X. wurde der üblen Nachrede schuldig gesprochen, da er R. als kriminellen Ausländer bezeichnete. Er wurde zu einer Busse von CHF 1'500.-- verurteilt. Die Kosten des Berufungsverfahrens von CHF 2'000.-- wurden je zur Hälfte X. und R. auferlegt. X. ist männlich.
Urteilsdetails des Kantongerichts SB-07-20
Kanton: | GR |
Fallnummer: | SB-07-20 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 05.12.2007 |
Rechtskraft: | - |
Entscheid des Kantongerichts SB-07-20
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 05. Dezember 2007
Schriftlich mitgeteilt am:
SB 07 20
(nicht mündlich eröffnet)
(Eine gegen dieses Urteil beim Bundesgericht erhobene Beschwerde ist mit Urteil
vom 31. Juli 2008 abgewiesen worden).
Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Vizepräsident
Schlenker
RichterInnen Möhr und Riesen-Bienz
Aktuarin Mosca
——————
In der strafrechtlichen Berufung
des X., Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Alexander R. Lecki,
Postfach 232, Stadthausstrasse 39, 8402 Winterthur,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Landquart vom 22. August 2007, mit-
geteilt am 21. September 2007, in Sachen des R . , Berufungsbeklagter, vertreten
durch Rechtsanwalt lic. iur. HSG Hermann Just, Postfach 414, Masanserstrasse
35, 7001 Chur, gegen den Berufungskläger,
betreffend Ehrverletzung,
hat sich ergeben:
2
A.
X. wurde am 15. Dezember 1943 in F. (U.) geboren, wo er zu-
sammen mit sieben Geschwistern aufwuchs und acht Jahre die Primarschule be-
suchte. Nach der Schulentlassung absolvierte er eine Lehre als Bäcker/Konditor,
die er erfolgreich abschloss. Darüber hinaus besuchte er diverse weitere Schulun-
gen und Ausbildungen auf privater Basis. Ende der fünfziger Jahre arbeitete er
während vier Jahren in seiner Lehrfirma in G. und in H.. 1963 kam X. in die
Schweiz, wo er in I., J., K. und L. als Bäcker/Konditor Konditor in diversen
Betrieben arbeitete. In den Jahren 1972 und 1973 war er als Disponent bei der M.
in T. tätig. Anschliessend arbeitete X. für verschiedene Firmen im Aussendienst.
Seit 1992 ist er bei der Firma N. AG im Bereich chemisch/technischer Spezial-
produkte tätig. Eigenen Angaben zufolge verdient X. bei der Firma N. AG ca. CHF
30'000.-pro Jahr. Von 1976 an war X. in I. wohnhaft, bis er 1992 nach O. zog.
Seit 1995 wohnt X. in D.. Im Oktober 2001 verheiratete er sich mit E..
Der Geschäftsführer der N. AG, Herr V., stellt X. ein gutes Zeugnis
aus. X. sei so V. ein zuverlässiger Mitarbeiter, dessen Verhalten bis heute zu
keinen Klagen Anlass gegeben habe.
B. Im
schweizerischen
Strafregister ist X. mit einer Eintragung ver-
zeichnet: Mit Urteil vom 24. April 2002 verurteilte ihn der Kan-
tonsgerichtsausschuss Graubünden wegen Nötigung im Sinne von Art. 181 aStGB
zu einer Busse von Fr. 700.--. Zudem verurteilte ihn der Bezirksgerichtsausschuss
Landquart am 5. September 2001 wegen übler Nachrede im Sinne von Art. 173
Ziffer 1 StGB zu einer Busse von Fr. 500.--.
C.
X. und seine Ehefrau E. sind Eigentümer eines Einfamilienhauses
am C. in D.. In der unmittelbaren Umgebung des Einfamilienhauses befinden sich
drei weitere Häuser, deren Zufahrt über das Grundstück des Ehepaares X. erfolgt
und mit einer Grunddienstbarkeit gesichert ist. Eigentümer dieser umgebenden
Gründstücke sind P. (C.), Qu. (C.) sowie R. (C.). Über die Ausdehnung und den
Verlauf dieser Dienstbarkeit befindet sich das Ehepaar X. mit ihren Nachbarn seit
nunmehr über einem Jahrzehnt in einem Streit, nachdem die Dienstbarkeitsbelas-
teten die Lage und Ausdehnung des Fahrwegrechts nicht mehr akzeptieren woll-
ten. Die Streitigkeiten hatten schon diverse Gerichtsentscheide verschiedener In-
stanzen zur Folge, wobei Bestand, Umfang und Verlauf der Dienstbarkeit jeweils
von allen Gerichtsinstanzen bis hin zum Schweizerischen Bundesgericht betätigt
worden waren.
3
D.
Mit Eingabe vom 15. Dezember 2005 reichte R. beim Kreisamt Fünf
Dörfer eine Klage wegen Ehrverletzung und Geschäftsschädigung gegen E. und
X. ein. Als Begründung brachte er im Wesentlichen vor, dass er und seine Ehefrau
von E. und X. in zwei von diesen verfassten und seit dem 8. Dezember 2005 am
C. aufgehängten Schriften, welche sich unmittelbar an die Öffentlichkeit richteten,
als kriminelle Ausländer bezeichnet würden. Die Schriften, welche der Eingabe
beilagen, seien zudem vom Ehepaar X. an verschiedene Personen und Behörden
per Post und Fax verschickt worden.
E.
Am 1. Februar 2006 fand eine Sühneverhandlung vor dem Kreisprä-
sidenten Fünf Dörfer statt, welche jedoch scheiterte, da sich das Ehepaar X. wei-
gerte, ein eingeschaltetes Tonbandgerät abzuschalten. In der Folge wurden die
Parteien mit Verfügung des Kreispräsidenten Fünf Dörfer vom 15. Februar 2006
zur Vertröstung und R. zur Klageergänzung im Sinne von Art. 165 StPO aufgefor-
dert. Am 31. März 2006 reichte R. eine Klageergänzung mit folgenden Rechtsbe-
gehren ein:
„1. a) X. und E. seien wegen ehrverletzender Äusserungen gegen-
über R. auf Grund von Art. 174 StGB zu verurteilen.
b) Eventualiter seien X. und E. auf Grund von Art. 173 StGB zu
verurteilen.
c) Subeventualiter seien X. und E. auf Grund von Art. 177 StGB
zu verurteilen.
