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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils SB-00-76: Kantonsgericht Graubünden

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Urteil vom 22. November 2013 entschieden, dass der Beschuldigte schuldig ist, vorsätzlich gegen das Volksschulgesetz verstossen zu haben, indem er seine Kinder B. und C. vom Unterricht fernhielt. Der Beschuldigte wurde zu einer Geldstrafe von 800 CHF verurteilt. Im Falle der Nichtzahlung der Strafe wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen festgelegt. Die Gerichtskosten und zusätzlichen Untersuchungskosten wurden dem Beschuldigten auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts SB-00-76

Kanton:GR
Fallnummer:SB-00-76
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid SB-00-76 vom 22.11.2000 (GR)
Datum:22.11.2000
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Jagdkontravention
Schlagwörter : Beruf; Berufung; Kanton; Urteil; Kreis; Kantons; Murmeltier; Kantonsgericht; Berufungskläger; ABzKJG; Abschuss; Busse; Graubünden; Vorinstanz; Recht; Kantonsgerichtsausschuss; Jäger; Wertersatz; Verletzung; Verfahren; Täter; Verhalten; Verfahren; Murmeltierkätzchen; Spesen
Rechtsnorm:Art. 142 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 175 StPO ;Art. 63 StGB ;Art. 68 StGB ;
Referenz BGE:117 IV 113;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts SB-00-76

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni


Dretgira chantunala dal Grischun

Ref.:
Chur, 22. November 2000
Schriftlich mitgeteilt am:
SB 00 76
(nicht mündlich eröffnet)

Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vizepräsident Schlenker, Aktuarin Mosca.
——————
In der strafrechtlichen Berufung
des M. D., C., geboren am 28. März 19, des J. und der E. geb. G., geschieden,
Serigraph, P., L., Berufungskläger, vertreten durch lic. iur. Stefan Melchior, Gäug-
gelistrasse 16, 7002 Chur,

gegen

das Urteil des Kreisgerichtsausschusses B. vom 5. September 2000, mitgeteilt am
3. Oktober 2000, in Sachen gegen den Berufungskläger,
betreffend Jagdkontravention,
hat sich ergeben:


2
A. M. D. wuchs zusammen mit drei Geschwistern in geordneten Familien-
verhältnissen in T. auf. Nach dem Besuch der Primarschule absolvierte er die Se-
kundarschule in Z.. In der Folge liess er sich bei der Firma S. H. in C. zum Seri-
graphen ausbilden. Diesen Beruf übt M. D. noch heute aus. Nachdem er sechs
Jahre selbständig tätig war, ist er seit dem 1. Januar 1999 bei der Firma S. AG
angestellt. Er bezieht einen monatlichen Bruttolohn von Fr. 4'800.--. Im weiteren
wird ihm ein jährlicher Bonus in der Höhe von Fr. 3‘000.-bis Fr. 5'000.-ausbe-
zahlt. M. D. ist Eigentümer eines Hauses, welches mit einer Hypothek von Fr.
450'000.-belastet ist.
Im Jahre 1979 heiratete M. D. R. D.. Dieser Ehe entsprossen drei Kinder,
nämlich M., geboren 19, J., geboren 19 und M., geboren 19. Seit dem 1. Januar
1999 leben die Ehegatten getrennt. M. D. lebt seit der Trennung mit seiner neuen
Lebenspartnerin B. V. zusammen.
M. D. geniesst einen guten Leumund und ist im schweizerischen Zentral-
strafregister nicht verzeichnet. Hingegen ist er im Vorstrafenregister des kantona-
len Jagdund Firschereiinspektorates mit vier Fehlabschüssen verzeichnet, letzt-
mals am 11. September 1998.
B. Dem vorliegenden Strafverfahren liegt gemäss Urteil des Kreisgerichts-
ausschusses B. vom 5. September 2000 sinngemäss folgernder Sachverhalt zu-
grunde:
„Am Samstag, 11. September 1999, erlegte M. D. um 17.45 Uhr bei
der Örtlichkeit „F.“ auf dem Gebiet der Gemeinde B. ein Mumeltier-
kätzchen. Der Schuss wurde aus einer Distanz von ca. 60 - 70 m mit
einem Teilmantelgeschoss abgegeben. Nach Abgabe des Schusses
forderte M. D. seinen Mitläufer R. H. auf, zum Murmeltier hinzuge-
hen. Als dieser beim Bau ankam, hob er das Murmeltier auf und rief
M. D. zu, dass vom Murmeltierkätzchen lediglich einige „Fetzen“ üb-
riggeblieben seien. R. H. legte das Tier beim Eingang des Baus wie-
der nieder und kehrte daraufhin zum Jäger M. D. zurück. In der Folge
hat M. D. den Abschuss des Murmeltierkätzchens nicht in die Ab-
schussliste eingetragen. Um 18.02 Uhr schoss M. D. erneut auf ein
Murmeltier, ohne es jedoch zu treffen.

