nach GG. gereist ist, spricht damit dagegen, dass sie zuvor sexuelle Handlungen
zwischen ihrem damaligen Ehemann und ihrer Tochter beobachtet hatte.
Unwahrscheinlich erscheint im weiteren B.’ Aussage, sie habe nach ihrer
Rückkehr aus GG. festgestellt, dass zwei Kondome aus der Packung gefehlt
hätten, die A. früher einmal gekauft habe; sie habe sich dabei jedoch noch nichts
gedacht, da sie darauf vertraut habe, dass nichts passiert sei, weil A. ihr dies
versprochen habe (untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 14. August 2008,
Seite 36 — 46

act. 5.20, S. 3 unten und 4 oben). Wie bereits aufgezeigt, nahm B. Versprechen
selbst nicht sehr ernst und hatte sie nach einer anderen ihrer Aussagen das
Vertrauen in A. bereits vor ihrer Reise nach GG. verloren. Zudem müssten zwei
fehlende Kondome doch als starkes Indiz dafür gewertet werden, dass etwas
vorgefallen sein konnte. Dass B. in dieser Situation und mit der von ihr
behaupteten Kenntnis über frühere sexuelle Handlungen zwischen A. und C. nicht
den Schluss gezogen haben will, dass in ihrer Abwesenheit etwas vorgefallen sein
musste, erscheint nicht sehr überzeugend. Dies auch unter dem Aspekt, dass sie
nach eigener Aussage in der Nacht nach der Auseinandersetzung mit A. sofort
das Bild von diesem und C. im Kopf gehabt habe, wie sie sie vor ihrer Reise nach
GG. erwischt habe, und schlecht gedacht habe, als sie aufgestanden sei und
gesehen habe, dass A. nicht auf dem Sofa im Wohnzimmer sitze
(untersuchungsrichterliche Einvernahme vom 14. August 2008, act. 5.20, S. 4).
Ihre Aussage, es hätten nach ihrer Rückkehr von GG. zwei Kondome gefehlt,
wobei sie sich jedoch nichts gedacht habe, da A. ihr versprochen habe, es werde
nichts mehr geschehen, ist unter diesen Umständen nicht glaubhaft. Die vom
Verteidiger anlässlich seines Plädoyers vorgebrachte Vermutung, B. habe mit
dieser Geschichte nur ihre Aussage, dass es zu sexuellen Kontakten zwischen A.
und C. gekommen sei, stützen wollen, erscheint unter diesen Umständen nicht
abwegig. Grösste Zweifel an den Aussagen von B. erweckt schliesslich aber die
Tatsache, dass B. von A. Fr. 50'000.-gefordert hat. Unbestrittenermassen hat B.
am 17. November 2000, nachdem die Polizei die gemeinsame Wohnung in EE.
wieder verlassen hatte, von A. verlangt, dass er Fr. 50'000.-bezahle. Sie habe A.
gesagt, er solle für sie für D. ein Konto bei einer Bank eröffnen und Fr.
50'000.-- überweisen. Dies sei besser, als dass er das Geld jemand anders gebe
(untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 1. Februar 2001,
Vorakten, act. 5.9, S. 16 und 23). Die Forderung von Fr. 50'000.-hat sie im Jahr
2001 so begründet, dass A. zuvor ihrer Familie ab und zu Geld geschickt habe. Er
habe gesagt, dass er ihre Familie liebe. Um ihn zu prüfen, habe sie zu ihm gesagt,
er solle ihr D. Fr. 50'000.-auf ein Konto überweisen. Sie habe aber nicht
daran geglaubt, dass er dies tun werde (untersuchungsrichterliche
Konfronteinvernahme mit A. vom 1. Februar 2001, Vorakten, act. 5.9, S. 16). Es
sei wirklich kein Druckmittel gewesen; es sei wirklich darum gegangen, ihn zu
prüfen (untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 1. Februar
2001, Vorakten, act. 5.9, S. 17). Es scheint, dass B. damit geltend machen wollte,
die Forderung nach der Bezahlung von Fr. 50'000.-habe gar nichts mit dem
Vorwurf der sexuellen Handlungen mit C. zu tun gehabt; vielmehr habe sie prüfen
wollen, ob A. ihre Familie liebe, wie er behauptet habe. Diese Argumentation
Seite 37 — 46

