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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:S 2019 143
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:
Kantonsgericht Graubünden Entscheid S 2019 143 vom 25.08.2021 (GR)
Datum:25.08.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Versicherungsleistungen nach IVG
Schlagwörter : Beschwerde; Führe; Beschwerdeführer; Tätigkeit; Anspruch; Beruflich; Berufliche; IV-Stelle; Umschulung; Verfügung; Gleich; November; IV-act; Arbeit; Einkommen; Stellte; Fähig; Massnahmen; Bisherige; Servicefachangestellter; Invalidität; Tätig; Entsprechend; Angestammte; Bisherigen; Berufsberatung; Beschwerdeführers; Bundesgerichts; Seiner
Rechtsnorm: Art. 59 ATSG ; Art. 61 ATSG ; Art. 83 ATSG ;
Referenz BGE:124 V 108;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid
VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN
DRETGIRA ADMINISTRATIVA DAL CHANTUN GRISCHUN
TRIBUNALE AMMINISTRATIVO DEL CANTONE DEI GRIGIONI


S 19 143


3. Kammer als Versicherungsgericht


Vorsitz Pedretti
RichterIn von Salis, Audétat
Aktuarin Kuster



URTEIL

vom 25. August 2020

in der versicherungsrechtlichen Streitsache

A._____,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. HSG Andrea Cantieni,
Beschwerdeführer
gegen

Sozialversicherungsanstalt des Kantons Graubünden,
Beschwerdegegnerin


betreffend Versicherungsleistungen nach IVG
1. A._____ schloss im Mai 2001 eine dreijährige Lehre zum Hotelfachmann ab. In der Folge war er als Servicefachangestellter bzw. zuletzt als Chef de Rang tätig. Dabei erzielte er im Jahr 2017 ein Einkommen von Fr. 57'196.. Am 1. Juni 2019 trat er eine befristete Tätigkeit als technischer Assistent im Hotel B._____ in C._____ an.

2. Im November 2017 meldete sich A._____ unter Hinweis auf einen zertrümmerten Wirbel infolge eines epileptischen Anfalls am 25. Juni 2017 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an (berufliche Integration/Rente). Mit Mitteilung vom 24. Mai 2018 verneinte die IV-Stelle des Kantons Graubünden (nachfolgend: IV-Stelle) einen Anspruch auf Umschulungsmassnahmen. Begründend führte sie aus, dass die verbliebene Leistungsfähigkeit in der bisherigen wie in einer leidensangepassten Tätigkeit gleich hoch und somit keine Umschulung auf eine neue Tätigkeit notwendig sei. Zudem verneinte sie mit Verfügung vom 10. Juli 2018 einen Anspruch auf eine Invalidenrente. In ihrer Begründung hielt sie fest, dass A._____ seit dem 1. April 2018 und somit noch vor Ablauf der einjährigen Wartefrist wieder uneingeschränkt arbeitsfähig sei, weshalb kein Anspruch auf Rentenleistungen der Invalidenversicherung bestehe.

3. Am 10. Juli 2018 meldete sich A._____ unter Hinweis auf einen Schien- und Wadenbeinbruch infolge eines Unfalls am 9. Juni 2018 erneut zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an.

4. In der Folge nahm die IV-Stelle verschiedene Abklärungen vor. Dabei holte sie unter anderem einen Bericht von Dr. med. D._____, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, Physikalische Medizin und Rehabilitation sowie Rheumatologie, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) Ostschweiz, vom 1. November 2019 ein. Darin hielt dieser fest, dass A._____ bei bereits jetzt konventionell radiologisch vorliegender OSG-Arthrose beim Gehen und Stehen eingeschränkt sei und in Zukunft wahrscheinlich eine Versteifung notwendig sein werde. Er gelangte zum Schluss, dass in der bisherigen Tätigkeit als Servicefachangestellter von einer drohenden Invalidität ausgegangen werden müsse. In einer adaptierten Tätigkeit (d.h. leichte, wechselbelastende körperliche Tätigkeiten ohne repetitive Arbeiten im Knien oder in der Hocke, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule) bestehe allerdings eine 100%ige Arbeitsfähigkeit.