Wildhüter A. E. hat M. D. während der ganzen Zeit mit dem Fernrohr
beobachtet. Er hat den Tathergang mitverfolgt und auch gesehen,
dass der Jäger bis er sich von der besagten Örtlichkeit entfernt hat -
keinen Eintrag in die Abschussliste vorgenommen hat.

Am 13. September 1999 begegnete der Wildhüter A. E. M. D. und
kontrollierte dessen Abschussliste. Diese war noch leer, d.h. es war



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noch kein Abschuss eingetragen. Auf den Abschuss des Murmeltier-
kätzchens aufmerksam gemacht, gestand M. D. den Vorfall.“

C. Mit Strafmandat vom 17. Dezember 1999, mitgeteilt am 17. Dezember
1999, erkannte der Kreispräsident B.:
„- M. D., 19, wohnhaft in L., ist schuldig der vorsätzlichen Wider-
handlung gegen Art. 15 Abs. 4 KJG, Art. 23 AB z. KJG, Art. 33
AB z. KJG.

- In Anwendung von Art. 47 Abs. 1 KJG wird er mit einer Busse von
Fr. 450.-bestraft.
- In Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 lit. b wird dem Jäger die Jagdbe-
rechtigung für die Dauer von 2 Jahren entzogen.
- Er hat ausserdem den Wertersatz von Fr. 10.-- und die Spesen
der Wildhut von Fr. 40.-zu bezahlen.
- Der Angeschuldigte bezahlt die Kosten des Verfahrens, beste-
hend aus

Barauslagen inklusive polizeiliche Tatbestandesaufnahme Fr.
00.00

Gebühren Fr.
160.00
zusammen mit Busse
Fr. 450.00
und allfälligem Wertersatz plus Spesen Jagdaufsicht
Fr.
50.00
Total Fr.
660.00

bis spätestens am 17. Januar 2000

- (Rechtsmittelbelehrung)
- (Mitteilung)“
D. Dagegen erhob M. D. am 23. Dezember 1999 Einsprache beim Kreis-
präsidenten B., worauf das ordentliche Untersuchungsund Gerichtsverfahren
durchgeführt werden musste (vgl. Art. 175 Abs. 1 StPO). Nach Ergänzung der Un-
tersuchung erliess der Kreispräsident B. am 26. Mai 2000 die Schlussverfügung.
E. Mit Verfügung des Kreispräsidenten B. vom 11. Juli 2000 wurde M. D.
wegen Verletzung von Art. 15 Abs. 4 KJG, Art 23 ABzKJG, Art. 33 ABzKJG, Art.
47 Abs. 1 KJG und Art. 48 Abs. 1 lit. b KJG in Anklagezustand versetzt.
F. Mit Urteil vom 5. September 2000, mitgeteilt am 3. Oktober 2000, er-
kannte der Kreisgerichtsausschuss B.:
„1. D. M., geb. 28.03.19, ist schuldig der fahrlässigen Verletzung
von Jagdvorschriften, nämlich der Jagdbetriebsvorschriften
1999, Art. 15 Abs. 1 KJG sowie Art. 23 AB zu KJG.



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Dafür wird er in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2 KJG mit einer
Busse von Fr. 450.-bestraft.

