Die Beschuldigte wurde beschuldigt, beim Muldenwechsel am 25. September 2013 das Gerüst mit dem Ausstosser ihres Lastwagens berührt zu haben, was zu einer Verschiebung der Gerüstkonsole führte und letztendlich zum tödlichen Sturz einer Person. Das Gutachten des Forensischen Instituts bestätigte die Möglichkeit dieser Kausalität. Die Beschuldigte bestritt die Verursachung und verwies auf einen möglichen Vorfall beim Muldenwechsel am 13. September 2013. Zeugen bestätigten die Berührung des Gerüsts beim Muldenwechsel am 13. September 2013. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Beweise und das Gutachten auf eine Kausalität zwischen der Berührung des Gerüsts am 25. September 2013 durch die Beschuldigte und dem tödlichen Sturz hinweisen. Es wurde festgestellt, dass keine rechtserheblichen Zweifel am Unfallhergang bestehen und die Beschuldigte für fahrlässige Tötung schuldig gesprochen wurde.
Urteilsdetails des Kantongerichts SB-05-39
Kanton: | GR |
Fallnummer: | SB-05-39 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 07.12.2005 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | sexuelle Handlungen mit Kindern etc |
Schlagwörter : | Berufung; Berufungskläger; Handlung; Täter; Mädchen; Verhalten; Kinder; Handlungen; Kanton; Berufungsklägers; Kantons; Urteil; Graubünden; Verfahren; Kindern; Internet; Kantonsgericht; Behandlung; Pornographie; Bilder |
Rechtsnorm: | Art. 11 StGB ;Art. 125 StPO ;Art. 144 StPO ;Art. 146 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 187 StGB ;Art. 194 StGB ;Art. 41 StGB ;Art. 63 StGB ; |
Referenz BGE: | 100 IV 237; 117 IV 104; 117 IV 113; 118 IV 410; 119 Ia 316; 120 IV 9; 124 IV 106; 124 IV 44; 125 IV 62; 128 IV 198; 129 IV 168; 131 IV 64; 78 IV 165; 95 IV 122; 99 IV 58; |
Kommentar: | Niklaus Schmid, Donatsch, Andreas, Trechsel, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, Art. 187, 1997 Schneider, Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch I, Art. 41 StGB, 2003 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Entscheid des Kantongerichts SB-05-39
Kantonsgericht
von
Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 7. Dezember 2005
Schriftlich mitgeteilt am:
SB 05 39
(nicht mündlich eröffnet)
Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Vizepräsident
Schlenker
RichterInnen
Vital und Möhr
Aktuarin ad hoc
Nüssle
——————
In der strafrechtlichen Berufung
des A., Angeklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur.
Jean-Pierre Menge, Postfach 26, Quaderstrasse 5, 7002 Chur,
gegen
das Urteil des Bezirksgerichtes Plessur vom 8. September 2005, mitgeteilt am 4.
Oktober 2005, in Sachen der Staatsanwaltschaft Graubünden, Sennhofstrasse 17,
7001 Chur, gegen den Berufungskläger,
betreffend sexuelle Handlungen mit Kindern etc.,
hat sich ergeben:
2
A.
A. wuchs zusammen mit einem zwei Jahre jüngeren Bruder und ei-
ner zwei Jahre älteren Schwester bei seinen Eltern in D. in geordneten Familien-
verhältnissen auf. In D. besuchte er vier Jahre die Volksschule und anschliessend
in E. vier Jahre die Hauptschule. Danach absolvierte er einen einjährigen poly-
technischen Lehrgang in B., um sodann bei der Firma F. in B. während 3½ Jahren
eine Lehre als Schlosser zu machen. Nach erfolgreichem Abschluss arbeitete er
während vier Jahren als Schlosser bei der Firma G. in H./A. Im Anschluss war er
während einem Jahr als Taxichauffeur bei der Firma I. in J./FL in Anstellung. Wäh-
rend zwei bis drei Monaten arbeitete er als Schlosser in B.. Mangels Arbeit musste
er diese Stelle wieder aufgeben. In der Folge war er während zirka einem Jahr bei
den Seilbahnen in K. angestellt. Die folgenden drei Jahre war er bei der Schlosse-
rei L. in R./FL tätig. Ein weiteres Jahr arbeitete er bei der Temporärfirma S. in B.,
wo er an verschiedene Stellen vermittelt wurde. Es folgte ein Jahr als Schlosser
bei der Firma T. in U./A. Im Frühjahr 1999 war er während fünf Monaten ohne Ar-
beit. Von Sommer 1999 bis Ende Juli 2004 war er bei der Firma V. in AI. als CNC-
Dreher/Programmierer tätig. Diese Stelle wurde ihm aufgrund des vorliegenden
Strafverfahrens gekündigt. Anschliessend arbeitete er noch während drei Monaten
als Mechaniker bei der Firma W. in X.. Nach Ablauf der Probezeit wurde ihm je-
doch gekündigt. Von Ende Oktober 2004 an war A. arbeitslos. Er bezog Arbeitslo-
senunterstützung von monatlich Fr. 3'000.- netto. In D. besitzt A. eine Vierzim-
merwohnung. An die Rückzahlung der Hypothekarschuld zahlt er monatlich Fr.
1'000.-. Daneben hat er Kreditschulden bei der Capital-Bank in der Höhe von Fr.
16'000.-. Daran muss er monatlich Fr. 760.zurückzahlen. Im Juli 2005 fand A. bei
der Y. AG in AI. eine Anstellung als Mechaniker.
A. ist weder im Schweizerischen Zentralstrafregister noch im Strafregister
der Republik Österreich verzeichnet. Gemäss einfachem Leumundsbericht der
Stadtpolizei Chur geniesst er einen rechten Leumund. Seine ehemalige Arbeitge-
berin stellt ihm ein gutes Zeugnis aus.
B.
Am 25. Mai 2004 wurden die Psychiatrischen Dienste Graubünden
mit einer psychiatrischen Begutachtung von A. beauftragt. Das Gutachten vom 4.
August 2004 wurde durch Dr. med. Z., Oberarzt Forensischer Dienst, erstellt und
die Schlussfolgerungen wurden von Dr. med. AA., Chefärztin, bestätigt. Er lassen
sich daraus die folgenden Erkenntnisse entnehmen:
3
4.1. Diagnose, Persönlichkeit und Deliktdynamik
„Bei dem Expl. ist bezogen auf das ihm zur Last gelegte Delikt ent-
sprechend der Internationalen Klassifikation der psychischen Störun-
gen der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10 Kapitel V (F)) die Di-
agnose des Exhibitionismus; ICD-10: F65.2, zweifelsfrei zu stellen,
ohne dass gleichzeitig eine Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60), ei-
ne affektive Störung (ICD-10: F3), eine Psychose aus einem schizo-
phrenen Formenkreis (ICD-10: F2) eine Abhängigkeitserkran-
kung von psychotropen Substanzen (ICD-10: F1) diagnostiziert wer-
den könnte bzw. müsste.
Entsprechend ICD-10 wird Exhibitionismus wie folgt beschrieben: “Es
besteht die wiederholte ständige Neigung, das Genitale vor
meist gegengeschlechtlichen Fremden in der Öffentlichkeit zu ent-
blössen, ohne zu einem näheren Kontakt aufzufordern diesen
zu wünschen. Meist wird das Zeigen von sexueller Erregung beglei-
tet und meist kommt es zur Masturbation. Diese Neigung kann evtl.
nur in Zeiten emotionaler Belastung in Krisensituationen mani-
fest werden, dazwischen können lange Perioden ohne solches Ver-
halten vorkommen.“ ..
4.2. Zur Frage der Zurechnungsfähigkeit
Die bei dem Expl. aus psychiatrischer Sicht zu stellende Diagnose
des Exhibitionismus entsprechend ICD-10: F65.2 ohne Feststellung
weitergehender schwerwiegender psychiatrischer Erkrankungen
entspricht dem Rechtsbegriff der mangelhaften geistigen Entwicklung
im Sinne einer Verhaltensstörung entsprechend Art. 11 StGB.
Entsprechend den Angaben des Expl. hat er allzeit gewusst, dass
Exihibieren pädosexuelle Handlungen ein strafbares Vergehen
sind. Somit bestand allzeit Einsichtsfähigkeit. Auch die Steuerungs-
fähigkeit kann aus psychiatrischer Sicht nicht als vermindert beurteilt
werden: der Expl. hat entgegen besseren Wissens die strafbare
Handlung durchgeführt, sich hierbei durchaus planvoll und gezielt
verhalten und das fehlbare Verhalten mehrfach durchgeführt. Es ist
ihm zu Gute zu halten, dass es Hinweise darauf gibt, dass er einen
emotionalen Konflikt nicht anders verarbeiten wusste, als durch das
„Abreagieren“ durch exhibitionistisches Verhalten.