2. Die Beklagten seien zu verpflichten, dem Kläger eine angemes-
sene Genugtuungssumme zu zahlen.
3. Unter gerichtlicherund aussergerichtlicher Kostenund Ent-
schädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.“
Am 29. Juni 2006 liess sich das Ehepaar X. wie folgt dazu vernehmen:
„1. Es seien die Angeschuldigten vom Vorwurf der Ehrverletzung im
Sinne von Art. 174 StGB, eventualiter Art. 173 StGB und sube-
ventualiter Art. 177 StGB freizusprechen.
2. Es sei das Begehren des Klägers um Zusprechung einer Genug-
tuung abzuweisen.
3. Es seien die Verfahrenskosten dem Kläger aufzuerlegen, und es
sei dieser zu verpflichten, den Angeschuldigten eine angemes-
sene Prozessentschädigung zu entrichten.“
In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellten E. und X. folgendes Begehren:
4
„Es seien die Angeschuldigten hinsichtlich der Behauptungen, der
Kläger sei ein „krimineller Ausländer“, und er „könne seine eigenen
Pläne und Verträge nicht lesen sowie im Gelände nachvollziehen“
zum Wahrheitsbzw. Gutglaubensbeweis zuzulassen.“
F.
Mit Eingabe vom 18. Juli 2006 nahm R. zum Antrag auf Zulassung
des Ehepaares X. zum Entlastungsbeweis Stellung. Er beantragte, E. und X. seien
nicht zum Wahrheitsbzw. Gutglaubensbeweis zuzulassen. In der Folge überweis
das Kreisamt Fünf Dörfer die Akten gestützt auf Art. 166 Abs. 2 StPO dem Be-
zirksgerichtsausschuss Landquart zwecks Beurteilung dieses Antrags.
Mit Urteil vom 4. Oktober 2006, mitgeteilt am 10. November 2006, wies der
Bezirksgerichtsausschuss Landquart den Antrag des Ehepaares X. auf Zulassung
zum Entlastungsbeweis ab und überwies die Akten dem Kreisamt Fünf Dörfer zur
Weiterführung des Ehrverletzungsverfahrens. Eine gegen diesen Entscheid erho-
bene Berufung des Ehepaares X. wurde mit Urteil des Kantonsgerichtsausschus-
ses von Graubünden vom 17. Januar 2007, mitgeteilt am 13. Februar 2007, ab-
gewiesen, wobei die Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 1'500.-- E. und X. auf-
erlegt wurden. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft, und am 26. März 2007 wur-
den die Akten wieder dem Kreisamt Fünf Dörfer zur Weiterführung des Ehrverlet-
zungsverfahrens überwiesen.
G.
Am 18. April 2007 erliess der Kreispräsident Fünf Dörfer folgende
Anklageverfügung:
„1. E. und X. werden wegen Übler Nachrede gemäss Art. 173 StGB,
Verleumdung gemäss Art. 174 StGB und Beschimpfung gemäss
Art. 177 StGB zum Nachteil von R. in Anklagezustand versetzt.
2. Der Fall wird, gestützt auf Art. 346 StGB und Art. 165 Abs. 3
StPO, dem Bezirksgerichtsausschuss Landquart, Bahnhofplatz
2, 7302 Landquart, zur Beurteilung überwiesen.
3. (Rechtsmittelbelehrung)
4. (Mitteilung)“
H.
Am 22. August 2007 fand die Hauptverhandlung vor Bezirksgerichts-
ausschuss Landquart statt. Anlässlich dieser Hauptverhandlung liess R. folgende
Begehren stellen:
„1. X. und E. seien wegen Verleumdung gegenüber R. auf Grund
von Art. 174 Ziff. 2 StGB schuldig zu sprechen.
2. Dafür sei X. mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten zu be-
strafen.
3. Der bedingte Strafvollzug sei nicht zu gewähren.
5
4. Dafür sei E. mit einer Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen zu
bestrafen.
5. Die Angeklagten seien zu verpflichten, dem Kläger eine ange-
messene Genugtuungssumme nach richterlichem Ermessen zu
bezahlen.
6. Unter gerichtlicher und aussergerichtlicher Kostenund Entschä-
digungsfolge zu Lasten der Beklagten.“
X. und E. liessen zu ihrer Verteidigung folgende Anträge stellen:
„1. Es seien die Privatstrafbeklagten vom Vorwurf der Verleumdung
im Sinne von Art. 174 StGB, eventualiter der üblen Nachrede
gemäss Art. 173 StGB, subeventualiter der Beschimpfung nach
Art. 177 StGB freizusprechen.
2. Es sei das Begehren um Zusprechung einer Genugtuung abzu-
weisen.
3. Es seien die Verfahrenskosten dem Privatstrafkläger aufzuerle-
gen, und es sei dieser zu verpflichten, den anwaltlich vertretenen
Privatstrafbeklagten eine angemessene Prozessentschädigung
zu entrichten.“
I.
Mit Urteil vom 22. August 2007, mitgeteilt am 21. September 2007,
erkannte der Bezirksgerichtsausschuss Landquart:
„1. X. ist schuldig der Verleumdung im Sinne von Art. 174 Abs. 1
StGB zum Nachteil von R..
2. Dafür wird er mit einer Busse von Fr. 3'000.-bestraft.
3. E. wird vom Vorwurf der Ehrverletzung gegenüber R. freigespro-
chen.
4. Der Antrag von R. auf Ausrichtung einer Genugtuungssumme
durch X. und E. wird abgewiesen.
5. Die Kosten des Verfahrens vor Bezirksgerichtsausschuss Land-
quart, bestehend aus:
- der Gerichtsgebühr des Bezirkgerichtsaus-
schusses Landquart
Fr.
2'461.00
- den Barauslagen des Bezirksgerichtsaus-
schusses Landquart
Fr.