2. Gestützt auf Art. 48 Abs. 1 lit. b wird D. M. die Jagdberechtigung
für die Dauer von 1 Jahr entzogen.
3. Er hat den Wertersatz von Fr. 10.-- (Murmeltier unter 3 kg) sowie
die Spesen der Wildhut in der Höhe von Fr. 40.-zu bezahlen.
4. Die Kosten des Verfahrens bestehend aus:

- Gebühren
Fr.
210.00
- Untersuchungsund Gerichtskosten
Fr.
520.00
- Busse
Fr.
450.00
- Wertersatz
Fr.
10.00
- Spesen und Gebühren Jagdaufsicht
Fr.
50.00
Total Fr.
1'240.00

Sie sind innert 30 Tagen mit beiliegendem Einzahlungsschein an
die Kreiskasse B., PC-Konto 70-5031-8, zu überweisen.

5. Das Urteil wurde dem Angeschuldigten anlässlich der Hauptver-
handlung vom 05. September 2000 mündlich eröffnet.
6. (Rechtsmittelbelehrung)
7. (Mitteilung)“
G. Gegen dieses Urteil erhob M. D. am 23. Oktober 2000 Berufung an den
Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden. Er beantragt:
„1. Das angefochtene Urteil vom 5. September/3. Oktober 2000 sei
vollumfänglich aufzuheben.


M. D. sei der Verletzung von Art. 15 Abs. 1 KJG sowie Art. 23
ABzKJG freizusprechen.

2. Der Entzug der Jagdberechtigung sei aufzuheben.
3. Er sei davon zu befreien, den Wertersatz von Fr. 10.-zu leisten.
Die Kosten der Wildhut seien von der Staatskasse zu tragen.
4. Sämtliche
Verfahrenskosten
seien von der Staatskasse zu über-
nehmen.

Für das Verfahren vor Kantonsgerichtsausschuss sei M. D. für
dessen anwaltliche Vertretung eine angemessene ausseramtli-
che Entschädigung zu zahlen.“

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2000 verzichtete die Staatsanwaltschaft
Graubünden auf eine Stellungnahme. Die Vorinstanz liess sich am 27. Oktober
2000 dazu vernehmen.


5
Auf die weiteren Ausführungen im angefochtenen Urteil sowie in den
Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen ein-
gegangen.


Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1. Gegen Urteile der Kreisgerichtsausschüsse können der Verurteilte und
der Staatsanwalt beim Kantonsgerichtsausschuss Berufung erheben (Art. 141
Abs. 1 StPO). Diese ist innert zwanzig Tagen seit der schriftlichen Eröffnung des
angefochtenen Entscheides einzureichen. Sie ist zu begründen, und es ist darzu-
tun, welche Mängel des erstinstanzlichen Urteils gerügt werden und ob das ganze
Urteil lediglich Teile davon angefochten werden (Art. 142 Abs. 1 StPO). Die-
sen Anforderungen vermag die vorliegende Berufung zu genügen. Auf die frist-
und formgerecht eingereichte Berufung ist deshalb einzutreten.
2. Der Berufungskläger rügt in formeller Hinsicht, es seien handschriftliche
Änderungen in den Akten vorgenommen worden, weshalb das angefochtene Urteil
allein schon deswegen aufzuheben sei. So habe man dem Erkenntnis des Straf-
mandates ursprünglich entnehmen können, dass sich M. D. der vorsätzlichen Wi-
derhandlung gegen Art. 33 der Ausführungsbestimmungen zum kantonalen Jagd-
gesetz (ABzKJG) schuldig gemacht habe. In der Folge sei „AB“ handschriftlich
gestrichen worden, so dass anzunehmen war, M. D. habe einen Verstoss gegen
Art. 33 KJG begangen. Eine analoge Änderung sei auch in der Anklageverfügung
vorzufinden. Dort sei dieselbe Buchstabenfolge wie beim Strafmandat gestrichen
worden, jedoch beim Art. 23. Zudem fehle die Abkürzung „AB“ beim Art. 33, so
dass wiederum der falsche Eindruck entstehe, es handle sich um Art. 33 KJG und
nicht um Art. 33 ABzKJG. Aufgrund dieser Änderungen sei es dem Berufungsklä-
ger nicht möglich gewesen, sich darüber ins Bild zu setzen, welche Vorwürfe ge-
gen ihn erhoben worden seien.
Diese Rüge erweist sich als unbegründet. Zwar trifft es zu, dass die im vor-
stehenden Abschnitt dargestellten Änderungen vorgenommen worden sind. Hin-
gegen kann nicht behauptet werden, der Berufungskläger sei nicht im klaren ge-
wesen, gegen welche Bestimmungen er verstossen haben soll. Dies beweist die
Stellungnahme des Berufungsklägers vom 18. Februar 2000 zum Strafmandat
(act. 9), wo ersichtlich wird, dass sich M. D. zu den richtigen Bestimmungen -