überzeugt nicht. Zunächst einmal ist hervorzuheben, dass sich B. und A. bereits
seit der Rückkehr von B. aus GG. am 13. November 2000 immer wieder über Geld
stritten, das A. für den Vater von B. geben sollte. Dabei ging es offenbar um einen
Betrag von Fr. 2'000.-- (Vorakten, untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme
vom 1. Februar 2001, act. 5.9, S. 17 und 19). A. erklärte B. gemäss seinen
Aussagen, dass er zur Zeit kein Geld für ihren Vater hätte, da er drei Wochen
keine
Arbeit
gehabt
hätte
(Vorakten,
untersuchungsrichterliche
Konfronteinvernahme zwischen A. und B. Selglias vom 1. Februar 2001, act. 5.9,
S. 17). B. merkte nach eigenen Angaben im Rahmen des Streites, der sich über
mehrere Tage hinzog, dass A. ihr nicht helfen werde, was sie zu einer heftigen
Reaktion bewog, die wiederum den Streit eskalieren liess, worauf die bereits
mehrfach erwähnte tätliche Auseinandersetzung zwischen B. und A. stattfand
(Vorakten, untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 1. Februar
2001, act. 5.9, S. 17 und 18). Dass A. im Verlaufe nach der tätlichen
Auseinandersetzung bereit gewesen wäre, B. das für die Operation des Vaters
verlangte Geld zu geben, wird von keiner Seite geltend gemacht und ergibt sich
auch nicht aus den Akten. Für B. war mithin gemäss Aktenlage klar, dass A. in
jenem Zeitpunkt kein Geld für ihre Familie geben wollte. Eine Forderung von Fr.
50'000.-zu stellen, um die Liebe zu ihrer Familie zu prüfen, hätte damit von
vornherein gar keinen Sinn gemacht. B. hat denn auch selbst ausgesagt, sie habe
nicht daran geglaubt, dass A. ihr das Geld geben werde (Vorakten,
untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom 1. Februar 2001, act.
5.9, S. 16). Zudem wartete B. nach der körperlichen Auseinandersetzung und
nach dem von ihr behaupteten zweiten Erwischen von A. und C. bei sexuellen
Handlungen ungefähr 48 Stunden, bis sie ihre Forderung stellte. Sie hat also auch
nicht unter dem Schock der Ereignisse gehandelt, der allenfalls vernunftgemässes
Denken und Handeln hätte beeinträchtigen können. Vielmehr hat sie sich 48
Stunden Zeit genommen, hat dann die Polizei informiert und dieser gegenüber
erklärt, dass sexuelle Handlungen zwischen ihrem Ehemann und ihrer Tochter
vorgefallen seien, und hat erst anschliessend ihre Forderung über Fr. 50'000.--
gestellt. Der Umstand, dass B. schon vor ihrer Forderung erkannt hatte, dass A.
kein Geld für ihre Familie geben würde, sowie der Ablauf der Geschehnisse
sprechen klarerweise gegen die Aussage von B., es habe sich bei ihrer Forderung
um eine Prüfung gehandelt. Diese Aussage erscheint vielmehr als
Schutzbehauptung, um die wahren Gründe für die Forderung zu verschleiern. Im
Jahre 2008 hat B. ihre Forderung von Fr. 50'000.-zudem ganz anders begründet.
Sie hat erklärt, nachdem sie A. und C. zum zweiten Mal erwischt habe, hätten sie
und A. mit Worten gestritten. Sie habe eine dumme Idee gehabt und gesagt, dass
Seite 38 — 46