5. Mit Mitteilung vom 15. August 2019 verneinte die IV-Stelle einen Anspruch auf berufliche Massnahmen, woraufhin A._____ mit Schreiben vom 2. September 2019 eine beschwerdefähige Verfügung verlangte. In der Folge bestätigte die IV-Stelle mit Verfügung vom 13. November 2019, dass kein Anspruch auf berufliche Massnahmen bestehe. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, es liege nur dann ein Anspruch auf eine Umschulung vor, wenn der dauernde, invaliditätsbedingte Minderverdienst bei zumutbarer Tätigkeit mindestens 20 % betrage. Diese Voraussetzung sei vorliegend - bei einem Valideneinkommen von Fr. 58'346.45 (angestammte Tätigkeit als Chef de Rang; aufindexiert auf das Jahr 2019) und einem Invalideneinkommen von Fr. 68'419.40 [recte: Fr. 68'418.40] (gemäss der Tabelle der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung [LSE] 2016, Kompetenzniveau 1, Leistungsfähigkeit 100 %, aufindexiert auf das Jahr 2019) - nicht erfüllt. Darüber hinaus hielt sie fest, dass kein Anspruch auf Arbeitsvermittlung bestehe, da bei der Ausübung einer geeigneten Tätigkeit und der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz keine wesentlichen gesundheitlichen Einschränkungen vorlägen.

6. Mit separater Verfügung vom 13. November 2019 (und entsprechendem Vorbescheid vom 15. August 2019) verneinte die IV-Stelle zudem einen Anspruch auf eine Invalidenrente. Begründend führte sie aus, dass A._____ seit dem 1. Mai 2019 und somit noch vor Ablauf der einjährigen Wartefrist wieder voll arbeitsfähig sei, weshalb kein Anspruch auf Rentenleistungen der Invalidenversicherung bestehe. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

7. Gegen die Verfügung vom 13. November 2019 betreffend die beruflichen Massnahmen erhob A._____ (nachfolgend: Beschwerdeführer) am 4. Dezember 2019 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Er stellte folgende Anträge:

1. Die Verfügung vom 13. November 2019 betreffend berufliche Massnahmen sei aufzuheben und die Angelegenheit sei an die IV-Stelle zurückzuweisen, um dem Beschwerdeführer Berufsberatung und berufliche Massnahmen zu gewähren.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der IV-Stelle.

Begründend führte er im Wesentlichen aus, er habe - obwohl der aktuelle Einkommensvergleich eine Einbusse von unter 20 % ergebe - Anspruch auf Berufsberatung und Umschulung im weiteren Sinne. So seien beim Einkommensvergleich die berufliche Karriere samt den entsprechenden Lohnerhöhungen sowie die gesamte noch zu erwartende Arbeitsdauer von 27 Jahren zu berücksichtigen.

8. In ihrer Vernehmlassung vom 12. Dezember 2019 (Eingang) beantragte die IV-Stelle die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zulasten des Beschwerdeführers. Zur Begründung verwies sie primär auf die angefochtene Verfügung vom 13. November 2019.

9. Mit Replik vom 16. Dezember 2019 hielt der Beschwerdeführer an seinen bisherigen Anträgen fest und er bestätigte seine bisherige Argumentation.

10. Die IV-Stelle verzichtete mit Schreiben vom 10. Januar 2020 auf die Einreichung einer Duplik.

Auf die weiteren Ausführungen in den Rechtsschriften, die angefochtene Verfügung sowie die übrigen Akten wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.