6
nämlich Art. 23 ABzKJG und Art. 33 ABzKJG geäussert hat. Kommt hinzu, dass
ein Blick auf Art. 23 KJG und Art. 33 KJG genügt, um erkennen zu können, dass
die vorgenannten Bestimmungen auf den vorliegenden Fall nicht angewendet
werden können, da sie keinen Bezug dazu aufweisen. Art. 23 KJG betrifft nämlich
Hegemassnahmen und Art. 33 KJG verweist auf die Vollziehungsverordnung über
die Beitragsund Entschädigungspflicht bei der Verhütung und Vergütung von
Wildschaden. Ferner hat die Vorinstanz einen Verstoss gegen Art. 33 ABzKJG
verneint. Da die Staatsanwaltschaft keine Berufung erhoben hat und der Grund-
satz der reformatio in peius zu beachten ist, steht die Anwendung dieser Bestim-
mung im vorliegenden Verfahren nicht mehr zur Diskussion. Es erübrigt sich des-
halb, weitere Ausführungen dazu zu machen.
3. a) Der Kreisgerichtsausschuss B. hat M. D. der Verletzung von Art. 15
Abs. 1 KJG für schuldig befunden. Nach dieser Bestimmung hat sich der Jäger bei
der Ausübung der Jagd weidgerecht zu verhalten. Gemäss Ausführungen der Vo-
rinstanz hätte sich M. D. nach der Schussabgabe persönlich zum erlegten Tier
begeben und es angemessen entsorgen müssen. Indem M. D. das Murmeltier-
kätzchen in unmittelbarer Nähe des Baues liegen gelassen habe, habe er keine
Achtung gegenüber dem erlegten Tier gezeigt. Sein Verhalten sei deshalb als un-
weidmännisch im Sinne von Art. 15 Abs. 1 KJG zu qualifizieren. Der Berufungs-
kläger macht in diesem Zusammenhang geltend, es entspreche der gängigen
Übung im Kanton Graubünden, den Aufbruch eines Tieres sowie allfällige Fleisch-
stücke, welche zum Beispiel infolge eines schlechtsitzenden Schusses nicht ver-
wertet werden könnten, an Ort und Stelle liegen zu lassen. Es könne davon aus-
gegangen werden, dass die Verhaltensweisen, welche seit altersher auf der Jagd
praktiziert würden, als weidgerecht bezeichnet werden müssten. Die Aasfresser
würden im übrigen sehr schnell die herumliegenden Aufbrüche aufräumen.
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Gemäss Leitfaden für
Bündner Jäger (Jagdund Fischereiinspektorat, Dr. Peider Ratti, Disentis 1986; III,
S. 1) bedeutet weidgerecht jagen, die Jagd nach bestem Wissen und Gewissen,
nach Gesetz und Vorschriften sowie nach überliefertem Brauchtum auszuüben.
Der Ausdruck „weidmännisch“ und „weidgerecht“ bedeute immer, dass der Jäger
bei der Jagdausübung die Achtung gegenüber dem Wilde zu wahren habe. Der
Kantonsgerichtsausschuss geht in Übereinstimmung mit dem Berufungskläger
davon aus, dass das Liegenlassen von Aufbruch für sich allein nicht als unweid-
männisches Verhalten bezeichnet werden kann. Tatsächlich entspricht es überlie-
fertem Brauchtum auf der Bündner Hochjagd, den Aufbruch zurückzulassen, damit