4.4 Zur Frage der Legalprognose, der Gefährlichkeit und der
Massnahmenindikation
Da der 37-jährige Expl. bisher nicht vorbestraft ist, es sich offensicht-
lich um ein erstes Delikt im Sinne des Exhibierens gehandelt hat, es
zu keinem verbalen körperlichen Kontakt zwischen ihm und sei-
nen Opfern gekommen ist und sich auch sonst keine Hinweise auf
eine Gewaltbereitschaft ergeben, er ein normales Intelligenzniveau
aufweist, Reue und Scham empfindet und sich bereit erklärt hat, sich
psychotherapeutisch helfen zu lassen, ist die Prognose günstig zu
stellen. Ebenso verhält es sich mit der Einstellung der Gefährlichkeit:
4
auf Grund der aktuell zur Verfügung stehenden Aktenlage und mei-
ner eigenen Untersuchungsbefunde ergeben sich keinerlei Hinweise
für eine Gefährlichkeit gegen Leib und Leben von Dritten, die vom
Expl. ausgehen könnte. Sicherlich gibt es auch Exhibitionisten, die
ihre Opfer berühren auch in einen aggressiveren körperlichen
Kontakt eintreten. Diese Gruppe ist als gefährlich einzustufen. Der
Expl. ist dieser Gruppe jedoch nicht zuzuordnen.
Um die Legalprognose zu verbessern erscheint es dringend notwen-
dig, dass sich der Expl. mit seinem fehlerhaften Verhalten auseinan-
dersetzt und daraus Lehren zieht. Hierbei erscheint insbesondere die
Selbstwahrnehmung von Gefühlen, das Benennen dieser und der
weitere Umgang damit zu verbessern notwendig. Der Expl. könnte
auf Grund seiner intellektuellen Fähigkeiten und seiner Einsicht in
sein fehlerhaftes Verhalten im Rahmen einer solchen Behandlung
sehr wohl profitieren. Im Falle einer neuerlichen Krisensituation
emotionaler Belastung wäre denkbar, dass er auf andere, legale
Strategien zurückgreift, als die innerliche Unruhe und das Getrieben-
sein durch Exhibieren abzureagieren. Der Expl. sollte sich über einen
Zeitraum von zwei Jahren durch einen Psychiater/eine Psychiaterin
behandeln lassen, der/die sich mit Exhibitionismus auskennt. Fre-
quenz der Behandlung entsprechend Einschätzung des Behandlers,
mindestens aber einmal pro Monat.“
Der Gutachter kommt zusammenfassend zum Schluss, dass die Zurech-
nungsfähigkeit des Berufungsklägers zum Tatzeitpunkt nicht herabgesetzt war. Er
sei zwar zur Tatzeit „geistig mangelhaft entwickelt“ gewesen, da bei ihm entspre-
chend ICD-10: F65.2 die Diagnose Exhibitionismus gestellt werden könne. Die
Einsichtsund Handlungsfähigkeit seien dadurch aber nicht herabgesetzt gewe-
sen. Mit Bezug auf die Massnahmebedürftigkeit und -notwendigkeit erfordere der
Geisteszustand des Berufungsklägers keine Einweisung in eine Heilund Pflege-
anstalt. Hingegen empfehle sich eine ambulante Behandlung im Sinne von Art. 43
Ziff. 1 Abs. 1 letzter Satz StGB. Ein allfälliger Vollzug der Strafe sei mit dieser Be-
handlung vereinbar. Für den Fall eines bedingten Strafvollzuges sei eine psychiat-
rische Behandlung zweckmässig, um die Legalprognose günstig zu beeinflussen.
Es empfehle sich die gerichtliche Weisung zur psychiatrisch-psychothera-
peutischen Behandlung, mindestens für den Zeitraum von zwei Jahren unter
Schutzaufsicht. Andere Massnahmen würden zum Zeitpunkt der Begutachtung
aus psychiatrischer Sicht nicht notwendig erscheinen.
A. befand sich vom 22. September 2004 bis 26. November 2004 bei Dr.
med. AB. in ärztlicher Behandlung. Die Therapie wurde im Februar 2005 weiterge-
führt im Sinne einer länger dauernden therapeutischen Begleitung zur Festigung
5
der bestehenden Einsichten und Einübung und Bewährung im weiteren Alltagsle-
ben. Derzeit findet rund eine Sitzung im Monat statt.
C.
A. wurde am 17. Mai 2004 in Chur festgenommen und befand sich
bis zum 28. Mai 2004 in Untersuchungshaft.
D.
A. wurde von der Staatsanwaltschaft Graubünden wegen mehrfa-
chen sexuellen Handlungen mit Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB sowie we-
gen mehrfacher Pornographie gemäss Art. 197 Ziff. 1 und Ziff. 3 StGB angeklagt.
Gemäss Anklageschrift vom 21. Juni 2005 liegt dieser Anklage folgender Sach-
verhalt zugrunde:
„1.
1.1.
Am 7. Mai 2004, um ca. 16:30 Uhr, begab sich die zwölfjähri-
ge M. (geb. 04.02.1992) in die Spielwarenabteilung im 5.
Stockwerk des Warenhauses N. AG an der Bahnhofstrasse in
Chur. Als sie aus einem Regal einen Ball entnehmen wollte,
erblickte sie auf der anderen Seite des Regals, auf eine Dis-
tanz von 2-3 Metern, den Angeklagten. Beim Anblick des
Mädchens öffnete der Angeklagte seinen Hosenladen, nahm
seinen Penis heraus und manipulierte daran herum. Unmittel-
bar nach dieser Wahrnehmung begab sich das Mädchen zur
Kasse, wo sie die Verkäuferin über den Vorfall orientierte. Der
Angeklagte machte sich in der Zwischenzeit davon.
1.2.
Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Mitte
April 2004 und dem 17. Mai 2004 begab sich der Angeklagte
auf der Suche nach Mädchen zum wiederholten Male in die
Umgebung des Schulhauses O.. Als er sich auf einer Sitzbank
beim Vorplatz Seite P. aufhielt, bemerkte er einige Meter ent-
fernt drei Schulmädchen, welche sich miteinander unterhiel-
ten. Hierauf entblösste der Angeklagte seinen Penis und ma-
nipulierte vor den Augen der drei Schulmädchen daran herum.
Die unbekannten Mädchen schauten seinem Treiben eine Zeit
lang zu und entfernten sich danach.
2.
2.1
Im Zeitraum von Frühjahr 2003 bis zu seiner Festnahme vom
17. Mai 2004 beteiligte sich A. regelmässig im Internet an
NetMeetings. Das Programm NetMeeting bietet unter ande-
rem die Möglichkeit, mit anderen Nutzern über das Internet zu
chatten. Bei installierter WebCam können hierbei Livebilder
der entsprechenden Benutzer übertragen werden. Bei den
vom Angeklagten zuletzt benutzen Programmeinstellungen
von NetMeeting („alpha“) stellte er sich gegenüber anderen
Benutzern unter dem Benutzernamen „bin nackt vor dem pc
zeige alles auch jungen mä“ vor. Der von ihm benutzte Chat-
6
room war öffentlich und bedurfte keines Passwortes. Wieder-
holt kam es dabei auch vor, dass der Angeklagte abends je-
weils in der Zeit zwischen 19:00 und 22:00 Uhr an solchen
Computerkonferenzen mit seiner Web-Kamera live Bilder aus-
tauschte. Die von ihm ins Internet gestellten Bilder zeigten in
Grossformat sein Geschlechtsteil, an welchem er auch her-
ummanipulierte. Gemäss den Chat-Protokollen vom 5./6., 15.
und 25. Januar sowie vom 24. April 2004 handelte es sich bei
den Empfängern dieser Live-Bilder um AE. (11 Jahre), AF. (14
Jahre), AG. (11 Jahre) und AH. (12 Jahre). Die Mädchen wur-
den vom Angeklagten im Chat jeweils auch aufgefordert,
Nacktfotos von sich ins Internet zu stellen, ihre Adressen be-
kannt zu geben mit ihm ein reales Treffen zu vereinba-
ren, um Geschlechtsverkehr sonstige sexuellen Hand-
lungen vorzunehmen.
2.2
Im Zeitraum von Frühjahr 2003 bis Mai 2004 lud der Ange-
klagte aus dem Internet eine Vielzahl von Videofilmen und Bil-
der, die sexuelle Handlungen mit Kindern Tieren
und/oder menschliche Ausscheidungen zum Inhalt haben, auf
seine Festplatte herunter und speicherte sie auf seinem Com-
puter.
In den Monaten Januar bis 17. Mai 2004 schickte der Ange-
klagte gemäss eigenen Aussagen in etwa 10 Fällen solche
Bilder Videosequenzen, welche sexuelle Handlungen mit
Kindern Tieren bzw. menschliche Ausscheidungen zum
Inhalt haben, an diverse Internetbenutzer weiter.
