E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SF-07-11: Kantonsgericht Graubünden

Die Privatklägerin hat gegen den Beschuldigten eine Anklage wegen Ehrverletzung erhoben, die jedoch vom Bezirksgericht Horgen abgewiesen wurde. Die Privatklägerin hat Berufung eingelegt und fordert eine Geldstrafe und eine Genugtuung. Der Beschuldigte wurde freigesprochen und die Kosten der Untersuchung wurden der Privatklägerin auferlegt. Die Gerichtskosten wurden auf CHF 6'000 festgesetzt. Der Beschuldigte wurde zur Prozessentschädigung von CHF 7'000 verpflichtet. Die Privatklägerin forderte die Aufhebung des Urteils und die Verurteilung des Beschuldigten, was jedoch abgewiesen wurde. Der Beschuldigte wurde freigesprochen und die Privatklägerin muss die Gerichtskosten tragen.

Urteilsdetails des Kantongerichts SF-07-11

Kanton:GR
Fallnummer:SF-07-11
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SF-07-11 vom 04.12.2007 (GR)
Datum:04.12.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verlängerung der stationären Massnahme
Schlagwörter : Massnahme; Graubünden; Kanton; Justiz; Kantonsgericht; Vollzug; Gutachten; Justizvollzug; Entlassung; Gefahr; Verfahren; Kammer; Erwägung; Massnahmen; Lockerung; Kantonsgerichts; Sinne; Verlängerung; Urteil; Verfügungen; Justiz-; Polizei; Erwägungen; Täter
Rechtsnorm:Art. 10 StGB ;Art. 158 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 189 StPO ;Art. 59 StGB ;Art. 62 StGB ;Art. 90 StGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Bühler, Kummer, Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Art. 1; Art. 9 ZGB ZG, 1966

Entscheid des Kantongerichts SF-07-11

Kantonsgericht
von
Graubünden
Dretgira
chantunala
dal
Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 4. Dezember 2007
Schriftlich mitgeteilt am:
SF 07 11
(nicht mündlich eröffnet)
Beschluss
Strafkammer
Vorsitz Vizepräsident
Schlenker
RichterInnen Sutter-Ambühl,
Tomaschett-Murer, Giger und Hubert
Aktuarin ad hoc
Bäder Federspiel
——————

In der Strafsache

des X., bevormundet durch Amtsvormundin B., Amtsvormundschaft Rhäzüns-
Trins, Tircal 14, 7013 Domat/Ems,

betreffend Verlängerung der stationären Massnahme,

hat sich ergeben:



2



A.
Mit Urteil vom 25. März 1996 (SF 5/96) erkannte das Kantonsgericht
von Graubünden, wie folgt:
„1. Das gegen X. wegen Tötung geführte Strafverfahren wird wegen Zu-
rechnungsunfähigkeit gemäss Art. 10 StGB eingestellt.
2. Es wird gestützt auf Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB eine ärzt-
lich/psychiatrische Behandlung in einer Heilund Pflegeanstalt ange-
ordnet.

3. (Kosten)
4. (Rechtsmittelbelehrung)
5. (Mitteilung)“
B.
Der Vollzug der stationären Massnahme wurde in der Folge in den
Psychiatrischen Kliniken Beverin und Waldhaus sowie in der Strafanstalt Realta
durchgeführt. Im November 2007 trat X. in das Massnahmenzentrum Bitzi über.
Die Notwendigkeit der stationären Massnahme wurde bis anhin mehrfach
überprüft. Mit Verfügungen des Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepartements Grau-
bünden vom 26. Mai 1998, 1. Juni 1999, 9. Mai 2000, 4. Juni 2001, 29. Juli 2002,
16. September 2003, 20. Januar 2005 und 23. März 2006 wurde der Massnahme-
vollzug nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB jeweils bis auf weiteres aufrecht erhalten.
C.
Am 16. April 2007 wurde Dr. med. A., Fachärztin FMH für Psychiatrie
und Psychotherapie, vom Amt für Justizvollzug beauftragt, ein psychiatrisches
Gutachten über X. zu erstellen. Das Gutachten lag am 3. August 2007 vor.
D.
Am 16. Oktober 2007 verfügte das Amt für Justizvollzug Graubün-
den, dass X. die bedingte Entlassung aus dem stationären Massnahmenvollzug
nicht gewährt werde und beantragte dem Kantonsgericht Graubünden, die statio-
näre Massnahme um fünf Jahre zu verlängern.
Die Amtsvormundin von X., B., hatte zuvor Gelegenheit erhalten, sich zur
Vollzugssituation und zur Entlassungsfrage zu äussern; sie hatte sich am 5. Okto-
ber 2007 mit der Weiterführung der Massnahme einverstanden erklärt.
Auf die Ausführungen im psychiatrischen Gutachten vom 3. August 2007
sowie auf die Begründung des Antrags des Amts für Justizvollzug wird, soweit er-
forderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.