sie sich scheiden lassen sollten und A. dann C. heiraten solle. In der folgenden
Nacht habe sie hin und her überlegt und gedacht, dass dies nicht gehe, weil C. ja
ihre Tochter sei. Sie habe danach die Polizei angerufen. Sie habe sehr schlecht
deutsch gesprochen. Sie habe gesagt, dass ihr Mann mit ihrer Tochter Sex gehabt
habe. Der Polizist habe sie nicht verstanden und habe mit jemandem sprechen
wollen, der deutsch spreche. Sie habe ihm C. gegeben, die jedoch nicht das
gesagt habe, was sie, B., habe sagen wollen. Der Polizist habe sie alle für den
nächsten Tag auf den Polizeiposten bestellt. Sie hätten dann in der Nacht weiter
diskutiert. Sie habe zuerst mit D. nach GG. gehen wollen, wofür sie von A. Fr.
10'000.-verlangt habe, die er ihr auch habe geben wollen, wenn sie mit D.
weggehe. Sie habe dann aber gedacht, es gehe nicht, dass sie weggehe. Sie
habe sich überlegt, was dann mit C. geschehen würde. Sie habe später Fr.
50'000.-von A. gewollt und habe gesagt, dass sie dann mit D. und C. gehen
würde. Damit sei er nicht einverstanden gewesen (untersuchungsrichterliche
Einvernahme vom 14. August 2008, act. 5.20, S. 4). Wenn dem aber tatsächlich
so gewesen wäre, wäre kein Grund ersichtlich, weshalb B. nicht bereits anlässlich
der Einvernahmen in den Jahren 2000 und 2001 genau dies hätte aussagen
sollen. Dass sie dies nicht getan hat, lässt erhebliche Zweifel an ihren
Darstellungen entstehen. Im weiteren ergibt sich aus den Akten klar und entgegen
den Aussagen von B. anlässlich der untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom
14. August 2008, dass die körperliche Auseinandersetzung zwischen ihr und A.
am 15. November 2000 stattfand, das Telefonat an die Polizei mit
anschliessendem Einsatz derselben jedoch erst gegen Abend des 17. November
2000. Es lagen mithin ungefähr 48 Stunden dazwischen, in welchen sich B. mit
Sicherheit Gedanken darüber gemacht hat, wie es weiter gehen und welchen Weg
sie nun einschlagen soll. Ihre Darstellung, dass sie sich erst überlegt habe, was
mit C. geschehen würde, wenn sie mit D. nach GG. gehe, als sich A. bereits bereit
erklärt habe, ihr dafür Fr. 10'000.-zu geben, erscheint unter diesen Umständen
nicht überzeugend. Ebenso muss aufgrund der nicht unbedeutenden Zeitspanne,
die zwischen den Ereignissen lag und in der B. sich in Ruhe Gedanken über ihr
weiteres Vorgehen machen konnte, davon ausgegangen werden, dass B. nicht
zufällig zuerst die Polizei avisiert und erst danach gegenüber A. ihre Forderung
erhoben hat. Ob B. das Geld nun tatsächlich dafür verwenden wollte, mit ihren
zwei Töchtern die Schweiz zu verlassen, ob sie es einfach für sich selbst
haben wollte, spielt dabei keine entscheidende Rolle. Aufgrund der Aktenlage
besteht nämlich im einen wie im anderen Fall sehr wohl die Möglichkeit, dass der
Anruf bei der Polizei und die Mitteilung von B. an diese, dass sexuelle Kontakte
zwischen ihrem Ehemann und ihrer Tochter bestehen würden, lediglich als
Seite 39 — 46