2.3. Anlässlich der Hausdurchsuchung vom 17. Mai 2004 be-
schlagnahmte die Kantonspolizei Graubünden unter anderem
zwei Festplatten des Personalcomputers NoName, 15 Disket-
ten und 21 CD-ROM. Auf all diesen Datenträgern konnten
pornographische Bilder und Filme (davon 130 auf einer einzi-
gen Festplatte) festgestellt werden. Auf einer CD-ROM waren
7 weitere Film-Dateien vorhanden, die sexuelle Handlungen
mit Tieren beinhalteten.
Mit Verfügung vom 2. Februar 2005 wurden die sichergestell-
ten Gegenstände (2 Festplatten des PC NoName, 15 Disket-
ten, 21 CD-ROM) beschlagnahmt.“
E.
Die Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Plessur, an welcher
der Berufungskläger und sein Verteidiger teilnahmen, fand am 8. September 2005
statt. Mit gleichentags ergangenem Urteil, mitgeteilt am 4. Oktober 2005, ent-
schied das Bezirksgericht Plessur wie folgt:
„1. A. ist schuldig der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kin-
dern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB sowie der mehrfachen Porno-
graphie gemäss Art. 197 Ziff. 1 und Ziff. 3 StGB.
7
2. Dafür wird A. mit 8 Monaten Gefängnis bestraft, unter Anrech-
nung der erstandenen Untersuchungshaft von 12 Tagen.
3. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird unter Ansetzung einer Probe-
zeit von zwei Jahren aufgeschoben.
4. Gestützt auf Art. 41 Ziff. 2 StGB wird A. die gerichtliche Weisung
erteilt, sich während der Probezeit weiterhin einer psychiatrisch-
psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen.
5. A. wird für die Dauer der Probezeit unter Schutzaufsicht gestellt.
6. Gestützt auf Art. 197 Ziff. 3 Abs. 2 StGB werden die mit Verfü-
gung vom 2. Februar 2005 beschlagnahmten Gegenstände (2
Festplatten des PC NoName, 15 Disketten, 21 CD-ROM) gericht-
lich eingezogen und vernichtet.
7. Die Kosten des Verfahrens von Fr. 8'953.- (Untersuchungskosten
der Staatsanwaltschaft Graubünden Fr. 5'453.- und Gerichtsge-
bühr von Fr. 3’500.-) sowie die Kosten des Massnahmenvollzu-
ges gehen zu Lasten des Verurteilten. Die Kosten der angerech-
neten Untersuchungshaft von Fr. 2'038.sowie jene eines allfälli-
gen Strafvollzuges gegen zu Lasten des Kantons Graubünden.
8. (Rechtmittelbelehrung)
9. (Mitteilung).“
F.
Gegen dieses Urteil des Bezirksgerichts Plessur erhob A. mit Einga-
be vom 19. Oktober 2005 Berufung beim Kantonsgerichtsausschuss von Grau-
bünden. Er beantragte, das Urteil des Bezirksgerichts Plessur sei insofern aufzu-
heben, als der Berufungskläger der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kin-
dern sowie der Pornographie gemäss Art. 197 Ziff. 1 StGB schuldig gesprochen
wurde. Der Berufungskläger sei von diesen Vorwürfen von Schuld und Strafe frei-
zusprechen. Das Strafverfahren wegen Exhibitionismus gemäss Art. 194 Abs. 2
StGB sei einzustellen. Die ausgefällte Strafe gemäss Ziff. 2 des Urteils des Be-
zirksgerichts Plessur von 8 Monaten Gefängnis sei angemessen zu reduzieren.
Die Verfahrenskosten gemäss Ziff. 7 des angefochtenen Urteils seien entspre-
chend dem Verfahrensausgang neu festzusetzen bzw. dem Kanton Graubünden
zu überbinden. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zuzüglich 7,6 %
MWSt.
Mit Vernehmlassung vom 7. November 2005 schloss die Staatsanwalt-
schaft Graubünden auf Abweisung der Berufung unter gesetzlicher Kostenfolge.
Die Vorinstanz verzichtete am 10. November 2005 auf eine Vernehmlassung.
8
Auf die Ausführungen zur Begründung der Anträge wird, soweit erforderlich,
in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.
a) Gegen Urteile und Beschlüsse der Bezirksgerichte und ihrer Aus-
schüsse, sowie gegen Verfügungen der Bezirksgerichtsund Kreispräsidenten
(ausgenommen Untersuchungshandlungen, prozessleitende Verfügungen und
Strafmandate) können der Verurteilte und der Staatsanwalt beim Kantonsgerichts-
ausschuss innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung des angefochtenen
Entscheides Berufung einreichen. Diese ist zu begründen und hat darzutun, wel-
che Mängel des erstinstanzlichen Entscheides Gerichtsverfahrens gerügt
werden und ob das ganze Urteil lediglich Teile davon angefochten werden
(Art. 141 ff. StPO).
b) Diesen Anforderungen vermag die im Übrigen formsowie fristgerecht
eingereichte Berufung von A. vom 19. Oktober 2005 zu genügen, weshalb auf sie
einzutreten ist.
2.
a) Der Kantonsgerichtspräsident kann von Amtes wegen auf
Antrag eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen, wenn die persönliche
Befragung der Angeklagten für die Beurteilung der Streitsache wesentlich ist (Art.
144 Abs. 1 StPO). Findet keine mündliche Berufungsverhandlung statt, so trifft der
Kantonsgerichtsausschuss seinen Entscheid ohne Parteivortritt auf Grund der Ak-
ten (Art. 144 Abs. 3 StPO). Der Angeschuldigte in einem Strafverfahren hat aber
unabhängig von der kantonalen Verfahrensordnung gestützt auf Art. 6 Ziff. 1
EMRK Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise und öffentlich gehört
wird. Dieser Anspruch ist Teilgehalt der umfassenden Garantie auf ein faires Ver-
fahren. Das Gebot der Verfahrensöffentlichkeit gilt dem Grundsatz nach nicht nur
für das erstinstanzliche Strafverfahren, sondern erstreckt sich auf die Gesamtheit
eines korrekten Strafverfahrens inklusive des gesamten Rechtsmittelweges, somit
auch auf das Berufungsverfahren gemäss Art. 141 ff. StPO. Die Art der Anwen-
dung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf ein Verfahren vor einer Rechtsmittelinstanz hängt
von deren Besonderheiten ab. Von einer mündlichen Verhandlung vor der
Rechtsmittelinstanz kann etwa abgesehen werden, soweit die erste Instanz tat-
sächlich mündlich verhandelt hat, wenn nur Rechtsfragen Tatfragen zur Dis-
kussion stehen, die sich leicht nach den Akten beurteilen lassen, ferner wenn eine
reformatio in peius ausgeschlossen die Sache von geringer Tragweite ist und
9
sich keine Fragen zur Person und deren Charakter stellen (vgl. BGE 119 Ia 316 E.
2b; ZGRG 2/99, S. 46). Zudem darf einem nichtöffentlichen Verfahren kein wichti-
ges öffentliches Interesse entgegenstehen. Der Betroffene kann von sich aus auf
eine mündliche Verhandlung verzichten. Voraussetzung eines wirksamen Ver-
zichts ist, dass er ausdrücklich erklärt wird sich aus dem Stillschweigen des
Betroffenen eindeutig ergibt.
b)
Vorliegend hat der Berufungskläger implizit auf eine mündliche Ver-
handlung verzichtet. Das angefochtene Urteil des Bezirksgerichts Plessur wurde
im Anschluss an eine mündliche Hauptverhandlung, an welcher er und sein Ver-
teidiger anwesend waren, erlassen. Es stellen sich keinerlei Fragen zur Person
und zum Charakter des Berufungsklägers, die sich nicht aufgrund der Akten be-
antworten lassen. Die Tatund Rechtsfragen lassen sich ebenso nach den Akten
beantworten. Im vorliegenden Fall steht einem nichtöffentlichen Verfahren kein
wichtiges öffentliches Interesse entgegen. Auch unter diesen Aspekten kann auf
die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden (vgl. BGE 119
Ia 318 f.; PKG 2001 Nr. 19). Somit kann die streitige Strafsache gestützt auf die
vorliegenden Akten ohne mündliche Verhandlung sachgerecht entschieden wer-
den. Ein persönliches Vortreten des Berufungsklägers vor Schranken ist nicht
notwendig.
3.
Für das Berufungsverfahren ist zu beachten, dass dem Kantonsge-
richtsausschuss als Berufungsinstanz zwar eine umfassende, uneingeschränkte
Kognition zukommt (Art. 146 Abs. 1 StPO), er jedoch das vorinstanzliche Urteil
grundsätzlich nur im Rahmen der in der Berufung gestellten Anträge überprüft (W.
Padrutt, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Graubünden, 2. Aufl.,
Chur 1996, S. 375). Es gilt dabei aber zu berücksichtigen, dass der Kantonsge-
richtsausschuss auch weitere Urteilspunkte abändern ergänzen kann und
muss, wenn sonst der Würdigung aller Umstände unzureichend Rechnung getra-
gen würde beziehungsweise einzelne Fragen aus dem Sachzusammenhang ge-
rissen würden und damit Bundesrecht verletzt würde (vgl. BGE 117 IV 104 ff.).
