Der Berufungskläger, Dr. X., hat gegen das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Prättigau/Davos bezüglich fahrlässiger Körperverletzung Berufung eingelegt. Der Angeklagte Y. wurde freigesprochen. Die Adhäsionsklage von Dr. X. wurde auf den Zivilweg verwiesen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 5'000.- und gehen zu Lasten der Bezirksgerichtskasse Prättigau/Davos. Y. und J. werden aussergerichtlich mit je CHF 6'000.- entschädigt. Der Berufungskläger hat Berufung gegen das Urteil eingelegt, die jedoch abgewiesen wurde. Die Kosten des Berufungsverfahrens von CHF 2'000.- gehen zu Lasten des Berufungsklägers, der Y. mit CHF 2'348.65 zu entschädigen hat.
Urteilsdetails des Kantongerichts SB-08-27
Kanton: | GR |
Fallnummer: | SB-08-27 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 03.12.2008 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | fahrlässige Körperverletzung |
Schlagwörter : | Berufung; Gericht; Berufungskläger; Punkt; Recht; Urteil; Klägers; Verfahren; Anklage; Berufungsklägers; I-Bahn; Prättigau/Davos; Körperverletzung; Verfahren; Opfer; Kantons; Urteil; Bahnübergang; Adhäsionsklage; Geschädigte; Prozess; Graubünden; Akten:; Verfahrens; Staatsanwalt; Zivilpunkt |
Rechtsnorm: | Art. 125 StGB ;Art. 160 StPO ;Art. 50 OR ;Art. 53 OR ; |
Referenz BGE: | 115 II 237; 123 IV 188; 127 IV 187; |
Kommentar: | Peter, Schweizer, Albrecht, Kommentar zum Schweizerischen Strafrecht, Art. 19 BetmG, 1995 |
Entscheid des Kantongerichts SB-08-27
Kantonsgericht
von
Graubünden
Dretgira
chantunala
dal
Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 03. Dezember 2008
Schriftlich mitgeteilt am:
SB 08 27
(nicht mündlich eröffnet)
Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Vizepräsident
Schlenker
RichterInnen Möhr
und Michael Dürst
Aktuarin Thöny
——————
In der strafrechtlichen Berufung
des Dr. X., Adhäsionskläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. iur. Ivo Zellweger, Stadtturmstrasse 19, AZ Hochhaus, 5401 Baden,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Prättigau/Davos vom 3. Juli 2008, mit-
geteilt am 8. August 2008, in Sachen des Adhäsionsklägers und Berufungsklägers
gegen Y., Angeklagter und Berufungsbeklagter, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
iur. HSG Andrea Cantieni, Bahnhofstrasse 8, 7000 Chur,
betreffend fahrlässige Körperverletzung,
hat sich ergeben:
2
A.
Y. wurde am 5. Juni 1963 in A. geboren und wuchs bis zu seinem 8. Le-
bensjahr bei seinen Eltern in A. auf. Nach der Scheidung seiner Eltern wohnte er
vorerst bei seiner Mutter. Danach lebte er während 3 ½ Jahren im Kinderheim „B.“
in C. bei D.. In der Folge wurde er vom Kinderheim „B.“ in Q. aufgenommen. Die
Primarschule besuchte Y. in C. und Q.. Nach zwei Jahren Sekundarschule in E.
besuchte er noch ein Jahr die Kantonsschule in F.. Danach begann er eine Lehre
als Automechaniker in der G.-Garage in F.. Nach dem Lehrabschluss besuchte er
die Rekrutenschule, danach fand er bei der G.-Garage in H. eine Anstellung, wo er
insgesamt drei Jahre tätig war. Am 1. Dezember 1990 wechselte er zur I.-Bahn,
wo er als Fahrdienstwärter aufgenommen und zum Lokführer ausgebildet wurde.
Seitdem ist er als Lokführer bei der I.-Bahn tätig. Y. ist ledig und versteuerte im
Jahr 2005 provisorisch ein Reineinkommen von Fr. 73'400.--. Er verfügt über Er-
sparnisse in der Höhe von ca. Fr. 40'000.--. Er hat keine Schulden. Im Schweizeri-
schen Zentralstrafregister ist Y. nicht verzeichnet.
B.