Druckmittel dienen sollten, um das verlangte Geld erhältlich zu machen, wusste B.
aufgrund der Vorfälle in den Tagen davor doch ganz genau, dass A. unter
„normalen Umständen nicht bereit war, ihr Geld zu geben. Dass B. mit ihrer
Forderung von Fr. 50'000.-versuchte, aus einer sexuellen Beziehung zwischen A.
und C. Profit zu schlagen, kann dabei ebenso wenig ausgeschlossen werden wie
die Möglichkeit, dass überhaupt keine sexuellen Handlungen vorgefallen waren
und die diesbezügliche Behauptung von B. nur den Druck gegenüber A. erhöhen
sollte. In die Betrachtungen miteinzubeziehen ist im weiteren, dass B. gemäss
ihren eigenen Aussagen nicht wusste, dass das Strafverfahren gegen A. wegen
sexuellen Handlungen mit Kindern nicht mehr von ihrem Willen abhing, sobald es
eröffnet war, da es sich nicht um ein Antragsdelikt, sondern um ein Offizialdelikt
handelt (vgl. Vorakten, untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit A. vom
1. Februar 2001, act. 5.9, S. 23 unten und S. 24 oben). Als sie die Polizei
verständigte und dieser von sexuellen Handlungen zwischen ihrem Ehemann und
ihrer Tochter erzählte wie auch während der ersten Einvernahmen war B. somit
offenbar der Überzeugung, dass es von ihr abhing, wie weit das Strafverfahren
ging, weil sie es durch den Rückzug der Anzeige jederzeit stoppen könnte. Sie hat
denn im Verlaufe der Zeit auch zugegebenermassen gegenüber mehreren
Personen erklärt, sie wolle die Anzeige zurückziehen und damit alles wieder in
Ordnung bringen (Vorakten: untersuchungsrichterliche Konfronteinvernahme mit
A., act. 5.9, S. 25; Aktennotiz vom 6. Februar 2001, act. 3.10). Damit aber kann
die Möglichkeit, dass es keine sexuellen Handlungen zwischen A. und C. gegeben
hat und die diesbezüglichen Aussagen von B. nur dazu gedient haben, A. unter
Druck zu setzen, damit er das verlangte Geld bezahlt, noch weniger
ausgeschlossen werden. Somit steht fest, dass die Aussagen von B. bezüglich
des ersten, von ihr angeblich beobachteten Vorfalles nicht nachvollziehbar
erscheinen, weil B. kurze Zeit danach für zweieinhalb Monate nach GG. gereist ist,
während im Zusammenhang mit den Aussagen über den zweiten Vorfall nicht
ausgeschlossen werden kann, dass diese nur erfolgten, um A. unter Druck zu
setzen und so Geld von ihm erhältlich zu machen. Damit aber bestehen an den
Aussagen von B. erhebliche Zweifel, die nicht ausgeräumt werden können. Unter
diesen Umständen genügen sie nicht für eine Verurteilung von A. wegen sexuellen
Handlungen mit Kindern.
11.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass es vorliegend sehr
wohl Argumente und Hinweise gibt, die dafür sprechen, dass es zwischen A. und
C. zu sexuellen Handlungen gekommen sein kann. Daneben sind jedoch auch
Gegenargumente vorhanden, die schlussendlich ein solches Gewicht erhalten,
Seite 40 — 46

