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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ERZ-09-246: Kantonsgericht Graubünden

Der Beschuldigte wurde des Nichtbeachtens eines Parkverbots schuldig gesprochen und mit einer Busse bestraft, während er vom Vorwurf des Nichtbeachtens eines Teilfahrverbotssignals freigesprochen wurde. Aufgrund von Protokollierungsmängeln im Gerichtsverfahren wird das Urteil des Bezirksgerichts Zürich aufgehoben und zur neuen Hauptverhandlung zurückverwiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.

Urteilsdetails des Kantongerichts ERZ-09-246

Kanton:GR
Fallnummer:ERZ-09-246
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ERZ-09-246 vom 01.12.2009 (GR)
Datum:01.12.2009
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Besitzesschutz
Schlagwörter : Recht; Besitz; Entscheid; Aufwand; Kreispräsidentin; Besitzes; Parzelle; Gesuch; Entschädigung; Besitzesschutz; Stunden; Dienstbarkeitsvertrag; Verfahren; Fahrwegrecht; Fläche; Parkplätze; Kantons; Gesuchs; Parkplatz; Befehl; Parkfläche; Kantonsgericht; Gesuchsgegner; Parkflächen; Markierung; ätzlich
Rechtsnorm:Art. 122 ZPO ;Art. 146 ZPO ;Art. 152 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 737 ZGB ;Art. 919 ZGB ;Art. 928 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ERZ-09-246

Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 01. Dezember 2009
Schriftlich mitgeteilt am:
ERZ 09 246/247
Verfügung
Einzelrichter in Zivilsachen
Vorsitz Präsident
Brunner
Redaktion
Aktuar ad hoc Schaub

In der zivilrechtlichen Beschwerde
des X. und der Y., Gesuchsgegner, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Thomas Audétat, Hartbertstrasse 1, 7001
Chur,
gegen
den Entscheid der Kreispräsidentin A. vom 20. Oktober 2009, mitgeteilt am 20.
Oktober 2009, in Sachen der Z., Gesuchstellerin, Beschwerdegegnerin und Be-
schwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Gian Reto Zinsli,
Werkstrasse 2, 7000 Chur, gegen die Gesuchsgegner, Beschwerdeführer und Be-
schwerdegegner,
betreffend Besitzesschutz,
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A. Z. ist Eigentümerin und Besitzerin der Parzelle _, Grundbuch A., auf
welcher das B. steht. Zugunsten dieser Parzelle ist ein Fussund Fahrwegrecht
auf der Parzelle _ eingetragen. Miteigentümer und Besitzer der Parzelle _ sind X.
und Y.. Das unbeschränkte Fussund Fahrwegrecht besteht gemäss Dienstbar-
keitsvertrag vom 17. Januar 1962 auf einer Breite von 3 m unter Benützung des
bisherigen Trasses. Infolge einer geplanten Anlegung von Parkplätzen auf der
Parzelle _ wurde das Fussund Fahrwegrecht mit einem Vergleich und partiellen
Dienstbarkeitsvertrag vom 28. April 1986 auf die gesamte im einen integrierenden
Bestandteil des Dienstbarkeitsvertrags bildenden Plan gelb eingezeichnete Fläche
erweitert (vgl. ERZ 09 247 act. 01/3). Innerhalb der gelb eingezeichneten Fläche
befindet sich namentlich die Einbzw. Ausfahrt auf die Kantonsstrasse, ein Wen-
deplatz und eine Fahrspur, die mitten durch die Parkreihen hin zur Zufahrt in die
Parzelle _ führt. Die Parkplätze wurden daraufhin gemäss diesem Plan markiert.
B. Am 29. Juli 2009 markierten X. und Y. die bestehenden Parkflächen
neu und zeichneten ausserdem zwei zusätzliche Parkplätze ein. Der eine neue
Parkplatz befand sich dabei auf dem bisherigen Wendeplatz, der andere bergsei-
tig im Westen der Parzelle. Die neu markierten Begrenzungen der bestehenden
Parkflächen ragen um mehrere Zentimeter weiter in die Fahrspur hinein, als dies
bei der Markierung seit 1986 der Fall war.
C. Um diese Umgestaltung der Parkflächeneinteilung auf der Parzelle _
zu beseitigen bzw. wieder den Zustand vor der neuen Markierung der Parkflächen
herzustellen, beantragte Z. beim Kreisamt A. mit einem Gesuch betreffend Besit-
zesschutz vom 31. August 2009, was folgt:
„1. Den Gesuchsgegnern sei unter Androhung der Bestrafung nach Art.
292 StGB zu befehlen, die auf der Parzelle _, Grundbuch A., vorge-
nommenen Parkplatzmarkierungen insoweit rückgängig zu machen,
wie sie das Fuss und Fahrwegrecht zu Gunsten der Parzelle _,
Grundbuch A., gemäss Dienstbarkeitsvertrag vom 28. April 1986 ver-
letzen. Dieser Befehl sei auszusprechen unter Ansetzung einer Frist,
innert der dem Befehl Folge zu leisten ist, und mit der Androhung der
Ersatzvornahme, falls dem Befehl nicht nachgekommen wird.