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Füchse und Aasfresser diese Reste verzehren können. Als unweidmännisch im
Sinne des Gesetzes muss hingegen die Tatsache qualifiziert werden, dass M. D.
das Murmeltierkätzchen vor dem Bau liegen gelassen hat. Solches Verhalten
zeugt von einer geringen Achtung gegenüber dem erlegten Tier. Im weiteren gilt
es zu berücksichtigen, dass die Murmeltiere familienweise in streng abgegrenzten
Wohngebieten leben. Wenn nun ein totes Familienmitglied vor dem Bau liegenge-
lassen wird, stört dies die Kolonie und die soziale Struktur wird durcheinander ge-
bracht. Es wäre mit wenig Aufwand verbunden gewesen, das erlegte Tier aufzu-
heben und an einem anderen Ort zugedeckt liegen zu lassen, so dass auch Unbe-
teiligte daran keinen Anstoss nehmen können. Die Vorinstanz hat demnach zu
Recht M. D. der Verletzung von Art. 15 Abs. 1 KJG für schuldig befunden.
b) Gemäss Art. 23 ABzKJG ist jeder Abschuss sofort in die amtliche Ab-
schussliste einzutragen. Es ist im vorliegenden Fall unbestritten, dass der Beru-
fungskläger den Abschuss des Murmeltierkätzchens nicht sofort in die Abschuss-
liste eingetragen hat, weshalb er gegen die Bestimmung von Art. 23 ABzKJG
verstossen hat.
c) Der Kreisgerichtsausschuss B. hat M. D. der fahrlässigen Verletzung von
Art. 15 Abs. 1 KJG sowie Art. 23 ABzKJG jeweils in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2
KJG für schuldig befunden und ihn mit einer Busse von Fr. 450.-bestraft. Da die
Staatsanwaltschaft Graubünden keine Berufung erhoben hat und der Grundsatz
der reformatio in peius zu beachten ist, ist es dem Kantonsgerichtsausschuss
verwehrt zu überprüfen, ob das Verhalten von M. D. als vorsätzlich zu qualifizieren
ist. Dass zumindest Fahrlässigkeit zu bejahen ist, steht ausser Zweifel. Entgegen
der Ansicht des Berufungsklägers kann er aber nicht von der Straflosigkeit bei
fahrlässiger Erlegung im Sinne von Art. 49 KJG profitieren. Gemäss dieser Be-
stimmung geht der Jäger straffrei aus, wenn er jagdbares Wild, das vom Kanton
von der Bejagung ausgeschlossen wird, fahrlässig erlegt, wenn er die widerrechtli-
che Erlegung selbst angezeigt hat, das widerrechtlich erlegte Wild samt Trophäe
ordnungsgemäss abgeliefert hat und in den letzten fünf Jahren nicht bereits ein-
mal aufgrund dieses Artikels straffrei ausgegangen ist. Vorliegend war das Tier
nicht vom Kanton von der Bejagung ausgeschlossen (vgl. Jagdbetriebsvorschrif-
ten 1999, I/D, S.12), weshalb die besagte Bestimmung schon aus diesem Grund
keine Anwendung findet. Kommt hinzu, dass M. D. erst zwei Tage nach dem Vor-
fall als er vom Wildhüter auf das Geschehen angesprochen wurde zugab, den
Abschuss des Murmeltierkätzchens nicht eingetragen zu haben. Sein Verhalten
kann deshalb nicht als Selbstanzeige gewertet werden.