dass sie unüberwindbare Zweifel zu begründen vermögen, weshalb A. aufgrund
des Grundsatzes „in dubio pro reo vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit
Kindern freizusprechen ist. Die Verurteilung wegen Vernachlässigung von
Unterhaltspflichten hingegen bleibt bestehen; diese wurde von A. anerkannt und
nicht angefochten.
12.
Nachdem A. vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit Kindern
freigesprochen werden muss, ist die Strafe neu zuzumessen. Gemäss Art. 217
Abs. 1 StGB wird, wer seine familienrechtlichen Unterhaltsoder
Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt
verfügen könnte, auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren mit
Geldstrafe bestraft. A. ist geständig, in der Zeit von Februar 2007 bis und mit Mai
2007 die durch entsprechende gerichtliche Entscheidung festgesetzten
Unterhaltsbeiträge für seine Tochter D. nicht bezahlt zu haben, obwohl er in dieser
Zeitspanne ein Einkommen erzielte zumindest hätte erzielen können, das
ihm die Ausrichtung der Unterhaltsbeiträge erlaubt hätte. Für die Zeit vor Februar
2007 ist nicht nachgewiesen, dass A. in der Lage gewesen wäre, die
Unterhaltsbeiträge zu bezahlen, weshalb der Zeitraum vor Februar 2007 trotz
vorhandenem Strafantrag nicht zur Anklage gebracht worden ist. Was nun das
Verschulden von A. betrifft, so darf es auf keinen Fall bagatellisiert werden.
Zunächst ist festzustellen, dass B. gemäss Aktenlage aus eigenen Mitteln nicht für
D. aufkommen konnte und daher auf die Alimentenzahlungen angewiesen war.
Weil A. seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist, war B. darauf angewiesen,
dass die Alimente für D. bevorschusst wurden. Dies wiederum bedeutete, dass ihr
für die Bedürfnisse von D. weniger Geld zur Verfügung stand, als wenn sie die
Alimente in voller Höhe erhalten hätte. A. hat damit in Kauf genommen, dass für
seine Tochter allenfalls nicht in der notwendigen Weise gesorgt werden konnte.
Dies hat ihn aber offenbar weder berührt noch beeindruckt. Er hat sich in keiner
Weise bemüht, seiner Verpflichtung seiner Tochter gegenüber nachzukommen.
Wie er anlässlich der Berufungsverhandlung zudem eingestanden hat, hat er auch
in der Zwischenzeit keine Unterhaltszahlungen geleistet, obwohl die
entsprechende Verpflichtung nach seiner Aussage nach wie vor besteht. Er hat im
weiteren erklärt und es ergibt sich auch aus den Akten der Vorinstanz, dass eine
Lohnpfändung verfügt worden ist (Akten Vorinstanz, Beilage 6: Berechnung
Existenzminimum und pfändbare Quote), was wiederum belegt, dass er zumindest
einen Teil der Alimente durchaus bezahlen könnte. Dafür spricht im übrigen auch,
dass gemäss Erklärung von A. und seinem Verteidiger an der
Berufungsverhandlung die Höhe der Kinderalimente im von A. angestrengten
Seite 41 — 46

Abänderungsprozess vom Bezirksgericht Plessur überprüft und nicht herabgesetzt
worden ist. Dass A. weiterhin keine Unterhaltszahlungen geleistet hat, obwohl er
dazu zumindest teilweise in der Lage gewesen wäre, kann im Rahmen der
Würdigung des Nachtatverhaltens durchaus zur Kenntnis genommen werden; es
deutet darauf hin, dass es A. an Einsicht in das Unrecht seiner Unterlassung und
an Reue mangelt. Zu Gunsten von A. kann seine Vorstrafenlosigkeit und sein
guter Leumund veranschlagt werden. Sein Geständnis jedoch wirkt kaum positiv,
zeigt sein Verhalten nach der Tat doch gerade, dass er weder Einsicht noch Reue
entwickelt hat. Unter Berücksichtigung sämtlicher Strafzumessungsgründe
erscheint der I. Strafkammer des Kantonsgerichts eine Geldstrafe in Höhe von 90
Tagessätzen als dem Verschulden von A. angemessen. Bezüglich der
Bemessung der Tagessatzhöhe hat das Bundesgericht in zwei neueren Urteilen
das korrekte Vorgehen klar aufgezeigt (vgl. BGE 134 IV 60 und das Urteil des
Bundesgerichts vom 29. März 2008, 6B_476/2007). Ausgangspunkt bildet das
Einkommen, das dem Täter durchschnittlich an einem Tag zufliesst. Nach dem
Nettoeinkommensprinzip ist davon abzuziehen, was gesetzlich geschuldet ist
dem Täter wirtschaftlich nicht zufliesst, so etwa die laufenden Steuern, die
Beiträge an die Sozialversicherungen und an die obligatorische Krankenund
Unfallversicherung sowie die notwendigen Berufsauslagen beziehungsweise bei
Selbständigerwerbenden die branchenüblichen Geschäftsunkosten. Vom
Nettoeinkommen
abzuziehen
sind
sodann
allfällige
Familien-
und
Unterstützungspflichten, soweit der Verurteilte ihnen tatsächlich nachkommt. Für
deren Berechnung kann sich das Gericht weitgehend an den Grundsätzen des
Familienrechts orientieren. Anderweitige finanzielle Lasten können nur im Rahmen
der persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Wohnkosten fallen dabei wie
andere grössere Zahlungsverpflichtungen, haben sie nun schon unabhängig von
der Tat bestanden seien sie mittelbare unmittelbare Folge der Tat,
ausser Betracht. Ist Vermögen vorhanden, so ist dessen Substanz in die
Berechnung miteinzubeziehen, soweit der Täter diese ohnehin für seinen Alltag
anzehrt. Schliesslich ist bei der Bemessung des Tagessatzes das
Existenzminimum in der Weise zu berücksichtigen, als vom Nettoprinzip
abgewichen und der Tagessatz bedeutend tiefer angesetzt werden kann, wenn
der Verurteilte nahe am unter dem Existenzminimum lebt. Als Richtwert ist
von einer Herabsetzung des Nettoeinkommens um mindestens die Hälfte
auszugehen. Um eine übermässige Belastung zu vermeiden, sind jedoch in erster
Linie Zahlungserleichterungen durch die Vollzugsbehörde nach Art. 35 Abs. 1
StGB zu gewähren, soweit die Geldstrafe unbedingt ausgefällt wird. Bei einer
hohen Anzahl Tagessätze - namentlich bei Geldstrafen von mehr als 90
Seite 42 — 46