2. Kommen die Gesuchsgegner dem Befehl gemäss Ziff. 1 nicht nach,
habe das Kreisamt die Ersatzvornahme anzuordnen.
3. Der Amtsbefehl sei superprovisorisch, d.h. ohne vorgängige Anhörung
der Gesuchsgegner zu treffen.
4. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Gesuchsgeg-
ner.“
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D. Am 15. September 2009 nahmen X. und Y. zum Gesuch von Z. Stel-
lung und begehrten Folgendes:
„1. Das Gesuch sei vollumfänglich abzuweisen, da das Fussund Fahr-
wegrecht zu Gunsten der Parzelle _, Grundbuch A., in keiner Weise
beeinträchtigt wird. Durch die neu nachgezeichneten Parkfelder und
Leitlinien in die Nähe des Zugangsweges zur Parzelle _, besteht eine
bessere Klarheit, wo sich die 3.2 bis 3.4 m breite Fahrgasse befindet,
in der sich kein Fahrzeug befinden darf. Auch durch das zusätzlich
eingezeichnete Parkfeld wird der notwendige Wendeplatz in keiner
Weise beeinträchtigt weist dieser doch eine Breite von mind. 3.3 m
aus.

2.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Kläger.“
E. Dem Augenschein mit anschliessender Verhandlung am 18. Septem-
ber 2009 wohnten X. und Y. sowie der Rechtsvertreter von Z., welche sich aus
gesundheitlichen Gründen entschuldigte, bei. Ein Vergleichsversuch scheiterte.
Die Kreispräsidentin erkannte daher mit Entscheid vom 20. Oktober 2009, was
folgt:
„A. Das Gesuch wird gutgeheissen. Die Gesuchsgegner Y. und X. haben
die Parkplatzmarkierung auf dem Wendeplatz sowie die untere Markie-
rungslinie des Parkplatzes bergseits im Westen zu entfernen. Weiter
haben sie die Parkplatzmarkierung an den alten Ort zurück zu verset-
zen. Die Arbeit ist bis am 10. November 2009 auszuführen, ansonsten
sich die Kreispräsidentin gezwungen sieht, eine Ersatzvornahme auf
Kosten von X. und Y. vorzunehmen.

B. Die kreisamtlichen Kosten von Fr. 500.gehen zulasten von X. und Y.,
welche die Gesuchstellerin mit Fr. 1'800.ausseramtlich zu entschädi-
gen haben.

C. Dieser Amtsbefehl ergeht unter Hinweis auf Art. 292 StGB. Demnach
wird, wer der von der zuständigen Behörde einem zuständigen
Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn er-
lassenen Verfügung nicht Folge leistet, mit Busse bestraft.

