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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils PZ-05-213: Kantonsgericht Graubünden

Die Erbengemeinschaft X. hat Beschwerde gegen den Entscheid der Kreispräsidentin Ilanz eingereicht, der eine private Baueinsprache betraf. Die Kreispräsidentin war bereits zuvor mit einer ähnlichen Beschwerde befasst und hatte sie abgewiesen. Die Erbengemeinschaft forderte die Aufhebung des Entscheids und das Verbot des Umbaus auf der Liegenschaft Nr. 271. Das Gericht entschied, dass die materielle Rechtskraft des früheren Entscheids auch für den Rechtsnachfolger Y. gilt, da es um denselben Sachverhalt geht. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und die Kosten des Verfahrens gehen zu Lasten der Beschwerdeführerinnen.

Urteilsdetails des Kantongerichts PZ-05-213

Kanton:GR
Fallnummer:PZ-05-213
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid PZ-05-213 vom 30.11.2005 (GR)
Datum:30.11.2005
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Amtsbefehl (privatrechtliche Baueinsprache)
Schlagwörter : Recht; Ilanz; Entscheid; Kreispräsidentin; Miteigentümer; Einsprache; Kantonsgericht; Erwägung; Baugesuch; Rechtskraft; Rechtsnachfolger; Frank/; /Messmer; Beschwerdeführerinnen; /Spühler; Umbau; Graubünden; Beschwerdegegner; Liegenschaft; Erwägungen; Urteil; Vogel/Spühler; Guldener; Verfahren; Kapitel; Entscheide; Frank/Sträuli/Messmer; Sachverhalt
Rechtsnorm:Art. 649a ZGB ;Art. 684 ZGB ;Art. 928 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts PZ-05-213

Kantonsgericht von Graubünden

Tribunale cantonale dei Grigioni

Dretgira chantunala dal Grischun
_____

Ref.:
Chur, 30. November 2005
Schriftlich mitgeteilt am:
PZ 05 213

Verfügung
Kantonsgerichtspräsidium
Präsident Brunner
——————
In der zivilrechtlichen Beschwerde
der E r b e n g e m e i n s c h a f t X . , bestehend aus
A., Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin, und B., Gesuchstellerin und Be-
schwerdeführerin, beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Remo Cahenzli,
Postfach 171, Städtlistrasse 12, 7130 Ilanz

gegen

den Entscheid der Kreispräsidentin Ilanz vom 31. Oktober 2005, mitgeteilt am 31.
Oktober 2005, in Sachen der Beschwerdeführer gegen Y., Gesuchsgegner und
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Hans-Ulrich Bürer, Post-
fach 82, Hinterm Bach 6, 7002 Chur,
betreffend Amtsbefehl (privatrechtliche Baueinsprache),



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wird nach Einsichtnahme in die Beschwerde vom 3. November 2005 samt mitge-
reichten Akten, in die Beschwerdeantwort der Gegenpartei vom 28. November
2005 samt mitgereichten Akten, in die von der Vorinstanz zugestellten Verfahren-
sakten sowie in Erwägung,

dass die Erbengemeinschaft X. gegen ein am 9. September 2005 publizier-
tes Baugesuch des Y. am 11. bzw. 28. September 2005 privatrechtliche Ein-
sprache beim Kreisamt Ilanz einreichte mit dem Begehren, es sei das publi-
zierte Umbauvorhaben (Änderung des bestehenden Zimmers in Restaurant-
fläche) auf der Liegenschaft Nr. 271 in C. zu verbieten,

dass die Kreispräsidentin Ilanz mit Entscheid vom 31. Oktober 2005 auf die
Baueinsprache nicht eintrat, da sie bereits am 13. Dezember 2002 eine glei-
che Beschwerde der Einsprecherinnen beurteilt und abgewiesen habe,

dass die Erbinnen X. dagegen am 3. November 2005 beim Kantonsgerichts-
präsidium von Graubünden Beschwerde einreichten mit dem Hauptbegeh-
ren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Umbauvorhaben
auf Liegenschaft Nr. 271 zu verbieten,

dass zur Begründung unter anderem vorgebracht wurde, es liege schon des-
halb keine res iudicata vor, da nicht mehr der gleiche Miteigentümer, der ge-
mäss dem Entscheid der Kreispräsidentin Ilanz vom 13. Dezember 2002
Einsprachegegner gewesen sei, das jetzige Baugesuch eingereicht habe,

dass sodann auch der Streitgegenstand völlig unterschiedlich sei,

dass das Kreisamt Ilanz unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochte-
nen Entscheid auf die Einreichung einer Vernehmlassung verzichtet hat,

dass Y. in seiner Beschwerdeantwort vom 28. November 2005 auf Abwei-
sung der Beschwerde antrug,

dass das Institut der materiellen Rechtskraft bedeutet, dass das Urteil für
spätere Prozesse der Parteien und ihrer Rechtsnachfolger verbindlich ist und
verhindern soll, dass nacheinander über den gleichen Gegenstand mehrere,
vielleicht widersprüchliche Urteile ergehen (Vogel/Spühler, Grundriss des Zi-
vilprozessrechts, 8. Auflage, Bern 2006, 8. Kapital N 66; Frank/ Sträu-