Das Gericht zieht in Erwägung:

1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Graubünden vom 13. November 2019 betreffend die beruflichen Massnahmen, worin das Leistungsbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen wurde (kein Anspruch auf berufliche Massnahmen). Gemäss Art. 69 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) sind Verfügungen der kantonalen IV-Stellen direkt vor dem Versicherungsgericht am Ort der IV-Stelle anfechtbar. Als kantonales Versicherungsgericht ist das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde sowohl örtlich als auch sachlich zuständig (Art. 1 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 57 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1] und Art. 49 Abs. 2 lit. a des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRG; BR 370.100]). Der Beschwerdeführer ist Adressat der angefochtenen Verfügung, weshalb er durch die angefochtene Verfügung unmittelbar betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Er ist demnach zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 1 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 59 ATSG). Auf die im Übrigen frist- und formgerecht (Art. 1 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 60 und Art. 61 ATSG) eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten.

2. Streitig und nachfolgend zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf berufliche Massnahmen im Sinne von Berufsberatung und Umschulung hat. Unbestritten ist dabei, dass dem Beschwerdeführer in seiner bisherigen Tätigkeit als Servicefachangestellter eine Invalidität droht, dass sich das Valideneinkommen aufindexiert auf das Jahr 2019 auf Fr. 58'346.45 beläuft, dass der Beschwerdeführer in einer adaptierten Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig ist, dass sich das Invalideneinkommen gestützt auf die LSE-Tabelle 2016 und aufindexiert auf das Jahr 2019 auf Fr. 68'418.40 beziffert (Tätigkeit im Kompetenzniveau 1) und der aktuelle Invaliditätsgrad minus 17.26 % beträgt.

3.1. Zunächst gilt es den Anspruch auf Berufsberatung zu prüfen.

3.2. Gemäss Art. 15 IVG haben Versicherte, die infolge Invalidität in der Berufswahl oder in der Ausübung ihrer bisherigen Tätigkeit behindert sind, Anspruch auf Berufsberatung. Rechtsprechungsgemäss setzt der Anspruch auf Berufsberatung voraus, dass die versicherte Person an sich zur Berufswahl oder zur beruflichen Neuorientierung fähig ist, infolge ihres Gesundheitszustands aber darin behindert ist, weil die Kenntnisse über Neigungen, berufliche Fähigkeiten und Möglichkeiten nicht ausreichen, um einen der Behinderung angepassten Beruf wählen zu können (Urteil des Bundesgerichts I 564/04 vom 14. April 2005 E.4 m.w.H.). Vorliegend ist weder ersichtlich noch wird geltend gemacht, dass der Beschwerdeführer invaliditätsbedingt nicht in der Lage wäre, in Kenntnis seiner Neigungen, beruflichen Fähigkeiten und Möglichkeiten eine leidensadaptierte Tätigkeit zu wählen. Vielmehr ist den Akten zu entnehmen, dass er eine klare Vorstellung von seinen beruflichen Präferenzen hat. So gab er anlässlich einer Besprechung mit der Unfallversicherung vom 23. November 2017 an, dass er gerne Kunden- und Gästekontakt habe und eventuell im Verkauf oder als Vertreter tätig sein wolle (vgl. IV-act. 22 S. 4 sowie IV-act. 38 S. 4; vgl. auch den Bericht betreffend eine Besprechung vom 14. Februar 2019 [IV-act. 73 S. 19], wonach der Beschwerdeführer unbedingt eine Arbeit mit Kundenkontakt haben wolle). Zudem ging er aktiv auf Arbeitssuche und er bewarb sich eigeninitiativ für verschiedene Stellen (vgl. IV-act. 73 S. 19; vgl. auch Case Report [IV-act. 102] S. 5 f.).
3.3. Nach dem Gesagten liegt somit kein leistungsspezifischer Invaliditätsfall für eine Berufsberatung vor.