D. (Rechtsmittelbelehrung).
E. (Mitteilung).“
F.
Gegen diesen Entscheid reichte Z. am 2. November 2009 Beschwerde
(ERZ 09 246) beim Kantonsgericht Graubünden ein. Sie begehrt darin Folgendes:
„1. Ziff. III lit. B des Entscheides des Kreisamtes A. vom 20. Oktober 2009
sei teilweise aufzuheben und es sei der Beschwerdeführerin eine aus-
seramtliche Entschädigung von CHF 4'666.60 (inkl. MWSt) zuzuspre-
chen.

2. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerde-
gegner.“
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Zur Begründung führt sie an, die Vorinstanz habe bei der Berechnung des
anerkannten Aufwands einen Fehler gemacht. Denn bereits 7 Stunden à Fr.
240. würden bei Aufrechnung der Mehrwertsteuer den im Dispositiv zugespro-
chenen Betrag von 1'800. übersteigen. Zudem sei der notwendige Aufwand für
das vorinstanzliche Verfahren höher als die anerkannten 7 Stunden gewesen. Der
in der vorgelegten detaillierten Aufwandzusammenstellung vom 10. Oktober 2009
geltend gemachte Aufwand von 20¼ Stunden sei keineswegs übermässig, son-
dern dem Verfahren angemessen. Z. reicht mit ihrer Beschwerde trotzdem eine
bereinigte Aufwandzusammenstellung ein (ERZ 09 246 act. 01/4), in der sie einen
Aufwand von 17¼ Stunden geltend macht.
Mit Beschwerdeantwort vom 16. November 2009 stellen X. und Y. die
Rechtsbegehren, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen, eventualiter die
Ziff. III lit. B. des angefochtenen Entscheids teilweise aufzuheben und Z. eine aus-
seramtliche Entschädigung von Fr. 2'046. (inkl. MwSt.) zuzusprechen. Sie füh-
ren an, die von Z. verlangte Entschädigung sei in keiner Weise angemessen. Die
Kreispräsidentin sei deshalb nach Prüfung aller Faktoren zu Recht zum Schluss
gekommen, dass ein Aufwand von 7 Stunden dem Verfahren angemessen sei. Ein
Fehler bei der Berechnung der im Entscheid zugestandenen aussergerichtlichen
Entschädigung sei überdies nicht gemacht worden. Vielmehr habe die Kreispräsi-
dentin einen pauschalisierten Betrag zugesprochen, weswegen die Fr. 1'800.
nicht exakt den 7 Stunden Aufwand à Fr. 240. plus Spesen und Mehrwertsteuer
entsprechen müssten.
G. Am 2. November 2009 (Poststempel 3. November 2009) erhoben
auch X. und Y. gegen den Entscheid der Kreispräsidentin A. Beschwerde (_) an
das Kantonsgericht Graubünden. Sie beantragen darin, was folgt:
„1. Der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.
2. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
3. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerde-
gegnerin für beide Instanzen.“
Sie begründen ihre Anträge damit, dass erstens durch die neue Markierung
das Fussund Fahrwegrecht in keiner Art und Weise geschmälert werde, da die-
ses nach wie vor auf eine Breite von 3 m festgelegt sei. Zweitens sei Z. ohnehin
verpflichtet, ihr Recht in möglichst schonender Weise auszuüben, womit sie ein
Hineinragen der neuen Markierung in die im Dienstbarkeitsvertrag vom 10. April
1986 gelb eingetragene Fläche zu dulden habe, zumal dadurch ihre Dienstbarkeit
in keiner Weise erschwert verhindert werde.
Seite 4 — 11