Vorliegend ist die Verurteilung des Berufungsklägers wegen mehrfachen Verstos-
ses gegen Art. 197 Ziff. 3 StGB, indem er eine Vielzahl von Videofilmen und Bil-
der, die sexuelle Handlungen mit Kindern, Tieren und/oder menschlichen Aus-
scheidungen zum Inhalt haben, auf seine Festplatte heruntergeladen, auf seinem
Computer gespeichert und teilweise weitergeschickt hat, nicht angefochten wor-
den. Ebenso wurde die gerichtliche Einziehung und Vernichtung der beschlag-
nahmten Gegenstände (2 Festplatten des PC NoName, 15 Disketten, 21 CD-
10
ROM) nicht angefochten. Der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden über-
prüft das vorinstanzliche Urteil in diesen Punkten somit nicht.
4.
A. wird vorgeworfen, sich der mehrfachen sexuellen Handlungen mit
Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB schuldig gemacht zu haben, indem er am 7.
Mai 2004 in der Spielwarenabteilung des Warenhauses N. AG in Chur und zwi-
schen April 2004 und dem 17. Mai 2004 beim Vorplatz Seite P. des Schulhauses
O. in Chur vor Mädchen unter 16 Jahren sein Glied entblösst und daran herum-
manipuliert habe. Der in der Anklageschrift angeführte Sachverhalt ist anerkannt.
Der Berufungskläger moniert jedoch die rechtliche Subsumption unter den Tatbe-
stand von Art. 187 Ziff. 1 StGB. Er macht geltend, dass nicht Art. 187 StGB zur
Anwendung gelangen dürfe, vielmehr handle es sich um Fälle, die unter Art. 194
StGB fallen würden. Der Tatbestand des Einbeziehens eines Kindes in eine sexu-
elle Handlung erfordere eine Verhaltensweise von einiger Erheblichkeit. Dies treffe
im vorliegenden Fall nicht zu, denn der Berufungskläger habe nicht mit allen Zei-
chen sexueller Erregung vor den Kindern onaniert. Er habe sein Glied vor den
Mädchen nur exhibiert und daran herumgedrückt. Dies reiche nicht für eine Verur-
teilung nach Art. 187 StGB. Das Verhalten des Berufungsklägers sei als Exhibitio-
nismus nach Art. 194 StGB zu qualifizieren; dieses Verfahren sei jedoch einzustel-
len.
a)
Die Beweislast für die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat liegt
grundsätzlich beim Staat (Padrutt, a.a.O., S. 306). Bei der Würdigung der Be-
weismittel entscheidet das Gericht nach freier, in der Hauptverhandlung gewonne-
ner Überzeugung, wobei es sich verbietet, einzelnen dieser Beweismittel eine vor-
rangige Bedeutung zuzumessen (Art. 125 Abs. 2 StPO). An den Tatbeweis sind
hohe Anforderungen zu stellen; verlangt wird mehr als eine blosse Wahrschein-
lichkeit, nicht aber ein absoluter Beweis der Täterschaft, denn mit solcher Gewiss-
heit lassen sich infolge der Unzulänglichkeit des menschlichen Erkenntnisvermö-
gens Tatsachen kaum je beweisen (Padrutt, a.a.O., S. 306). Dabei bildet das Ge-
ständnis in aller Regel eine relativ sichere Basis für eine Verurteilung. Doch ist
darüber hinaus zu prüfen, ob wirklich genügend Anhaltspunkte und Indizien vorlie-
gen, die ein Geständnis als glaubhaft erscheinen lassen. Geht man nun die An-
klageschrift und die Akten unter diesem Aspekt durch, ergibt sich, dass an den
Aussagen des Berufungsklägers grundsätzlich nicht zu zweifeln ist, und dass der
von der Staatsanwaltschaft Graubünden ermittelte Sachverhalt zutrifft. Dazu ist im
Einzelnen Folgendes festzuhalten:
11
b)
Der Berufungskläger hat anlässlich der untersuchungsricherlichen
Einvernahme vom 28. Mai 2004 (act. 4.16) gestanden, einmal auf der Bank vor
dem Schulhaus O. bzw. auf dem Vorplatz Seite P. gewesen zu sein. Er habe auf
der Bank an seinem Geschlechtsteil herumgegriffen und es auch etwas entblösst,
als sich weiter hinten bei den Bäumen einige Mädchen befunden hätten. Die Mäd-
chen hätten miteinander gesprochen, ihm zwei bis drei Minuten zugeschaut und
sich dann entfernt. AC., Jahrgang 1996, berichtete dazu, dass der Berufungsklä-
ger ca. 1,5 Meter von ihnen entfernt gewesen sei; sein Penis sei gerade aus ge-
richtet gewesen (act. 4.9).
Am 3. Februar 2005 gab er auf entsprechenden Vorhalt dem Untersu-
chungsrichter zu Protokoll (act. 4.26), sich am 7. Mai 2004 in der Spielwarenabtei-
lung des Warenhauses N. AG an der Bahnhofstrasse in Chur aufgehalten und
nach Legos gesucht zu haben. Am unteren Ende sei ein Mädchen aufgetaucht,
schätzungsweise 12bis14-jährig. Er habe dann den Hosenladen geöffnet, seinen
Penis herausgenommen und daran herumgedrückt. Das Mädchen habe etwa 4 bis
5 Meter von ihm entfernt gestanden. Er könne jedoch keine genauen Distanzan-
gaben machen. Er habe dann eingepackt und sich entfernt, als das Mädchen zur
Kasse gelaufen sei. Ihm sei unwohl gewesen. Er habe gewusst, zu weit gegangen
zu sein.
Dieses Geständnis des Berufungsklägers wird durch das Ergebnis der Un-
tersuchung bestätigt. So stimmt die Aussage von M., Jahrgang 1992, vom 6. Juni
2004 (act. 4.21) mit derjenigen des Berufungsklägers bis auf die von ihr ge-
schätzte Distanz von 2 bis 3 Metern Entfernung zum Berufungskläger - überein.
Der Berufungskläger habe, als sie ihn auf der anderen Seite des Regals gesehen
habe, seinen Hosenladen geöffnet, sein Glied ausgepackt, in der Hand gehalten
und herumgedrückt. Sie erkannte den Berufungskläger auf dem Fotoblatt wieder
(act. 4.22). Der Sicherheitsdienst der N. AG teilte zudem auf Anfrage mit, am 7.
Mai 2004 habe sich ein solcher Vorfall zugetragen, während von Seiten der ehe-
maligen Arbeitgeberin des Berufungsklägers bestätigt wurde, der Berufungskläger
sei an diesem Tag ferienhalber abwesend gewesen (act. 4.24). Der Sachverhalt
laut Anklageschrift gilt durch das Geständnis und das übrige Untersuchungser-
gebnis somit zweifelsfrei als erstellt.
5.
a)
Gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB macht sich schuldig und wird mit
Zuchthaus bis zu fünf Jahren mit Gefängnis bestraft, wer mit einem Kind un-
ter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vornimmt, es zu einer solchen Handlung
12
verleitet es in eine sexuelle Handlung einbezieht. Art. 187 StGB will die Ge-
fährdung der sexuellen Entwicklung des Kindes verhindern. Es geht darum, die
ungestörte Entwicklung des Kindes zu gewährleisten, bis es die notwendige Reife
erlangt hat, damit es zur verantwortlichen Einwilligung zu sexuellen Handlungen in
der Lage ist (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbu-
ches und des Militärstrafgesetzes vom 26. Juni 1985, BBl 1985 II, S. 1065). Weil
Art. 187 StGB somit das Rechtsgut „Sexuelle Entwicklung von Unmündigen“
schützt, bleibt unberücksichtigt, ob der Täter das Opfer nötigt eine bestehen-
de Abhängigkeit Widerstandunfähigkeit ausnützt bzw. findet keine Unter-
scheidung nach Art und Umfang des Zwanges statt, den der Täter auf das Kind
ausübt (BGE 120 IV 9). Entscheidend ist alleine, dass er eine sexuelle Handlung
mit dem Kind vornimmt, es zu einer solchen Handlung verleitet es in eine
sexuelle Handlung einbezieht. Da es sich bei Art. 187 StGB um ein abstraktes Ge-
fährdungsdelikt handelt, spielt es für die Tatbestandmässigkeit auch keine Rolle,
ob das Kind durch die Handlung in seiner Entwicklung tatsächlich geschädigt wor-
den ist.
