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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:KSK-09-35
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid KSK-09-35 vom 17.11.2009 (GR)
Datum:17.11.2009
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter : Bungs; Betreibung; Betreibungs; Bungsamt; Treibungsamt; Betreibungsamt; Recht; Züns; Rhäzüns; SchKG; Recht; Bigerin; Schwerde; Wertung; Gläubiger; Beschwerde; Verwertung; Bremgarten; Gläubigerin; Mietzinse; Rechtlich; Zinsen; Gläubiger; Pfändung; Mietzinsen; Fügung; Verfügung
Rechtsnorm: Art. 102 KG ; Art. 104 OR ; Art. 116 KG ; Art. 12 KG ; Art. 131 KG ; Art. 144 KG ; Art. 166 OR ; Art. 17 KG ; Art. 21 KG ; Art. 41 OR ; Art. 5 KG ; Art. 806 ZGB ; Art. 9 KG ; Art. 94 KG ;
Referenz BGE:118 III 1; 127 III 182; 35 I 482; 43 III 313; 50 III 73; 53 III 146; 59 III 184; 71 III 75; 73 III 23; 73 III 84; 75 III 56; 85 III 31; 91 III 41; 98 III 1;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
___________________________________________________________________________________________________

Ref.:
Chur, 17. November 2009
Schriftlich mitgeteilt am:
KSK 09 35
Entscheid
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
Vorsitz Präsident
Brunner
Richter Kantonsrichter
Bochsler und Kantonsrichter Hubert
Redaktion Aktuar
Conrad

In der Schuldbetreibungs- und Konkursbeschwerde
der Q., Gläubigerin und Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur.
Jürg Pilgrim, Luzernerstrasse 16, 5630 Muri,

gegen

die Verfügung des Betreibungsamtes Rhäzüns vom 24. Juni 2009, mitgeteilt am
24. Juni 2009, in Sachen der Gläubigerin und Beschwerdeführerin gegen Z.,
Schuldner und Beschwerdegegner, und B a n k X . , Beschwerdegegnerin,
betreffend rechtshilfeweise Grundstückspfändung, Einzug und Verteilung Mietzin-
se, Anspruchskonkurrenz Pfändungsgläubiger/Grundpfandgläubiger, Haftung
Betreibungsamt, Abgrenzung Rechtsweg nach Art. 17 SchKG/Art. 5 SchKG
hat sich ergeben:


I. Sachverhalt
A.1. In der Pfändungsbetreibung Nr. 20532063 (Req. Nr. 2060050) des Betrei-
bungsamtes Bremgarten/AG, mit Q., Nb./AG, als Pfändungsgläubigerin über eine
Forderung von Fr. 1'103'341.90 und Z., Bremgarten/AG, als Schuldner, vollzog
das Betreibungsamt Rhäzüns auf rechtshilfeweises Ersuchen des Betreibungsam-
tes Bremgarten im April 2006 die Pfändung des schuldnerischen Grundstücks
Parzelle Nr. 635 in der Gemeinde Ed.. Die darauf befindliche Liegenschaft besteht
aus 4 Wohnungen, welche vermietet sind. In der Folge zog das Betreibungsamt
Rhäzüns bis Ende März 2008 die Mietzinsen aus der Vermietung der Wohnungen
im Gesamtbetrag von Fr. 141'610.— ein. Ein Verwertungsbegehren hat die Pfän-
dungsgläubigerin Q. weder in Bezug auf die Mietzinsen noch hinsichtlich des
Grundstücks jemals gestellt.
2.
Auf dem Grundstück Parzelle Nr. 635 lasten 3 Grundpfandverschreibungen
zu Gunsten der Bank X. (im Folgenden Bank X.). Am 21. April 2008 leitete die
Bank X. beim Betreibungsamt Rhäzüns Betreibung auf Grundpfandverwertung
ein, für den Betrag von Fr. 1'014'645.45 nebst Kosten (Betreibung Nr. 20800890).
Gegen den Zahlungsbefehl erhob der Schuldner Z. am 25. April 2008 Rechtsvor-
schlag. In der Folge überwies das Betreibungsamt Rhäzüns aus den in der Pfän-
dungsbetreibung Q. (Betreibung Nr. 20532063) vereinnahmten Mietzinsen den
Betrag von Fr. 99'548.25 an die Bank X., auf Anrechnung an deren Grundpfand-
betreibung Nr. 20800890 vom 21. April 2008. Ein Verwertungsbegehren hat die
Grundpfandgläubigerin Bank X. weder vorher noch nachher gestellt.
B.1. Am 28. April 2008 stellte das Betreibungsamt Rhäzüns dem Betreibungs-
amt Bremgarten die Schlussabrechnung in der Pfändungsbetreibung Nr.
20532063 zu. Danach waren die vom Betreibungsamt Rhäzüns eingezogenen
Mietzinsen von Fr. 141'610.00 wie folgt zu verwenden: Hypothekarzinsen Bank X.
Fr. 99'548.25, Liegenschaftsunterhalt Fr. 36'251.20, Bankspesen Fr. 256.21 und
Kosten Betreibungsamt Rhäzüns Fr. 697.00, woraus sich ein dem requirierenden
Betreibungsamt Bremgarten zu überweisender Restsaldo von Fr. 4'857.34 ergab.
2.
Mit Schreiben vom 02. Mai 2008 gelangte das Betreibungsamt Rhäzüns an
die Bank X.. Es führte aus, die Auszahlung von Fr. 99'548.25 sei zu Unrecht er-
folgt und forderte die Bank auf, diesen Betrag dem Betreibungsamt Bremgarten zu
überweisen.
3.
Mit Schreiben vom 08. Mai 2008 protestierte das Betreibungsamt Bremgar-
ten beim Betreibungsamt Rhäzüns gegen die Abrechnung und Zweckentfremdung
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der gepfändeten und eingezogenen Mietzinsen in der Betreibung Nr. 20532063.
Die Überweisung des Betrages von Fr. 99'548.25 an die Bank X. sei nicht statthaft
gewesen. Es machte geltend, die Verwaltung der Liegenschaft mit Einzug der
Mietzinsen für die Pfändungsbetreibung von Q. habe seit Mai 2006 bestanden,
wohingegen die Grundpfandbetreibung der Bank X. mit Begehren um Ausdehnung
der Pfandhaft auf die Mietzinsen erst im April 2008 angehoben worden sei. Der
Betrag von Fr. 99'548.25 sei innert 10 Tagen dem Betreibungsamt Bremgarten zu
überweisen, widrigenfalls es die Forderung gestützt auf Art. 131 Abs. 1 SchKG der
Gläubigerin Q. abtreten werde.
C.
Unter Beilage der Abrechnung des Betreibungsamtes Rhäzüns vom 28.
April 2008, einer eigenen Abrechnung und der Aufforderung vom 08. Mai 2008 an
das Betreibungsamt Rhäzüns zur Überweisung des Betrages von Fr. 99'548.25
informierte das Betreibungsamt Bremgarten mit Schreiben vom 26. Mai 2008 die
Gläubigerin Q. über die Sachlage. Da bis dato eine Überweisung des umstrittenen
Betrages durch das Betreibungsamt Rhäzüns an das Betreibungsamt Bremgarten
nicht erfolgt sei, bleibe es der Gläubigerin überlassen, weitere rechtliche Schritte
gegen das Betreibungsamt Rhäzüns einzuleiten.
D.1. Am 02. Juni 2008 wandte sich die Pfändungsgläubigerin Q. erstmals direkt
an das Betreibungsamt Rhäzüns. Sie machte geltend, die Auszahlung der Miet-
zinserträgnisse an die nachmalig betreibende Grundpfandgläubigerin Bank X. sei
widerrechtlich erfolgt. Sie forderte das Betreibungsamt Rhäzüns auf, ihr den Be-
trag von Fr. 99'548.25 innert 10 Tagen zu überweisen.
2.
Mit Antwortschreiben vom folgenden Tag bestätigte das Betreibungsamt
Rhäzüns Q., dass ihm in diesem Verfahren ein Fehler unterlaufen sei und ent-
schuldigte sich dafür. Die Bank X. sei bereits am 02. Mai 2008 aufgefordert wor-
den, besagten Betrag dem Betreibungsamt Bremgarten zu überweisen. Das Be-
treibungsamt Rhäzüns werde die Bank X. abermals auffordern, den Betrag so
rasch als möglich der Gläubigerin zu überweisen. Sollte die Überweisung nicht
innert 10 Tagen erfolgen, möge die Gläubigerin selbst bei der Bank X. vorstellig
werden.
3.
Am 03. Juni 2008 forderte das Betreibungsamt Rhäzüns die Bank X. erneut
zur Rückzahlung des umstrittenen Betrages beziehungsweise zur Auszahlung an
die Gläubigerin Q. auf. Mit Schreiben vom 02./04. Juni 2008 an das Betreibungs-
amt Rhäzüns stellte sich die Bank X. ablehnend.
Seite 3 — 27

4.
In einem weiteren Schreiben vom 23. Juni 2008 an das Betreibungsamt
Rhäzüns stellte die Gläubigerin Q. fest, dass sich die Bank X. erwartungsgemäss
weigere, den ihr irrtümlich zugekommenen Betrag zu erstatten. Der Gläubigerin
gegenüber stehe jedoch allein das Betreibungsamt des Kreises Rhäzüns in der
Pflicht, weshalb es ausschliesslich dem Betreibungsamt Rhäzüns obliege, bei der
Bank X. die Rückzahlung zu erreichen. Die Gläubigerin habe gegenüber der Bank
keine rechtliche Handhabe. Für den Fall, dass es dem Amt nicht gelinge, die Bank
zur Rückzahlung zu bewegen beziehungsweise das Amt die Gläubigerin nicht
schadlos halte, stellte die Gläubigerin eine Schadenersatzklage gegen den Kanton
Graubünden in Aussicht.
5.
In der Folge interpellierte das Betreibungsamt Rhäzüns den Kanton Grau-
bünden hinsichtlich der Haftungsfrage. Nachdem die Gläubigerin beim Kanton
ebenfalls entsprechend vorstellig geworden war, teilte ihr die Finanzverwaltung im
März 2009 schliesslich mit, eine Inanspruchnahme der Haftungsgrundlage von Art.
5 SchKG falle ausser Betracht. Es handle sich nicht um einen materiell-rechtlichen
Schadenersatzanspruch, sondern um einen vollstreckungsrechtlichen Anspruch
gegen das Betreibungsamt Rhäzüns beziehungsweise gegen den Kreis Rhäzüns
als dessen Rechtsträger. Der Anspruch sei daher mittels betreibungsrechtlicher
(Rechtsverweigerungs-)Beschwerde im Sinne von Art. 17 SchKG beim Kantons-
gericht als Aufsichtsbehörde in SchKG-Sachen durchzusetzen.
6.
Mit Verfügung vom 24. Juni 2009 an die Gläubigerin Q. lehnte das Betrei-
bungsamt Rhäzüns deren Begehren um Auszahlung der Mietzinseinnahmen unter
Hinweis auf Art. 94 Abs. 3 und Art. 116 Abs. 1 SchKG ab. Es stellte sich erstmals
auf den Standpunkt, die gläubigerseits kritisierte Auszahlung an die Bank X. vom
24. April 2008 sei aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Eine Auszahlung an
die Pfändungsgläubigerin Q. würde das gesetzliche Forderungsprivileg der
Grundpfandgläubigerin Bank X. verletzen. Der Grundpfandgläubiger habe ein Vor-
recht auf die hängenden und stehenden Früchte als Bestandteil der Pfandsache.
Dieses Vorrecht erstrecke sich auch auf die vor Einleitung der Grundpfandverwer-
tung gewonnenen Früchte, solange es noch nicht zu einer Verwertung dieser
Früchte gekommen sei. Zudem habe es die Gläubigerin unterlassen, für die Miet-
zinsen ein fristgemässes Verwertungsbegehren zu stellen, weshalb das Betrei-
bungsamt Rhäzüns denn auch die Löschung der gestützt auf Art. 101 Abs. 2
SchKG veranlassten grundbuchlichen Verfügungsbeschränkung angeordnet habe.
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E.1. Dagegen liess Q. durch ihren Rechtsvertreter am 07. Juni 2009 Beschwer-
de an das Kantonsgericht als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Kon-
kurs einlegen, mit den folgenden Rechtsbegehren:
"1. Es sei festzustellen, dass das Betreibungsamt Kreis Rhäzüns den in
der Betreibung des Betreibungsamtes Bremgarten/AG Nr. 20532063
gegen Z. im Pfändungsauftrag einkassierten Betrag von CHF
99'548.25 zu Unrecht an die Bank X. ausbezahlt hat.