In ihrer Beschwerdeantwort vom 16. November 2009 stellt Z. den Antrag,
die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Sie
führt zur Begründung an, das Fussund Fahrwegrecht beinhalte nach dem
Dienstbarkeitsvertrag von 1986 nicht mehr nur die Freihaltung einer 3 m breiten
Fahrspur, sondern die Freihaltung der gesamten gelb eingezeichneten Fläche.
Rage die Parkplatzmarkierung indessen über diese freizuhaltende Fläche hinaus,
animiere dies dazu, Fahrzeuge ebenfalls so zu parkieren, dass sie eine Durch-
fahrt, insbesondere breiterer Fahrzeuge (z.B. Rettungswagen), behinderten. Wei-
ter könne die Gegenpartei aus Art. 737 Abs. 2 ZGB nichts zu ihren Gunsten ablei-
ten, solange sie ihr Recht ordnungsgemäss ausführe. Die dienstbarkeitsbelastete
Gegenpartei indessen dürfe gemäss Art. 737 Abs. 3 ZGB nichts vornehmen, was
die Ausübung der Dienstbarkeit verhindere erschwere. Genau dies sei jedoch
mit der Vornahme der neuen Markierung geschehen.
Die Kreispräsidentin A. weist mit Schreiben vom 13. November 2009 be-
züglich der Beschwerde von Z. darauf hin, dass sie die vorprozessualen Kosten in
ihrem Entscheid nicht berücksichtigt habe. In der Beschwerde von X. und Y. ver-
zichtet sie auf eine Stellungnahme.
H. Mit Verfügung vom 4. November 2009 wurde der Beschwerde von
X. und Y. (_) die aufschiebende Wirkung gewährt.
Auf die weiteren Ausführungen in den Rechtsschriften sowie im angefoch-
tenen Entscheid wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen ein-
gegangen.
II. Erwägungen
1.a) Art. 146 Abs. 1 Ziff. 1 der Zivilprozessordnung des Kantons Graubün-
den (ZPO; BR 320.000) erklärt das Befehlsverfahren zum Schutz eines bedrohten
Besitzstandes im Sinne von Art. 928 ZGB für zulässig. Gegen Entscheide der
Kreispräsidentin gemäss Art. 145 ff. ZPO kann beim Einzelrichter in Zivilsachen
des Kantonsgerichts Graubünden Beschwerde erhoben werden, wobei für das
Beschwerdeverfahren die Vorschriften von Art. 152 ZPO anzuwenden sind. Die
Beschwerde ist innert 10 Tagen seit der Mitteilung einzureichen (Art. 152 Abs. 1
ZPO). Da vorliegend beide Beschwerden fristgerecht eingereicht wurden und im
Übrigen den Formerfordernissen entsprechen, kann auf sie eingetreten werden.
b)
Beim bundesrechtlichen Besitzesschutz handelt es sich um einen ma-
teriellrechtlichen Anspruch. Die Regelung des Verfahrens ist jedoch dem kantona-
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len Recht überlassen. Der bündnerische Zivilprozess sieht für den Besitzesschutz
ausschliesslich das summarische Befehlsverfahren vor (Art. 137 Ziff. 14 ZPO). Da
mit dem Amtsbefehl ein abschliessender possessorischer Entscheid ergeht, sind
im Besitzesschutzverfahren alle erheblichen Beweise zuzulassen (vgl. PKG 2001
Nr. 39 E. 4.a und b mit Hinweisen; Stark, Berner Kommentar zum schweizerischen
Privatrecht, Band IV.3.1., 3. Aufl., Bern 2001, N. 106 Vor. Art. 926-929 ZGB). In
Besitzesschutzangelegenheiten ist grundsätzlich der volle Beweis für die rechtser-
heblichen Tatsachen zu erbringen. Die Verletzung privatrechtlicher Gesetzesbe-
stimmungen privater Ansprüche ist nachzuweisen.
c) In Art. 152 ZPO wird offen gelassen, ob dem Einzelrichter im Be-
schwerdeverfahren eine volle Kognition nur eine beschränkte Prüfungsbe-