Tagessätzen ist eine Reduktion um weitere 10 - 30 Prozent angebracht, da mit
zunehmender Dauer die wirtschaftliche Bedrängnis und damit das Strafleiden
progressiv ansteigt. Massgebend sind immer die konkreten finanziellen
Verhältnisse (vgl. zum Ganzen BGE 134 IV 60 sowie das Urteil des
Bundesgerichts vom 29. März 2008, 6B_476/2007). In den Akten der Vorinstanz
befindet sich die Lohnabrechnung von A. für den Monat Februar 2009 (Akten
Vorinstanz, Beilage 6). Der darin aufgeführte Bruttolohn entspricht in etwa dem
ungefähren Wert, den A. im Rahmen der Befragung an der Berufungsverhandlung
bezüglich seines monatlichen Bruttoeinkommens angegeben hat. Es kann mithin
bezüglich Einkommen und Sozialabzügen auf die Lohnabrechnung abgestellt
werden. Ebenso finden sich in den Akten der Vorinstanz Angaben zu den
Krankenkassenprämien und zu der Lohnpfändung (Akten Vorinstanz, Beilage 6).
Mit Bezug auf die Lohnpfändung ist festzustellen, dass diese wie bereits
ausgeführt im Zusammenhang mit den Kinderalimenten für D. verfügt wurde,
welche A. nach eigenen Aussagen nie bezahlt hat. Die Lohnpfändung beträgt Fr.
500.-im Monat. A. hat an der Berufungsverhandlung nicht geltend gemacht, er
leiste neben der Lohnpfändung noch weitere Zahlungen für den Unterhalt von D.,
und aus den Akten ergibt sich auch nichts in diese Richtung. In der Berechnung
sind daher für den Unterhalt von D. Fr. 500.-einzusetzen, auch wenn sich die
Kinderalimente grundsätzlich zumindest auf Fr. 711.-pro Monat (inklusive
Indexierung) belaufen. Denn Unterstützungspflichten können nur insoweit
Beachtung finden, als sie auch tatsächlich geleistet werden. Vorliegend ist im
weiteren das Existenzminimum zu beachten, da sich aus der Berechnung der
Lohnpfändung klar ergibt, dass A. und seine Familie am Existenzminimum leben.
Ein Abzug von 50 % erscheint unter diesem Titel angebracht. Im weiteren wird
eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen und damit eine recht hohe Anzahl
Tagessätze ausgesprochen, was wiederum dafür spricht, nicht direkt eine Kürzung
vorzunehmen, aber doch wo immer möglich abzurunden anstatt allenfalls
aufzurunden. Damit ergibt sich für die Höhe des Tagessatzes folgende
Berechnung:
Einkommen brutto
Fr.
5'475.--