2. Das Betreibungsamt Kreis Rhäzüns sei anzuweisen, der Beschwerde-
führerin den Betrag von CHF 99'548.25 nebst 5 % Zins seit 26. Mai
2008 zu bezahlen.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge."
2.
Das Betreibungsamt Rhäzüns beantragte mit Vernehmlassung vom 03. Au-
gust 2009 die Abweisung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfol-
ge zu Lasten der Beschwerdeführerin Q..
3.
In seiner Beschwerdeantwort vom 10. Juli 2009 schliesst der Schuldner Z.
auf Nichteintreten, eventualiter auf Abweisung der Beschwerde.
4.
Die Bank X. liess sich nicht vernehmen.
5.
Vom Betreibungsamt Bremgarten ist keine Vernehmlassung eingeholt wor-
den.
6. Soweit
sachdienlich
ist auf die Begründung der Beschwerdeanträge nach-
folgend einzugehen.

II. Erwägungen
1.a. Die Beschwerdeschrift wurde am 07. Juli 2009 zur Post gegeben. Das per
eingeschriebener Briefpostsendung versandte Anfechtungsobjekt trägt das Datum
des 24. Juni 2009. Bei Postaufgabe des Anfechtungsobjekts am gleichen Tag und
Empfang durch den Adressaten am darauffolgenden Tag wäre die Beschwerde
um einen Tag verspätet. Wann das Anfechtungsobjekt zur Post gegeben wurde,
lässt sich den amtsseits eingelegten Akten jedoch nicht entnehmen, ebenso we-
nig, an welchem Tag es der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin tatsächlich in
Empfang genommen hat. Letzterer behauptet, die angefochtene Verfügung sei
ihm am 29. Juni 2009 zugegangen. Dies erscheint angesichts der 7-tägigen Ab-
holfrist für eingeschriebene Postsendungen einerseits plausibel und darauf muss
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andererseits, angesichts der unvollständigen Beweislage, die zu Lasten der Voll-
streckungsbehörde geht, abgestellt werden. Die Beschwerde ist fristgemäss im
Sinne von Art. 17 Abs. 2 SchKG. Auf die im Übrigen formgerechte, das heisst ei-
nen Antrag und eine Begründung im Sinne von Art. 22 GVVSchKG enthaltende
und bei der zuständigen Aufsichtsbehörde (Art. 11 GVVSchKG, Art. 2 lit. d KGV)
eingelegte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
b.
Gemäss Art. 21 SchKG (Beschwerdeentscheid) verfügt die Behörde, wel-
che eine Beschwerde für begründet erklärt, die Aufhebung oder die Berichtigung
der angefochtenen Handlung; sie ordnet die Vollziehung von Handlungen an, de-
ren Vornahme der Beamte unbegründetermassen verweigert oder verzögert (BGE
85 III 31 E. 1). Es ist zulässig, auf dem Beschwerdeweg eine nach Vollstreckungs-
recht vom Betreibungsamt zu erbringende Zahlung einzufordern, selbst wenn das
einkassierte Geld realiter bereits anders verwendet worden ist (BGE 85 III 31 E. 1,
76 III 81 E. 3, 73 III 84 E. 2). Falls es gegenständlich zur Gutheissung der Be-
schwerde kommt, wäre dem Betreibungsamt Rhäzüns somit zu befehlen, was es
zu tun hat, das heisst welche Handlung es vorzukehren hat. Das Rechtsbegehren
Ziffer 2 ist daher zulässig.
c.
Das Rechtsbegehren gemäss Ziffer 2 der Beschwerde ist darüberhinaus
auch ausreichend. Im Licht von Art. 21 SchKG und des legitimen Rechtsschutzbe-
dürfnisses der Beschwerdeführerin erweist sich das Feststellungsbegehren in Zif-
fer 1 ihrer Anträge zum einen als überflüssig. Von hier nicht interessierenden Aus-
nahmen abgesehen, hat nämlich die Spruchbehörde Recht im Allgemeinen, und
wie sich im Besonderen der Vorschrift von Art. 21 SchKG leicht entnehmen lässt,
nicht primär bloss im Sinne eines Sollenszustandes festzustellen, sondern durch
autoritative Anordnung entsprechender Handlungen zu sprechen, damit Recht im
Sinne eines Zustandes direkt hergestellt wird oder allenfalls durch weitere Schritte
herstellbar ist. Eine Beschwerde, die einzig die Feststellung der Unrichtigkeit einer
Verfügung des Betreibungsamtes bezweckt, ist unzulässig, weil dieser Rechtsbe-
helf gemäss Art. 21 SchKG nur die Aufhebung oder Berichtigung einer bestimmten
Verfügung oder die Vollziehung von Handlungen, deren Vornahme unbegründe-
terweise verweigert oder verzögert worden ist, zum Ziele haben kann (BGE 85 III
31 E. 1, 81 III 72 E. 3). Auch falls das separate Feststellungsbegehren mit dem
Hintergedanken für eine mögliche Haftungsklage nach Art. 5 SchKG gestellt wor-
den sein sollte, ist es unzulässig. Damit wird nämlich kein praktischer und aktueller
Verfahrenszweck im Zwangsvollstreckungsverfahren angestrebt, wie es die
Rechtsprechung für die Zulässigkeit der Aufsichtsbeschwerde nach Art. 17 SchKG
regelmässig verlangt (vgl. BlSchK 1978 Nr. 26; Fritzsche/Walder, Schuldbetrei-
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bung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, Zürich 1984, § 7 Rz 14, mit
zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung) und woran auch für den vorlie-
genden Fall festzuhalten ist. Es kann nicht Sache der SchKG-Aufsichtsbehörden
sein, lediglich zwecks Abklärung der Verantwortlichkeit die Handlungen eines
Betreibungsbeamten auf ihre Gesetzmässigkeit hin zu überprüfen (BGE 73 III 23
E. 2), um Grundlage für eine Verantwortlichkeitsklage zu schaffen (BGE 91 III 41
E. 7 S. 46/47; 105 III 35 E. 1; 120 III 107 E. 2 S. 109; Amonn/Walther, Grundriss
des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. A. Bern 2003, § 5 Rz 8). Kann ein
"objektiv vermeidbarer Betriebsfehler" (vgl. Gasser, Basler Kommentar, SchKG I,
N 11 zu Art. 5 SchKG) nicht im Beschwerdeverfahren durch Herstellung des ord-
nungsgemässen Verfahrensgangs korrigiert werden, darf die Aufsichtsbehörde
dem Zivilrichter in seiner haftungsrechtlichen Beurteilung im Übrigen nicht vorgrei-
fen (Fritzsche/Walder, ebenda; BGE 73 III 84 E. 3, 81 III 65; Ernst Blumenstein,
Handbuch des schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, Bern 1911, S. 58). Auf
das unnötige und unzulässige Feststellungsbegehren gemäss Ziffer 1 der Be-
schwerde kann aus diesen Gründen nicht eingetreten werden.
2.
Der vorinstanzliche Antrag auf Abweisung der Beschwerde wird im Wesent-
lichen damit begründet, die Pfändungsgläubigerin Q. habe es unterlassen, innert
Frist ein förmliches Verwertungsbegehren nach Art. 116 SchKG zu stellen und
auch das ersuchende Betreibungsamt Bremgarten habe dem ersuchten Betrei-
bungsamt Rhäzüns innert der Jahresfrist seit der Pfändung der Mietzinsen kein
Begehren um Überweisung der Mieterträge gestellt. Überdies habe die nachmalig
auf Grundpfandverwertung betreibende Gläubigerin Bank X. gestützt auf Art. 94
Abs. 3 SchKG ein Vorrecht an den gepfändeten Mietzinsen. Dabei umfasse das
Privileg der Grundpfandgläubigerin gegenüber der Pfändungsgläubigerin auch
jene Früchte, welche zur Zeit der Anhebung der Grundpfandbetreibung bereits
gewonnen, aber noch nicht verwertet seien (unter Hinweis auf Von der Mühll, Bas-
ler Kommentar 1998, N 5 zu Art. 94).
Diese Auffassungen lassen sich unter keinem Aspekt halten:
a.
Vorab ist richtig zu stellen, welches die Aufgaben des Betreibungsamtes
Rhäzüns im umstrittenen Vollstreckungsverfahren (Pfändungsbetreibung Nr.
20532063) sind. Die Frage, ob die Auszahlung der betreibungsamtlich eingezoge-
nen Mietzinsen durch die Vorinstanz an die Grundpfandgläubigerin X. korrekt war,
ist bereits aus Gründen der verfahrensmässigen Zuständigkeit zu verneinen. Es
liegt ein Fall von Rechtshilfe vor. Angesichts der deutlich geäusserten, und wie zu
zeigen sein wird, richtigen Meinung des Betreibungsamtes Bremgarten in der
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Hauptsache (Anspruch auf die eingezogenen Mietzinsen, act. 01.3) kann vorweg-
genommen werden, dass der "Betriebsunfall" unterblieben wäre, wenn sich das
Betreibungsamt Rhäzüns an die bei der Rechtshilfe vorgeschriebene Aufgabentei-
lung gehalten hätte. Es handelt sich um eine Requisitorialpfändung, in welcher das
Betreibungsamt Rhäzüns (nur) im Auftrag, als Hilfsperson des Betreibungsamtes
Bremgarten gehandelt hat beziehungsweise hätte handeln sollen. Bremgarten
blieb das federführende Amt.
aa.
Bei der Kompetenzausscheidung zwischen den beiden Ämtern ist vorab
daran zu erinnern, dass die Verteilung des Verwertungserlöses aus gepfändeten
Mietzinsen die Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte erheischte, welche das
ersuchte Amt Rhäzüns gar nicht kannte. So wäre beispielsweise das Existenzmi-
nimum des Schuldners zu beachten gewesen, eine Frage, die nur dem Betrei-
bungsamt Bremgarten obliegen konnte (Art. 22 Abs. 1 VZG, Art. 95 VZG).
bb.
Bei der Rechtshilfe handelt das ersuchte Amt insoweit unselbständig, als es
an Art und Umfang des Auftrages des ersuchenden Amtes im Rahmen der
Rechtsordnung gebunden ist. Primäre (und ausschliessliche) Aufgaben des er-
suchten Amtes im vorliegend interessierenden Stadium sind die Pfändung, Ver-
waltung und Bewirtschaftung der Liegenschaft (Art. 24 Abs. 3 Satz 1 VZG) und
dabei insbesondere auch der Einzug von Verwertungserlös (Art. 75 Abs. 1 VZG).
Anlog der expliziten Regelung für das Konkursverfahren (Art. 22 Abs. 2 KOV) ist
im Falle der Requisition das requirierende Amt für die Aufbewahrung/Hinterlegung
von Geld und Wertsachen verantwortlich. Dabei hat ihm das requirierte Amt diese
Vermögenswerte sofort zu übermachen (Möckli, Kurzkommentar SchKG, Basel
2009, Art. 9 N 5); eine Ausnahme von der sofortigen Ablieferungspflicht gemäss
Art. 77 Abs. 2 VZG ist nur dann zu machen, wenn dem beauftragten Amt Pfän-
dungen bekannt sind, die den beim ersuchenden Amt hängigen Betreibungen vor-
gehen (BGE 75 III 56 E. 4), was vorliegend nicht zutraf. Analog der Grundpfand-
verwertung (vgl. Eduard Brand, Die betreibungsrechtliche Zwangsverwertung von
Grundstücken im Pfandverwertungsverfahren, Zürich 2008, S. 35) hätten die Net-
tomieterträgnisse durch das Betreibungsamt Rhäzüns auch im hiesigen Fall der
Pfändungsbetreibung nicht über längere Zeit gehortet werden dürfen; die Vorin-
stanz hätte dem ersuchenden Amt Bremgarten nicht erstmals nach 1 ½ Jahren,
sondern periodisch abrechnen und die Nettomietzinsbetreffnisse überweisen müs-
sen, damit Abschlagszahlungen an die berechtigten Gläubiger erfolgen konnten
(Art. 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 VZG). Dass das beauftragte Amt bei der Verteilung
eingezogener Mietzinsen grundsätzliche keine Aufgabe haben kann, ergibt sich
schon daraus, dass es zu ungesäumter Ablieferung einkassierter Gelder an das
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ersuchende Amt verpflichtet ist (Art. 77 Abs. 2 VZG). Nur Bremgarten hatte folglich
zu entscheiden, wem, wann, welche verwerteten Mietzinse zu verteilen waren. Die
Verfahrensordnung lässt es zwar zu, dass dem ersuchten Amt auch die Verteilung
der Erträgnisse an die Gläubiger gemäss Art. 22 VZG übertragen werden kann
(Art. 24 Abs. 3 Satz 2 VZG). Gemäss bestehender Aktenlage ist indessen nicht
ersichtlich, dass eine solche Ermächtigung erfolgt ist (act. 06.1.1) - im Gegenteil
(act. 01.1.3). Das ersuchte Amt Rhäzüns hatte daher auch keine Kompetenz Art.
22 Abs. 1 Satz 1 und 2 VZG anzuwenden. Es hatte schlichtweg nicht zu prüfen,
wer unter vollstreckungsrechtlichen Gesichtspunkten Anspruch auf das umstritte-
ne Vollstreckungssubstrat hat. Seine Aufgabe beschränkte sich darauf, dieses
einzuziehen und dem ersuchenden Amt Bremgarten fortlaufend abzuliefern und
schliesslich eine Abrechnung zu erstellen. Bereits angesichts dessen ist bedenk-
lich, mit welcher Leichtfertigkeit das rechtshilfeweise handelnde Betreibungsamt
Rhäzüns ohne jede Begrüssung des ersuchenden Amtes Bremgarten und/oder
ohne vorgängig eine Verfügung gegenüber der Pfändungsgläubigerin Q. zu kom-
munizieren, wozu es im vorliegenden Rechtshilfefall allerdings gar nicht befugt
war, einfach realiter entsprechendes Pfändungssubstrat von 100'000 Franken aus
der Hand gegeben hat. Im Licht der Rechtshilfe ohne Verteilungsauftrag ging der
Vorinstanz von vorneherein jegliche Kompetenz zu solchem Tun ab. Für den Fall
der Gutheissung der Beschwerde, würde sich daher die Frage stellen, ob das Be-
treibungsamt Rhäzüns die umstrittenen Mietzinse anstatt der Beschwerdeführerin
nicht dem Betreibungsamt Bremgarten abzuliefern habe (vgl. dazu hinten Erwä-
gung Ziffer 5.b.).
b.
Der Einwand der Vorinstanz, die Pfändungsgläubigerin Q. habe innert Frist
kein Verwertungsbegehren gestellt, verkennt den rechtserheblichen Unterschied
zwischen Pfändungsgut und Verwertungssubstrat grundlegend. Auf ein solches
Verwertungsbegehren wäre nicht einzutreten gewesen, denn was bereits verwer-
tet ist, kann nicht abermals verwertet werden. Geld (gesetzliches Zahlungsmittel)
kann nicht mehr unter das Pfändungssubstrat gemäss Art. 116 Abs. 1 SchKG fal-
len, weil es qua definitionem Verwertungserlös darstellt. Die Bezahlung des Be-
trags der gepfändeten Forderung an das Amt ist der Verwertung gleichzusetzen
(Walder, Kommentar SchKG, Zürich 2007, N 6 zu Art. 12). Für die Auszah-
lung/Verteilung der vom Betreibungsamt einkassierten Mietzinse bedarf es keines
Verwertungsbegehrens (vgl. Markus Frey, Basler Kommentar, SchKG II, N 7ff. zu
Art. 116). Ein solches braucht es für die Mietzinsen in der Pfändung von
Grundstücken und ihrer Erträgnisse oder bei alleiniger Pfändung dieser Erträgnis-
se ausnahmsweise deshalb nicht, da es sich um zivile Früchte handelt, welche mit
Seite 9 — 27