Da A. die Kinder unbestrittenermassen nicht berührt hat und die Kinder
auch nicht zu einer sexuellen Handlung verleitet hat (vgl. act. 4.4, S. 2), interes-
siert hier nur die 3. Tatvariante des Einbeziehens eines Kindes in sexuelle Hand-
lungen. Mit Einbeziehen sind diejenigen sexuellen Handlungen des Täters ge-
meint, die er vor dem Kind vornimmt, wobei es aber zu keinem körperlichen Kon-
takt zwischen dem Täter und dem Kind kommt. Das Kind wird bei dieser Tatbe-
standsvariante durch gezieltes Verhalten als Zuschauer in die sexuelle Handlung
des Täters einbezogen und als Sexualobjekt behandelt (BGE 129 IV 168 E. 3.1;
Philipp Maier, Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band II, Basel 2003, N 13
zu Art. 187; Günter Stratenwerth/Guido Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Be-
sonderer Teil I, 6. Aufl., Bern 2003, S. 149; Stefan Trechsel, Schweizerisches
Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, N 9 zu Art. 187). Das sub-
jektive Empfinden, die Motive die Bedeutung, die das Verhalten für den Täter
das Opfer hat, spielen dabei keine Rolle (BGE 125 IV 62). Das Opfer muss
die sexuelle Handlung des Täters jedoch tatsächlich visuell akustisch unmit-
telbar wahrnehmen (BGE 129 IV 168 E. 3.2; Trechsel, a.a.O., N 9 zu Art. 187;
Stratenwerth/Jenny, a.a.O., S. 149).
Nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung gelten solche Verhaltens-
weisen als sexuelle Handlungen, die objektiv nach ihrem äusseren Erscheinungs-
bild und aus der Sicht eines aussenstehenden Betrachters eindeutig sexualbezo-
13
gen sind und einen Bezug zum Geschlechtlichen aufweisen (Maier, a.a.O, N 14 zu
Art. 187; Trechsel, a.a.O., N 5 zu Art. 187). Als Beispiele können angeführt wer-
den: Beischlaf; orale anale Penetration an einer Drittperson; Einführen von
Gegenständen in Vagina Anus an sich selbst einer Drittperson; Reiben
des Geschlechtsteils des Täters; Berührungen mit der Hand an den nackten
männlichen weiblichen Geschlechtsteilen einer Drittperson an sich
selbst; das längere intensive Betasten des weiblichen männlichen Ge-
schlechtsteils über der Kleidung (Philipp Maier, Umschreibung von sexuellen Ver-
haltensweisen im Strafrecht, AJP 1999, S. 1398 f., Trechsel, a.a.O., N 6 zu Art.
187; BGE 118 IV 410). Nicht als sexuelle Handlung gelten nach der Lehre: leichter
Klaps aufs Gesäss; das Vorzeigen des entblössten Gesässes zur Beschimpfung;
sich nackt sonnen baden; flüchtiges Berühren erogener Zonen (Trechsel,
a.a.O., N 6 zu Art. 187; Guido Jenny, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht,
4. Band, Bern 1997, N 12 ff. zu Art. 187; Jörg Rehberg/ Niklaus Schmid/Andreas
Donatsch, Strafrecht III, 8. Aufl., Zürich 2003, S. 407). Entscheidend für die Ab-
grenzung zwischen sexueller und nicht sexueller Handlung beim Berühren von
sekundären Geschlechtsorganen ist die Dauer und Intensität der Handlung sowie
die konkreten Umstände (Trechsel, a.a.O., N 6 zu Art. 187; Jenny, a.a.O., N 16 zu
Art. 187, Rehberg/Schmid/Donatsch, a.a.O., S. 406 f.;). Das heisst, die Berührung
primärer Geschlechtsteile auf nackter Haut ist regelmässig eine sexuelle Hand-
lung, während der entsprechende körperliche Kontakt über den Kleidern einer ge-
wissen Intensität Dauer bedarf, damit er als sexuelle Handlung qualifiziert
werden kann. Aus diesen Ausführungen in der Doktrin muss entgegen der Ansicht
der Verteidigung abgeleitet werden, dass es nur bei der Berührung von sekundä-
ren Geschlechtsorganen bzw. beim Berühren von Geschlechtsorganen durch die
Kleider auf die Erheblichkeit der Handlung ankommt. Manipuliert der Täter an sei-
nem entblössten Penis, ist das ohne Zweifel als (erhebliche) sexuelle Handlung
nach Art. 187 StGB zu qualifizieren. Dabei reicht es nach dem soeben Dargeleg-
ten aus, dass der Täter seinen nackten Penis berührt, dieser muss nicht erigiert
sein und der Täter muss auch nicht masturbieren, damit seine Handlung von der
Lehre und Rechtsprechung als sexuell angesehen wird. Damit ist das Verhalten
des Berufungsklägers, das Entblössen seines Gliedes sowie das Manipulieren am
nackten Penis wenige Meter von den Kindern entfernt, entgegen der Ansicht des
Berufungsklägers als sexuelle Handlung im Sinne von Art. 187 StGB einzustufen.
Indem er diese Handlung gezielt vor Schulmädchen ausführte mit der Absicht,
dass diese seine Handlung wahrnehmen sollten, bezog er diese in seine sexuellen
Handlungen bewusst ein. So hat der Berufungskläger ausgesagt, dass er sich je-
weils ins Q. begeben habe, weil es dort viele Kinder gebe (act. 4.4, S. 2). Er sei
14
mehrmals wöchentlich dort mit dem Velo unterwegs gewesen, auf der Suche nach
Mädchen (act. 2.2, S. 1 f.) und habe oft beim Schulhaus O. auf Mädchen gewartet
(act. 2.2, S. 2; 4.5, S. 2). Auch hat der Berufungskläger sein Glied stets vor Mäd-
chen entblösst (act. 4.4, S. 2). Er hat jeweils gewartet bis Mädchen auftauchten
und seine Handlungen visuell wahrnehmen konnten (act. 2.2, S. 2). M. hat ausge-
sagt, auf 2 bis 3 Meter Distanz gesehen zu haben, wie der Berufungskläger sein
Glied ausgepackt und daran herumgedrückt habe (act. 4.21; S. 2). Die Mädchen
vor dem Schulhaus O. hätten ihm schliesslich sogar zwei bis drei Minuten zuge-
schaut, ehe sie gegangen seien (act. 4.16; S. 1). Der Berufungskläger hat somit
so lange an seinem Glied manipuliert, bis die Mädchen sich jeweils abgewandt
haben. Er hat sie damit zu Objekten seiner Sexualität gemacht. Unter diesen Um-
ständen besteht für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden kein Zweifel,
dass der Berufungskläger unter 16-jährige Mädchen gezielt als Sexualobjekte
ausgesucht hat, um vor ihnen seinen Penis zu entblössen und daran herumzuma-
nipulieren. Darin besteht der Unterschied zu Art. 194 StGB, welcher Exhibitionis-
mus (allgemein) unter Strafe stellt. Nach Art. 194 StGB wird, auf Antrag, mit Ge-
fängnis bis zu sechs Monaten mit Busse bestraft, wer eine exhibitionistische
Handlung vornimmt. Nimmt der Täter wie im vorliegenden Fall - diese sexuelle
Handlung gezielt vor Kindern vor, kommt der Spezialtatbestand von Art. 187 StGB
(Einbeziehen eines Kindes in eine sexuelle Handlung) zur Anwendung. Art. 187
StGB geht Art. 194 StGB vor, das heisst eine Anwendung von Art. 194 StGB fällt
ausser Betracht, wenn Art. 187 StGB wie hier einschlägig ist (Maier, a.a.O., N
37 zu Art. 187; Trechsel, a.a.O., N 7 zu Art. 194; Jenny, a.a.O., N 10 zu Art. 194;
Stratenwerth/Jenny, a.a.O., S. 198). Der Gesetzgeber hat damit wegen der höhe-
ren Schutzwürdigkeit des Rechtsguts „Ungestörte Entwicklung des Kindes“ von
Art. 187 StGB im Vergleich zum Rechtsgut der „Sexuellen Selbstbestimmung“ von
Erwachsenen für gezielten Exhibitionismus vor Kindern eine Spezialnorm und eine
höhere Strafdrohung statuiert.
b)
In subjektiver Hinsicht verlangt Art. 187 StGB Vorsatz, wobei Even-
tualvorsatz genügt. Dabei braucht der Täter keine exakte Vorstellung darüber zu
haben, welche Bedeutung sein Verhalten für das betroffene Opfer hat. Der Täter
sollte sich aber die zugrundeliegende soziale Wertung seines Verhaltens in gro-
ben Zügen vorstellen können. Zudem ist erforderlich, dass der Täter weiss
zumindest in Kauf nimmt, dass das Kind unter 16 Jahre alt ist und mehr als drei
Jahre jünger ist als er (Maier, a.a.O., N 15 zu Art. 187 mit Hinweisen). Diese sub-
jektiven Tatbestandselemente sind vorliegend erfüllt: der Berufungskläger hat -
wie oben dargelegt bewusst Mädchen im Primarschulalter gesucht, um ihnen
15
seinen Penis zu zeigen. Er wusste, dass die Mädchen in diesem Alter waren. Er
war sich dabei bewusst, dass sein Verhalten nicht tolerierbar sei (act. 4.26, S. 1).
Der Berufungskläger ist deshalb der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kin-
dern im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen.
