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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SB-07-21: Kantonsgericht Graubünden

Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 8. September 2014 in einem Strafverfahren gegen den Beschuldigten A. entschieden, dass er schuldig ist des vorsätzlichen rechtswidrigen Aufenthaltes im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. September 2013. Er wird mit einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je Fr. 30.- belegt, wovon 66 Tagessätze als durch Haft geleistet gelten. Der Beschuldigte wird vom Vorwurf des rechtswidrigen Aufenthaltes im Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis 12. November 2013 freigesprochen. Die Gerichtskosten werden dem Beschuldigten zu 4/5 auferlegt, und er erhält eine Prozessentschädigung von Fr. 800.- für die anwaltliche Verteidigung.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB-07-21

Kanton:GR
Fallnummer:SB-07-21
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SB-07-21 vom 06.12.2007 (GR)
Datum:06.12.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verwahrung
Schlagwörter : Verwahrung; Kanton; Behandlung; Kantonsgericht; Massnahme; Gutachten; Gutachter; Therapie; Kantonsgerichtsausschuss; Sinne; Recht; Gericht; Entlassung; Rückfallrisiko; Verfahren; Graubünden; Urteil; Handlungen; Voraussetzungen; Beurteilung; Gefährdung
Rechtsnorm:Art. 158 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 189 StPO ;Art. 59 StGB ;Art. 64 StGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Peter Breitschmid, Jungo, Schweizer, Hand zum Schweizer Privatrecht, Art. 75, 2012

Entscheid des Kantongerichts SB-07-21

Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale
cantonale
dei
Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 5. Dezember 2007
Schriftlich mitgeteilt am:
SB 07 21
(nicht mündlich eröffnet)
Beschluss
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Vizepräsident
Schlenker
RichterInnen Riesen-Bienz und Möhr
Aktuarin ad hoc
Bäder Federspiel
——————

In der Strafsache

des X., ledig, kaufmännischer Angestellter, Kantonale Anstalt Realta, Postfach
156, 7408 Cazis, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. et oec. Pius Fry-
berg, Quaderstrasse 8, 7000 Chur,

betreffend Verwahrung,

hat sich ergeben:
A.
Mit Urteil vom 11. Dezember 1990 sprach das Kreisgericht Churwal-
ten X. schuldig der wiederholten und fortgesetzten Unzucht mit Kindern, der Tät-
lichkeiten sowie der Drohung, wofür er mit 12 Monaten Gefängnis bestraft wurde.
Gleichzeitig wurde eine mit Urteil des Bezirksgerichts Zofingen vom 26. Oktober
1989 bedingt ausgesprochene Strafe von 7 Monaten Gefängnis widerrufen. Dem
Verurteilten wurde vom Gericht die Weisung erteilt, sich ambulant psychiatrisch