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d) Im Resultat kann somit festgehalten werden, dass die Vorinstanz zu
Recht M. D. der Verletzung von Art. 15 Abs. 1 KJG sowie Art. 23 ABzKJG jeweils
in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2 KJG für schuldig befunden hat. Die Berufung
muss somit in diesem Punkt abgewiesen werden.
4. Die Strafzumessung ist vom Schuldprinzip beherrscht, hat doch der Rich-
ter nach Art. 63 StGB die Strafe innerhalb des für den betreffenden Tatbestand
geltenden Strafrahmens nach dem Verschulden des Täters zu bemessen. Grund-
lage für die Bemessung der Schuld bildet die Schwere der Tat. Bei den Strafzu-
messungsgründen kann im weiteren zwischen der Tatund der Täterkomponente
unterschieden werden. Bei der Tatkomponente sind insbesondere das Ausmass
des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges,
die Willensrichtung, mit welcher der Täter gehandelt hat, und die Beweggründe zu
beachten (BGE 117 IV 113 f.). Die Täterkomponente umfasst demgegenüber das
Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie das Verhalten nach der Tat und im
Strafverfahren, wie zum Beispiel Reue, Einsicht und Strafempfindlichkeit (BGE
117 IV 113 ff.; Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II: Stra-
fen und Massnahmen, Bern 1989, S. 220 ff.). Wird eine Busse ausgesprochen, so
bestimmt der Richter die Höhe der Busse je nach den Verhältnissen des Täters
so, dass dieser durch die Einbusse die Strafe erleidet, die seinem Verschulden
angemessen ist (Art. 48 Ziff. 2 Abs. 1 StGB). Für die Verhältnisse des Täters sind
namentlich von Bedeutung sein Einkommen und sein Vermögen, sein Familien-
stand und seine Familienpflichten, sein Beruf und Erwerb, sein Alter und seine
Gesundheit (Art. 48 Ziff. 2 Abs. 2 StGB). Damit wird nicht von der allgemeinen
Strafzumessungsregel von Art. 63 StGB abgewichen, sondern diese im Hinblick
auf die Besonderheiten der Busse verdeutlicht.
Die den Täter belastenden entlastenden Umstände sind jeweils als
Straferhöhungsgründebzw. Strafminderungsgründe innerhalb des ordentlichen
Strafrahmens zu berücksichtigen. Im weiteren sieht das Gesetz eine Strafrahmen-
erweiterung vor, wenn einer mehrere der besonders aufgeführten Strafschär-
fungsoder Strafmilderungsgründe erfüllt sind (vgl. Art. 64 bis Art. 68 StGB).
b) Grundlage für die Strafzumessung bildet im vorliegenden Fall der in Art.
47 Abs. 2 KJG vorgesehene Strafrahmen Busse. Mit Bezug auf die Höhe der aus-
gefällten Busse hat die Vorinstanz nach Auffassung des Kantonsgerichtsaus-
schusses im Rahmen ihres Ermessens gehandelt. Es gilt nämlich zu beachten,
dass die Murmeltierjagd kontigentiert ist. Der Nichteintrag in die Abschussliste


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kann deshalb nicht bagatellisiert werden. Zudem hat sich M. D. einen Verstoss
gegen das Gebot der weidgerechten Jagdausübung zuschulden kommen lassen.
Strafmindernd kann dem Berufungskläger seine Vorstrafenlosigkeit auf anderen
Gebieten, sein guter Leumund sowie sein Geständnis angerechnet werden. Straf-
schärfend fällt das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen ins Gewicht
(Art. 68 Abs. 1 StGB). Straferhöhungsund Strafmilderungsgründe liegen keine
vor. Berücksichtigt man im weiteren, dass der Berufungskläger über ein monatli-
ches Bruttoeinkommen von Fr. 4'800.-verfügt, so erscheint eine Busse von Fr.
450.-- dem Verschulden von M. D. angemessen.
5. Die Vorinstanz hat ferner in Anwendung von Art. 48 Abs. 1 lit. b KJG M.
D. die Jagdberechtigung für die Dauer von einem Jahr entzogen. Diese Bestim-
mung sieht vor, dass die Jagdberechtigung vom Richter für die Dauer von mindes-
tens einem und höchstens 10 Jahren zu entziehen ist, wenn der Täter Gehil-
fe erlegtes Wild liegen lässt zum Zwecke der Täuschung verändert. Wie der
Berufungskläger zu Recht rügt, hat die Vorinstanz den Sinn und Zweck dieser
Vorschrift verkannt. Art. 48 Abs. 1 lit. b KJG bezieht sich nämlich auf widerrecht-
lich erlegtes Wild, das liegen gelassen zum Zwecke der Täuschung verändert
wird. Vorliegend war aber der Abschuss des Murmeltierkätzchens erlaubt, kann
doch den Jagdbetriebsvorschriften 1999 (I/D, S. 12 ) entnommen werden, dass
jeder Jäger ohne Einschränkungen hinsichtlich Alter und Geschlecht 8 Murmeltie-
re erlegen darf. Die Jagdberechtigung kann vorliegend auch nicht gestützt auf Art.
48 Abs. 1 lit. d KJG entzogen werden, da eine vorsätzliche Jagdrechtsübertretung
Voraussetzung dafür bildet. Somit hat die Vorinstanz zu Unrecht M. D. die Jagdbe-
rechtigung entzogen, weshalb die Berufung in diesem Punkt gutzuheissen ist.
6. Ebenfalls zu Unrecht hat der Kreisgerichtsausschuss B. M. D. dazu ver-
pflichtet, einen Wertersatz in der Höhe von Fr. 10.-zu leisten. Wertersatz ist nach
Art. 52 Abs. 1 KJG nur dann zu leisten, wenn der Jäger widerrechtlich erlegtes
Wild nicht ordnungsgemäss abliefert. Wie in Erw. 3.c ausgeführt, ist das Murmel-
tierkätzchen nicht widerrechtlich erlegt worden, weshalb M. D. auch nicht dazu
verpflichtet werden kann, einen Wertersatz zu bezahlen.
7. a) Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die vorinstanzlichen Kosten
neu zu verteilen. Der Schuldspruch der Vorinstanz wurde bestätigt, weshalb M. D.
die Untersuchungskosten vollumfänglich zu tragen hat. Hingegen gilt es zu be-
rücksichtigen, dass er sowohl bezüglich des Patententzuges als auch hinsichtlich
des Wertersatzes obsiegt hat. Unter diesen Umständen erscheint es gerechtfer-