6.
Dem Berufungskläger wird vorgeworfen, sich der mehrfachen Porno-
graphie gemäss Art. 197 Ziff. 1 StGB schuldig gemacht zu haben, indem er im
Internet über eine Web-Kamera Grossaufnahmen seines Gliedes gezeigt und da-
mit Jugendlichen unter 16 Jahren zugänglich gemacht haben soll. Der Berufungs-
kläger argumentiert zu seiner Entlastung, dass der von ihm benutzte Chatroom
nur erwachsene Männer besuchen würden. Seine Chatpartner hätten sich nur als
junge Mädchen ausgegeben. Das würden auch die Dialoge, welche in den Chat-
protokollen nachgelesen werden können, zeigen. Diese seien nicht kinderadäquat
und würden nach erwachsenen Verfassern klingen. Da der Berufungskläger das
pornographische Material somit nicht Kindern anbot bzw. zugänglich machte, son-
dern Erwachsenen, sei der Tatbestand von Art. 197 Ziff. 1 StGB nicht erfüllt. Es
fehle am rechtsgenüglichen Beweis, dass sich im Chatroom Kinder aufgehalten
hätten.
a)
Gemäss Art. 197 Ziff. 1 StGB wird mit Gefängnis mit Busse be-
straft, wer pornographische Schriften, Tonoder Bildaufnahmen, Abbildungen,
andere Gegenstände solcher Art pornographische Vorführungen einer Per-
son unter 16 Jahren anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht durch Radio
Fernsehen verbreitet. Zentrale Schutzzwecke dieses als abstraktes Gefähr-
dungsdelikt ausgestalteten Tatbestandes sind die ungestörte sexuelle Entwicklung
von Kindern und Jugendlichen und ihr Schutz vor Pornographie (BGE 124 IV 106
E. 3c/aa). Als Tatobjekt sind jede Form von Verkörperung Abbildung porno-
graphischen Inhalts sowie akustische visuelle Darstellungen zu qualifizieren
(Matthias Schwaibold/Kaspar Meng, Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch,
Band II, Basel 2003, N 27 zu Art. 197). Es genügt bereits das Anbieten, ohne dass
das Kind davon tatsächlich Kenntnis zu nehmen braucht. Erfasst werden alle pri-
vaten öffentlichen Handlungen, durch welche einer Person unter 16 Jahren
bewusst die Möglichkeit eingeräumt wird, in Kontakt mit Pornographie zu kommen,
sei es auch nur durch dessen eigenes Zutun (Schwaibold/Meng, a.a.O., N 32 zu
Art. 197 mit Hinweisen). Als Medium zur Verbreitung von Pornographie kommt
neben Radio und Fernsehen auch das Internet in Frage (BGE 131 IV 64 E. 10.1.2;
Schwaibold/Meng, a.a.O., N 36 zu Art. 197).
16
Als Pornographie bezeichnet werden sich nur auf den Genitalbereich kon-
zentrierende Darstellungen, die sexuelles Verhalten aus seinen menschlichen Be-
zügen heraustrennen und dadurch vergröbern und aufdringlich wirken lassen
(Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des
Militärstrafgesetzes vom 26. Juni 1985, BBl 1985 II, S. 1089). Sie ist objektiv da-
rauf angelegt, beim Konsumenten geschlechtliche Erregung zu wecken verbunden
mit einer demonstrativen Darstellung einer aus jedem realistischen Zusammen-
hang gerissenen, übersteigerten und auf sich selbst konzentrierten Sexualität
(BGE 131 IV 64 E. 10.1.1; Schwaibold/Meng, a.a.O., N 14 zu Art. 197). Unter Art.
197 Ziff. 1 StGB fällt die sogenannte weiche Pornographie, während die harte
Pornographie von Art. 197 Ziff. 3 StGB erfasst wird. Unter den Begriff der weichen
Pornographie fällt die vulgäre, krass primitive Darstellung von auf sich selbst redu-
zierter Sexualität, die den Menschen zum blossen Sexualobjekt erniedrigt
(Schwaibold/Meng, a.a.O., N 1 zu Art. 197; Jenny, a.a.O., N 3 zu Art. 197). Sie ist
begrifflich kaum denkbar, ohne dass eine besondere Betonung des Genitalberei-
ches vorliegt (BGE 131 IV 64 E. 10.1.1).
In subjektiver Hinsicht ist beim Täter Vorsatz gefordert, wobei Eventualvor-
satz ausreicht, nicht jedoch Fahrlässigkeit. Der Vorsatz hat sich auch auf das
normative Tatbestandselement des Pornographischen zu beziehen. Es genügt,
wenn der Täter die objektive Bedeutung des Tatbestandes so verstanden hat, wie
es der landläufigen Anschauung eines Laien entspricht (sog. Parallelwertung in
der Laiensphäre; BGE 99 IV 58), selbst wenn er nach seinem Empfinden an der
Veröffentlichung nichts Unzüchtiges findet. Schliesslich hat der Täter zu wissen
zumindest anzunehmen, dass die Darstellungen Personen unter 16 Jahren
zugänglich gemacht werden (Schwaibold/Meng, a.a.O., N 75 f. zu Art. 197).
b) Der
Berufungskläger
hat gestanden, sich mehrfach im Internet an
NetMeetings beteiligt zu haben (act. 4.4 und 4.25). Es handle sich dabei um einen
öffentlichen und ohne Passwort zugänglichen Chatroom. Er sei unter verschiede-
nen Benutzernamen ins Internet gegangen, habe jedoch nicht direkt Kontakt mit
Minderjährigen gesucht. Mit seinem normalen Namen habe er sich nicht ausgeben
wollen, da sich so vermutlich niemand gemeldet hätte. Daher habe er sich immer
provokativere Namen zugelegt. Er habe sein Gegenüber immer gefragt, wie alt es
sei. Über seine Web-Kamera habe er Grossaufnahmen seines Gliedes ins Internet
gestellt und dabei auch am Geschlechtsteil manipuliert. Zum Samenerguss sei es
vor laufender Kamera jedoch nicht gekommen. Auch wenn die Mädchen ein Alter
von 11 bis 14 angegeben hätten, bezweifle er die Richtigkeit dieser Angaben. Sei-
17
ner Meinung nach handle es sich bei praktisch allen Teilnehmern eines solchen
Chatrooms um Männer. Er gebe jedoch zu, sich im Kontakt mit minderjährigen
Mädchen vermutlich gleich verhalten zu haben, da er sein Gegenüber ja nie gese-
hen habe.
Diese Aussagen des Berufungsklägers werden durch das übrige Untersu-
chungsergebnis, so durch die Chat-Protokolle vom 5. Januar 2004 (act. 5.5), 6.
Januar 2004 (act. 5.6), 15. Januar 2004 (act. 5.7), 25. Januar 2004 (act. 5.8) und
24. April 2004 (act. 5.9), bestätigt. Womit der Sachverhalt gemäss Anklageschrift
grundsätzlich als erstellt gilt. Der Berufungskläger macht jedoch geltend, dass be-
rücksichtigt werden müsse, dass es sich bei den Chatroom-Benutzern um Er-
wachsene gehandelt habe. Dies würde aus den Dialogen unzweifelhaft hervorge-
hen.
c)
Das Programm NetMeeting bietet unter anderem die Möglichkeit, mit
anderen Nutzern über das Internet zu kommunizieren. Nebst verschiedenen Da-
teien können bei installierter Web-Kamera auch Livebilder unter den Benutzern
übertragen werden. Der Berufungskläger chattete mit Benutzernamen wie „bin
nackt vor dem pc zeige alles auch jungen mä“, „bin hier immer nackt und zeige
mich auch jungen gir“, „geil und tierlieb schweiz“, „animalsex und sex mit jungen
mädchen geht das h“, „zeige mich nackt auch junge mädchen willkommen“. Sei-
nen jeweiligen Chatpartnern, „11 Julja“ (act. 5.5 und 5.6), „AF. 14“ (act. 5.7), „AG.
11jahre jung“ (act. 5.8) und „AH. 12 na und“ (act. 5.9) zeigte er über die Web-
Kamera Grossaufnahmen seines Gliedes, an welchem er auch manipulierte, for-
derte sie verschiedentlich auf, ihm Nacktfotos zu schicken und fragte, ob sie ein
reales Treffen mit ihm vereinbaren würden, um Geschlechtsverkehr andere
sexuelle Handlungen mit ihm vorzunehmen. Die Grossaufnahmen seines ent-
blössten Gliedes sind als auf den Genitalbereich konzentrierte Darstellungen zu
qualifizieren, welche die Sexualität aufdringlich in den Vordergrund gerückt haben,
ohne dass die Aufnahmen in einem Bezug nicht-sexueller Natur eingebettet ge-
wesen wären. Sie waren darauf angelegt, sexuell aufzureizen, wie sich bereits den
Benutzernamen und den Wortwechseln in den Chat-Protokollen entnehmen lässt
(z.B. act. 5.9: „wie fühlst du dich nun bist du etwas geil jetzt“). Sie fallen dem-
nach unter den Begriff der weichen Pornographie.