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behandeln zu lassen. Mit Beschluss des Kantonsgerichtsausschusses vom 24.
Februar 1992 wurde das einleitend genannte Urteil dahingehend geändert, dass
die Strafen von 12 und 7 Monaten Gefängnis aufgeschoben wurden und anstelle
der ambulanten Behandlung eine stationäre Massnahme angeordnet wurde. Am
12. November 1992 hob der Kantonsgerichtausschuss diesen Beschluss hinsicht-
lich der stationären Massnahme auf und entschied, X. sei zu verwahren.
Am 20. Juli 1993 sprach das Kreisgericht Lugnez X. der mehrfachen sexu-
ellen Handlungen mit Kindern und der mehrfachen Pornographie schuldig und be-
strafte ihn mit 3 Monaten Gefängnis, wobei der Vollzug der Strafe aufgeschoben
und X. gestützt auf aArt. 43 Ziff. 1 Abs. 1 (recte Abs. 2) StGB verwahrt wurde. Ge-
gen dieses Urteil erhob X. Berufung. Mit Urteil vom 22. September 1993 (SB
63/93) sprach der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden X. von der Anklage
der mehrfachen Pornographie frei, reduzierte die Strafe auf zwei Monate Gefäng-
nis und bestätigte die angeordnete Verwahrung.
B.
Die am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Revision des Allgemeinen
Teils des Strafgesetzbuches erfordert eine Überprüfung der Verwahrung von Per-
sonen, die nach den Art. 42 43 Ziff. 1 Abs. 2 des bisherigen Rechts verwahrt
sind, bis am 31. Dezember 2007. Der Kantonsgerichtsausschuss hat in diesem
Sinne die Verwahrung von X. zu überprüfen.
Am 31. Januar 2007 wurde med. pract. A., Oberarzt im Psychiatrisch-
Psychologischen Dienst des Justizvollzugs Kanton Zürich, vom Amt für Justizvoll-
zug Graubünden beauftragt, ein psychiatrisches Gutachten über X. zu erstellen.
Das Gutachten lag am 2. Oktober 2007 vor und ging beim Kantonsgericht Grau-
bünden zusammen mit der Stellungnahme des Amtes für Justizvollzug Graubün-
den am 12. Oktober 2007 ein. Das Amt für Justizvollzug beantragt, die Verwah-
rung von X. nach Art. 64 StGB weiterzuführen. Eine Umwandlung der Verwahrung
in eine stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB werde aus forensisch-
psychiatrischer Sicht als nicht zweckmässig erachtet.
Mit Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums vom 16. Oktober 2007 wurde
Rechtsanwalt lic. iur. et oec. Pius Fryberg als amtlicher Verteidiger von X. einge-
setzt. Er erhielt Gelegenheit, sich zur Frage der Weiterführung der Verwahrung
seines Mandanten vernehmen zu lassen. In seiner Stellungnahme vom 21. No-
vember 2007 stellt Rechtsanwalt Fryberg den Antrag, X. aus der Verwahrung zu
entlassen. Nur so könne dieser in eine Anstalt eingewiesen werden, die ihm ge-
recht werde.



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Auf die Ausführungen im psychiatrischen Gutachten vom 2. Oktober 2007
sowie auf die Begründung der Anträge in den Rechtsschriften wird, soweit erfor-
derlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.a. Nach Ziff. 2 Abs. 2 der Schlussbestimmungen der Änderung des
StGB vom 13. Dezember 2002 überprüft das Gericht bis spätestens 12 Monate
nach Inkrafttreten des neuen Rechts, ob bei Personen, die nach den Art. 42
43 Ziff. 1 Abs. 2 des bisherigen Rechts verwahrt sind, die Voraussetzungen für
eine therapeutische Massnahme (Art. 59-61 63 StGB) erfüllt sind. Trifft dies
zu, so ordnet das Gericht die entsprechende Massnahme an; andernfalls wird die
Verwahrung nach neuem Recht weitergeführt.
b.
X. wurde mit den Urteilen des Kantonsgerichtausschusses vom 12.
November 1992 und vom 22. September 1993 (SB 63/93) gestützt auf aArt. 43
Ziff. 1 Abs. 2 StGB verwahrt. In diesem Sinne ist bis am 31. Dezember 2007 die
Überprüfung dieser Verwahrung, welche in den vergangenen Jahren bereits
mehrmals erfolgte, erneut vorzunehmen. Zuständig hierfür ist dasjenige Gericht,
das die Massnahme angeordnet hat, vorliegend somit der Kantonsgerichtsaus-
schuss.
c.
Der Kantonsgerichtsausschuss hat zu prüfen, ob bei X. die Voraus-
setzungen für eine therapeutische Massnahme erfüllt sind, wobei aufgrund des
Alters sowie der Art und Schwere der psychischen Störung von X. nur eine statio-
näre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB in Frage kommt. Nach Art. 59
Abs. 1 StGB kann das Gericht, ist ein Täter psychisch schwer gestört, eine statio-
näre Behandlung anordnen, wenn der Täter ein Verbrechen Vergehen be-
gangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht und zu
erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Stö-
rung in Zusammenhang stehender Taten begegnen. Massnahmen nach Art. 59
StGB sind spezifische Formen der strafrechtlichen Sanktion und bezwecken die
Verhinderung von Straftaten und die Wiedereingliederung der Täter. Vorausge-
setzt sind Behandlungsbedürftigkeit und Behandlungsfähigkeit (Do-
natsch/Flachsmann/Hug/Weder, StGB, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kom-
mentar, 17. Aufl., Zürich 2006, S. 116). Ist der Betroffene einer Behandlung nicht
zugänglich, fällt eine therapeutische Massnahme ausser Betracht (Marianne Heer,
Basler Kommentar zum StGB, Band I, 2. A., Basel 2007, N 63 zu Art. 59 StGB).
Sind die Voraussetzungen für eine Massnahme nach Art. 59 StGB erfüllt, ordnet