Am 27. Mai 2005 eröffnete die Staatsanwaltschaft Graubünden unter dem
Betreff „L.: Kollision mit Bahn (I.-Bahn) vom 2. Februar 2005 zum Nachteil von X.“
eine Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Körperverletzung. Ab dem 23. Februar
2006 wurde das Verfahren gegen Y. weitergeführt und am 21. November 2006 auf
J. ausgedehnt. Mit Verfügung vom 2. Oktober 2007 wurden Y. und J. wegen fahr-
lässiger Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 2 StGB in Anklagezustand ver-
setzt. Der zu Handen des Bezirksgerichtsausschusses Prättigau/Davos erhobenen
Anklage liegt gemäss Anklageschrift vom 2. Oktober 2007 der folgende Sachver-
halt zu Grunde:
„Am 2. Februar 2005 führte Y. die I.-Bahn-Zugkomposition des Sportzugs
822, bestehend aus einem Steuerwagen, einer Lokomotive und vier Perso-
nenwagen, zwischen K. und L.. Um 11.55 Uhr fuhr er nach der Station K.
ca. 200 Meter vor dem unbewachten Bahnübergang M. an der dort bei km
38.600 angebrachten Pfeiftafel vorbei, ohne die gemäss Fahrdienstvor-
schriften erforderliche Pfeife bzw. das Achtungssignal zu betätigen. Er fuhr
weiter auf den unbewachten Bahnübergang M. zu, als er plötzlich auf der
linken Seite am Hang „etwas“ wahrnahm. Unmittelbar folgend hörte er auch
Geräusche und sah, dass Teile einer Skiausrüstung am Zug vorbeiflogen.
Bereits aufgrund der vernommenen Geräusche hatte er eine Schnellbrem-
sung eingeleitet und die Zugskomposition dann auch zum Stillstand ge-
bracht. In der Folge stellte er dann auch auf der linken Seite vor bzw. teil-
weise unter dem Zugfahrzeug einen Skifahrer fest, welcher schwer verletzt
war.
Akten: act. 4.1, 4.2, 4.3, 4.19, 4.20, 5.25
Der verunfallte X. war an diesem Tag in einer von dem Skilehrer und Berg-
führer J. geführten Skigruppe, bestehend aus demselben und den vier Ski-
gruppenteilnehmern X., Jg. 46, N., Jg. 68, O., Jg. 36 und P., Jg. 35, unter-
wegs. Wenige Meter vor dem vorgenannten unbewachten Bahnübergang
3
M. legten J. und die beiden schwächsten, ihm direkt folgenden Skigruppen-
teilnehmer O. und P.. einen kurzen Halt ein. Als auch X. bei ihnen einge-
troffen war, machte J. O. und P. sowie auch X. auf den Bahnübergang
aufmerksam und passierte diesen nachfolgend auch zusammen mit O. und
P.. X. wartete einige Meter vor dem den Bahnübergang signalisierenden
Andreaskreuz auf den letzten Gruppenteilnehmer N. und fuhr, nachdem
dieser bei ihm eingetroffen war, ebenfalls los. Er wollte direkt die Bahnge-
leise überqueren, wobei es dann zu der Kollision mit dem von rechts heran-
fahrenden I.-Bahn-Zug kam. J. und die beiden vorgenannten Skigruppen-
teilnehmer hatten den Bahnübergang wie gesagt bereits überquert und ca.
50 Meter weiter entfernt etwas ausserhalb der Gefahrenzone des Zugtras-
sees auf die beiden restlichen Gruppenteilnehmer gewartet.
Akten: act. 4.1, 4.2, 4.3, 5.19
X. erlitt bei dem Zusammenstoss eine mehrfragmentäre Beckenschaufel-
fraktur rechts, eine Armplexusläsion links, eine Schultergelenkssprengung
beidseits etc.. Auch ein Jahr nach dem Vorfall bestehen beim Verunfallten
noch diverse körperliche Beschwerden und Einschränkungen. Es bestehen
insbesondere eine erhebliche Rotationseinschränkung der Halswirbelsäule,
erhebliche Beschwerden in beiden Schultern, wobei auch die Sensibilität
und Feinmotorik der Finger der linken Hand noch deutlich reduziert sind. Im
Bereich des linken Beines besteht noch eine Streckhemmung von 10°. Ins-
gesamt betrachtet wird die Lebensqualität von Herrn X. als ganz erheblich
eingeschränkt bezeichnet.
Akten: act. 3.27, 3.30
Mit Schreiben vom 27. April 2005 hatte der private Verteidiger von X., RA
Dr. Ivo Zellweger, Baden, Strafantrag gegen das zuständige Personal der
I.-Bahn sowie gegen den Skilehrer J. wegen fahrlässiger Körperverletzung
gestellt.