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tigt, die im vorinstanzlichen Dispositiv in Ziffer 4 aufgeführten „Gebühren, Untersu-
chungsund Gerichtsgebühren“ von gesamthaft Fr. 730.-zu 2/3 dem Berufungs-
kläger und zu 1/3 dem Kreis B. aufzuerlegen. Für das vorinstanzliche Verfahren
wird M. D. keine ausseramtliche Entschädigung zugesprochen, da er keine ver-
langt hat und ihm auch kein nennenswerter Aufwand erwachsen ist. Ausserdem ist
eine kleine Korrektur in Bezug auf die Spesen der Wildhut vorzunehmen. Diese
belaufen sich auf Fr. 41. 40 (vgl. act. 17 und 18) und nicht auf Fr. 50.--, wie von
der Vorinstanz fälschlicherweise in Rechnung gestellt.
b) Weil die Berufung teilweise gutgeheissen wird, rechtfertigt es sich im
vorliegenden Fall, die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte zu Lasten des
Berufungsklägers und zu Lasten des Kantons Graubünden aufzuerlegen (Art. 160
Abs. 3 StPO). Dies in Berücksichtigung, dass der Aufhebung der Nebenstrafe
grosses Gewicht zukommt. Überdies hat der Kanton Graubünden dem Berufungs-
kläger in Anwendung von Art. 160 Abs. 4 StPO eine angemessene ausseramtliche
Entschädigung zu entrichten.


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Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Die Berufung wird teilweise gutgeheissen und die Ziffern 2, 3 und 4 des an-
gefochtenen Urteils werden aufgehoben.
2.
Die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens, bestehend aus:
- Gebühren
Fr.
210.00
- Untersuchungsund Gerichtskosten
Fr.
520.00
total Fr.
730.00

gehen zu 2/3 zu Lasten von M. D. und zu 1/3 zu Lasten des Kreises B.. Die
Spesen der Wildhut von Fr. 41.40 trägt M. D..
3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 800.-gehen je zur Hälfte zu
Lasten des Berufungsklägers und zu Lasten des Kantons Graubünden,
welcher den Berufungskläger für das Berufungsverfahrens ausseramtlich
mit Fr. 300.-zu entschädigen hat.
4.
Gegen dieses Urteil kann, sofern Verletzung eidgenössischen Rechts gel-
tend gemacht werden will, beim Kassationshof des schweizerischen Bun-
desgerichts Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt werden. Sie ist innert zehn
Tagen seit Zugang der schriftlichen Urteilsausfertigung gegenüber dem
Kantonsgerichtspräsidium schriftlich zu erklären und innert weiteren zehn
Tagen durch eine schriftliche, ebenfalls beim Kantonsgerichtspräsidium
einzureichende Begründung zu ergänzen.
5. Mitteilung
an:
- Herrn lic. iur. Stefan Melchior, Postfach 545, Gäuggelistrasse 16, 7002
Chur, auch zu Handen Mandantschaft (im Doppel),
- Kreisamt B., 7477 Filisur,
- Kantonales Jagdund Fischereiinspektorat, Loëstrasse 14, 7000 Chur,
- A. E., Wildhüter, F.,

- Finanzverwaltung Graubünden (Dispositiv).
__
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin:


Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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