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der Kantonsgerichtsausschuss diese an. Kommt eine solche Massnahme nicht in
Frage, hat das Gericht, wenn eine Entlassung, eine probeweise Entlassung
gar eine Aufhebung der Verwahrung nicht in Frage kommt, festzustellen, dass die
Verwahrung nach neuem Recht (Art. 64 StGB) weitergeführt wird.
2.a.
A. stellt in seinem Gutachten vom 2. Oktober 2007 hinsichtlich X. die
Diagnose einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägt unreifen Zü-
gen. Zudem bestehe bei ihm eine Störung der Sexualpräferenz im Sinne einer
Pädophilie.
In Bezug auf Gefährlichkeit und Rückfallgefahr sieht der Gutachter bei X.
gegenwärtig ein deutlich ausgeprägtes strukturelles Rückfallrisiko für einschlägi-
ges pädosexuelles Deliktshandeln. Auch langfristig erachtet der Experte Rückfäl-
ligkeit als eher wahrscheinlich als Rückfallfreiheit. Die aktuelle legalprognostische
Beurteilung und die Einschätzung des Rückfallrisikos für einschlägiges Handeln
fielen bei X. gegenwärtig weiterhin ungünstig aus. Die von ihm ausgehende Ge-
fährdung gegenüber anderen Menschen ergebe sich aus der bei ihm fortbeste-
henden Störung der Sexualpräferenz im Sinne einer Pädophilie sowie aus der mit
einem gegenwärtig deutlichen Rückfallrisiko behafteten Disposition für pädosexu-
elles Handeln. Es sei in diesem Zusammenhang eine relevante Gefährdung der
sexuellen Integrität von Kindern zu erwarten, die über das in den bisherigen pädo-
sexuellen Tathandlungen gezeigte Ausmass indes nicht hinausgehen sollte. Eine
nennenswerte Wahrscheinlichkeit für Handlungen, welche zu einer zumal höher
gradigen körperlichen Integritätsverletzung und damit zu einer Gefährdung von
Leib und Leben eines Menschen führen, werde bei X. nicht gesehen.
X. habe keine delinquenzspezifischen personalen Kompetenzen und ein
ausreichend rückfallprophylaktisch wirksames kognitiv-verhaltens-bezogenes Risi-
komanagementpotential bei sich ausbilden können. Das bei ihm weiterhin als
deutlich ausgeprägt beurteilte Rückfallrisiko für einschlägiges pädosexuelles De-
likthandeln sei nicht in einem relevanten Masse kompensiert. Eine probeweise
Entlassung von X. aus der Verwahrung gar deren Aufhebung erscheine
zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht und werde gutachterlicherseits nicht empfohlen.
Vor und auch während der nunmehr bald 15-jährigen Inhaftierungszeit von
X. seien verschiedentlich Versuche einer psychotherapeutischen Beeinflussung
seiner persönlichkeitsbezogenen Risikofaktoren für pädosexuelles Delikthandeln
unternommen worden. In den jährlichen Beurteilungen und den Prognosegutach-
ten sei ihm attestiert worden, dass eine deliktorientierte Therapiearbeit mit ihm