Akten: act. 3.26
Mit Schreiben vom 16. Mai 2007 wird vom Vertreter des Strafklägers im
Rahmen einer Adhäsionsklage eine Genugtuung in der Höhe von
Fr. 80'000.--, zuzüglich Zinsen von 5% seit dem 2. Februar 2005, geltend
gemacht. Sodann wird anbegehrt, festzustellen, dass der Angeschuldigte
Y. und der Angeschuldigte J. solidarisch je zu 2/3 für den Schaden ersatz-
pflichtig sind.
Akten: act. 3.40“
C.
In ihrer Ergänzung zur Anklageschrift vom 2. Oktober 2007 stellte die
Staatsanwaltschaft Graubünden den Antrag, Y. und J. seien der fahrlässigen Kör-
perverletzung gemäss Art. 125 Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen. Dafür seien Y.
mit einer Busse von Fr. 2'500.-- und J. mit einer Busse von Fr. 800.-zu bestrafen.
D.
Am 3. Juli 2008 fand vor dem Bezirksgerichtsausschuss Prättigau/Davos
die mündliche Hauptverhandlung statt. Daran nahmen sowohl die beiden Ange-
klagten und ihre privaten Verteidiger wie auch der Rechtsvertreter des Geschädig-
ten X. teil. Die Anklage wurde durch Untersuchungsrichter lic. iur. David Willi
4
mündlich vertreten. Mit Urteil vom 3. Juli 2008, mitgeteilt am 8. August 2008, er-
kannte der Bezirksgerichtsausschuss Prättigau/Davos wie folgt:
„1. Y. wird von der Anklage der fahrlässigen Körperverletzung gemäss
Art. 125 Abs. 2 StGB freigesprochen.
2.
J. wird von der Anklage der fahrlässigen Körperverletzung gemäss Art.
125 Abs. 2 StGB freigesprochen.
3.
Der Adhäsionskläger Dr. X. wird auf den Zivilweg verwiesen.
4. Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 5'000.-gehen zulasten der Be-
zirksgerichtskasse Prättigau/Davos. Die Staatsanwaltschaft Graubün-
den trägt die bei ihr angefallenen Kosten von Fr. 3'746.20 (Fr. 3'400.--
Untersuchungsgebühr + Fr. 346.20 Barauslagen).
5. Y. und J. werden aus der Bezirksgerichtskasse Prättigau/Davos aus-
sergerichtlich mit je pauschal Fr. 6'000.-entschädigt (inkl. Spesen und
MWSt).
6. (Rechtsmittelbelehrung).
7. (Mitteilung).“
E.
Gegen dieses Urteil liess X. mit Eingabe vom 1. September 2008 beim Kan-
tonsgerichtsausschuss von Graubünden Berufung erheben, wobei er die folgen-
den Anträge stellte:
„1. Es sei Ziffer 1 des Urteils vom 3. Juli 2008 aufzuheben und der Ange-
klagte Y. wegen fahrlässiger Körperverletzung gestützt auf Art. 125
StGB schuldig zu sprechen sowie angemessen zu bestrafen.
2. Es sei Ziffer 3 des Urteils vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Adhä-
sionsklage gegen den Angeklagten Y. gutzuheissen.
3. Es sei der Berufungskläger für seine Umtriebe, insbesondere Anwalts-
kosten, in erster und zweiter Instanz zu entschädigen.
4. Es seien die Kosten des Strafverfahrens in erster und zweiter Instanz
dem Angeklagten Y. aufzuerlegen.
5. Eventuell sei das Verfahren zur Ergänzung des Beweisverfahrens
bzw. zur Neubeurteilung des Strafpunktes und Beurteilung der Adhä-
sionsklage an die Vorinstanz zurückzuweisen.“
F.
In seiner Berufungsantwort vom 7. Oktober 2008 liess Y. die Abweisung der
Berufung unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Berufungsklägers
beantragen.
G.
Mit Schreiben vom 9. September 2008 verzichtete die Staatsanwaltschaft
Graubünden auf die Einreichung einer Vernehmlassung. Der Bezirksgerichtsaus-
schuss Prättigau/Davos teilte mit Schreiben vom 9. September 2008 den Verzicht
auf die Einreichung einer Vernehmlassung unter Hinweis auf die Erwägungen im
Urteil mit.
5
Auf die Ausführungen zur Begründung der Anträge sowie im angefochtenen Urteil
wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.
Gegen Urteile und Beschlüsse der Bezirksgerichte und ihrer Ausschüsse
können der Verurteilte, das Opfer und der Staatsanwalt gemäss Art. 141 Abs. 1
des Gesetzes über die Strafrechtspflege (StPO; BR 350.00) beim Kantonsge-
richtsausschuss Berufung einlegen. Der Berufungskläger ist unbestrittenermassen
Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 des Opferhilfegesetzes (OHG; SR 312.5). Zu prü-
fen ist vorab, ob er zur Berufung gegen den Strafund Zivilpunkt des erstinstanzli-
chen Urteils legitimiert ist.