4.1. Weiter gilt es zu prüfen, ob die IV-Stelle den Anspruch auf Umschulung zu Recht verneint hat. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe - obwohl der aktuelle Einkommensvergleich eine Einbusse von unter 20 % ergebe - Anspruch auf Umschulung, zumal beim Einkommensvergleich die berufliche Karriere samt den entsprechenden Lohnerhöhungen sowie die gesamte noch zu erwartende Arbeitsdauer von 27 Jahren zu berücksichtigen seien.

4.2. Gemäss Art. 17 IVG hat der Versicherte Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden kann. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist unter Umschulung grundsätzlich die Summe der Eingliederungsmassnahmen berufsbildender Art zu verstehen, die notwendig und geeignet sind, der vor Eintritt der Invalidität bereits erwerbstätig gewesenen versicherten Person eine ihrer früheren Erwerbsmöglichkeit annähernd gleichwertige Verdienstmöglichkeit zu vermitteln (vgl. auch Ziff. 4001 des Kreisschreibens über die Eingliederungsmassnahmen beruflicher Art [KSBE]). Dabei bezieht sich der Begriff der 'annähernden Gleichwertigkeit' nicht in erster Linie auf das Ausbildungsniveau als solches, sondern auf die nach erfolgter Eingliederung zu erwartende Verdienstmöglichkeit (vgl. auch Ziff. 4002 KSBE). In der Regel besteht nur ein Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren. Denn das Gesetz will die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist. Dabei setzt der Umschulungsanspruch grundsätzlich eine Mindesterwerbseinbusse von rund 20 % in den für die versicherte Person ohne zusätzliche Ausbildung offenstehenden, noch zumutbaren Erwerbstätigkeiten voraus (vgl. auch Ziff. 4011 KSBE). Hiervon kann namentlich bei jungen Versicherten mit entsprechend langer verbleibender Aktivitätsdauer abgewichen werden, wenn es sich bei den ohne Umschulung zumutbaren angepassten Tätigkeiten um unqualifizierte Hilfsarbeiten handelt, die im Vergleich zur erlernten Tätigkeit qualitativ nicht als annähernd gleichwertig bezeichnet werden können (vgl. zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 8C_808/2017 vom 11. Januar 2018 E.3 m.w.H.; vgl. auch Urteile des Bundesgerichts 9C_393/2020 vom 14. Juli 2020 E.2.2 und 8C_792/2019 vom 28. Februar 2020 E.3.1 m.w.H.). Denn es ist eine Erfahrungstatsache, dass in zahlreichen Berufsgattungen der Anfangslohn nach Lehrabschluss nicht oder nicht wesentlich höher liegt als gewisse Hilfsarbeitersaläre, dass er dafür aber in der Folgezeit umso stärker anwächst (BGE 124 V 108 E.3b). Mithin ist namentlich die künftige Entwicklung der erwerblichen Möglichkeiten zu berücksichtigen (vgl. Ziff. 4012 KSBE).

4.3.1. Vorliegend ist unbestritten, dass dem Beschwerdeführer in seiner bisherigen Tätigkeit als Servicefachangestellter (zuletzt in der Position als Chef de Rang) aus gesundheitlichen Gründen eine Invalidität droht. Ausserdem steht fest, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der verminderten Belastbarkeit des oberen Sprunggelenks und der Wirbelsäule nur noch leichte wechselbelastende körperliche Tätigkeiten ohne repetitive Arbeiten im Knien oder in der Hocke und ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule zu 100 % zumutbar sind (vgl. Case Report [IV-act. 102] S. 13). Dabei könnte er in einer leidensadaptierten Tätigkeit gestützt auf die LSE-Tabelle 2016 und aufindexiert auf das Jahr 2019 ein Invalideneinkommen von unbestritten Fr. 68'418.40 erzielen (Tätigkeit im Kompetenzniveau 1), wobei er im angestammten Beruf bzw. in der bisherigen Tätigkeit als Servicefachangestellter ein erheblich tieferes Einkommen erzielte (vgl. vorstehende Erwägung 2). Dasselbe gilt mit Blick auf die per 1. Juni 2019 vom Beschwerdeführer angetretene, befristete Tätigkeit als technischer Assistent im Hotel B._____ in C._____ (vgl. IV-act. 88 und beschwerdeführerische Akten [Bf-act.] 7), welche im Übrigen ohnehin nicht leidensadaptiert sein dürfte. Der Beschwerdeführer könnte also auch ohne Umschulungsvorkehren ein gleichwertiges Verdienstniveau erreichen.