Kinderzulage
Fr.
220.--

./. Sozialversicherungen
Fr.
940.--

./. Steuern
Fr.
250.--

./. Krankenkasse
Fr.
520.--

./. Berufsauslagen
Fr.
300.--

strafrechtliches Nettoeinkommen
Fr.
3'685.--
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./. familienrechtliche Unterstützung


(Ehefrau und Sohn = 30%)
Fr.
1'105.--

./. Unterhalt D. (Lohnpfändung)
Fr.
500.--

Zwischentotal
Fr.
2'080.--

./. Abzug wegen Existenzminimum (50%) Fr.
1'040.--

Total
Fr.
1'040.--
Dieses Total ist durch 30 Tage zu teilen, was Fr. 34.70 pro Tag ergibt. Ein
Tagessatz in Höhe von Fr. 30.-entspricht daher der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit von A.. Er hat denn selbst auch bezüglich des Tagessatzes
diese Höhe beantragt. A. ist somit zu einer Geldstrafe in Höhe von 90
Tagessätzen zu je Fr. 30.-zu verurteilen.
13.
Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe in der Regel auf,
wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig scheint, um den Täter von der
Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB).
Die Gewährung des bedingten Strafaufschubs setzt mit anderen Worten nicht die
positive Erwartung voraus, der Täter werde sich bewähren, sondern es genügt die
Abwesenheit der Befürchtung, dass er es nicht tun werde. Der Strafaufschub ist
deshalb die Regel, von der grundsätzlich nur bei ungünstiger Prognose
abgewichen werden darf. Er hat im breiten Mittelfeld der Ungewissheit den
Vorrang (BGE 134 IV 1 E 4.2.2). Vorliegend nun hat A. nach eigener Aussage an
der Berufungsverhandlung nie Unterhaltszahlungen an seine Tochter D. geleistet.
Da seine finanziellen Verhältnisse eng sind, wie sich aus der Berechnung der
Lohnpfändung ergibt, besteht durchaus die Gefahr, dass er auch in Zukunft keine
Unterhaltsleistung für D. erbringen wird. Diese Befürchtung reicht jedoch gerade
noch nicht aus, um eine ungünstige Prognose stellen zu müssen. Jedoch
rechtfertigt sie es, die Probezeit auf drei Jahre festzusetzen. Für die
ausgesprochene Geldstrafe von 90 Tagessätzen à Fr. 30.-wird daher der
bedingte Strafvollzug gewährt unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren.
14.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass A. vom Vorwurf
der sexuellen Handlungen mit Kinder freigesprochen werden muss, weshalb der
diesbezügliche Schuldspruch durch die Vorinstanz zu Unrecht erfolgt ist. Die
Verurteilung wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten jedoch wurde nicht
angefochten und bleibt bestehen; dieser Schuldspruch erfolgte mithin zu Recht.
Die von der Vorinstanz ausgesprochene Strafe wiederum ist aufgrund des
Freispruchs im Hauptanklagepunkt ganz massiv zu reduzieren. Unter diesen
Umständen rechtfertigt es sich nicht, die Kosten des Verfahrens A. gänzlich
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aufzuerlegen, wie es die Vorinstanz getan hat. Da A. von Beginn weg bezüglich
der Vernachlässigung von Unterhaltszahlungen geständig war, verursachte dieser
Anklagepunkt weder für die Staatsanwaltschaft Graubünden in der Untersuchung
noch für die Vorinstanz im Gerichtsverfahren einen grossen Aufwand und führte
damit auch nicht zu hohen Kosten. Die I. Strafkammer des Kantonsgerichts
erachtet es unter diesem Gesichtpunkt als gerechtfertigt, A. sowohl bezüglich der
Untersuchungskosten als auch mit Bezug auf die Kosten des vorinstanzlichen
Gerichtsverfahrens je Fr. 400.-zu überbinden. Die übrigen Kosten der
Staatsanwaltschaft Graubünden in Höhe von Fr. 3'776.-gehen zu Lasten des
Kantons
Graubünden,
während
die
weitergehenden
Kosten
des
Bezirksgerichtsausschusses Landquart in Höhe von Fr. 3'800.-vom Bezirk
Landquart zu tragen sind. In einem ähnlichen Verhältnis sind auch die Kosten der
amtlichen Verteidigung aufzuteilen. Es rechtfertigt sich, A. in diesem
Zusammenhang Fr. 850.30 aufzuerlegen, während die restlichen Fr. 7000.-zu
Lasten des Bezirks Landquart gehen. Dieser hat zudem vorschussweise den von
A. zu bezahlenden Anteil der amtlichen Verteidigung zu übernehmen.
15.
Wird eine Rechtsmitteleingabe gutgeheissen, so entscheidet das
Gericht über die Kostenverteilung zwischen dem Obsiegenden, dem Staat, der
ersten Instanz und dem Unterliegenden (Art. 160 Abs. 3 StPO). Vorliegend hat A.
mit seinem Rechtsmittel weitestgehend obsiegt. Lediglich bezüglich der Anzahl
Tagessätze ist das Gericht nicht seinem Antrag gefolgt, wobei dies den
Anklagepunkt der Vernachlässigung von Unterhaltszahlungen betrifft, welcher in
der Anklage eine untergeordnete Rolle einnimmt. Mit seinem Hauptanliegen, dem
Freispruch vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit Kindern, ist A. vollständig
durchgedrungen. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die Kosten des
Berufungsverfahrens von Fr. 4'000.-sowie die Kosten der amtlichen Verteidigung
im Berufungsverfahren von Fr. 4'725.45 dem Kanton Graubünden aufzuerlegen.
Seite 45 — 46