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nicht durchführbar gewesen sei und wirksame rückfallprophylaktische Strukturen
nicht haben etabliert werden können. In der jetzigen gutachterlichen Untersu-
chungssituation präsentiere sich X. weitgehend unverändert im Vergleich zu den
früheren Beurteilungssituationen. Eine adäquate inhaltliche Reflexion seiner verur-
teilten pädosexuellen Anlasstathandlungen und seiner deliktbegünstigenden Per-
sönlichkeitseigenarten in Form einer deliktrekonstruktiven Auseinandersetzung sei
mit ihm nicht möglich gewesen. Die teilweise Verleugnung verurteilter Delikthand-
lungen und kognitive Verzerrungen wie die Externalisierung von Verantwortung
bei erheblicher Bagatellisierung der Deliktschwere sowie eine teilweise Verkeh-
rung ins Gegenteil hinsichtlich der Initiierung von Tathandlungen etc. seien bei X.
weiterhin auffällig. Im FOTRES (Forensisches Operationalisiertes Therapie-Risiko-
Evaluations-System) sei die deliktbezogene Beeinflussbarkeit des Exploranden als
gering bis sehr gering vorhanden beurteilt worden. Zusammenfassend lägen bei
X. nicht die Voraussetzungen vor, um eine stationäre Behandlungsmassnahme
gemäss Art. 59 StGB empfehlen zu können. Eine Umwandlung der Verwahrungs-
in eine stationäre Behandlungsmassnahme werde aus forensisch-psychiatrischer
Sicht als nicht zweckmässig erachtet.
b.
Der Gutachter gelangt somit zum Schluss, dass bei X. die Voraus-
setzungen für eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB nicht
gegeben sind und die Verwahrung nach Art. 64 StGB weiterzuführen ist. Nament-
lich fehlt es bei X. an der therapeutischen Beeinflussbarkeit und damit an der von
Art. 59 StGB geforderten Behandlungsfähigkeit.
3.a. Der amtliche Verteidiger macht in seiner Vernehmlassung vom 21.
November 2007 geltend, X. sei von verschiedenen Fachleuten verschieden beur-
teilt worden. Die gutachterlichen Einschätzungen bezüglich der Therapierbarkeit
von X. gingen teilweise diametral auseinander. So halte insbesondere der Psycho-
loge D. fest, dass X. seiner Meinung nach nicht untherapierbar sei. Rechtsanwalt
Fryberg verweist in diesem Zusammenhang auf einen Artikel in der Weltwoche,
der sich mit X. befasst hat.
b.
Der erwähnte Weltwoche-Artikel zitiert hinsichtlich der Therapierbar-
keit von X. wie sich aus den im Beitrag verwendeten Initialen in Verbindung mit
den vorliegenden Verfahrensakten ergibt - die Ärzte bzw. Psychotherapeuten B.,
C. und D..
Es trifft zu, dass D., Psychologe in der Strafanstalt Lenzburg, in seinem Be-
richt vom 14. Juni 1996, der im Gutachten Dr. E. vom 24. Juli 1996 wiedergege-