Strafbar nach Art. 197 Ziff. 1 StGB macht sich auch derjenige, welcher Min-
derjährigen die Möglichkeit einräumt, die pornographischen Darstellungen zu se-
hen und sie ihnen somit zugänglich macht. Der Berufungskläger hat die Livebilder
18
seines Geschlechtsteils in einem öffentlichen und für jedermann ohne Passwort
zugänglichen Chatroom anderen Benutzern gezeigt. Damit waren keine Schutz-
mechanismen vorhanden, welche Jugendliche unter 16 Jahren als Nutzer hätten
ausschliessen können. Indem der Berufungskläger die pornographischen Bilder
seines Penis in einem für jedermann zugänglichen Chatroom angeboten hat, hat
er sie somit öffentlich ausgestellt. Denn nach dem Bundesgericht gilt eine Ausstel-
lungsörtlichkeit dann als öffentlich, wenn sie einem unbestimmten Kreis von Per-
sonen zugänglich ist (BGE 78 IV 165; BGE 100 IV 237). Um den Kreis der Emp-
fänger auf Erwachsene zu begrenzen, müssen deshalb beispielsweise Radiound
Fernsehprogramme mit sogenannter weicher Pornographie nach Mitternacht ge-
zeigt nur mittels Code Dechiffriergerät angeboten werden (vgl. Schwai-
bold/Meng, N 34 zu Art. 197). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung wür-
de auch ein Warnhinweis, der durch Anklicken zum Verschwinden gebracht wer-
den kann, keine wirksame Barriere darstellen, um den unter 16-jähirgen Personen
den Zugriff auf pornographische Webinhalte zu verunmöglichen (vgl. BGE 131 IV
67 sowie BGE vom 3. Juni 2005, 6S.26/2005). Der Berufungskläger hat seine por-
nographischen Bilder zwischen 19.00 Uhr und 22.30 Uhr gezeigt. Zu dieser Zeit
bestand die Möglichkeit, dass sich Kinder unter 16 Jahren im Chatroom aufhalten
würden. Ausserdem hat der Berufungskläger eingeräumt, dass er seine Bilder
Minderjährigen zeigen wollte. Zu diesem Schluss führen auch die von ihm gewähl-
ten Benutzernamen. Auch hat der Berufungskläger die Bilder an Benutzerinnen
versandt, die ihm ihr Alter vorgängig mit 11-14 Jahren angaben (vgl. BGE 131 IV
100 ff.). Unter diesen Umständen ist es letztlich unerheblich, ob sich seine Chat-
partner als Minderjährige ausgegeben haben ob es sich wirklich um schul-
pflichtige Mädchen gehandelt hat. Denn es steht fest, dass der Berufungskläger
Minderjährigen die Möglichkeit eingeräumt hat, pornographische Bilder zu sehen.
Anzumerken bleibt aber doch, dass der Inhalt der Chatprotokolle und namentlich
die Ausdrucksweise der Chatbenutzerinnen dafür sprechen, dass es sich bei den
fraglichen Teilnehmerinnen tatsächlich um minderjährige Mädchen handelte.
In subjektiver Hinsicht hat der Berufungskläger gemäss eigenen Aussagen
bei all seinen Handlungen gewusst, Unrechtes zu tun. Dass Grossaufnahmen sei-
nes Geschlechtsteils als pornographische Darstellungen gewertet werden, war er
sich ebenso bewusst. Zudem konnte er nicht ausschliessen, dass es sich bei den
Chatpartnern und Empfängern seiner Bilder tatsächlich um 11bis 14-jährige
Mädchen handelte. Sein Einwand, es handle sich bei den Teilnehmern eines sol-
chen Chatrooms vorwiegend um Männer, vermag ihn nicht zu entlasten. Der Beru-
fungskläger räumt denn auch ein, dass sich unter Umständen Kinder in einen sol-
19
chen Chatroom begeben können und er sich wohl gleich verhalten hätte, wenn
sein Gegenüber ein minderjähriges Kind gewesen wäre. Damit hat er zumindest
eventualvorsätzlich gehandelt und in Kauf genommen, dass Kinder unter 16 Jah-
ren die Darstellungen seines Penis empfangen konnten. Da die Übertragung der
pornographischen Bilder zu verschiedenen zeitlich auseinander liegenden Gege-
benheiten stattfanden, fasste der Berufungskläger stets einen neuen Tatent-
schluss. Der Berufungskläger hat sich somit der mehrfachen Pornographie ge-
mäss Art 197 Ziff. 1 StGB schuldig gemacht.
7.
Bei der Überprüfung der vorinstanzlichen Strafzumessung setzt der
Kantonsgerichtsausschuss sein Ermessen anstelle desjenigen der Vorinstanz und
wendet die Regeln über die Strafzumessung selbständig an. Gemäss Art. 63 StGB
bemisst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des Täters. Er berücksich-
tigt dabei die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des
Schuldigen. Der Betrag der Busse ist im Weiteren so zu bemessen, dass der
Schuldige die seinem Verschulden angemessene Einbusse erleidet. Es müssen
insbesondere das Einkommen, das Vermögen und die Familienpflichten berück-
sichtigt werden (Art. 48 Ziff. 2 StGB).
Grundlage für die Bemessung der Schuld ist immer die Schwere der Tat. Bei
der Beurteilung der Tatkomponenten werden insbesondere das Ausmass des ver-
schuldeten Erfolges, die Art und Weise seiner Herbeiführung, die Willensrichtung,
mit welcher der Täter gehandelt hat und die Beweggründe des Schuldigen be-
rücksichtigt. Die Täterkomponente umfasst das Vorleben, die persönlichen Ver-
hältnisse sowie das Verhalten nach der Tat im Strafverfahren, wie zum Bei-
spiel Reue, Einsicht Strafempfindlichkeit. Das Mass des Verschuldens variiert
unter anderem mit der Schwere des deliktischen Erfolges, den unterschiedlich
gravierenden Modalitäten der Tatbegehung und dem Mass an Entscheidungsfrei-
heit, das dem Täter zugeschrieben werden muss. Je leichter es für ihn gewesen
wäre, die Rechtsgutverletzung zu vermeiden, je grösser also sein Handlungsspiel-
raum war, desto grösser wiegt das Verschulden (vgl. BGE 117 IV 113 f.; BGE 118
IV 14 f.; BGE 124 IV 44 ff.).
Das Verschulden des Berufungsklägers wiegt schwer. Er hat aus egoisti-
schen Motiven Kinder in sexuelle Handlungen miteinbezogen und durch sein Ver-
halten die Gefährdung der Entwicklung der betroffenen Kinder nicht bedacht. Er
hat kinderpornographisches Material vom Internet heruntergeladen und sich zur
sexuellen Befriedigung angeschaut, unbekümmert der dahinter stehenden sexuel-
20
len Ausbeutung von Kindern und deren psychische Folgen für die Entwicklung der
missbrauchten Kinder. Strafmindernd fällt ins Gewicht, dass der Berufungskläger
sich von Beginn des Untersuchungsverfahrens an einsichtig, reuig und kooperativ
gezeigt hat. Er hat ein umfassendes Geständnis abgelegt und so zur Aufklärung
der Straftaten beigetragen. Zu Gute zuhalten ist dem Berufungskläger auch, dass
er umgehend psychiatrisch-therapeutische Hilfe in Anspruch genommen hat. Wei-
ter wird ihm von der Stadtpolizei Chur ein rechter Leumund bescheinigt (act. 3.5)
und er ist weder im schweizerischen noch im österreichischen Strafregister ver-
zeichnet (act. 3.1-2). Dem Gutachten lässt sich entnehmen, dass der Berufungs-
kläger zwar zur Tatzeit „geistig mangelhaft entwickelt“ gewesen sei, dass die Fä-
higkeit zur Einsicht in das Unrecht der Tat und gemäss dieser Einsicht zu handeln
jedoch nicht herabgesetzt gewesen sei, womit eine Strafmilderung wegen vermin-
derter Zurechnungsfähigkeit nach Art. 11 StGB entfällt. Andere Strafmilderungs-
gründe liegen nicht vor. Strafschärfend wirken sich sowohl die mehrfachen
Verstösse gegen Art. 187 Ziff. 1 StGB, Art. 197 Ziff. 1 und 3 StGB aus sowie das
Zusammentreffen dieser strafbaren Handlungen in echter Realkonkurrenz. Unter
diesen Umständen erscheint die von der Vorinstanz ausgefällte Freiheitsstrafe von
acht Monaten unter Anrechung der erstandenen Untersuchungshaft von 12 Ta-
gen, die im vorliegenden Berufungsverfahren nicht erhöht werden darf, als dem
Verschulden des Berufungsklägers angemessen.
8.