189.00
total somit Fr. 2'650.00
sowie die Kosten des Verfahrens vor dem Kreisamt Fünf Dörfer
in Höhe von Fr. 1'400.-werden je zur Hälfte X. und R. auferlegt.
6. X. wird gerichtlich verpflichtet, R. eine Prozessentschädigung
von Fr. 3'000.-- (Mehrwertsteuer darin enthalten) auszurichten.
6
7. R. wird gerichtlich verpflichtet, E. eine Prozessentschädigung
von Fr. 1'000.-- (Mehrwertsteuer enthalten) zu bezahlen.
8. (Rechtsmittelbelehrung)
9. (Mitteilung)“
J.
Dagegen liess X. am 11. Oktober 2007 Berufung an den Kantonsge-
richtsausschuss von Graubünden erklären. Er beantragt:
„Es seien die Dispositivziffern 1. und 2. des vom Bezirksgerichtsaus-
schusses Landquart am 22. August 2007 unter Prozess-Nummer
520-2007-5 gefällten Urteiles aufzuheben, und es sei der Privatstraf-
beklagte X. vom Vorwurf der Verleumdung im Sinne von Art. 174 Ab-
satz 1 StGB zum Nachteil von R. freizusprechen, und es seien die
Kostenund Entschädigungsfolgen entsprechend anzupassen;
eventualiter:
Es sei Dispositivziffer 1. des angefochtenen Entscheides aufzuhe-
ben, und es sei der gen. Privatstrafbeklagte bezüglich des Vorwurfes
„ ihre eigenen Pläne und Verträge nicht lesen und im Gelände
nachvollziehen können“ vom Vorwurf der Ehrverletzung zum Nach-
teil von R. freizusprechen; die Kostenund Entschädigungsfolgen
seien entsprechend anzupassen;
subeventualiter:
Es seien die Dispositivziffern 1. und 2. des in Antrag Ziffer 1 genann-
ten Urteils aufzuheben und der Privatstrafbeklagte X. bezüglich der
Aussage “ die Bündner Justiz auch rechtswidrig/kriminelle Auslän-
der z.B. wie den Deutschen im heutigen Polen geborenen Architek-
ten R. und seine Ehefrau R. begünstigt“ lediglich wegen übler Nach-
rede im Sinne von Art. 173 Ziffer 1 StGB mit einer Busse von Fr.
100.-zu bestrafen;
unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Privatstraf-
klägers und Appellanten.“
R. liess sich am 5. November 2007 dazu vernehmen. Er beantragte die kos-
tenfällige Abweisung der Berufung. Die Vorinstanz verzichtete auf eine Stellung-
nahme.
Auf die weiteren Vorbringen in den Rechtsschriften sowie die Ausführungen
im angefochtenen Entscheid wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Er-
wägungen eingegangen.
7
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.
Gegen Urteile und Beschlüsse der Bezirksgerichte und ihrer Aus-
schüsse, sowie gegen Verfügungen der Bezirksgerichtsund Kreispräsidenten
(ausgenommen Untersuchungshandlungen, prozessleitende Verfügungen und
Strafmandate) können der Verurteilte und der Staatsanwalt beim Kantonsgerichts-
ausschuss Berufung einreichen. Auch Urteile der Bezirksgerichtsausschüsse in
Ehrverletzungssachen sind von den Parteien mit Berufung an den Kantonsge-
richtsausschuss von Graubünden anfechtbar (Art. 168 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die
Formalitäten richten sich dabei nach den allgemeinen Bestimmungen über das
Berufungsverfahren gemäss Art. 141 ff. StPO (W. Padrutt, Kommentar zur Straf-
prozessordnung des Kantons Graubünden, 2. Aufl., O. 1996, Ziff. 8.1 zu Art. 162-
168 StPO, S. 423). Die Berufung ist innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröff-
nung des angefochtenen Entscheides einzureichen. Sie ist zu begründen und hat
darzutun, welche Mängel des erstinstanzlichen Entscheides Gerichtsverfah-
rens gerügt werden und ob das ganze Urteil lediglich Teile davon angefoch-
ten werden (Art. 141 ff. StPO). Diesen Anforderungen vermag die im Übrigen
formsowie fristgerecht eingereichte Berufung von X. vom 11. Oktober 2007 zu
genügen, weshalb auf sie einzutreten ist.
2.
Das Ehrverletzungsverfahren ist ein besonderes Verfahren und rich-
tet sich nach den Bestimmungen der Art. 162 ff. StPO. Ergänzend finden die Best-
immungen über das ordentliche Verfahren und subsidiär jene der ZPO Anwen-
dung (W. Padrutt, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Graubünden,
2. Aufl., O. 1996, S. 418 Ziff. 2). Den Vergehen gegen die Ehre ist eigen, dass sie
nur auf Antrag des Verletzten verfolgt werden, und dass der Prozess grundsätzlich
in einem dem zivilprozessualen Zweiparteienverfahren angenäherten Verfahren
geführt wird. Wesentliche Elemente im Sinne des Privatstrafklageverfahrens sind
etwa die Einleitung des Verfahrens durch schriftliche Klage des Verletzten, der
Ablauf der Hauptverhandlung, an welcher die Parteien ihre Sache selbst bezie-
hungsweise durch ihre privat bestellten Anwälte zu vertreten haben, sowie die
Möglichkeit beider Parteien, gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung beim Kan-
tonsgerichtsausschuss einzulegen. Ein Parteivortritt findet gemäss Art. 168 Abs. 2
StPO im Berufungsverfahren nicht statt. Davon abgesehen kann von einer mündli-
chen Verhandlung vor der Rechtsmittelinstanz aber ohnehin abgesehen werden,
soweit die erste Instanz tatsächlich mündlich verhandelt hat, wenn nur Rechtsfra-
gen Tatfragen zur Diskussion stehen, die sich leicht nach den Akten beurtei-
len lassen, ferner wenn eine reformatio in peius ausgeschlossen die Sache
von geringer Tragweite ist und sich keine Fragen zur Person und deren Charakter
8
stellen (vgl. BGE 119 Ia 316 E. 2b; PKG 2001 Nr. 19; ZGRG 2/99, S. 46). Zudem
darf einem nichtöffentlichen Verfahren kein wichtiges öffentliches Interesse entge-
genstehen. Der Betroffene kann aber auch von sich aus auf eine mündliche Ver-
handlung verzichten. Voraussetzung eines wirksamen Verzichts ist, dass er aus-
drücklich erklärt wird sich aus dem Stillschweigen des Betroffenen eindeutig
ergibt. Vorliegend hat der Berufungskläger stillschweigend auf eine mündliche Be-
rufungsverhandlung verzichtet, indem er deren Durchführung zu keinem Zeitpunkt
beantragte. Das angefochtene Urteil des Bezirksgerichtsausschusses Landquart
wurde am 22. August 2007 im Anschluss an eine mündliche Hauptverhandlung,
an welcher der Berufungskläger anwesend war, erlassen. Die Frage der reforma-
tio in peius (Art. 146 Abs. 1 StPO) stellt sich vorliegend nicht, da lediglich der Be-
rufungskläger gegen das vorinstanzliche Urteil Berufung erhoben hat. Im Weiteren
stellen sich keinerlei Fragen zur Person und zum Charakter des Berufungsklägers,
die sich nicht auch aufgrund der Akten beantworten liessen. Die Tatund Rechts-
fragen lassen sich leicht nach den Akten beurteilen und die Angelegenheit ist von
geringer Tragweite. Im vorliegenden Fall steht einem nichtöffentlichen Verfahren
auch kein wichtiges öffentliches Interesse entgegen. Auch unter diesen Aspekten
kann auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden (vgl.