der Bezahlung durch den Drittschuldner bereits verwertet sind. Nachdem sich die-
ses Substrat bereits im Zustand der Versilberung beim Betreibungsamt befindet,
ist eine (weitere) Verwertung weder notwendig noch möglich (Jaeger/Walder/Kull,
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 5. A. Zürich 2006, N 16 zu Art.
116; Frey, a.a.O., N 8 zu Art. 116; Fritzsche/Walder, a.a.O., § 30 Rz 22; Rüetschi,
Kurzkommentar SchKG, a.a.O., Art. 116 N 6 f.; BGE 127 III 182 E. 2, 85 II 73 E.
2). War kein Verwertungsbegehren zu stellen, konnte der Beschwerdeführerin da-
für auch keine Frist laufen. Die Betreibung von Q. kann insoweit auch nicht aus
dem Grunde "ablaufen", weil sie kein Verwertungsbegehren gestellt hat. Der vor-
instanzliche Hinweis auf die Anwendung von Art. 94 Abs. 3 SchKG geht auch aus
diesem Grund fehl. Weiter ist die Vorinstanz darauf hinzuweisen, dass das Ver-
wertungsbegehren nicht ihr, sondern beim Betreibungsamt Bremgarten zu stellen
gewesen wäre (Art. 74 Abs. 1 VZG).
c.
Abwegig ist das Argument, das ersuchende Betreibungsamt Bremgarten
habe dem ersuchten Betreibungsamt Rhäzüns innert der Jahresfrist seit der Pfän-
dung der Mietzinsen kein Begehren um Überweisung der Mieterträge gestellt. Da-
zu war das Betreibungsamt Rhäzüns ohne weiteres von Amtes wegen verpflichtet.
Die Ablieferung hätte darüber hinaus nicht en bloc erst nach Ablauf der Pfän-
dungsdauer, sondern laufend ab April 2006 erfolgen sollen. Damit hätte sich nota
bene auch die nachgehend (Ziffer 6) zu erwägende Frage der Verzinsung des -
mittlerweile über 1 Jahr - vorschriftswidrig vorenthaltenen Pfändungssubstrats
erübrigt.
d.
Die Vorinstanz stützt sich ferner auf Art. 94 Abs. 3 SchKG, wonach die
Rechte der Grundpfandgläubiger auf die hängenden und stehenden Früchte als
Bestandteile der Pfandsache vorbehalten bleiben, unter der Voraussetzung, dass
der Grundpfandgläubiger selbst die Betreibung auf Verwertung des Grundpfandes
eingeleitet hat, bevor die Verwertung der gepfändeten Früchte stattfindet.
aa.
Die Anrufung der Bestimmung von Art. 94 Abs. 3 SchKG geht aus mehre-
ren Gründen fehl. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Vorschrift, die ein zeit-
liches Pfändungs- (Abs. 1) und Verwertungsverbot (Abs. 2) von Früchten statuiert.
Sie bezieht sich des Weiteren bloss auf natürliche Früchte (Jaeger/Walder/Kull,
a.a.O., 5. A., N 2 und 9) und die hier umstrittenen Mietzinsen aus einer gepfände-
ten Liegenschaft stellen so genannte zivile Früchte dar.
bb.
In Bezug auf zivile Früchte sind vielmehr Art. 102 SchKG und Art. 22 VZG
relevant. Gemäss Art. 102 Abs. 1 SchKG erfasst die Pfändung eines Grundstücks
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unter Vorbehalt der den Grundpfandgläubigern zustehenden Rechte auch dessen
Früchte und sonstige Erträgnisse. Betreffend die Verwendung der Früchte und
[anderen] Erträgnisse aus Grundstücken schreibt Art. 22 Abs. 1 (Satz 3) VZG so-
dann vor, dass in erster Linie die Grundpfandgläubiger zu berücksichtigen sind,
deren vor der Verwertung der Früchte angehobene Betreibung auf Pfandverwer-
tung unbestritten ist (siehe auch Art. 83 Satz 2 VZG, Art. 114 VZG). Der Grund für
den Vorbehalt (den Grundpfandgläubigern zustehende Rechte an sonstigen Er-
trägnissen) liegt im materiellen Recht von Art. 806 Abs. 1 ZGB: Ist das verpfände-
te Grundstück vermietet oder verpachtet, so erstreckt sich die Pfandhaft auch auf
die Miet- oder Pachtzinsforderungen, die seit Anhebung der Betreibung auf Ver-
wertung des Grundpfandes oder seit der Eröffnung des Konkurses über den
Schuldner bis zur Verwertung auflaufen. Es geht dabei jedoch nur um diejenigen
Zinsen, die im Zeitpunkt der Anhebung der Betreibung [auf Grundpfandverwer-
tung] noch nicht fällig sind (Kommentar ZGB, Kren Kostkiewicz/Schwander/Wolf,
2006, N 5 zu Art. 806 ZGB, m.H. auf Zobl, ZBGR 1978, 193, 223; ebenso Trauffer-
BSK N 4 zu Art. 806 ZGB: "auflaufen", "noch nicht fällig sind"). Die hier umstritte-
nen Mietzinsen waren im Zeitpunkt der Anhebung der Betreibung auf Grundpfand-
verwertung durch die Bank X. vom 23. April 2008 bereits alle von den Mie-
tern/Drittschuldnern bezahlt und daher sicher fällig. Wenn sich das Grundpfand-
recht der Bank X. materiell-rechtlich nur auf im Zeitpunkt der Stellung des Begeh-
rens auf Grundpfandverwertung noch nicht fällige Mietzinse erstrecken konnte, ist
umso offensichtlicher, dass die im Zeitpunkt der Anhebung der Betreibung auf
Verwertung des Grundpfandes bereits an das Betreibungsamt bezahlten Mietzinse
(Tilgung der Mietzinsforderung) nicht unter die Pfandhaft (Vorrecht des Grund-
pfandgläubigers) fallen können.
cc.
Die Vorinstanz bezieht sich in diesem Zusammenhang ohne Veranlassung
auf Vonder Mühll (a.a.O., N 5 zu Art. 94), wonach das Privileg der Grundpfand-
gläubiger gegenüber den Pfändungsgläubigern auch jene Früchte erfasse, die zur
Zeit der Anhebung der Grundpfandbetreibung bereits gewonnen, aber noch nicht
verwertet sind. Das ist wohl zutreffend, im vorliegenden Fall jedoch insoweit irrele-
vant, als eine Unterscheidung zwischen "gewonnenen" und "verwerteten" Früch-
ten nur bei natürlichen Früchten Sinn macht, nicht bei zivilen Früchten. Wird ein
Grundstück mit einem Aprikosenhain samt an den Bäumen hängenden Früchten
gepfändet, so sind die Aprikosen nach ihrer Ernte, womit sie sachenrechtlich selb-
ständige Fahrnis geworden sind, wohl "gewonnen" aber noch nicht verwertet, da
sie noch nicht versilbert, zu Geld gemacht sind. Solange ihre (zwangsvollstre-
ckungsrechtlich notwendige) Versilberung nicht stattgefunden hat, sind sie dem
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Vorrecht des betreibenden Grundpfandgläubigers zugänglich. Vom Drittschuldner
geleistete Mietzinsen müssen hingegen nicht mehr versilbert werden. Die zivilen,
in gesetzlicher Währung bestehenden Früchte in Form von Mietzinsforderungen
werden vom Betreibungsamt automatisch (von Gesetzes wegen, vgl. Art. 102 und
103 SchKG, Art. 16 ff. VZG) gewonnen/eingezogen und sind mit erfolgreicher Ein-
ziehung/Gewinnung gleichzeitig versilbert (=verwertet). Über den für die Zuord-
nung massgeblichen Zeitpunkt beziehungsweise den Zustand des Vollstreckungs-
substrats lässt im Übrigen auch der Kommentator Vonder Mühll keinen Zweifel
aufkommen, wenn er ausführt, das Vorrecht der Grundpfandgläubiger gegenüber
den Pfändungsgläubigern werde nur gewährt, wenn sie selbst die Betreibung auf
Grundpfandverwertung angehoben haben, bevor die Verwertung der gepfändeten
Frucht stattgefunden hat (Vonder Mühll, ebenda). Im Einklang dazu steht ferner
auch der Wortlaut der Bestimmung von Art. 114 Abs. 1 VZG über die Verteilung
der Miet- und Pachtzinse im Pfandverwertungsverfahren. Der Reinerlös der seit
der Stellung eines Begehrens auf Grundpfandbetreibung bis zur Verwertung des
Grundstückes eingegangenen Miet- und Pachtzinse ist dem betreibenden Grund-
pfandgläubiger für seine Forderung zuzuweisen. Daraus lässt sich zwanglos der
Umkehrschluss ziehen, dass Mietzinsen die vor der Stellung eines Begehrens auf
Grundpfandbetreibung bereits beim Betreibungsamt eingegangen und somit ver-
wertet sind, nicht dem betreibenden Grundpfandgläubiger für seine Forderung zu-
zuweisen sind. Sämtlicher, im Zeitpunkt der Anhebung der Grundpfandbetreibung
vorliegender Fruchterlös steht den vorgehend betreibenden Pfändungsgläubigern
zu.
dd.
Soll in Bezug auf die Früchte einer Immobilie das Pfandrecht dem Pfän-
dungsrecht vorgehen, muss das Begehren des Grundpfandgläubigers vor der
Verwertung der Früchte erfolgen (Ulrich K. Fehlmann, Die Einflüsse des Sachen-
rechts auf Pfändung und Verwertung, Diss. Zürich 1976, S. 21). Abgesehen von
hier nicht interessierenden Ausnahmen findet nach dem Versilberungsprinzip die
Verwertung in der Zwangsvollstreckung stets durch amtlich angeordnete und
durchgeführte Umwandlung des gepfändeten Schuldnervermögens in gesetzliche
Währung statt. Beim betroffenen Pfändungsgut handelte es sich um Mietzinsforde-
rungen des Betreibungsschuldners Z.. Die Versilberung dieser Forderungen findet
nicht durch Versteigerung, sondern durch amtlichen Einzug statt, indem das Be-
treibungsamt gegenüber den Mietern auf Erfüllung der Mietzinszahlungen pocht.
Das Einziehen ist die Verwertungshandlung und ihr Erfolg bringt im Resultat ohne
Umschweife Verwertungserlös hervor. Durch Leistung an das Betreibungsamt ha-
ben die Mieter die Mietzinsforderungen des Betreibungsschuldners Z. mit befrei-
Seite 12 — 27