2.
Gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG kann das Opfer den Gerichtsentscheid mit
den gleichen Rechtsmitteln anfechten wie der Beschuldigte, wenn es sich bereits
vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche
betrifft sich auf deren Beurteilung auswirken kann. Das Opfer kann den
Strafpunkt demnach nicht anfechten, wenn selbst die Gutheissung des Rechtsmit-
tels auf Bestand und Umfang der Zivilforderung keinen Einfluss mehr haben könn-
te. Deshalb ist zunächst zu prüfen, ob der Berufungskläger zur Anfechtung des
Zivilpunkts berechtigt ist und ob er in diesem Punkt durchzudringen vermag.
a)
Das Adhäsionsverfahren bezweckt die Koppelung von Strafund Zivilver-
fahren, um es dem Geschädigten zu ersparen, neben dem Strafverfahren zusätz-
lich ein separates Zivilverfahren anstrengen zu müssen. Dem Geschädigten soll
bereits im Strafverfahren ermöglicht werden, die sich aus einer Straftat sowie sei-
ner Geschädigtenstellung ergebenden zivilrechtlichen Ansprüche gegen den An-
geschuldigten durchzusetzen. Mit der Adhäsionsklage soll der vor dem Delikt be-
stehende Zivilrechtszustand wiederhergestellt werden, das heisst, dem Geschä-
digten soll ermöglicht werden, auf Ausgleich der ihm durch die Straftat erwachse-
nen materiellen und immateriellen Schäden zu klagen. Daraus folgt, dass nur sich
aus dem Zivilrecht ergebende Ansprüche, die dem deliktisch entstandenen Scha-
den entsprechen, geltend gemacht werden können. Sie müssen sich also aus dem
strafbaren und Gegenstand der Anklage bildenden Sachverhalt herleiten lassen
und mit einem Straftatbestand konnex sein (Donatsch/Schmid, Kommentar zur
Strafprozessordnung des Kantons A., N. 26 zu § 192). Gemäss Art. 130 Abs. 1
StPO kann der Geschädigte seine zivilrechtliche Forderung gegenüber dem An-
geschuldigten beim Strafgericht adhäsionsweise geltend machen. Die Bündneri-
sche Strafprozessordnung lässt somit dogmatisch unpräzis dem Angeschuldigten
6
die Passivlegitimation zukommen. Da das Adhäsionsverfahren nur im ordentlichen
Verfahren nach Anklageerhebung zur Anwendung gelangt, kann nur der Ange-
klagte gemeint sein und in diesem Verfahren als passivlegitimierte Partei gelten.
Neben dem Angeschuldigten beziehungsweise dem Angeklagten, der Staatsan-
waltschaft und dem Geschädigten beziehungsweise dem Adhäsionskläger kennt
die bündnerische StPO keine andere Partei, so dass insbesondere ausgeschlos-
sen ist, eine kraft Vertrag Gesetz anstelle des effektiven Schädigers zivil-
rechtlich verantwortliche Person im Adhäsionsprozess ins Recht zu fassen (vgl.
Domenig, Die Adhäsionsklage im Bündner Strafprozess, Dissertation 1990, S. 75).