BGE 119 Ia 318 f.; PKG 2001 Nr. 19). Die streitige Strafsache kann gestützt auf
die vorliegenden Akten ohne mündliche Verhandlung sachgerecht entschieden
werden. Ein persönliches Vortreten von X. vor Schranken ist nicht notwendig.
3.
Für das Berufungsverfahren ist zu beachten, dass dem Kantonsge-
richtsausschuss als Berufungsinstanz zwar eine umfassende, uneingeschränkte
Kognition zukommt (Art. 146 Abs. 1 StPO), er jedoch das vorinstanzliche Urteil
grundsätzlich nur im Rahmen der in der Berufung gestellten Anträge überprüft. Es
gilt dabei aber zu berücksichtigen, dass der Kantonsgerichtsausschuss auch wei-
tere Urteilspunkte abändern ergänzen kann und muss, wenn sonst der Wür-
digung aller Umstände unzureichend Rechnung getragen würde beziehungsweise
einzelne Fragen aus dem Sachzusammenhang gerissen würden und damit Bun-
desrecht verletzt würde (vgl. BGE 117 IV 104 ff.).
4.
Es ist unbestritten, dass X. am 8. Dezember 2005 zwei von ihm ver-
fasste Schriften am öffentlich zugänglichen C. aufgehängt hat. Darin führte er un-
ter anderem folgendes aus: “Geschätzte Bürgerinnen und Bürger, wissen Sie,
dass die Bündner Justiz auch rechtswidrig/kriminelle Ausländer z.B. wie den Deut-
schen im heutigen Polen geborenen angeblichen Architekten R. und seine Ehe-
frau R. begünstigt ... die rechtswidrig handelnden Nachbarn Qu., P. und R. alle
vom Baufach ihre eigenen Pläne und Verträge nicht lesen und im Gelände
9
nachvollziehen können“ Am 15. Dezember 2005 reichte R. Strafanzeige wegen
Ehrverletzung ein. Darin beanstandete er lediglich die Aussage, als krimineller
Ausländer bezeichnet worden zu sein. Diese Aussage markierte er denn auch in
den der Strafanzeige beigelegten Schriften von X.. Mit keinem Wort erwähnte R.,
Gegenstand der Strafanzeige bilde auch die Aussage, der Architekt R. könne sei-
ne eigenen Pläne und Verträge nicht lesen sowie im Gelände nachvollziehen. Die-
se Aussage hat er denn auch nicht in den Beilagen markiert. Erstmals in seiner
Klageergänzung vom 31. März 2006 führte R. aus, Gegenstand der Strafanzeige
bilde auch die Ausführung von X., wonach er (R.) als Architekt, seine eigenen Plä-
ne nicht lesen könne. Bezüglich dieses Vorhaltes war aber die Strafantragsfrist
bereits abgelaufen, gilt es doch zu berücksichtigen, dass die fraglichen Schriften
am 8. Dezember 2005 am C. aufgehängt worden sind und R. am selben Tag vom
Inhalt und Verfasser der Schriften Kenntnis genommen hat (vgl. Strafanzeige vom
15. Dezember 2005). Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten (Art.
29 aStGB entspricht dem per 1. Januar 2007 neu gefassten Art. 31 StGB). War
die Strafantragsfrist bezüglich des zweiten Vorhaltes am 31. März 2006 (Datum
der Klageergänzung) bereits abgelaufen, so bildet Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens lediglich die Aussage von X., wonach R. ein krimineller Ausländer sei.
Auf die Ausführungen des Berufungsklägers im Zusammenhang mit dem zweiten
Vorhalt („ ihre eigenen Pläne und Verträge nicht lesen und im Gelänge nach-
vollziehen können“) ist somit nicht weiter einzugehen. Eine formelle Einstellung
des Verfahrens mit Bezug auf diesen Vorhalt braucht vorliegend nicht zu erfolgen,
weil diesbezüglich kein eigenständiger gesetzlicher Tatbestand zur Diskussion
steht. Vielmehr wurde dieser Vorhalt ohne nähere Anklagebegründung und ohne
nähere Begründung im Urteil gewissermassen zum nachstehend zu beurteilenden
Vorhalt (bei gleichem gesetzlichen Tatbestand) hinzugefügt. Fällt die Beurteilung
des zweiten Vorhaltes dahin, wird sich dies, wie nachstehend noch ausgeführt, bei
der Strafzumessung entsprechend allerdings geringfügig auswirken.
5.
a)
Die Vorinstanz sprach X. der Verleumdung im Sinne von Art.