ender Wirkung getilgt. Beim umstrittenen Substrat der Mietzinse, das sich laufend
ab Mai 2006 in Händen des Betreibungsamtes Rhäzüns äufnete und per Ende
März 2008 auf Fr. 141'610.— belief, handelt es sich also nicht um Forderungen,
sondern um Geld. Die Drittschuldner haben die auf gesetzliche Währung lauten-
den Forderungen getilgt, womit sie im Sinne des Vollstreckungsrechts ohne weite-
res als versilbert (=verwertet) gelten. Bezogen auf den relevanten Zeitpunkt der
Anhebung der Grundpfandbetreibung der Bank X. vom 24. April 2008 handelt es
sich bei diesem Substrat demzufolge gar nicht mehr um "hängende und stehende
Früchte", sondern bereits um Verwertungserlös in optima forma. Der Hinweis auf
das mit dem Grundpfandrecht der Bank verbundene Vorrecht auf die Mietzinse
entbehrt somit der Grundlage.
e.
Die Ausübung des Vorrechts der Grundpfandgläubiger auf noch nicht ver-
wertete Früchte ist ferner gar nicht möglich, wenn es nicht zur Verwertung des
Grundstücks infolge der Grundpfandbetreibung kommt. Mit der Einleitung der
Betreibung durch den Grundpfandgläubiger ist es nicht getan; um an Fruchterlös
zu gelangen, muss er seine Grundpfandbetreibung bis zur Verwertung vorantrei-
ben (Jaeger/Walder/Kull, a.a.O., 5. A., N 10 zu 94; ebenso im Sinne einer Voraus-
setzung: Trauffer, Basler Kommentar, N 10 zu Art. 806 ZGB und Winkler, Kurz-
kommentar SchKG, a.a.O., N 9 zu Art. 94). Zu einer Verwertung des Grundstücks
infolge der Grundpfandbetreibung der Bank X. ist es vorliegend nicht gekommen.
Auch aus diesem Grund können die umstrittenen Mietzinserträgnisse nicht der
Bank X. zustehen.
Die Situation ist diesbezüglich nicht deswegen verändert, weil es auch nicht zu
einer Verwertung des Grundstücks infolge der Pfändungsbetreibung der Gläubige-
rin Q. gekommen ist. Die Vorinstanz hält der Beschwerdeführerin entgegen, sie
habe nicht nur unterlassen, ein Begehren auf Verwertung der Mietzinsen zu stel-
len, sondern darüberhinaus eingestandenermassen bewusst auf die Verwertung
des Grundstücks als solches verzichtet. Daraus erwächst kein Argument gegen
den Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführerin. Auch wenn die Pfändungsgläubi-
gerin Q. in ihrer Betreibung Nr. 20532063 - aus nachvollziehbaren Gründen -
darauf verzichtet hat, für das gepfändete Grundstück das Verwertungsbegehren
zu stellen, berührt dies ihren vollstreckungsrechtlichen Anspruch auf Vertei-
lung/Herausgabe der einkassierten Mietzinsen nicht. Ihr stand es frei, die Verwer-
tung des Grundstücks zu verlangen. Der Umstand, dass sie es bleiben liess, führt
weder dazu, dass in Bezug auf die eingezogen Mietzinsen ein Verwertungsbegeh-
ren zu stellen war, noch dass die eingezogen Mietzinsen als nicht auf Anrechnung
an ihre Pfändungsbetreibung verwertet zu gelten hätten.
Seite 13 — 27