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ben ist, festhielt, X. sei seiner Meinung nach nicht untherapierbar. Es habe eine
Vertrauensbasis bestanden und Identifikationen seien möglich gewesen. Aus die-
sen Angaben liessen sich durchaus positive Aspekte in den bislang unternomme-
nen psychotherapeutischen Interventionen erkennen. Fruchtbare Ansätze waren
laut Gutachten allerdings in erster Linie dann möglich, wenn die konkreten
Schwierigkeiten von X. im Alltag zum Ansatz der therapeutischen Gespräche ge-
nommen wurden. Sexuelle Handlungen mit Kindern waren offenbar kein zentrales
Thema des therapeutischen Prozesses, selbst wenn nicht ausgeschlossen wurde,
dass sich auch eine Arbeit an den Delikten hätte ergeben können (Gutachten Dr.
E., S. 5 f., 12 f.). Das Gutachten Dr. E. vom 24. Juli 1996 nimmt im Weiteren auf
die Behandlung von X. durch Dr. C. Bezug. Es geht daraus hervor, dass X. dem
Therapeuten im letzten Halbjahr des Behandlungszeitraums als spürbarer und
emotional zugänglicher erschien. Auch Dr. C. äusserte allerdings die Ansicht, dass
Auseinandersetzungen psychotherapeutischer Art kaum stattfinden konnten (Gut-
achten Dr. E., S. 4). Die erwähnten Teilerfolge in den allgemeinen therapeutischen
Bemühungen der Jahre 1993 bis 1996 sind zwar positiv zu werten, rechtfertigen
indes die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme für sich allein
noch nicht. Insbesondere ist für eine Behandlung nach Art. 59 StGB vorausge-
setzt, dass eine deliktorientierte Therapie möglich ist, ansonsten nicht erwartet
werden kann, durch die Behandlung lasse sich der Gefahr weiterer mit der psychi-
schen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen. Trotz
der in Betracht gezogenen Möglichkeit, dass sich aus der allgemeinen therapeuti-
schen Behandlung von X. auch eine deliktsbezogene Arbeit hätte ergeben können
- diese Möglichkeit wird im Übrigen von Gutachter A. noch heute nicht ausge-
schlossen (vgl. Gutachten A., S. 78) gelang es in den folgenden zehn Jahren
zudem offensichtlich nicht, eine erfolgreiche deliktorientierte Therapie durchzufüh-
ren. Dr. B., Psychiatrischer Dienst Strafanstalt Lenzburg, sprach in seinem Thera-
piebericht vom 8. März 2005 dann zwar davon, X. dürfe als therapiebzw. ge-
sprächswillig bezeichnet werden (Therapiebericht Dr. B., S. 3). Damit wird indes in
erster Linie die Behandlungsbereitschaft angesprochen und nicht die von Art. 59
StGB vorausgesetzte Behandlungsfähigkeit.
c.
Von den weiteren Gutachtern, die sich bis anhin mit X. befasst ha-
ben, wird dessen Therapierbarkeit bzw. Behandlungsfähigkeit trotz vielfacher psy-
chotherapeutischer Behandlungsversuche als nicht vorhanden bezeichnet (vgl.
Gutachten Dr. F. vom 4. September 1992, S. 9 ff.; Gutachten Dr. E. vom 24. Juli
1996, S. 11 ff.; Gutachten Dr. G. vom 22. Oktober 2003, S. 36 ff.; Therapiever-
laufsbericht Dr. H. vom 22. August 2006). Bis heute konnte eine erfolgverspre-



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chende therapeutische Behandlung bei X., wie bereits erwähnt, denn auch nicht
durchgeführt werden.
d.
Wie in Erwägung 2 dargelegt, gelangt auch Gutachter A. im aktuellen
Gutachten aus dem Jahr 2007 zum Schluss, X. fehle die Behandelbarkeit. Dabei
beurteilte der Experte einerseits den gesamten bisherigen Massnahmeund Inhaf-
tierungszeitraum bzw. die verschiedenen Versuche einer psychotherapeutischen
Beeinflussung von X.. Anderseits nahm er eigene Untersuchungen vor, die ihn zur
Erkenntnis führten, dass sich X. weitgehend unverändert im Vergleich zu früheren
Beurteilungssituationen präsentiere. Dieser habe jeweils klar Stellung genommen
zu den prognoserelevanten und anderen Fragestellungen. Er habe zwar die bei
ihm bestehende Einsicht formuliert, dass er solche Handlungen nicht mehr tun
dürfe und werde. Als Anlass für diese Haltung erscheine jedoch weniger die Ein-
sicht in die umfassende kindsbezogene Unrechtmässigkeit eines solchen Tuns,
sondern die Angst vor Bestrafung. Eine adäquate inhaltliche Reflexion seiner ver-
urteilten pädosexuellen Anlasstathandlungen und seiner deliktbegünstigenden
Persönlichkeitseigenarten in Form einer deliktrekonstruktiven Auseinandersetzung
sei mit ihm nicht möglich. Bei X. sei keine Entwicklung erkennbar geworden, wel-
che auf einer persönlichkeitsstrukturellen Ebene und im Hinblick auf deliktbezoge-
ne persönliche Haltungen und Sichtweisen einen relevanten Unterschied zu frühe-
ren Beurteilungssituationen ausmachen würde. Diese negative Einschätzung wer-
de von den Ergebnissen der in der vorliegenden Begutachtung angewandten
Prognoseinstrumente gestützt. Die Behandelbarkeit bzw. Beeinflussbarkeit des
strukturellen Rückfallrisikos werde als gering bis sehr gering ausgeprägt beurteilt.
Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass X. im Sinne einer primär delikt-
orientierten Therapie nicht ausreichend behandelbar sei. Auch seine Persönlich-
keitsstörung sei in seinem fortgeschrittenen Alter psychotherapeutisch nicht
(mehr) angehbar (Gutachten A., S. 70 ff.).
e.
Das Gutachten von Oberarzt A. erweist sich grundsätzlich als voll-
ständig und klar und wird im Übrigen auch vom amtlichen Verteidiger nicht sub-
stanziiert beanstandet. Unter diesen Umständen besteht für den Kantonsgerichts-
ausschuss kein Anlass, bei der Beurteilung der vorliegend relevanten Frage von
den aktuellen gutachterlichen Feststellungen abzuweichen, mögen in der Vergan-
genheit auch vereinzelte Gutachter die Situation etwas anders eingeschätzt ha-
ben. Die von Art. 59 StGB vorausgesetzte Behandlungsfähigkeit ist nach Beurtei-
lung von Gutachter A. bei X. nicht gegeben, so dass dessen Verwahrung nach Art.
64 StGB, zumal eine Entlassung, eine probeweise Entlassung gar die Aufhe-