4.3.2. Soweit der Beschwerdeführer nun allerdings geltend macht, er habe Anspruch auf Umschulung, zumal beim Einkommensvergleich die berufliche Karriere samt den entsprechenden Lohnerhöhungen sowie die gesamte noch zu erwartende Arbeitsdauer von 27 Jahren zu berücksichtigen seien, gilt es folgendes festzuhalten:

Nach Auffassung des streitberufenen Gerichts ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in seinem angestammten Beruf als Servicefachangestellter Karriere gemacht und sein Einkommen stetig verbessert hätte (vgl. Beschwerde Ziff. 17). Zwar ist seinem Lebenslauf zu entnehmen, dass er nach dem Abschluss seiner Lehre zum Hotelfachmann im Jahr 2001 als Servicefachangestellter bzw. von März 2002 bis November 2006 (jeweils während der Sommersaison) und ab Juni 2016 als Chef de Rang tätig war (vgl. Bf-act. 2). Dem Auszug aus dem individuellen Konto des Beschwerdeführers ist allerdings zu entnehmen, dass sein Einkommen ab dem Jahr 2011 stets in etwa gleich hoch blieb (vgl. IV-act. 47).

Abgesehen davon, dass der Lebenslauf des Beschwerdeführers nicht auf eine lohnwirksame Karriere im angestammten Beruf hindeutet, legt er zudem nicht dar, welche Aufstiegsmöglichkeiten und Einkommensentwicklungen ihm im Gastronomiebereich konkret in Aussicht gestanden hätten bzw. ob er dabei das gestützt auf die LSE-Tabelle ermittelte Invalideneinkommen von unbestritten Fr. 68'418.40 derart übertroffen hätte, dass nicht mehr von einer gleichwertigen Verdienstmöglichkeit gesprochen werden könnte (vgl. dazu vorstehende Erwägung 4.2). Jedenfalls vermag der pauschale Hinweis des Beschwerdeführers auf die Lohnentwicklung gemäss L-GAV (vgl. Beschwerde Ziff. 17) nicht zu genügen. Zudem hätte er gemäss Art. 10 Abs. 1 L-GAV früher oder später eine Berufsprüfung gemäss Art. 27 lit. a des Bundesgesetzes über die Berufsbildung (BBG; SR 412.10) ablegen müssen, um einen höheren Monatslohn als den beim E._____ in F._____ zuletzt erzielten Verdienst zu realisieren. Konkrete Indizien dafür, dass er eine entsprechende (oder eine andere) Weiterbildung absolviert bzw. ins Auge gefasst hätte (vgl. dazu Urteile des Bundesgerichts 8C_808/2017 vom 11. Januar 2018 E.4.1 und 9C_704/2010 vom 31. Januar 2011 E.3.2), bestehen jedoch keine. Auch bringt der Beschwerdeführer nichts vor, was darauf schliessen liesse, dass erfahrenen Chefs de Rang bzw. Servicefachangestellten wesentlich besser bezahlte Tätigkeiten offen stünden (vgl. hierzu wiederum Urteil des Bundesgerichts 8C_808/2017 vom 11. Januar 2018 E.4.1), herrscht in der Gastronomie doch allgemein ein tiefes Einkommensniveau (vgl. LSE-Tabelle 2016, Wirtschaftszweig 55-56, Medianwert Fr. 4'337.-- [vgl. IV-act. 101 S. 2]).