3.
Summa summarum ergibt sich in der Sache Folgendes: Ob nun - bezogen
auf den Zeitpunkt der Stellung des Begehrens auf Grundpfandbetreibung durch
die Bank X. vom 23. April 2008 - für den vollstreckungsrechtlichen Anspruch auf
Verteilung und Auslieferung der Mietzinsen aus dem gepfändeten Grundstück das
zivilrechtliche und/oder vollstreckungsrechtliche Attribut "fällig", "gewonnen", "auf-
gelaufen", "eingegangen" oder "verwertet" massgeblich ist - es ist immer zu Guns-
ten der Pfändungsgläubigerin Q. gegeben. Somit steht fest, dass das Betrei-
bungsamt Rhäzüns den betreffenden Betrag seiner gesetzlichen Bestimmung ent-
fremdet hat, und das Betreibungsamt Bremgarten respektive Q. Anspruch auf
Auslieferung der umstrittenen Mietzinsen haben. Zu prüfen bleiben die Fragen, ob
der objektiv vermeidbare Betriebsunfall grundsätzlich im Beschwerdeverfahren
nach Art. 17 SchKG behebbar und das entsprechende Rechtsbegehren der Be-
schwerdeführerin zeitig ist, oder ob Q. auf den Weg der Verantwortlichkeitsklage
gemäss Art. 5 f. SchKG verwiesen werden muss.
4.1.a.
Gemäss langer und einhelliger Praxis des Bundesgerichts ist für den
Entscheid der Frage, ob in einem solchen Fall der Weg der Aufsichtsbeschwerde
oder jener der Verantwortlichkeitsklage nach Art. 5 SchKG zu beschreiten ist,
wegleitend, ob der Benachteiligte einen noch aktuellen vollstreckungsrechtlichen
Anspruch gegen die Vollstreckungsbehörde hat. Der nach Vollstreckungsrecht
bestehende Anspruch auf eine Geldzahlung des Amtes ist nicht Schadenersatz-
anspruch nach Art. 5 SchKG, sondern vollstreckungsrechtlicher Anspruch gegen
den Justiz- und Betreibungsfiskus. Auch der Grundsatz, dass sich einer solchen
Zahlungspflicht gegenüber nicht einwenden lässt, das Amt habe das eigentlich
dazu bestimmte Geld anders verwendet und sei daher nicht mehr verfügbar, be-
ruht auf dem Vollstreckungsrecht. Er besagt, dass der vollstreckungsrechtliche
Anspruch des Beteiligten durch eine solche Zweckentfremdung des Geldes nicht
berührt wird. Die Zweckentfremdung geht auf Risiko des Amtes, also des Justiz-
fiskus, unter Vorbehalt der dem Staat allenfalls zustehenden Rückforderung vom
(unberechtigten) Empfänger oder des Rückgriffes auf fehlbare Beamte und Ange-
stellte. Diese aus der richtigen Anwendung des Vollstreckungsrechts folgende Ge-
fahrtragung ist keine Schadenersatzpflicht im Sinne von Art. 5 SchKG, sondern
eine blosse Nebenwirkung des aufrecht bleibenden Zahlungsanspruchs, der sei-
nerseits nicht durch einen Anspruch auf Schadenersatz im Sinne von Art. 5 und 6
SchKG ersetzt wird (BGE 73 III 84 E. 2). Der Berechtigte hat diesfalls auf dem Be-
schwerdeweg vorzugehen (BGE 35 I 482 E. 2, 35 I 786 E. 3, 36 I 790 E. 2/3, 42 III
115 E. 3 , 43 III 313 E. 2 e contrario, 44 III 89 E. 1, 50 III 73, BGE 53 III 146 ff., 59
III 184 E. 1, 59 III 209 a.E., 73 III 23 E. 2, 73 III 84 E. 2, 76 III 81 E. 3, 85 III 31 E.
Seite 14 — 27

1, 102 III 163 E. 2a, 118 III 3 E. 2b; vgl. auch PKG 1975 Nr. 46). Diese Auffassung
wird von der Lehre unisono geteilt (Walder, Schuldbetreibung und Konkurs, 17. A.
Zürich 2007, N 6 zu Art. 5; Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs, 4. A. Zürich 1997, N 11 zu Art. 5, N 6 und 8 zu Art.
12; Amonn/Walther, a.a.O., § 5 Rz 8; Levante, Kurzkommentar SchKG, a.a.O.,
Art. 5 N 8; Gasser, a.a.O., N 18 zu Art. 12; Lutz Krauskopf, Die zivilrechtliche Haf-
tung der Organe, Behörden und Gerichte im Schuldbetreibungs- und Konkursge-
setz (SchKG) de lege lata et ferenda, in Festschrift 100 Jahre SchKG, Zürich
1989, S. 119). Die Unterlassung eines Betreibungsamtes ist im Beschwerdever-
fahren durch die Aufsichtsbehörde zu berichtigen, wenn dadurch ein Mangel des
Zwangsvollstreckungsverfahrens behoben werden soll, das heisst, wenn es darum
geht, den ordnungsgemässen Ablauf einer Betreibung zu wahren. Das ist hier der
Fall. Die Gläubigerin Q. verlangt nicht ersatzweise Deckung eines aus fehlbarem
Verhalten von Vollstreckungsbeamten erwachsenen Schadens, sondern primär
die Einhaltung der Regeln des SchKG und der VZG durch Erfüllung eines vollstre-
ckungsrechtlichen Herausgabeanspruchs. Solange Letzteres möglich ist, kann
dogmatisch von Schaden gar nicht gesprochen werden.
b.
Zur Abgrenzung des vollstreckungsrechtlichen Wegs von jenem der Ver-
antwortlichkeitsklage ist zu ergänzen, dass einem solchermassen übergangenen
Gläubiger der vollstreckungsrechtliche Weg (Begehren ans Betreibungsamt, Auf-
sichtsbeschwerde) nicht nur offen steht. Will er sich nicht der Gefahr aussetzen,
auf dem "Schaden" sitzen zu bleiben, ist er geradezu gezwungen, den vollstre-
ckungsrechtlichen Weg zuerst zu beschreiten. Die in BGE 50 III 73 getroffene
Feststellung, der vollstreckungsrechtlich übergangene Gläubiger brauche sich
nicht auf den Weg der Verantwortlichkeitsklage verweisen zu lassen, greift inso-
weit zu kurz, als ein solcher Gläubiger keine freie Wahl zwischen zwei Rechtsbe-
helfen hat. Unter dem Haftungsaspekt der Schadenminderungspflicht muss er zu-
erst einen offen stehenden Beschwerdeweg beschreiten, denn Schadenersatz auf
der Grundlage von Art. 5 SchKG kommt nur dann beziehungsweise insoweit in
Frage, als der Schaden nicht durch Beschwerde hätte abgewendet werden kön-
nen (Krauskopf, a.a.O., S. 119; im gleichen Sinn Levante, Kurzkommentar SchKG,
a.a.O., N 8 zu Art. 5, u.a. unter Hinwies auf BGE 43 III 313 E. 2 a.E.; Gasser, Bas-
ler Kommentar SchKG I, N 19-21 zu Art. 5 SchKG; Amonn/Walther, a.a.O., § 5 Rz
8).
c.
Gemäss Gasser (a.a.O., N 19-21 zu Art. 5) ist die Beschwerde als primärer
Rechtsschutz und die Verantwortlichkeitsklage nach Art. 5 SchKG als sekundärer
[subsidiärer] Rechtsschutz zu qualifizieren. Der Weg des Primärrechtsschutzes
Seite 15 — 27

soll dort versperrt sein, wo so genannte Realakte des Vollstreckungsorgans wie
zum Beispiel eine Geldüberweisung in Frage stehen. Solche Akte könnten - weil
sie keine Anfechtungsobjekte seien - nicht mit Rechtsmitteln bekämpft werden,
womit diese Möglichkeit der Schadenminderung nicht in Betracht komme. Das
überzeugt insoweit nicht, als der Realakt der Auszahlung zwangsvollstreckungs-
rechtlichen Verwertungserlöses an einen Unberechtigten behördliche Rechtsver-
weigerung gegenüber dem Berechtigten darstellt und Rechtsverweigerung ge-
mäss Art. 17 Abs. 3 SchKG grundsätzlich unbefristet geltend gemacht werden
kann (für den Beschwerdeweg bei Realakten vgl. Jaeger/Walder/Kull/Kottmann,
a.a.O., 4. A., N 11 zu Art. 5, N 6 und 8 zu Art. 12). Die Konstellation des reinen
Realakts ist gegenständlich im Übrigen nicht gegeben, weil es nicht beim fehler-
haften Realakt blieb, sondern das Betreibungsamt Rhäzüns diesen nachträglich
durch die autoritative Anordnung vom 24. Juni 2009 zu legitimieren versucht hat.
Damit ist das Anfechtungsobjekt der Verfügung im Rechtssinne gemäss Art. 17
Abs. 1 SchKG in jedem Fall gegeben, und es kann mittels Herstellung des ord-
nungsgemässen Gangs des Betreibungsverfahrens durch die Aufsichtsbehörde
dafür gesorgt werden, dass ein Schaden (Verhinderung des Zuflusses von Ver-
wertungssubstrat) bei der Betroffenen nicht eintritt.
d. Dass
das
Betreibungsamt realiter wider die Vorschriften des Zwangsvoll-
streckungsrechts über Verwertungserlös verfügt hat, muss die effektiv berechtigte
Betreibungspartei nicht kümmern. Der Staat ist gehalten, die Mittel bereitzustellen,
damit die in Ausübung amtlicher Funktionen einkassierten Gelder auch wirklich
denjenigen Personen zukommen, welche Anspruch darauf haben (BGE 50 III 73,
35 I 482 E. 2, 35 I 786 E. 3, 36 I 790 E. 2/3, bestätigend und präzisierend BGE 44
III 89 E. 1). Die übergangene Beschwerdeführerin kann somit vom Betreibungsamt
"Doppelzahlung" verlangen (vgl. PKG 1975 Nr. 46 E. 3) - und dies ohne sich Ge-
danken darüber zu machen, ob und wie das Betreibungsamt Rhäzüns respektive
der Kreis Rhäzüns als betroffener Betreibungsfiskus sich beim unberechtigten
Empfänger des Verwertungserlöses schadlos halten können (BGE 59 III 184 E. 1,
59 III 209 a.E.). Mit solchen Regressfragen braucht sich auch die Schuldbetrei-
bungs- und Konkurskammer als Aufsichtsbehörde im vorliegenden Beschwerde-
verfahren nicht zu beschäftigen.
4.2. Man mag sich fragen, ob die Beschwerdeführerin in den verschiedenen
Stadien rechtzeitig gehandelt hat und bei der richtigen Behörde die zutreffende
Vorkehr beantragt hat. Das ist zu bejahen. Im Ergebnis ist das Verhalten des Be-
treibungsamtes Rhäzüns rechtlich als seit April 2008 andauernde Rechtsverweige-
Seite 16 — 27