3


Die Strafkammer zieht in Erwägung :
1.a. Nach Ziff. 2 Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung des
StGB vom 13. Dezember 2002 sind die Bestimmungen des neuen Rechts über die
Massnahmen (Art. 56-65 StGB) und über den Massnahmenvollzug (Art. 90 StGB)
auch auf die Täter anwendbar, die vor deren Inkrafttreten eine Tat begangen ha-
ben beurteilt worden sind.
b.
Der mit einer stationären therapeutischen Massnahme nach Art. 59
StGB verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens fünf Jahre (Art.
59 Abs. 4 Satz 1 StGB). Der Täter wird aus dem stationären Vollzug der Mass-
nahme bedingt entlassen, sobald sein Zustand es rechtfertigt, dass ihm Gelegen-
heit gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren (Art. 62 Abs. 1 StGB). Sind die
Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach fünf Jahren noch nicht gege-
ben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Ge-
fahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehen-
der Verbrechen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der
Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme um jeweils höchstens fünf
Jahre anordnen (Art. 59 Abs. 4 Satz 2 StGB).
Vorliegend beantragt das Amt für Justizvollzug gestützt auf das psychiatri-
sche Gutachten, bei X. die stationäre Massnahme um fünf Jahre zu verlängern.
2.a.
Dr. med. A. stellt in ihrem Gutachten vom 3. August 2007 hinsichtlich
X. die Diagnose einer hebephrenen Schizophrenie, episodisch, mit zunehmendem
Residuum. Zudem diagnostiziert die Gutachterin eine Störung durch Alkohol, Ab-
hängigkeitssyndrom, gegenwärtig abstinent, aber in beschützender Umgebung.
Der gelegentliche Konsum von Cannabis in jungen Jahren sei als Störung nach
Gebrauch psychotroper Substanzen zu diagnostizieren.
X. leide seit Jahrzehnten an einer schweren psychischen Krankheit, die
wegen seiner Krankheitsuneinsichtigkeit nur ungenügend behandelt werden kön-
ne. Da diese Krankheit in einem Kausalzusammenhang mit den bisherigen Delik-
ten stehe, sei sowohl die Gefährlichkeit als auch die Rückfallgefahr von X. zum
heutigen Zeitpunkt als relevant zu bezeichnen. Die Gefahr für X. völlig unbekannte
Personen sei als erhöht anzusehen. Sogar als stark erhöht sei die Gefahr für ihm
bekannte Personen, zu denen er eine emotionale Beziehung pflege, anzusehen.
Auch die Gefahr hinsichtlich Straftaten gegen das SVG sei in einem psychotischen
Schub als sehr hoch einzuschätzen. In einem psychosefreien Intervall korreliere
diese Gefahr mit den möglichen Nebenwirkungen der Medikamente. Grundsätzlich