Demnach erkennt die I. Strafkammer:
1.
Die Berufung wird gutgeheissen und das angefochtene Urteil wird
aufgehoben.
2.
A. wird von der Anklage der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern
gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB freigesprochen.
3.
A. ist schuldig der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten gemäss Art.
217 Abs. 1 StGB.
4.
Dafür wird er mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à Fr. 30.-bestraft.
Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben bei einer Probezeit von drei
Jahren.
5.
Die Kosten der Staatsanwaltschaft Graubünden von Fr. 4'176.-gehen im
Umfang von Fr. 400.-zu Lasten von A. und im Umfang von Fr. 3'776.-zu
Lasten des Kantons Graubünden.

Die Kosten des Bezirksgerichtsausschusses Landquart von Fr. 4'200.--
gehen im Umfang von Fr. 400.-zu Lasten von A. und im Umfang von Fr.
3'800.-zu Lasten des Bezirkes Landquart.

Das Honorar der amtlichen Verteidigung im Betrag von Fr. 7'850.30 geht im
Umfang von Fr. 850.30 zu Lasten von A. und im Umfang von Fr. 7'000.-zu
Lasten des Bezirkes Landquart. Der Betrag von Fr. 850.30 wird
vorschussweise durch den Bezirk Landquart bezahlt.
6.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 4'000.-sowie die Kosten der
amtlichen Verteidigung von Fr. 4'725.45 gehen zu Lasten des Kantons
Graubünden.
7.
Gegen
diese
Entscheidung
kann
gemäss
Art.
78
des
Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das
Schweizerische Bundesgericht geführt werden. Diese ist dem
Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen
Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG
vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die
Beschwerdelegitimation, die weiteren Vorausserzungen und das Verfahren
der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff. BGG.

8.
Mitteilung an:
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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