rung - sei es gegenüber der Gläubigerin, sei es gegenüber dem requirierenden
Amt Bremgarten - zu qualifizieren.
a.
Q. kann nicht entgegengehalten werden, sie hätte eine "Verfügung" betref-
fend Auszahlung der gepfändeten Mietzinsen an die Bank X. bereits im Anschluss
an die effektive Ausführung der Zahlung vom April 2008 anfechten müssen. Die
Geltendmachung formeller Rechtsverweigerung und -verzögerung ist nicht fristge-
bunden. Eine Verfügung als Anfechtungsobjekt gemäss Art. 17 Abs. 1 SchKG ist
ein behördlicher Rechtsanwendungsakt, wobei nach zutreffenden Verständnis
seine Kommunikation gegenüber den Betroffenen unverzichtbar dazu gehört. Eine
derartige Verfügung gegenüber Q., welche die Verteilung der Mietzinsen zum Ge-
genstand hatte, haben zunächst weder das Betreibungsamt Rhäzüns noch das
Betreibungsamt Bremgarten erlassen. Die Zahlungsüberweisung der Mietzinsen
vom April 2008 an die Bank X. war keine Verfügung im Rechtssinne und Anfech-
tungsobjekt im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG, sondern ein reiner Realakt (Gas-
ser, a.a.O., N 21 zu Art. 5), welcher im Übrigen von der benachteiligten Gläubige-
rin auch deshalb nicht sogleich hätte angefochten werden können, weil er ihr zu-
nächst nicht kommuniziert wurde. Die Abrechnung der einkassierten Mietzinsen
durch das Betreibungsamt Rhäzüns gegenüber dem Betreibungsamt Bremgarten
vom 24. April 2008 stellte aus der Sicht der Gläubigerin Q. keine Verfügung dar,
weil sie nicht Adressatin war (act. 01.2). Die Abrechnung wurde ihr vom Betrei-
bungsamt Rhäzüns nicht kommuniziert, was aus der Sicht dieses Amtes allerdings
zutreffend war, wurde doch damit primär nur ein Rechtshilfeauftrag des Betrei-
bungsamtes Bremgarten erledigt. Eine Kommunikation des darauf folgenden Pro-
testschreibens des Betreibungsamtes Bremgarten an das Betreibungsamt Rhä-
züns gegenüber Q. unterblieb zunächst, was nicht der Logik entbehrt, da es sich
gemäss zutreffender Ansicht nach wie vor bloss um einen Anstand über die
Rechtshilfe zwischen zwei Betreibungsämtern ging. Aus dem anschliessenden
Schreiben des Betreibungsamtes Bremgarten vom 26. Mai 2008 an die Gläubige-
rin (act. 06.1.5) eine fristgebundene Pflicht der Gläubigerin zum Tätigwerden ge-
gen das Betreibungsamt Bremgarten abzuleiten, ist ebenso wenig angängig. In-
soweit das Schreiben informativen Charakter besass, konnte es kein Anfech-
tungsobjekt darstellen. Als Verfügung über die Anspruchsberechtigung an den
Mietzinsen ist das Schreiben nicht zu qualifizieren, erst recht nicht dahingehend,
dass die Mietzinsen der Bank X. zustehen sollen, liess doch das Betreibungsamt
Bremgarten seine gegenteilige Meinung klar durchblicken. Was den im hiesigen
Verfahren allein strittigen Vollstreckungsanspruch auf Herausgabe der Mietzinsen
anbelangte, war mangels einer sie belastenden Verfügung aus der Sicht der
Seite 17 — 27

Gläubigerin somit in jenem Zeitpunkt keinerlei Veranlassung gegeben, dagegen
vorzugehen. Insoweit das Schreiben des Betreibungsamtes Bremgarten vom 26.
Mai 2008 die Gläubigerin darauf verwies, beim Betreibungsamt Rhäzüns und/oder
bei der bündnerischen Aufsichtsbehörde die richtige Erfüllung der Rechtshilfe zu
erzwingen, war es als zutreffende Verfügung zu qualifizieren (vgl. nachstehende
Erwägung Ziffer 5.b.) und von der Gläubigerin nicht anzufechten. Insoweit die Fra-
ge auf dem Spiel stand, wer Anspruch auf die Mietzinsen habe, konnte der Gläu-
bigerin durch die Verfügung des Betreibungsamtes Bremgarten keine Frist zu lau-
fen beginnen, da das Schreiben einen solchen Anspruch nicht in Abrede stellte.
Allenfalls lief der Gläubigerin eine Frist, beim ersuchten Amt die richtige Erfüllung
der Rechtshilfe zu beantragen. Diese Frist ist eingehalten, nachdem die Gläubige-
rin eine Woche darauf beim Betreibungsamt Rhäzüns entsprechend vorstellig ge-
worden ist (act. 01.5).
b.
Dem Schreiben des Betreibungsamtes Bremgarten vom 26. Mai 2008 an
die Gläubigerin war die falsche Abrechnung des Betreibungsamtes Rhäzüns bei-
gegeben (act. 01.4). Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, damit sei mittel-
bar gegenüber der Gläubigerin eine sie betreffende anfechtbare Verfügung des
Betreibungsamtes Rhäzüns kommuniziert worden, weshalb sie gehalten war, die-
se innert 10 Tagen bei der bündnerischen Aufsichtsbehörde anzufechten. Der Ge-
sichtspunkt kommt vorliegend nicht zum Tragen, weil das Betreibungsamt Rhä-
züns selbst eine entsprechende Beschwer der Gläubigerin aufgehoben hat, indem
es nachgehend gegenüber der Gläubigerin zwei Verfügungen erliess, die als An-
fechtungsobjekte gemäss Art. 17 Abs. 1 SchKG zu qualifizieren sind.
aa.
Mit Schreiben vom 03. Juni 2008 äusserte sich das Betreibungsamt Rhä-
züns erstmals gegenüber der Gläubigerin direkt. Es räumte ein, dass ihm in die-
sem Verfahren ein Fehler unterlaufen sei und gab bekannt, die Bank X. sei bereits
am 02. Mai 2008 aufgefordert worden, den besagten Betrag dem Betreibungsamt
Bremgarten zu überweisen. Damit wurde erstmals eine Verfügung im Rechtssinne
getroffen, dass 1. die Mietzinsen der Pfändungsgläubigerin Q. zustanden (wofür
das Betreibungsamt Rhäzüns nicht zuständig war) und 2. der Rechtshilfeauftrag
gegenüber den Betreibungsamt Bremgarten noch zu erfüllen war (wozu das Be-
treibungsamt Rhäzüns zuständig und verpflichtet war). Anders ist das Schreiben
unter dem Vertrauensprinzip nicht auszulegen. Inhaltlich lautete diese Verfügung
sowohl unter dem Aspekt der Rechtshilfepflicht gegenüber dem Betreibungsamt
Bremgarten als auch unter jenem des eigenen vollstreckungsrechtlichen An-
spruchs auf die Herausgabe der Mietzinse zu Gunsten der Gläubigerin, womit für
sie keine Veranlassung bestand dagegen einzuschreiten. Daran ändert auch der
Seite 18 — 27

Umstand nichts, dass ihr in der Folge allenfalls die Option erwuchs, die bündneri-
sche Aufsichtsbehörde wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung an-
zugehen, weil das Betreibungsamt Rhäzüns mit dem Vollzug der Verfügung (Ü-
berweisung an das Betreibungsamt Bremgarten) säumig blieb.
bb.
In der Folge geschah bis am 25. Juni 2009 nichts, woraus die Gläubigerin
schliessen musste, dass das Betreibungsamt Rhäzüns den am 3. Juni 2008 ein-
genommenen Standpunkt geändert hatte. Das Amt blieb einfach mit dem Vollzug
säumig. Der Grund lag augenscheinlich in seinem krampfhaften Bestreben, sich
zuerst bei der ungerechtfertigten Empfängerin Deckung zu verschaffen. Zwei-
felsohne wäre der Gläubigerin gegen die betreibungsamtliche Weigerung, die Ver-
fügung vom 03. Juni 2008 zu vollziehen, die Rechtsverzögerungs- oder Rechts-
verweigerungsbeschwerde gemäss Art. 17 Abs. 3 SchKG an die Aufsichtsbehörde
offen gestanden. Die Frage, ob die Gläubigerin unter Drohung von Rechtsverlust
diesen Weg beschreiten musste, hat sich indessen durch die weitere Entwicklung
des Verfahrens erledigt. Das Betreibungsamt Rhäzüns traf nämlich am 25. Juni
2009 ausdrücklich eine gegenteilige Verfügung, worin es den vollstreckungsrecht-
lichen Anspruch der Pfändungsgläubigerin auf die Mietzinsen verneinte und die
Erfüllung des Rechtshilfeauftrages im Sinne des Betreibungsamtes Bremgarten
verweigerte. Dies ist die erste Verfügung im Rechtssinne überhaupt, mit welcher
ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf die Mietzinsen verneint und eine be-
stimmte Erfüllung des Rechtshilfeauftrages abgelehnt wird. Dieser Umstand öffne-
te der Gläubigerin auf jeden Fall den Beschwerdeweg gemäss Art. 17 Abs. 1
SchKG. Insoweit ist das Vollstreckungsverfahren nicht abgeschlossen (vgl. Urteil
Bundesgericht 5A_108/2008 vom 23. April 2008), und es steht die Beschwerde
dagegen offen.
c.
Von einer Wiedererwägung der Realhandlung vom 28. April 2008 am 03.
Juni 2008 und/oder am 24. Juni 2009 kann qua definitionem nicht die Rede sein.
Was gegenüber der Gläubigerin nie erwogen und verfügt, das heisst im Sinne ei-
ner autoritativen Anordnung kommuniziert wurde, kann ihr gegenüber nicht als
Wiedererwägung gelten. Wird eine tatsächliche erfolgte Zweckentfremdung von
Verwertungserlös ohne jegliche Begrüssung der Pfändungsgläubigerin durch eine
nachträgliche Verfügung gerechtfertigt, so kann dies keine Wiedererwägung im
technischen Sinne sein. Es gab bis am 03. Juni 2008 keine anfechtbare Verfügung
des Betreibungsamtes Rhäzüns, nur andauernde Rechtsverweigerung durch Un-
tätigkeit. Sich dagegen zu wehren ist nicht fristgebunden. Die Betroffene hat sich
beim Betreibungsamt gewehrt und eine zuerst gutheissende und dann eine ableh-
nende Verfügung von diesem erwirkt. Damit wurde - ihr gegenüber - erstmals am
Seite 19 — 27