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bung der Verwahrung zum jetzigen Zeitpunkt offensichtlich nicht in Frage kommt,
weiterzuführen ist.
4.a. Der amtliche Verteidiger weist darauf hin, eine Entlassung aus der
Verwahrung sei bei X. auch deshalb angezeigt, weil vom Gutachter eine Gefähr-
dung ausgeschlossen werde. Dieser halte fest, dass bei X. keine nennenswerte
Wahrscheinlichkeit für Handlungen gesehen werde, welche zu einer körperlichen
Integritätsverletzung und damit zu einer Gefährdung von Leib und Leben eines
Menschen führen.
b.
Dass Gutachter A. die Wahrscheinlichkeit für Handlungen, die zu ei-
ner Gefährdung von Leib und Leben eines Menschen führen, als nicht nennens-
wert einstuft, trifft zu. Dennoch darf nicht einfach ausgeblendet werden, dass er
daneben das strukturelle Rückfallrisiko für einschlägiges pädosexuelles Handeln
nach wie vor als deutlich ausgeprägt erachtet, so dass eine relevante Gefährdung
der sexuellen Integrität von Kindern zu erwarten ist. Unter diesen Umständen kann
nicht generell gesagt werden, vom Gutachter werde eine Gefährdung ausge-
schlossen.
5.a. Was die Unterbringung von X. betrifft, so bedarf dieser nach Ein-
schätzung von Gutachter A. nicht mehr der sichernden Strukturen eines Gefäng-
nisses, um bei ihm das deutlich ausgeprägte fortbestehende Rückfallrisiko für ein-
schlägiges Delikthandeln ausreichend zu kompensieren. Der Vollzug der Verwah-
rung könne und solle daher an einem anderen Ort als in einem Gefängnis bzw. in
der Strafanstalt Realta durchgeführt werden. Vorgeschlagen wird die Platzierung
in einer von psychiatrischem Fachpersonal geführten Wohnheim-Struktur inner-
halb einer psychiatrischen Klinik. Dies sei insbesondere dann zweckmässig, wenn
zunächst auch eine geschlossene Unterbringung möglich sei und Lockerungen im
Öffnungsregime gemäss des jeweiligen Entwicklungsverlaufs von den Betreuen-
den entschieden und vor Ort durchgeführt werden können. Als geeignet erscheine
unter anderem die Klinik Sonnhalde in Grüningen. Auch Dr. B., Psychiatrischer
Dienst Strafanstalt Lenzburg, ging in seinem Therapiebericht vom 8. März 2005
davon aus, dass X. die Sicherheitsstrukturen der Strafanstalt nicht benötige, je-
doch eine Überwachung der Kontakte und der Aktivitäten mit begleitender Einglie-
derung/Platzierung, die eine engmaschige soziale Einbindung mit Menschen in
seiner Altersgruppe sowie eine angemessene Beschäftigung ermögliche. Nicht
zuletzt stellte auch Dr. H., Klinik Beverin, in seinem Therapieverlaufsbericht vom
22. August 2006 zumindest in Frage, ob die Verwahrung im Rahmen einer Straf-
anstalt stattfinden müsse und ob nicht auch eine andere Struktur in Frage käme.