b)
Im vorliegenden Fall erfolgte die Schädigung aufgrund einer Kollision des
Berufungsklägers mit einem Zug der I.-Bahn. Für den Kernbereich des öffentlichen
Verkehrs, insbesondere die vorliegend interessierende Erbringung von Transport-
leistungen, bestehen verschiedene bundesrechtliche Sonderhaftungsnormen. Für
das Eisenbahnwesen im Speziellen ist das Bundesgesetz über die Haftpflicht der
Eisenbahnund Dampfschifffahrtsunternehmungen und der Schweizerischen Post
(EHG; SR 221.112.742) heranzuziehen. Gemäss Art. 1 Abs. 1 EHG haftet, wenn
beim Bau Betrieb einer Eisenbahn bei Hilfsarbeiten, mit denen die be-
sondere Gefahr des Eisenbahnbetriebes verbunden ist, ein Mensch getötet
körperlich verletzt wird, der Inhaber der Eisenbahnunternehmungen für den dar-
aus entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, dass der Unfall durch höhere
Gewalt, durch Verschulden Dritter durch Verschulden des Getöteten
Verletzten verursacht ist. Mit anderen Worten hat die Transportunternehmung ge-
stützt auf das EHG grundsätzlich für die schädigenden Handlungen ihrer Bediens-
teten einzustehen. Dabei besteht gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung
(vgl. BGE 115 II 237 S. 243) im Bereich der Anspruchskonkurrenz Ausschliess-
lichkeit. Das bedeutet, dass der Geschädigte entgegen den allgemeinen Bestim-
mungen über die solidarische Haftung (Art. 50 und 51 OR) keinen konkurrierenden
Anspruch gegenüber der fehlbaren Person hat. Ein zivilrechtliches Vorgehen ge-
gen den Lokführer Y. fällt damit ausser Betracht. Vielmehr sind allfällige Ansprü-
che gegenüber der I.-Bahn geltend zu machen. Da jedoch das Strafurteil gegen-
über einem nicht beteiligten Dritten keine bindende Wirkung hat, kann ein allfälli-
ger Anspruch gegenüber einer Drittperson auch nicht adhäsionsweise geltend
gemacht werden. Steht mit anderen Worten fest, dass sich der zivilrechtliche An-
spruch des Berufungsklägers nicht gegen den im vorliegenden Verfahren Ange-
klagten Y. richten kann, fehlt es somit an dessen Passivlegitimation. Bereits die
Vorinstanz hätte demzufolge die Adhäsionsklage von X. nicht auf den Zivilweg
verweisen, sondern diese infolge mangelnder Passivlegitimation abweisen müs-
7
sen (vgl. hierzu Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6.
Auflage, Basel 2005, N. 16 zu § 38). Der Antrag des Berufungsklägers, es sei die
Adhäsionsklage gegen Y. gutzuheissen, ist damit abzuweisen.
3.
Ist die Berufung im Zivilpunkt wegen fehlender Passivlegitimation abzuwei-
sen, bleibt zu prüfen, ob der Berufungskläger zur Ergreifung des Rechtsmittels im
Strafpunkt legitimiert ist. Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG garantiert dem Opfer ein Anfech-
tungsrecht im Strafpunkt nur im Zusammenhang mit der Beurteilung seiner Zi-
vilansprüche. Das OHG anerkennt kein unabhängiges, opferseitiges Strafverfol-
gungsinteresse; der reine Wunsch eines Opfers nach Rache und Bestrafung reicht
für eine Rechtsmittellegitimation nicht aus (BGE 127 IV 187; BGE 123 IV 188).
Wie bereits ausgeführt wurde, hätte die Vorinstanz die Adhäsionsklage des Beru-
fungsklägers mangels Passivlegitimation des Angeklagten abweisen müssen. Un-
ter diesen Umständen hätte ein Entscheid der Rechtsmittelinstanz zum vornherein
keine Auswirkungen auf den Zivilpunkt, und es fehlt dem Kläger demzufolge an
der Beschwer im Strafpunkt. Dies umso mehr, als ein Zivilgericht bei der Beurtei-
lung der privatrechtlichen Ansprüche aufgrund von Art. 53 Abs. 2 OR nicht an das
Strafurteil gebunden ist. Auf die Berufung im Strafpunkt ist aus diesem Grund nicht
einzutreten.
4.
Nach dem Gesagten steht fest, dass die Berufung im Zivilpunkt abzuweisen
und auf die Berufung im Strafpunkt nicht einzutreten ist. Damit erübrigt es sich, auf
die übrigen Anträge des Berufungsklägers (ausseramtliche Entschädigung, vo-
rinstanzlicher Kostenentscheid, Ergänzung des Beweisverfahrens) einzugehen.
5.
Bei diesem Ausgang gehen die Kosten des Berufungsverfahrens gestützt
auf Art. 160 Abs. 1 StPO zu Lasten des Berufungsklägers. Da X. mit seiner Adhä-
sionsklage nicht durchgedrungen ist, hat er in analoger Anwendung der Bestim-
mungen der Zivilprozessordnung dem obsiegenden Prozessgegner dessen aus-
sergerichtliche Kosten zu ersetzen (vgl. Domenig, a.a.O., S. 128). Demgemäss
hat er Y. gemäss der eingereichten detailierten Honorarnote im Betrag von Fr.
2'348.65 einschliesslich Mehrwertsteuer ausseramtlich zu entschädigen.
8
Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Die Berufung wird, soweit darauf eingetreten werden kann, abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 2'000.-gehen zu Lasten des
Berufungsklägers, welcher Y. mit Fr. 2'348.65 einschliesslich Mehrwert-
steuer zu entschädigen hat.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 des Bundesgerichtsgeset-
zes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesge-
richt geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Ta-
gen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der
gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zu-
lässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und
das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff. BGG.
4. Mitteilung
an:
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