174 Ziff. 1 StGB schuldig. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die
fragliche Äusserung sei klar als ehrenrührige Tatsachenbehauptung zu qualifizie-
ren. Der Begriff „kriminell“ beziehe sich auf strafbares Verhalten und werde in der
Alltagssprache auch so verwendet und verstanden. Dass der Berufungskläger
seine Äusserung wider besseres Wissen verbreitet habe sei erwiesen, nachdem
seine Behauptungen widerlegt worden seien.
b)
Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens
anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt
10
verdächtigt, wird gestützt auf Art. 173 Ziffer 1 aStGB auf Antrag mit Gefäng-
nis bis zu sechs Monaten mit Busse bestraft. Am 1. Januar 2007 ist die Revi-
sion des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches in Kraft getreten. Nach dem
revidierten Art. 173 Ziffer 1 StGB wird der Täter mit Geldstrafe bis zu 180 Tagess-
ätzen bestraft. Gegenstand dieser Bestimmung bilden ehrenrührige Tatsachenbe-
hauptungen über eine Person, die gegenüber einem Dritten erhoben werden. Er-
fasst werden auch gemischte, nicht jedoch reine Werturteile. Eine Tatsachenbe-
hauptung ist in ihrem engsten Sinn eine Aussage über den Betroffenen ohne di-
rekte Wertung. Die Wertung hat der Adressat der Äusserung als Schlussfolgerung
aus der Äusserung zu ziehen (vgl. Franz Riklin in: Basler Kommentar, Strafge-
setzbuch II, Art. 111 - 401 StGB, Basel 2003, N. 33 ff. vor Art. 173 StGB und N. 2
zu Art. 174 StGB; Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkom-
mentar, 2. Aufl., I. 1997, N. 1 f. zu Art. 173 StGB). Die Tatsachenbehauptung
muss ehrenrührig sein, also geeignet, den Ruf des Betroffenen zu schädigen.
Wann dies der Fall ist, hängt vom in seiner Tragweite umstrittenen Ehrbegriff ab.
Ehre ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung der Anspruch einer Person
auf Geltung (vgl. BGE 114 IV 16). Geschützt wird der Ruf, ein ehrbarer Mensch zu
sein, das heisst, sich so zu benehmen, wie ein charakterlich anständiger Mensch
sich zu verhalten pflegt (vgl. BGE 117 IV 28 f., 116 IV 206, 103 IV 158). Entschei-
dend dafür, ob die eingeklagte Äusserung ehrverletzend sein kann, ist der Sinn,
welchen ihr der unbefangene Hörer nach den Umständen beilegen musste (vgl.
BGE 119 IV 47). Dabei kommt es nicht nur auf die isolierten einzelnen Äusserun-
gen an, sondern auch auf den Gesamtzusammenhang des Textes (vgl. BGE 117
IV 27 E. 2c S. 30). Der Angriff muss quantitativ eine gewisse Erheblichkeit aufwei-
sen, unbedeutende Übertreibungen bleiben dabei straflos (vgl. Riklin, a.a.O., N. 24
vor Art. 173). Eine Äusserung ist schon dann ehrenrührig, wenn sie an sich geeig-
net ist, den Ruf zu schädigen, unabhängig davon, ob der Dritte die Beschuldigung
Verdächtigung für wahr hält nicht (vgl. BGE 103 IV 22 f.). In subjektiver
Hinsicht wird gefordert, dass sich der Täter der Ehrenrührigkeit seiner Behauptung
und des Umstands bewusst war, dass sie von einem Dritten zur Kenntnis genom-
men werden würde. Bei der Verleumdung im Sinne von Art. 174 StGB stimmt zu-
nächst der objektive Tatbestand mit dem des Art. 173 StGB insoweit überein, als
es wiederum erforderlich ist, dass der Täter „jemanden bei einem anderen eines
unehrenhaften Verhaltens anderer Tatsachen beschuldigt verdächtigt“
eine „solche Beschuldigung Verdächtigung“ verbreitet. Ausserdem ge-
hört aber zum Tatbestand der Verleumdung auch die Unwahrheit der behaupteten
Tatsachen. Das steht zwar nicht ausdrücklich im Gesetz, ergib sich aber durch
einen Rückschluss aus dem subjektiven Tatbestand („wider besseres Wissen“).
11
Hier muss dem Täter also nachgewiesen werden, dass seine Äusserungen nicht
der Wahrheit entsprechen und er dies auch weiss. Der subjektive Tatbestand er-
fordert nicht nur Vorsatz hinsichtlich der bei Art. 173 und 174 StGB übereinstim-
menden objektiven Tatbestandsmerkmale, sondern im Falle des Art. 174 StGB
auch, dass der Täter was die Wahrheit der Äusserung anbetrifft wider besse-
res Wissen gehandelt hat also Gewissheit über die Unwahrheit der Behauptung
gehabt hat. Dabei genügt Eventualdolus nicht. Der Täter darf also nicht nur für
möglich halten, dass seine Äusserung unwahr sein könnte, sondern er muss um
die Unwahrheit wissen. Und dieses Wissen muss ihm natürlich nachgewiesen
werden; gelingt dies nicht, so bleibt allenfalls Art. 173 StGB anwendbar (Straten-
werth/Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 6. Aufl., Bern 2003, §
11 N 54 ff.).
c)
Lediglich der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle darauf hin-
gewiesen, dass bei der Revision des allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches die
vorliegend zur Diskussion stehenden Tatbestände (Art. 173 und Art. 174 StGB)
keine Änderungen in materieller Hinsicht, sondern lediglich eine Änderung im
Sanktionensystem erfahren haben. Aus diesem Grund wird später auf die Frage
des anwendbaren Rechts zurückzukommen sein.
d)
Der Kantonsgerichtsausschuss kommt wie noch zu zeigen sein
wird zum Schluss, dass X. sich der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziff. 1
StGB schuldig gemacht hat. Die Äusserung des Berufungsklägers, wonach R. ein
krimineller Ausländer sei, ist klar als ehrenrührige Tatsachenbehauptung im Sinne
der vorzitierten Bestimmung zu qualifizieren. Denn diese Äusserung ist ohne wei-
teres geeignet, den Ruf von R., ein ehrbarer Mensch zu sein, dass heisst sich so
zu benehmen, wie nach allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger
Mensch sich zu verhalten pflegt, zu beeinträchtigen. Der Berufungskläger hat die
fragliche Äusserung schriftlich festgehalten und durch das Aufhängen der Plakate
am C. in D. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zudem hat er die besagten
Schriften per Post und Fax an Dritte weitergeleitet.