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b. Der
Kantonsgerichtsausschuss,
welcher die Ausführungen der Gut-
achter durchaus nachvollziehen kann, kann nun aber im vorliegenden Verfahren
nicht über den Vollzug der Verwahrung von X. entscheiden. Er hat lediglich zu be-
urteilen, ob die Voraussetzungen für eine stationäre therapeutische Massnahme
nach Art. 59 StGB vorliegen und verneinendenfalls, falls wie im vorliegenden
Fall auch die Voraussetzungen für eine Entlassung, für eine probeweise Entlas-
sung gar für eine Aufhebung der Verwahrung nicht erfüllt sind, festzustellen,
dass die Verwahrung nach Art. 64 StGB weiterzuführen ist. Das Amt für Justizvoll-
zug, das für den Entscheid, in welcher Vollzugseinrichtung die Verwahrung erfol-
gen soll, zuständig ist, wird sich indes mit den entsprechenden Empfehlungen des
Gutachters ernsthaft zu befassen und einlässlich zu begründen haben, wenn es
von diesen abweichen sollte.
6.
Für das vorliegende Verfahren werden keine Gerichtskosten erho-
ben. Die Kosten der amtlichen Verteidigung sowie jene der Begutachtung sind
vom Kanton Graubünden zu übernehmen. Eine gesetzliche Grundlage, die es er-
lauben würde, die erwähnten Kosten X. aufzuerlegen, liegt in casu nicht vor. Das
vorliegende Verfahren besteht in einer von Gesetzes wegen durchzuführenden
Überprüfung der Verwahrung. Es unterscheidet sich von einem ordentlichen Straf-
verfahren, in dessen Rahmen eine Verwahrung angeordnet wird. In diesem Sinne
kann Art. 158 StPO, nach welchem einem Verurteilten die Verfahrenskosten, zu
denen auch die Untersuchungsund Begutachtungskosten zählen, auferlegt wer-
den können, nicht zur Anwendung gelangen. Ebenso wenig liegt ein Rechtsmittel-
verfahren vor wie es beispielsweise beim Weiterzug eines Entscheids des De-
partements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit betreffend Überprüfung der
Massnahmebedürftigkeit mittels Berufung an den Kantonsgerichtsausschuss der
Fall wäre -, so dass auch ein Rückgriff auf Art. 160 StPO nicht zulässig ist. Die
vorliegend entstandenen Kosten können schliesslich auch nicht den Vollzugskos-
ten nach Art. 189 StPO zugeordnet werden. Fehlt es in diesem Sinne an einer hin-
reichenden gesetzlichen Grundlage für eine Kostenüberbindung, sind die entspre-
chenden Kosten auf die Staatskasse zu nehmen.



10


Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Die gestützt auf Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB angeordnete Verwahrung ist
gestützt auf Art. 64 nStGB im Sinne der Erwägungen bis auf weiteres wei-
terzuführen.
2.
Für das gerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.
Die Kosten der Begutachtung von Fr. 10'530.-- und die Kosten der amtli-
chen Verteidigung von Fr. 3'264.60 inkl. MWST gehen zu Lasten des Kan-
tons Graubünden.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 ff. des Bundesgerichtsge-
setzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundes-
gericht geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30
Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in
der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die
Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen
und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff.
BGG.
4. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Vizepräsident
Die Aktuarin ad hoc



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