03. Juni 2008 eine Verfügung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG getroffen. Von
einer materiellen Wiedererwägung ist demgegenüber im Verhältnis der beiden
Verfügungen des Betreibungsamtes Rhäzüns vom 03. Juni 2008 (positiver Be-
scheid) und 24. Juni 2009 (negativer Bescheid) zu sprechen. Richtig interpretiert
ist der erste Kommunikationsakt des Betreibungsamtes Rhäzüns gegenüber der
Gläubigerin eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG des In-
halts, dass Q. zum einen Anspruch auf die Mietzinsen hat und sodann, dass das
Betreibungsamt Rhäzüns dafür sorgen wird, dass die Gläubigerin zu ihrem Geld
kommt. Man könnte sich mit einiger Veranlassung auf den Standpunkt stellen,
diese Verfügung sei unangefochten in Rechtskraft erwachsen, und das Betrei-
bungsamt Rhäzüns könne darauf nicht ohne weiteres zurückkommen. Die Frage
kann offen bleiben, nachdem die Vorinstanz anschliessend in Gestalt der hier an-
gefochtenen Verfügung vom 24. Juni 2009 materiell abermals gegenteilig wieder-
erwogen hat. Diese erneute Verfügung, mit welcher der Anspruch der Beschwer-
deführerin erstmals überhaupt verneint wurde, stellt ihrerseits ein Anfechtungsob-
jekt im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG dar. Sie ist innert Frist angefochten wor-
den. Der "objektiv vermeidbare Betriebsfehler" kann somit in einem noch laufen-
den Betreibungsverfahren korrigiert werden.
5.a. Der Antrag der Beschwerdeführerin, der ihr vom Betreibungsamt Rhäzüns
vorenthaltene Teil des Verwertungserlöses sei ihr direkt auszubezahlen, mag auf
die Schreiben des Betreibungsamtes Bremgarten vom 08. Mai 2008 (an das Be-
treibungsamt Rhäzüns) und vom 26. Mai 2008 (an die Gläubigerin) zurückzufüh-
ren sein. Am 08. Mai 2008 hat das Betreibungsamt Bremgarten das Betreibungs-
amt Rhäzüns nämlich aufgefordert, ihm den Betrag von Fr. 99'548.25 innert 10
Tagen zu überweisen, widrigenfalls es die Forderung gestützt auf Art. 131 Abs. 1
SchKG der Gläubigerin Q. abtreten werde. Nachdem das ersuchte Betreibungs-
amt der Aufforderung nicht innert gesetzter Frist nachkam, teilte das Betreibungs-
amt Bremgarten der Gläubigerin mit, es sei ihr überlassen, weitere rechtliche
Schritte gegen das Betreibungsamt Rhäzüns einzuleiten.
Von Abtretung oder Forderungsüberweisung ist im Schreiben des Betreibungsam-
tes Bremgarten vom 26. Mai 2008 an die Gläubigerin Q. nicht die Rede, weshalb
darin inhaltlich keine Anordnung gemäss Art. 131 Abs. 1 SchKG zu erblicken ist.
Verfügungsadressat müsste sodann nicht das Betreibungsamt Rhäzüns sondern
die Gläubigerin Q. sein, weshalb sich auch die Ankündigung gegenüber dem Be-
treibungsamt Rhäzüns vom 08. Mai 2008 nicht als Abtretungsverfügung qualifizie-
ren lässt. Ob eine solche Abtretung in Form einer amtlichen Verfügung des Betrei-
bungsamtes Bremgarten - welche nebenbei die Übergabe der Forderungstitel
Seite 20 — 27

(Mietverträge) an die Überweisungsempfängerin erfordert hätte und auf dem amt-
lichen Formular Nr. 33 zu bewerkstelligen gewesen wäre (Amberg, Kurzkommen-
tar SchKG, a.a.O., Art. 131 N 9) - gegenüber der Gläubigerin Q. später erfolgt ist,
ist nicht aktenkundig. Weitere Sachverhaltsabklärungen dazu erübrigen sich. Das
Vorgehen des Betreibungsamtes Bremgarten war im Lichte von Sinn und Zweck
von Art. 131 Abs. 1 SchKG rechtlich untauglich. Eine solche "Abtretung" konnte
aus mehreren Gründen nicht erfolgen. Gemäss Art. 131 Abs. 1 SchKG (Forde-
rungsüberweisung) werden Geldforderungen des Schuldners ohne Markt- oder
Börsenpreis, wenn sämtliche pfändenden Gläubiger es verlangen, entweder der
Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rech-
nung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die
Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuld-
ners ein. Um eine Forderungsabtretung im technischen Sinne handelt es sich da-
bei nicht, sondern zivilrechtlich um eine Legalzession oder Subrogation im Sinne
von Art. 166 OR und zwangsvollstreckungsrechtlich um eine besondere Art der
Verwertung, indem auf eine Versilberung dieses Pfändungsgutes verzichtet wird.
Durch die Forderungsanweisung gehen nämlich die Betreibungen im entspre-
chenden Umfang unter. Die - in der Praxis selten bis nie vorkommende - Forde-
rungsanweisung an Zahlungs Statt im Sinne von Art. 131 Abs. 1 SchKG war ge-
genständlich schon deshalb nicht möglich, weil solche (gepfändeten) Forderungen
im Mai 2008 nicht mehr bestanden. Die Drittschuldner (Mieter) hatten ihre Miet-
zinsschulden gegenüber dem Betreibungsschuldner Z. durch Zahlung an das Be-
treibungsamt Rhäzüns getilgt. Diese Forderungen waren erloschen, weshalb ihre
Anweisung zum Nennwert an Zahlungs Statt nicht mehr möglich war. Die sich im
Besitz des Betreibungsamtes befindlichen Mietzinszahlungen in Form gesetzlicher
Währung sind weder im zivilrechtlichen noch im zwangsvollstreckungsrechtlichen
Sinne Forderungen sondern Verwertungserlös. Die Abtretung von Verwertungser-
lös/Geld ist nicht möglich. Verwertungserlös kann nicht abgetreten, sondern nur
noch im Sinne der vollstreckungsrechtlichen Bestimmungen von Art. 144 ff.
SchKG, Art. 79 ff. VZG verteilt werden. Eine "Forderung" der Gläubigerin Q. gegen
ein Betreibungsamt im Sinne von Art. 131 SchKG bestand nicht, weil das Betrei-
bungsamt nicht Drittschuldner des Betreibungsschuldners Z. ist. Durch die amtli-
che Einheimsung entstand zwischen der Gläubigerin und dem Betreibungsamt
allenfalls ein Quasikontrakt im Sinne einer Treuhand, welcher seiner Natur nach
verfahrensrechtlicher/öffentlich-rechtlicher Natur ist. Darüberhinaus ist festzustel-
len, dass die Zustimmung der Pfändungsgläubigerin Q. zur Forderungsanweisung
fehlte. Mit der Anweisung übernimmt der Angewiesene das Risiko von Bestand
und Bonität der Forderung, weshalb seine Zustimmung zur Anweisung unerläss-
Seite 21 — 27

lich ist. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Hinweis des Betreibungsam-
tes Bremgarten auf die Forderungsüberweisung gemäss Art. 131 Abs. 1 SchKG
verfehlt war.
b.
Mit Blick auf die im Vordergrund stehende Erfüllung der Rechtshilfe, war die
Ankündigung einer Forderungsüberweisung gestützt auf Art. 131 Abs. 1 SchKG,
indessen auch überflüssig. Um die richtige Erfüllung durch der Rechtshilfe zu er-
zwingen, bedurfte es keiner Abtretung von vollstreckungsrechtlichen Ansprüchen.
Mit Schreiben vom 26. Mai 2008 an die Gläubigerin hat sich das Betreibungsamt
Bremgarten der Sache insofern entledigt, als es die Gläubigerin Q. darauf verwies,
es sei ihr überlassen, weitere rechtliche Schritte gegen das Betreibungsamt Rhä-
züns einzuleiten. Soweit sich dies auf den Aspekt der richtigen Erfüllung der
Rechtshilfepflichten bezog, war dies ein zutreffender Standpunkt. Die Rechtshilfe-
pflichten des Betreibungsamtes Rhäzüns bestanden zwar unmittelbar gegenüber
dem Betreibungsamt Bremgarten, mittelbar jedoch gegenüber der betreibenden
Gläubigerin. Das ersuchende Amt ist daher in der Regel nicht legitimiert, gegen
das ersuchte Amt bei dessen Aufsichtsbehörde wegen Verweigerung der Rechts-
hilfe oder falscher Ausführung des Rechtshilfeauftrages Beschwerde gemäss Art.
17 SchKG zu führen (BGE 71 III 75 E. 3; Gasser, a.a.O., N 12 zu Art. 4; Thomas
Boveri, Die Rechtshilfe im Schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht,
Diss. Zürich 1948, S. 25-27; a.A. Isaak Meier, Das Verwaltungsverfahren vor den
Schuldbetreibungs- und Konkursbehörden, Zürich 2002, S. 86 f., unter Hinweis auf
BlSchK 40 (1976) S. 6). Die Gläubigerin hatte sich wohl an das ersuchte Betrei-
bungsamt Rhäzüns und/oder an dessen Aufsichtsbehörde zu wenden, was sie
denn auch tat. Dies führte jedoch nicht zu einer Änderung der Kompetenzen und
Aufgaben unter dem Aspekt der Rechtshilfe. Der Antrag auf Erfüllung der Rechts-
hilfe kann nicht unmittelbar zu Gunsten der Beschwerdeführerin lauten. Der
Rechtshilfeauftrag des Betreibungsamtes Rhäzüns war und ist nach wie vor ge-
genüber dem Betreibungsamt Bremgarten richtig zu erfüllen. Wie bereits andern-
orts festgestellt, blieb das Betreibungsamt Bremgarten unter Rechtshilfeaspekten
federführend. Insbesondere obliegt diesem Amt, die Verteilung des Verwertungs-
erlöses vorzunehmen. Ebenso wäre ein allfälliger Pfändungsverlustschein durch
das Amt am Betreibungsort auszustellen. Ungeachtet der Verlautbarung des Be-
treibungsamtes Bremgarten vom 26. Mai 2008 kommt eine direkte Verteilung
durch das Betreibungsamt Rhäzüns daher nicht in Frage. Dem Betreibungsamt
Rhäzüns ist vielmehr zu befehlen, den umstrittenen Betrag dem Betreibungsamt
Bremgarten zu überweisen, zwecks Verteilung und Abrechnung gegenüber der
Beschwerdeführerin Q..
Seite 22 — 27