Nach Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann der Vollzug einer Freiheitsstra-
fe von nicht mehr als 18 Monaten aufgeschoben werden, wenn Vorleben und Cha-
rakter des Verurteilten erwarten lassen, er werde dadurch von weiteren Verbre-
chen Vergehen abgehalten. Gemäss Abs. 2 der genannten Bestimmung ist
der Aufschub einer Freiheitsstrafe von Gesetzes wegen nicht zulässig, wenn der
Verurteilte innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat wegen eines vorsätzlich
begangenen Verbrechens Vergehens eine Zuchthausoder Gefängnisstrafe
von mehr als drei Monaten verbüsst hat.
a) Die objektiven Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Straf-
vollzugs sind bei A. erfüllt. So wird für den hier zu behandelnden Vorfall eine Stra-
fe von weniger als 18 Monaten verhängt und A. hatte innerhalb der letzten fünf
Jahre keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten zu verbüssen.
b) Wie ausgeführt, verlangt Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in subjektiver Hin-
sicht, dass Vorleben und Charakter des Verurteilten erwarten lassen, er werde
durch den Aufschub der Freiheitsstrafe von weiteren Verbrechen und Vergehen
21
abgehalten. Bei der Prüfung, ob der Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten
Gewähr bietet, ist eine Gesamtwürdigung der gesamten Umstände vorzunehmen.
In die Beurteilung mit einzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vor-
leben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf
den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Für die
Einschätzung des Rückfallrisikos ist ein Gesamtbild der Täterpersönlichkeit uner-
lässlich. Relevante Faktoren sind etwa strafrechtliche Vorbelastung, Hinweise auf
Suchtgefährdung und weitere. Dabei sind die persönlichen Verhältnisse bis zum
Zeitpunkt des Entscheides mit einzubeziehen (BGE 128 IV 198 f.). Unzulässig ist
es jedoch, bei der Prüfung der nach Art. 41 Ziff. 1 StGB zu berücksichtigenden
Umständen einzelnen eine vorrangige Bedeutung beizumessen und andere zu
vernachlässigen überhaupt ausser Acht zu lassen, also etwa einseitig auf die
Umstände der Tat abzustellen. Mit anderen Worten müssen die genannten Um-
stände eine günstige Prognose zulassen. Die Besserungsaussichten müssen auf-
grund des Verhaltens und der Gesinnung des Verurteilten beurteilt werden. Es ist
jedoch offensichtlich, dass sich selbst durch eine umfassende und intensive Aus-
einandersetzung mit der Täterpersönlichkeit keine absolut zuverlässige Zukunfts-
voraussage treffen lässt. Bei der Prüfung der günstigen Prognose im Sinne von
Art. 41 Ziff. 1 StGB steht daher die Frage im Vordergrund, unter welchen Voraus-
setzungen einem Verurteilten trotz unsicherer Zukunftsaussichten Vertrauen ge-
schenkt werden kann. Vermag der Richter begründetes Vertrauen zu gewinnen,
so ist der Vollzug aufzuschieben. Der Richter muss von der Besserungsaussicht
mit Begründung überzeugt sein. Schwankt er zwischen vager Hoffnung und Be-
denken, so hat er kein Vertrauen auf eine Bewährung und er hat daher auf die
Gewährung des bedingten Strafvollzugs zu verzichten (PKG 1993 Nr. 24).
Wird befürchtet, eine bedingte Freiheitsstrafe vermöge den Verurteilten
nicht genügend zu beeindrucken, so kann wo das Gesetz wahlweise Freiheits-
strafe Busse androht - der Richter die beiden Strafen auch verbinden (Art. 50
Abs. 2 StGB). Ebenfalls kann er den Verurteilten gemäss Art. 41 Ziff. 2 Abs. 1
StGB unter Schutzaufsicht stellen ihm für sein Verhalten während der Probe-
zeit bestimmte Weisungen erteilen. Dabei empfiehlt sich das Instrument der
Schutzaufsicht besonders dann, wenn die Prognose günstig ist, jedoch einige
Schwierigkeiten in der Bewährung vorausgesehen werden (vgl. R. M. Schneider,
Basler Kommentar zum Strafgesetzbuch I, Basel 2003, N 160 ff. zu Art. 41 StGB).
Schliesslich kann allfälligen Bedenken auch bei der Festsetzung der Dauer der
Probezeit Rechnung getragen werden (Art. 41 Ziff. 1 Abs. 3 StGB), indem die Pro-
22
bezeit um so länger bemessen werden soll, je höher die Gefahr des Rückfalls ein-
geschätzt wird (BGE 95 IV 122 ff.).
c)
A. hat sich, indem er sich freiwillig in psychiatrische Behandlung be-
gab, nachweisbar bemüht, sein Verhalten zu ändern. Er zeigte Einsicht in das Un-
recht seiner Tat und bereute seine Taten. Auch hat der Verlust seiner Arbeitsstelle
wegen des vorliegenden Strafverfahrens offenbar einen starken Eindruck hinter-
lassen. Positiv ins Gewicht fällt weiter der gute Leumund des Berufungsklägers,
seine Geständigkeit und Einsicht in das Unrecht seiner Taten. Zudem erhält er
stabilisierende Unterstützung von seiner Lebenspartnerin und hat mittlerweile eine
neue Arbeitsstelle antreten können.
Daher kommt das Gericht wie die Vorinstanz - unter Würdigung der ge-
samten Umstände zur Überzeugung, dass dem Berufungskläger angesichts seiner
Einsichtigkeit und Therapiewilligkeit eine günstige Prognose gestellt werden kann.
A. ist aus diesen Gründen eine Chance zu geben und der bedingte Strafvollzug
kombiniert mit einer Schutzaufsicht und der Weisung, sich psychiatrisch-
therapeutisch behandeln zu lassen (vgl. dazu sogleich E. 9), ist zu gewähren. Die
Dauer der Probezeit von zwei Jahren ist nicht zu beanstanden.
9.
Der Richter kann gemäss Art. 41 Ziff. 2 Abs. 1 StGB einem bedingt
Verurteilten für sein Verhalten während der Probezeit bestimmte Weisungen ertei-
len, wie beispielsweise eine ärztliche Betreuung den Verzicht auf alkoholi-
sche Getränke. Die Weisung soll eine erzieherische, die Rückfallgefahr vermin-
dernde Wirkung haben und den Täter zur Besinnung bringen (vgl. P. Meier/F. Ur-
baniok, Die Anordnung und praktische Durchführung von Freiheitsstrafen und
Massnahmen, Zürich 1998, S. 63).
Der Gutachter erachtet im Gutachten vom 04. August 2004 eine Einwei-
sung in eine Klinik nicht als notwendig, empfiehlt aber, dass sich der Berufungs-
kläger mit seinem Verhalten im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung
während mindestens zweier Jahre auseinandersetze sowie, dass der Berufungs-
kläger unter Schutzaufsicht gestellt wird. Dem Schreiben vom Dr. med. AB., bei
welchem der Berufungskläger seit dem 22. September 2004 in psychiatrischer
Behandlung ist, kann entnommen werden, dass beim Berufungskläger das eigene
Erkennen und Verstehen des fehlgeleiteten Geltungsstrebens gefördert, die Ge-
fährdung durch Belastungssituationen bewusst gemacht sowie seine Steuerungs-
fähigkeit gestärkt werden konnte.
23
Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände erscheint es somit vorliegend
zwingend, dass der Berufungskläger der Fortsetzung der begonnenen Therapie
bedarf. Die Gewährung des bedingten Strafvollzugs ist daher im Sinne von Art. 41
Ziff. 2 StGB mit der Weisung zu verbinden, dass sich A. während der Dauer der
Probezeit einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung unterzieht. Die-
se Behandlung soll dem Berufungskläger ermöglichen, sein Problembewusstsein
zu stärken und neue, sinnvolle Verhaltensweisen im Umgang mit Belastungssitua-
tionen zu lernen beziehungsweise die von ihm begonnene Auseinandersetzung
mit seinem Verhalten fortzuführen. Zur Kontrolle der Einhaltung dieser Weisungen
ist der Berufungskläger unter Schutzaufsicht zu stellen.
10.
Da die Berufung somit abgewiesen wird und das angefochtene Urteil
bestätigt wird, gehen die Kosten des Berufungsverfahrens zu Lasten des Beru-
fungsklägers (Art. 160 StPO).
24
Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 1’500.gehen zu Lasten des
Berufungsklägers.
3.
Gegen dieses Urteil kann, sofern Verletzung eidgenössischen Rechts gel-
tend gemacht werden will, Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof
des schweizerischen Bundesgerichts geführt werden. Diese ist dem Bun-
desgericht innert 30 Tagen seit Zustellung der vollständigen Ausfertigung
des Entscheides in der in Art. 273 des Bundesgesetzes über die Bundes-
strafrechtspflege (BStP) vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Be-
schwerdelegitimation und die weiteren Voraussetzungen der Nichtigkeits-
beschwerde gelten die Art. 268 ff. BStP.
4. Mitteilung
an:
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin ad hoc:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.