Im Übrigen erscheint die nicht weiter belegte Behauptung des Beschwerdeführers, wonach er in der angestammten Tätigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit weitere Karriereschritte mit der entsprechenden Erhöhung des Verdienstes gemacht hätte (vgl. Beschwerde Ziff. 19), aktenwidrig. So gab der Beschwerdeführer gegenüber dem Unfallversicherer am 23. November 2017, d.h. rund fünf Monate nach seinem ersten Unfall, an, er wolle aufgrund seines Alkoholleidens beruflich weg von der Gastronomie; denn der manchmal hektische Betrieb in der Gastronomie führe zu nervlichem Stress und die Gäste würden Alkohol konsumieren, was ihn zum Mittrinken animiere (vgl. IV-act. 22 S. 4; vgl. auch Case Report [IV-act. 38] S. 4). Entfällt nun aber eine lohnwirksame, berufliche Weiterentwicklung im angestammten Beruf unabhängig von den hier massgebenden invalidisierenden Gesundheitsschäden, kann das Fehlen einer solchen auch nicht im Rahmen der Invalidenkarriere geltend gemacht werden - selbst wenn die gesamte noch zu erwartende Arbeitsdauer wesentlich wäre.

4.3.3. Schliesslich gilt es der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass hinsichtlich des Invalideneinkommens nicht von vornherein gesagt werden kann, der Beschwerdeführer könnte aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen zwangsläufig nur unqualifizierte Hilfsarbeiten ausführen. Nach Auffassung des streitberufenen Gerichts stünden ihm angesichts seiner langjährigen Berufserfahrung mit Kundenkontakt in der Gastronomie und in Berücksichtigung seiner Interessen (vgl. dazu vorstehende Erwägung 3.2) namentlich qualitativ gehaltvolle Tätigkeiten im touristischen Bereich (bspw. Reiseberatung oder Tourismusinformation) oder im Detailhandel (bspw. Kundenberatung) offen (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 9C_393/2020 vom 14. Juli 2020 E.3.2).

4.3.4. Nach dem Gesagten kann auch bei mittel- bis langfristiger Betrachtungsweise von einer finanziellen Gleichwertigkeit zwischen einer Tätigkeit im Kompetenzniveau 1 und der angestammten Tätigkeit als Servicefachangestellter bzw. Chef de Rang ausgegangen werden (vgl. dazu BGE 124 V 108 E.3c und Urteil des Bundesgerichts 8C_808/2017 vom 11. Januar 2018 E.4.3). Es rechtfertigt sich vorliegend daher nicht - auch nicht unter Berücksichtigung des noch relativ jungen Alters des Beschwerdeführers und der damit verbleibenden voraussichtlich langen Aktivitätsdauer -, vom Erfordernis einer Mindesterwerbseinbusse von rund 20 % abzuweichen. Die IV-Stelle hat den Anspruch auf Umschulung somit zu Recht verneint.

5. Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.

6. Nach Art. 69 Abs. 1bis IVG ist das Beschwerdeverfahren - in Abweichung von Art. 61 lit. a ATSG - bei Streitigkeiten um die Bewilligung oder Verweigerung von Leistungen der Invalidenversicherung vor dem kantonalen Versicherungsgericht kostenpflichtig (vgl. Art. 83 ATSG). Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-- bis Fr. 1'000.-- festgelegt. Vorliegend rechtfertigt es sich, die Kosten auf Fr. 700.-- festzulegen. Diese sind vom unterliegenden Beschwerdeführer zu tragen (vgl. Art. 73 Abs. 1 VRG). Der obsiegenden IV-Stelle steht kein Anspruch auf Ersatz der Parteikosten zu (vgl. Art. 61 lit. g ATSG e contrario).


Demnach erkennt das Gericht:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Kosten von Fr. 700.-- gehen zulasten von A._____.

3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4. [Rechtsmittelbelehrung]

5. [Mitteilungen]
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