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li/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage,
Zürich 1997, § 191 N 2; Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auf-
lage, Zürich 1979, S. 364),
dass auch im summarischen Verfahren erlassene Sachurteile materiell
rechtskräftig werden und für den späteren Richter mit ebenfalls beschränkter
Kognition bindend sind (Vogel/Spühler, a.a.O., 8. Kapitel N 75; Rehli, Das
Befehlsverfahren nach bündnerischem Recht, insbesondere sein Anwen-
dungsbereich, 1977, S 92),

dass die Beschwerdeführerinnen zu Unrecht davon ausgehen, dass eine res
iudicata schon deshalb nicht vorliege, da das nunmehr zu beurteilende Bau-
gesuch von einem anderen Miteigentümer eingereicht worden sei,

dass nämlich materiell rechtskräftige Entscheide nicht nur gegenüber den
ursprünglichen Prozessparteien ihre Wirkung entfalten, sondern auch ge-
genüber deren Rechtsnachfolger, seien es Gesamtoder Einzelnachfolger,
und insbesondere Entscheidungen, die im Prozess zwischen Miteigentümern
ergangen sind, auch für die Rechtsnachfolger eines Miteigentümers verbind-
lich sind (Guldener, a.a.O., S. 372 unter Hinweis auf Art. 649a ZGB; Vo-
gel/Spühler, a.a.O., 8. Kapitel N. 66; Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., § 191 N
15; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kan-
ton Bern, Bern 2000, S. 469),

dass der Einwand der abgeurteilten Sache allerdings nur dann greift, wenn
Identität zwischen dem bereits beurteilten und dem nunmehr geltend ge-
machten Sachverhalt im Sinn des massgebenden Lebensvorgangs gegeben
ist, wobei entscheidend ist, was früher beurteilt wurde und was nun tatbe-
ständlich vorgetragen wird (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., § 191 N 8; PKG
1997 Nr. 4),

dass die materielle Rechtskraft grundsätzlich nur das Dispositiv des früheren
Urteils umfasst, indessen für die Ermittlung der Tragweite des Dispositivs
auch die Erwägungen heranzuziehen sind (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., §
191 N 11; Vogel/Spühler, a.a.O., 8. Kapitel N 71; Guldener, a.a.O., S. 365 f.),

dass der Begriff der Anspruchsidentität durch die mit dem Begehren des ab-
geschlossenen Verfahrens insgesamt erfassten und beurteilten Rechtsbe-



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hauptungen bestimmt wird (Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, a.a.O., S.
463),

dass unbestritten ist, dass Y. Rechtsnachfolger der D. AG als Miteigentümer
der Liegenschaft Nr. 271 in Falera ist (vgl. Beschwerde S. 5),

dass somit die materielle Rechtskraft des früheren Entscheides der Kreisprä-
sidentin Ilanz vom 13. Dezember 2002 auch gegen und für den Rechtsnach-
folger Y. wirkt, sofern es um den gleichen Sachverhalt geht,

dass aus den Erwägungen der Kreispräsidentin Ilanz im Entscheid vom 13.
Dezember 2002 (S. 2 und 3) hervorgeht, dass die damalige Baugesuchstelle-
rin beabsichtigte, „die Restaurationslokalitäten des Gastwirtschaftsbetriebes
durch den Ausbau des auf der Südwestseite der Casa E. gelegenen Raumes
zu einem Sitzungszimmer beziehungsweise Saal zu erweitern“,

dass unbestritten ist, dass es mit dem neuen Baugesuch um den Umbau des
gleichen Raumes geht,

dass gemäss Bauausschreibung die Änderung des bestehenden Zimmers in
Restaurantfläche vorgesehen ist und Y. in seiner Vernehmlassung ans Krei-
samt Ilanz darlegte, dass er beabsichtige, den bestehenden Raum in ein
Ess-Säli und ein Sitzungszimmer umzugestalten,

dass dasselbe auch aus dem Einspracheentscheid der Gemeinde C. vom 3.
Oktober 2005 hervorgeht, welcher in zulässiger Weise vom Beschwerdegeg-
ner im Beschwerdeverfahren eingereicht wurde (vgl. PKG 2001 Nr. 39),

dass auch die Beschwerdeführerinnen in ihrer Einsprache vom 28. Septem-
ber 2005 und in ihrer Beschwerdeschrift vom gleichen Bauvorhaben ausge-
hen,

dass somit in der Tat derselbe Sachverhalt zu entscheiden wäre, wie dies die
Kreispräsidentin Ilanz bereits am 13. Dezember 2002 getan hat,
dass somit Anspruchsidentität vorliegt und die Kreispräsidentin Ilanz zu
Recht aufgrund der materiellen Rechtskraft ihres Entscheides vom 13. De-
zember 2002 auf die erneute Einsprache nicht eingetreten ist,



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dass aus der Einsprache und der Beschwerde hervorgeht, dass die Miteigen-
tümerinnen insbesondere Lärmimmissionen aus dem neuen Restaurantteil
befürchten,

dass sie darauf hinzuweisen sind, dass sie sich auch nach dem Umbau ge-
stützt auf Art. 641 bzw. Art. 928 ZGB/145 ZPO zur Wehr setzen können, so-
fern übermässige Immissionen im Sinne von Art. 684 ZGB aus dem Restau-
rantbetrieb erfolgen,

dass die Beschwerde unter diesen Umständen abzuweisen ist,

dass es sich mit der Mitteilung des Hauptentscheides erübrigt, eine Verfü-
gung betreffend aufschiebende Wirkung zu erlassen,

dass bei diesem Ausgang die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten
der Beschwerdeführerinnen gehen, welche den Beschwerdegegner ausser-
gerichtlich angemessen zu entschädigen haben,



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verfügt:
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'000.-gehen zu Lasten
der Beschwerdeführerinnen, welche den Beschwerdegegner unter solidari-
scher Haftbarkeit aussergerichtlich mit Fr. 800.-- (einschliesslich Mehrwert-
steuer) zu entschädigen haben.
3. Mitteilung
an:
__
Für das Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden
Der Präsident:



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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