Der Berufungskläger rügt, das Adjektiv „kriminell“ werde in der Umgangs-
sprache nicht gleichbedeutend mit „vorbestraft“ verwendet, sondern gleichbedeu-
tend mit „gesetzeswidrig“, „gegen allgemeine rechtliche Normen verstossend“
und/oder „moralisch unerlaubt“. Für den Leser des Textes sei sofort klar, dass die-
ser von einem juristischen Laien verfasst worden sei, welcher sich der „Volksspra-
che“ bediene. Bereits im vorinstanzlichen Verfahren sei unter Hinweis auf die im
Internet frei zugängliche Enzyklopädie „Wikipedia“ dargetan worden, dass im neu-
12
eren, gängigen Sprachgebrauch die Begriffe „Kriminalität“ und „kriminell“ für ein
Verhalten verwendet würden, welches in das Eigentum anderer Personen eingrei-
fe und so die allgemeine Friedensordnung störe. Er vertrete schon seit Jahren die
Ansicht, die an seine Liegenschaft (C. in D.) angrenzenden Grundstücke, darunter
insbesondere dasjenige des Berufungsbeklagten, seien derzeit falsch vermessen
worden. Über diese zentrale Frage sei noch kein Gerichtsentscheid erstritten wor-
den. Der entsprechende Prozess sei gegenwärtig beim Bezirksgericht Landquart
anhängig. Die von der Vorinstanz auf Seite 18 erwähnte neue Vermessung der S.
AG habe lediglich das bestätigt, wovon er (X.) seit Jahren ausgegangen sei, näm-
lich, dass der Berufungsbeklagte Bodenfläche beanspruche, welche in Wirklichkeit
im Eigentum von X. und E. stehen würde. Wenn R. nach bisher unwiderlegter Auf-
fassung des Berufungsklägers mit seinem Verhalten die tatsächlichen Eigentums-
und Grenzverhältnisse störe, so könne unter dem Aspekt der Ehrverletzung nicht
beanstandet werden, wenn der Berufungskläger im Sinne der angegebenen Defi-
nition das Adjektiv „kriminell“ verwendet habe. Im Übrigen habe er den Begriff
„kriminell“ nicht für sich allein verwendet, sondern er habe den Passus „rechtswid-
rig/kriminelle Ausländer“ verwendet. Die Begriffe „kriminell“ und „rechtswidrig“ ha-
be er damit gleichgesetzt. Der Vorwurf, jemand handle rechtswidrig, also „krimi-
nell“, sei schliesslich nicht geeignet, die betroffene Person in ihrem strafrechtlich
geschützten Bereich als integrer, anständiger Mensch zu treffen.
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Wie bereits der Kantons-
gerichtsauschuss in seinem Urteil vom 17. Januar 2007 (SB 06 42, S. 8) festge-
halten hat, bezieht sich der Begriff „kriminell“ ganz klar auf ein strafbares Verhal-
ten. Dieser Begriff wird in der Alltagssprache im angegebenen Sinn verwendet und
verstanden. Daran ändert auch die vom Berufungskläger angeführte Definition in
der Enzyklopädie Wikipedia nichts, wonach jede Form eines Übergriffs auf das
persönliche Eigentum einer Person als „kriminell“ bezeichnet werde. Massgebend
ist einzig und allein, wie die Äusserung von einer unvoreingenommenen Drittper-
son nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verstanden wird. Dass die besagte
Äusserung bei einem unbefangenen Dritten den Eindruck vermittelt, dass es sich
bei R. um einen Straftäter handeln könnte, ist offensichtlich. Ebenso nichts zu sei-
nen Gunsten kann der Berufungskläger aus der Tatsache ableiten, dass er nebst
dem Wort „kriminell“ auch den Ausdruck „rechtswidrig“ verwendet hat und die bei-
den Ausdrücke durch einen Querstrich verbunden hat. Durch die Verwendung ei-
nes Querstriches wird nicht dokumentiert, dass es sich bei den beiden Begriffen
um Synonyme handelt. Wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, vermag auch
der Hinweis auf die jahrelangen Streitigkeiten und Gerichtsverfahren den Beru-
13
fungskläger nicht zu entlasten. X. war die Rechtslage im Zusammenhang mit der
Dienstbarkeit aufgrund der beiden Urteile des Kantonsgerichts vom 14. Juni 1999
und des Bundesgerichts vom 5. August 2004 hinlänglich bekannt. In diesen bei-
den Urteilen wurde die Dienstbarkeitsgrenze genau festgelegt, so dass nicht be-
hauptet werden kann, der Berufungsbeklagte greife bei der Ausübung seines
Wegrechts in unrechtmässiger Weise in das Eigentum des Berufungsklägers ein.
Auch gestützt auf die Vermessung der S. AG durfte sich der Berufungskläger nicht
veranlasst sehen, R. als „krimineller Ausländer“ zu bezeichnen. Die Vermessung
durch die S. AG erfolgte erst am 6. Februar 2006, während die besagten Schriften
am 8. Dezember 2005 am C. angebracht worden sind. Zum Zeitpunkt, als die Ge-
genstand des Verfahrens bildenden Plakate mit der fraglichen Äusserung aufge-
hängt wurden, konnte der Berufungskläger somit noch gar keine Kenntnis von der
Vermessung der S. AG haben, wobei klar festgehalten sei, dass der Berufungs-
kläger wie oben dargelegt - die fragliche Äusserung auch dann nicht hätte tun
dürfen, wenn er das Ergebnis der Vermessung der S. AG schon am 8. Dezember
2005 gekannt hätte. Somit steht im Ergebnis fest, dass die Äusserung von X., wo-
nach R. ein „krimineller Ausländer“ sei, in objektiver Hinsicht als ehrverletzende
Äusserung im Sinne von Art. 173 f. StGB zu qualifizieren ist. Im Gegensatz zur
Vorinstanz, erachtet der Kantonsgerichtsausschuss aber in subjektiver Hinsicht
den Tatbestand der Verleumdung gemäss Art. 174 Abs. 1 StGB als nicht erfüllt.