6.
Nebst der Auszahlung des Betrages verlangt die Beschwerdeführerin des-
sen Verzinsung mit 5 % seit dem 26. Mai 2008. Das genannte Datum stützt darauf
ab, dass die Pfändungsgläubigerin spätestens ab diesem Zeitpunkt nach vollstre-
ckungsrechtlichen Gesichtspunkten Anspruch auf Ablieferung/Verteilung der ein-
gezogenen Mietzinsen durch das Betreibungsamt Rhäzüns gehabt habe. Dem ist
zuzustimmen. Hinsichtlich der gesetzlichen Anspruchsgrundlage für die von ihr
geforderte Verzinsung schweigt sich die Beschwerdeführerin indessen aus.
a.
Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Betreibungsamt Rhäzüns und Q.
sind öffentlich-rechtlicher Natur. Wie gesehen, liegt kein Fall von Schadenersatz -
sei es öffentlich-rechtlich, sei es privatrechtlich - vor; auch ein Leistungsaus-
tauschverhältnis unter Privaten, das der Möglichkeit unterläge, die Gegenpartei
(hier das Betreibungsamt Rhäzüns) bei Säumnis in Verzug zu setzen (Abmahnung
des Betreibungsamtes Rhäzüns durch die Beschwerdeführerin vom 02. Juni
2008), ist nicht gegeben. Die privatrechtlichen Vorschriften über die Leistung von
Schadenszins (Art. 41 Abs. 1 OR; für die Anwendung der Schadenszinspflicht auf
Entschädigungen nach OHG vgl. Urteil Bundesgericht 1A.203/2004 vom
16.03.2005, E. 4) und Verzugszins (Art. 104 Abs. 1 OR) können daher als solche
nicht zum Tragen kommen können.
b.
Für die Gutheissung des Zinsbegehrens der Beschwerdeführerin bräuchte
es eine Grundlage im Vollstreckungsrecht.
Gemäss Art. 12 Abs. 1 SchKG hat das Betreibungsamt Zahlungen für Rechnung
des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen. Art. 9 SchKG sieht weiter vor,
dass die Betreibungs- und die Konkursämter Geldsummen, Wertpapiere und
Wertsachen, über welche nicht binnen drei Tagen nach ihrem Eingang verfügt
wird, der Depositenanstalt zu übergeben haben, oder, bei kurzzeitiger Hinterle-
gung, auf dem Postkonto zu lagern haben (BGE 98 III 1; Jaeger/Walder/Kull/
Kottmann, a.a.O., 4. A., N 4 zu Art. 9; Möckli, Kurzkommentar SchKG, a.a.O., N 3
zu Art. 9). Es gibt indessen keine gesetzlich verankerte allgemeine Pflicht der
Betreibungsbehörden zur zinsbringenden Deponierung/Anlage von Verwertungs-
erlös (Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, a.a.O., 4. A., N 1 zu Art. 9; a.A. Engler, Bas-
ler Kommentar SchKG I, N 3 zu Art. 24, gestützt auf das Schreiben des Bundes-
gerichts an die oberen kantonalen Aufsichtsbehörden vom 30. August 1972 [=BGE
98 III 1], welches indessen nur das konkursamtliche Rechnungswesen betrifft).
Gemäss Art. 144 Abs. 4 SchKG wird der Reinerlös den beteiligten Gläubigern bis
zur Höhe ihrer Forderungen, einschliesslich des Zinses bis zum Zeitpunkt der letz-
ten Verwertung und der Betreibungskosten (Art. 68), ausgerichtet. Ist die sofortige
Seite 23 — 27

Verteilung des Erlöses aus der Verwertung unabhängig vom Willen der Grund-
pfandgläubiger nicht möglich, so bilden die aus der Anlage dieses Erlöses flies-
senden Zinserträgnisse ein den Grundpfandgläubigern zustehendes Nebenrecht
der Grundpfandforderung (Fritzsche/Walder, a.a.O., § 32 Rz 6 Anm. 9, unter Hin-
weis auf BGE 108 III E. 2 und 3). Analoges dürfte für das auf Pfändungsgläubiger
entfallende Zinsbetreffnis gelten. Effektiv angefallene Zinsen auf Verwertungserlös
müssen den Gläubigern weiter geleitet werden, wenn das Kapital für sie bestimmt
ist (Blumenstein, a.a.O., S. 47 f.; Peter, Basler Kommentar SchKG I, N 9 zu Art. 9;
Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, a.a.O., 4. A., N 5 zu Art. 9). Diese Betrachtungen
zum Umgang der Vollstreckungsbehörden mit eingegangenem Verwertungserlös
helfen vorliegend allerdings nicht weiter, weil sich nicht die Frage stellt, ob die Be-
schwerdeführerin Anspruch auf effektiv angefallenen Zins seit der Deponierung
von Verwertungserlös hat, sondern, ob ihr für die Zeit der Verzögerung eines voll-
streckungsrechtlichen Verteilungsanspruchs auf Kosten des Betreibungsfiskus
trotz fehlender Deponierung ein effektiv nicht angefallener Zins auszurichten ist.
aa.
Eine Regel, wonach das Betreibungsamt unter bestimmten Voraussetzun-
gen zur Leistung von Verzugszinsen an eine Betreibungspartei verpflichtet ist,
kann weder dem SchKG noch dessen Ausführungserlassen entnommen werden.
Auch Praxis und Lehre sehen eine Verpflichtung des Betreibungsamts zur Leis-
tung von Verzugszinsen im Zusammenhang mit dem Arrest- und Pfändungsvoll-
zug nicht vor. Es bestehen denn auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, der
Gesetzgeber hätte die Frage übersehen. Sie ist vielmehr stillschweigend im nega-
tiven Sinn entschieden, indem ein solcher Anspruch grundsätzlich auszuschlies-
sen ist (Entscheid der schaffhausischen Aufsichtsbehörde vom 21. Juli 1995 i.S.
Z., S. 81 ff. E. 4c).
bb.
Wie dargelegt, ist der Hauptanspruch der Beschwerdeführerin auf Heraus-
gabe des Verwertungserlöses seiner Natur nach nicht Ersatz für erlittene Vermö-
genseinbusse (Schaden) sondern ein verfahrensrechtlicher Erfüllungsanspruch in
einer laufenden Zwangsvollstreckung. Ist kein Schaden im rechtstechnischen Sin-
ne entstanden, kann einerseits kein Anspruch auf Schadenszins bestehen. Wäre
der Nebenanspruch auf Zins gleichwohl als Schaden zu qualifizieren, so könnte
die Frage, ob der wegen verspäteter Weiterleitung einkassierter Gelder erlittene
Zinsausfall zu ersetzen ist, nicht von der SchKG-Aufsichtsbehörde im Beschwer-
deverfahren entschieden werden (Entscheid der schaffhausischen Aufsichtsbe-
hörde vom 21. Juli 1995 i.S. Z., S. 81 ff. E. 4d; vgl. auch BGE 118 III 1, E. 2).
Seite 24 — 27

cc.
Was einen allenfalls in Betracht fallenden Verzugszins anbelangt, so liesse
sich dieser höchstens durch eine analoge Anwendung von Art. 104 OR rechtferti-
gen. Ein entsprechender Verzugszins würde jedoch die Fälligkeit der Hauptforde-
rung voraussetzen, wobei hier unter Hauptforderung der vollstreckungsrechtliche
Anspruch gegen das Betreibungsamt auf Herausgabe der verwerteten Mietzinse
zu verstehen wäre. Solange jedoch keine rechtskräftige Verfügung des Betrei-
bungsamtes oder eine rechtskräftige Rechtsmittelentscheidung der Aufsichtsbe-
hörden darüber vorlag, war der vollstreckungsrechtliche Anspruch der Beschwer-
deführerin nicht fällig und das Betreibungsamt Rhäzüns daher verfahrensrechtlich
nicht "im Verzug". Erst mit der Rechtskraft der Sachentscheids in diesem Punkt
wird der vollstreckungsrechtliche Herausgabeanspruch fällig. Dieser Schluss ist
nicht nur rechtlich, sondern auch sachlich geboten. Hätte das Betreibungsamt
nämlich die Mietzinsen bereits früher der Beschwerdeführerin überwiesen, hätte
sie den entsprechenden Betrag von ihr zurückfordern müssen, wenn das hiesige
Verfahren einen anderen Ausgang genommen hätte. Es kann jedoch nicht sein,
dass Verwertungserlös vorzeitig ausgehändigt werden muss, bevor - nötigenfalls
durch die Aufsichtsbehörde(n) - rechtskräftig entschieden ist, wer vollstreckungs-
rechtlich Anspruch auf diese Mittel hat, nur um zu verhindern, allenfalls Verzugs-
zinsen zahlen zu müssen (vgl. dazu Urteile Bundesgericht 2A.707/2005 vom
06.06.2006 E. 4.2, 9C_98/2009 vom 30.06.2009; im Sozialversicherungsrecht zu-
billigend jedoch Urteil Eidgenössisches Versicherungsgericht K.4/2006, E. 4.1,
unter der Voraussetzung, dass der fehlbaren Behörde ein trölerisches, widerrecht-
liches oder schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist, oder wenigstens Umstände
vorliegen, welche als stossend erscheinen und das Rechtsempfinden in besonde-
rer Weise berühren).
dd.
Von der Zusprechung von Schadens- und/oder Verzugszins ist im Speziel-
len aus einem weiteren Grund Abstand zu nehmen. Die anwaltlich vertretene
Gläubigerin ging bereits seit dem 02. Juni 2008 zutreffend davon aus, dass ihr das
Betreibungsamt Rhäzüns das Recht verweigerte (act. 01.5, 01.7). Nichts hat sie
davon abgehalten, sich ungesäumt mit einer Rechtsverweigerungs- und Rechts-
verzögerungsbeschwerde im Sinne von Art. 17 Abs. 3 SchKG an die Aufsichtsbe-
hörde zu wenden. Zumindest unter dem Aspekt des Zeitablaufs und damit zu-
sammenhängend der Verzinsung wäre dies das wirksamere Vorgehen gewesen.
Dannzumal hätte sich ihr vollstreckungsrechtlicher Verteilungsanspruch ohne
nennenswerte Verzögerung bewerkstelligen lassen. Wenn sich die Gläubigerin
stattdessen dafür entschied, die Sache unter dem (nicht Erfolg versprechenden)
Aspekt von Art. 5 f. SchKG zu prüfen und sich mehr als 1 Jahr vom Betreibungs-
Seite 25 — 27

amt Rhäzüns und anderen Behörden hinhalten zu lassen, gereicht ihr dies unter
dem allgemein gültigen Aspekt der Schadenminderungspflicht zum Vorwurf. Folge
davon ist, dass sie auf dem Ausfall an Kapitalertrag während dieser Zeit sitzen
bleibt.
7.
Die Anträge der Beschwerdeführerin und der Vorinstanz, die Aufsichtsbe-
hörde möge eine Entscheidung unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Las-
ten der Gegenseite fällen, ist ohne gesetzliches Fundament. Im Beschwerdever-
fahren nach Art. 17 ff. SchKG dürfen nach ausdrücklicher Vorschrift weder Kosten
erhoben - vorbehältlich mutwilliger und trölerischer Beschwerdeführung (Art. 20a
Abs. 1 Satz 2 SchKG) - noch Verfahrensentschädigungen zugesprochen werden
(Art. 20a Abs. 1 Satz 1 SchKG, Art. 61 Abs. 2 lit. a und Art. 62 Abs. 2 GebV
SchKG in Verbindung mit Art. 26 der kantonalen Vollziehungsverordnung zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, GVV zum SchKG).
Seite 26 — 27

III. Demnach wird erkannt
1.
Die Beschwerde von Q. wird, soweit darauf einzutreten ist, teilweise gutge-
heissen und die angefochtene Verfügung des Betreibungsamtes Rhäzüns
vom 24. Juni 2009 wird aufgehoben.
2.
Das Betreibungsamt Rhäzüns ist angewiesen, in der Betreibung Nr.
20532063 (Req. Nr. 2060050) des Betreibungsamtes Bremgarten den Be-
trag von Fr. 99'548.25 dem Betreibungsamt Bremgarten zwecks Verteilung
zu überweisen.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. c/d des Bundes-
gerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische
Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden. Die Beschwerde ist
dem Bundesgericht schriftlich, innert 10 Tagen seit Eröffnung der vollstän-
digen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorge-
schriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegi-
timation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde
gelten die Art. 29 ff., 72 ff. und Art. 90 ff. BGG.
4. Mitteilung
an:
Seite 27 — 27

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