4


als niedrig einzuschätzen sei die Gefahr hinsichtlich Straftaten gegen das Eigen-
tum Ähnliches.
Wegen der bestehenden Gefährlichkeit und Rückfallgefahr von X. könne
die Aufhebung der stationären Massnahme gemäss Art. 59 StGB nicht befürwortet
werden. Die probeweise Entlassung im engeren Sinn sei als verfrüht anzusehen.
Möglich und sinnvoll seien jedoch weitere Lockerungsschritte.
Grundvoraussetzung allen Handelns in der Zukunft seien aus forensisch-
psychiatrischer Sicht die kontinuierliche Medikamenteneinnahme durch X. und
seine psychiatrisch-medizinische Behandlung mit einer engmaschigen Kontrolle.
Mittelfristig sei eine weitere Lockerung der stationären Massnahme denkbar. Alle
Lockerungsschritte bedingten indes jeweils eine mindestens einjährige einwandfrei
stabile Phase mit kontinuierlicher und ausreichender medikamentöser Behand-
lung. Jeder Einbruch in der Stabilität führe zu einer Verlängerung der jeweiligen
Lockerungsphase um ein Jahr.
b.
Zusammenfassend gelangt die Gutachterin somit zum Schluss, dass
der Zustand von X. die bedingte Entlassung aus dem stationären Vollzug der
Massnahme nicht rechtfertigt. Das Gutachten von Dr. A. erweist sich grundsätzlich
als vollständig und klar und enthält begründete und für das Kantonsgericht nach-
vollziehbare Schlüsse. Unter diesen Umständen besteht für das Gericht kein An-
lass, bei der Beurteilung der vorliegend relevanten Frage von den aktuellen gut-
achterlichen Feststellungen abzuweichen.
In diesem Sinn ist die mit Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom
25. März 1996 (SF 5/96) gestützt auf Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB angeordnete und
mit Verfügungen des Justiz-, Polizeiund Sanitätsdepartements Graubünden ver-
längerte stationäre Massnahme gestützt auf Art. 59 Abs. 4 StGB bis auf weiteres,
höchstens aber um fünf Jahre, im Sinne der Erwägungen zu verlängern.
3.
Für das vorliegende Verfahren werden keine Gerichtskosten erho-
ben. Die Kosten der Begutachtung sind vom Kanton Graubünden zu übernehmen.
Eine gesetzliche Grundlage, die es erlauben würde, die erwähnten Kosten X. auf-
zuerlegen, besteht in casu nicht. Das vorliegende Verfahren besteht in einer von
Gesetzes wegen durchzuführenden Überprüfung einer stationären therapeuti-
schen Massnahme. Es unterscheidet sich von einem ordentlichen Strafverfahren,
in dessen Rahmen eine solche Massnahme angeordnet wird. In diesem Sinne
kann Art. 158 StPO, nach welchem einem Verurteilten die Verfahrenskosten, zu
denen auch die Untersuchungsund Begutachtungskosten zählen, auferlegt wer-



5


den können, nicht zur Anwendung gelangen. Ebenso wenig liegt ein Rechtsmittel-
verfahren vor wie es beispielsweise beim Weiterzug eines Entscheids des De-
partements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit betreffend Überprüfung der
Massnahmebedürftigkeit mittels Berufung an den Kantonsgerichtsausschuss der
Fall wäre -, so dass auch ein Rückgriff auf Art. 160 StPO nicht zulässig ist. Die
vorliegend entstandenen Kosten können schliesslich auch nicht den Vollzugskos-
ten nach Art. 189 StPO zugeordnet werden. Fehlt es in diesem Sinne an einer hin-
reichenden gesetzlichen Grundlage für eine Kostenüberbindung, sind die entspre-
chenden Kosten auf die Staatskasse zu nehmen.



6


Demnach erkennt die Strafkammer :
1.
Das Gesuch des Amtes für Justizvollzug Graubünden vom 16. Oktober
2007 wird dahin entschieden, als die mit Urteil des Kantonsgerichts von
Graubünden vom 25. März 1996 (SF 5/96) gestützt auf Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1
aStGB angeordnete und mit Verfügungen des Justiz-, Polizeiund Sani-
tätsdepartements Graubünden verlängerte stationäre Massnahme gestützt
auf Art. 59 Abs. 4 nStGB bis auf weiteres, höchstens aber um fünf Jahre, im
Sinne der Erwägungen verlängert wird.
2.
Für das gerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.
Die Kosten der Begutachtung von Fr. 6'290.00 gehen zu Lasten des Kan-
tons Graubünden.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 ff. des Bundesgerichtsge-
setzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundes-
gericht geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30
Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in
der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die
Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen
und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff.
BGG.
4. Mitteilung
an:
__

Für die Strafkammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin ad hoc:




Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.