Wie bereits ausgeführt, muss der Täter, der den Straftatbestand der Verleumdung
erfüllt was die Wahrheit der Äusserung betrifft wider besseres Wissen gehan-
delt haben. Dabei genügt Eventualdolus nicht. Der Täter darf also nicht nur für
möglich halten, dass seine Äusserung unwahr sein könnte, sondern er muss um
die Unwahrheit wissen. Und dieses Wissen muss ihm natürlich nachgewiesen
werden, was im vorliegenden Fall nicht gelingt. Schon seit Jahren versucht der
Berufungskläger zu beweisen, dass der Berufungsbeklagte in sein Eigentum
übergreife, so dass der sichere Nachweis, wonach der Berufungskläger um die
Unwahrheit seiner Äusserung wusste beziehungsweise selbst nicht glaubte, dass
seine Äusserung wahr sei, nicht erbracht werden kann. Art. 173 StGB befasst sich
mit dem glauben und im Falle des Wahrheitsund Gutglaubensbeweises mit
dem glauben dürfen. Dass X. an die Wahrheit seiner Behauptung nicht glauben
durfte, wurde bereits im Urteil des Kantonsgerichtsausschusses vom 17. Januar
2007 (SB 06 42) festgehalten, weshalb er auch nicht zum Entlastungsbeweis zu-
gelassen wurde. Wer aber nicht glauben darf, kann gleichwohl subjektiv glau-
ben, was sein Verhalten unter Art. 173 StGB subsumieren lässt. Erst dann, wenn
der Nachweis gelingt, dass die betreffende Person subjektiv nicht glaubt und
trotzdem handelt, greift Art. 174 StGB. Daraus erhellt ohne weiters, dass der Tat-
14
bestand der Verleumdung gemäss Art. 174 StGB selten zum Tragen kommen
kann, weil der Nachweis dieses direkten Vorsatzes in vielen Fällen nicht erbracht
werden kann. Da nun vorliegend X. nicht nachweislich wider besseres Wissen,
aber gleichwohl vorsätzlich eine ehrverletzende Mitteilung über R. verbreitete, ist
sein Verhalten subjektiv unter Art. 173 Ziffer 1 StGB zu subsumieren.
e)
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass X. der üblen Nachre-
de im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen ist.
6. a) Die
Vorinstanz
verurteilte
den Berufungskläger zu einer Busse
von Fr. 3'000.--. Im Zusammenhang mit der Strafzumessung gilt es, wie bereits
ausgeführt, zu berücksichtigen, dass am 1. Januar 2007 die Revision des Allge-
meinen Teils des Strafgesetzbuches in Kraft getreten ist. Gemäss Art. 2 Abs. 1
nStGB wird ein Täter nach neuem Recht beurteilt, wenn er nach dessen Inkrafttre-
ten ein Verbrechen Vergehen begangen hat. Ausnahmsweise wird der Täter,
wenn er das Verbrechen Vergehen vor Inkrafttreten der AT-Revision began-
gen hat, die Verurteilung aber erst nachher erfolgt, nach neuem Recht beurteilt,
sofern es für ihn das mildere ist als das im Zeitpunkt der Tatbegehung geltende
Gesetz (Art. 2 Abs. 2 nStGB, lex mitior). Gemäss Lehre und Rechtsprechung ist
dabei nach der konkreten Methode vorzugehen: es wird geprüft, nach welchem
der beiden Rechte der Täter für die gerade zu beurteilende Tat besser wegkommt
(sog. Günstigkeitsprüfung). Allerdings darf eine Tat nicht teilweise nach altem und
teilweise nach neuem Recht beurteilt werden; es darf nur entweder das frühere
das geltende Recht angewendet werden. Urteilt die Berufungsinstanz erst
unter der Herrschaft des neuen Rechts, ist der Betroffene so zu behandeln wie
jemand, der unter altem Recht delinquierte und nach neuem Recht abgeurteilt wird
(Riklin, Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches: Fragen des Über-
gangsrechts, AJP 12 2006 S. 1471 ff.). Völlig zu Recht ist die Vorinstanz im vorlie-
genden Fall bei der Frage des anzuwendenden Rechts zum Schluss gelangt, dass
das neue Recht nicht zu einer milderen Strafe führen würde, weshalb sie bei der
Beurteilung den altrechtlichen Bestimmungen gefolgt ist. Dies wurde vom Beru-
fungskläger denn auch nicht beanstandet. Es gilt zu beachten, dass der Beru-
fungskläger nach neuem Recht neben einer Geldstrafe praxisgemäss auch eine
Busse zu bezahlen hätte. Nach dem alten Recht ist das Gericht auf die Ausfällung
einer Busse beschränkt, zumal eine Gefängnisstrafe in diesem Fall nicht ausge-
sprochen würde. Somit erweist sich das neue Recht nicht als das mildere Recht,
weshalb vorliegend die altrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden.
15
b)
Grundlage für die Strafzumessung ist im vorliegenden Fall der Straf-
rahmen von Gefängnis bis zu sechs Monaten Busse (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 3
aStGB). Der Höchstbetrag der Busse ist Fr. 40'000.--, wenn es das Gesetz nicht
anders bestimmt (Art. 48 Ziff. 1 aStGB).
Bei der Überprüfung der vorinstanzlichen Strafzumessung setzt der Kan-
tonsgerichtsausschuss sein Ermessen an Stelle desjenigen der Vorinstanz und
wendet die Regeln über die Strafzumessung selbständig an. Er misst die Strafe
nach dem Verschulden des Täters zu, wobei er die Beweggründe, das Vorleben
und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen berücksichtigt (vgl. Art. 63
aStGB). Das Verschulden muss sich auf den gesamten Unrechtsund Schuldgeh-
alt der konkreten Straftat beziehen. Bei der Tatkomponente sind insbesondere das
Ausmass des verschuldeten Erfolgs, die Art und Weise seiner Herbeiführung, die
Willensrichtung, mit welcher der Täter gehandelt hat und die Beweggründe, die
Art. 63 aStGB ausdrücklich erwähnt, zu beachten. Die Täterkomponente erfasst
demgegenüber das Vorleben, insbesondere auch allfällige Vorstrafen, die persön-
lichen Verhältnisse, das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren, wie zum
Beispiel Reue, Einsicht Strafempfindlichkeit (vgl. BGE 117 IV 112 ff.; 129 IV
20 f.; 118 IV 14 f.). Die den Täter belastenden entlastenden Umstände sind
jeweils als Straferhöhungsbzw. Strafminderungsgründe innerhalb des ordentli-
chen Strafrahmens zu berücksichtigen. Liegen keine Strafschärfungsoder Straf-
milderungsgründe vor, so hat sich der Richter an den ordentlichen Strafrahmen zu
halten. Den Betrag einer allfälligen Busse bestimmt der Richter je nach den Ver-
hältnissen des Täters so, dass dieser durch die Einbusse die Strafe erleidet, die
seinem Verschulden angemessen ist. Für die Verhältnisse des Täters sind na-
mentlich von Bedeutung sein Einkommen und sein Vermögen, sein Familienstand
und seine Familienpflichten, sein Beruf und Erwerb, sein Alter und seine Gesund-
heit (Art. 48 Ziff. 2 aStGB).
Das Verschulden des Berufungsklägers wiegt nicht leicht. Das Verbreiten
und das Aufhängen von Flugblättern mit ehrenrührigem Inhalt sind geeignet, wie
dies die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, den unbefangenen Bürger in seiner
Meinung über die betreffende Person zu beeinflussen. Kommt hinzu, dass der Be-
rufungsbeklagte ein Geschäft betreibt und von seinen Kunden, welche die am C.
aufgehängten Flugblätter zur Kenntnis genommen haben, offenbar mit entspre-
chenden Fragen konfrontiert worden ist. Wie der Kantonsgerichtsausschuss be-
reits im seinem Urteil vom 17. Januar 2007, mitgeteilt am 13. Februar 2007, be-
treffend Zulassung zum Entlastungsbeweis festgehalten hat (SB 06 42), stützt sich
der Vorwurf gegen den Berufungsbeklagten weder auf eine objektiv begründete
16
Veranlassung noch auf öffentliche Interessen. Die Behauptung wurde vorwiegend
in der Absicht erhoben, den Berufungsbeklagten in seiner Ehre zu treffen. Straf-
milderungsgründe sind keine gegeben. Strafminderungsoder Strafschärfungs-
gründe sind ebenfalls keine zu berücksichtigen. Straferhöhend wirkt sich vor allem
die Vorstrafe aus dem Jahre 2001 aus. Mit Urteil vom 5. September 2001 wurde
X. vom Bezirksgerichtsausschuss Landquart bereits einmal wegen Ehrverletzung
unter anderem gegenüber R. verurteilt. In Berücksichtigung aller Strafzumes-
sungsgründe und insbesondere der Tatsache, dass der Kantonsgerichtsaus-
schuss nun in Abänderung des vorinstanzlichen Urteils nur noch einen Vorhalt zu
beurteilen hat und den Berufungskläger der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173
Ziff.1 StGB und nicht der mit einer schärferen Strafe bedrohten Verleumdung ge-
mäss Art. 174 Ziffer 1 StGB schuldig spricht, erscheint eine Busse von Fr. 1'500.--
dem Verschulden von X. als angemessen.
7.
Im Resultat ist die Berufung somit teilweise gutzuheissen und die Zif-
fern 1 und 2 des angefochtenen Urteils sind aufzuheben. Der Berufungskläger ist
der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen. Da-
für ist er mit einer Busse von Fr. 1'500.-zu bestrafen.
8.
a)
Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt sich keine
Änderung der vorinstanzlichen Verteilung der amtlichen und ausseramtlichen Kos-
ten, zumal der Kantonsgerichtsausschuss immer noch einen ehrverletzenden Vor-
halt zu beurteilen hatte und lediglich eine Änderung in der rechtlichen Subsumpti-
on vorgenommen hat. Nach wie vor ist der Berufungskläger wegen einer strafba-
ren Handlung gegen die Ehre zu verurteilen. Diesem Umstand trägt die von der
Vorinstanz vorgenommene Kostenverteilung im Ergebnis Rechnung. Der Beru-
fungskläger äussert sich denn auch in seinem Subeventualantrag nicht näher zur
Kostenfolge.
b)
Was die Kosten des Berufungsverfahrens betrifft, gilt es zu beachten,
dass X. mit seiner Berufung teilweise durchgedrungen ist. So ist er der üblen
Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziffer 1 StGB schuldig zu sprechen und nicht we-
gen eines Verstosses gegen Art. 174 Ziffer 1 StGB. Dementsprechend wurde die
Busse auch reduziert. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass die Strafantragsfrist
bezüglich des zweiten Vorhaltes („ ihre eigenen Pläne und Verträge nicht lesen
und im Gelänge nachvollziehen können“) am 31. März 2006 (Datum der Klage-
ergänzung) bereits abgelaufen war. Somit rechtfertigt es sich, die Kosten des Be-
rufungsverfahrens X. und R. je zur Hälfte aufzuerlegen und die ausseramtlichen
Entschädigungen wettzuschlagen (vgl. Art. 160 StPO).
17
Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Die Berufung wird teilweise gutgeheissen und die Ziffern 1 und 2 des ange-
fochtenen Urteils werden aufgehoben.
2.
X. ist schuldig der üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 StGB.
3.
Dafür wird er mit einer Busse von Fr. 1'500.-bestraft.
4.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 2'000.-gehen je zur Hälfte zu
Lasten von X. und R.. Die ausseramtlichen Entschädigungen werden wett-
geschlagen.
5.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 des Bundesgerichtsgeset-
zes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesge-
richt geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Ta-
gen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der
gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zu-
lässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und
das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff. BGG.
6. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin:
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