fugnis zusteht. Die Bezeichnung des Rechtsmittels als Beschwerde lässt eher auf
das Letztere schliessen. Die Möglichkeit, von Amtes wegen Beweise erheben zu
können (Art. 152 Abs. 3 ZPO), spricht hingegen klar für eine umfassende Kogniti-
on. Von der Sache her ist eine Überprüfung auf Angemessenheit auch angezeigt,
da es bei der Kostenund Entschädigungsfolge häufig um Ermessensfragen geht
und das Rechtsmittel an praktischer Bedeutung verlieren würde, wenn der Einzel-
richter nur bei Missbrauch des Ermessens und offensichtlich falscher Feststellung
des Sachverhalts einschreiten könnte. Damit ist dem Einzelrichter im Beschwer-
deverfahren gemäss Art. 152 ZPO volle Kognition zuzuerkennen. Er ist weder in
rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht an den Entscheid der Vorinstanz gebun-
den (PKG 2001 Nr. 39 E. 2.c S. 164; vgl. den Entscheid des Kantonsgerichtsprä-
sidiums Graubünden PZ 08 26 vom 5. März 2008 E. 2).
2. X. und Y. beantragen in ihrer Beschwerdeschrift vom 2. November
2009 die Durchführung eines Augenscheins auf der Parzelle _ in A. (vgl. act. 01
Ziff. VI.C). Ein solcher erübrigt sich jedoch. Die tatsächliche Situation lässt sich
vorliegend in ausreichendem Masse den eingereichten Fotos und Unterlagen ent-
nehmen. Abgesehen davon führte bereits die Kreispräsidentin einen Augenschein
durch. Auf ihre Feststellungen zu den Gegebenheiten vor Ort kann ohne Weiteres
abgestellt werden. Von der Durchführung eines erneuten Augenscheins durch den
Einzelrichter in Zivilsachen kann daher abgesehen werden, womit gleichzeitig ge-
sagt ist, dass der Antrag abgewiesen wird.
3. Das Begehren von Z. wurde teilweise schon im Verfahren vor der
Kreispräsidentin anerkannt und offenbar schon vollzogen. So wurde die Markie-
rung der beanstandeten neuen Parkplätze auf dem Wendeplatz und bergseitig im
Westen bereits vor dem Entscheid der Kreispräsidentin wieder entfernt. Dieser
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bereits erfüllte Teil der gerügten Besitzesstörung kann trotz betreffender Rechts-
begehren in der Beschwerde von X. und Y. nicht mehr Gegenstand des Be-
schwerdeverfahrens sein. Zu beurteilen verbleiben somit die geforderte Zurück-
versetzung der veränderten Parkflächenmarkierungen und die beanstandete Kos-
tenzuteilung im kreisamtlichen Verfahren.
4.
X. und Y. machen geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht angeord-
net, die Parkplatzmarkierung sei an den alten Ort zurückzuversetzen, so wie sie
das Fussund Fahrwegrecht zugunsten der Parzelle _ vorsehe. Sie vergessen
dabei, dass sie sich in einem Besitzesschutzverfahren befinden:
a) Der Besitzesschutz bezweckt die Erhaltung der tatsächlichen Besitz-
verhältnisse und damit der Parteirollenverteilung in den vom Besitzesschutzver-
fahren gänzlich zu trennenden Prozess um das Recht (Stark, a.a.O., N. 2a zu Vor.
Art. 926-929 ZGB; PKG 2003 Nr. 38 E. 4.a S. 202). Gemäss Art. 919 ZGB ist jener
der Besitzer einer Sache, welcher die tatsächliche Gewalt über sie inne hat. Dem
Sachbesitz wird bei Grunddienstbarkeiten und -lasten die tatsächliche Ausübung
des Rechts gleichgestellt. Bei Grunddienstbarkeiten, die mit Sachbesitz verbunden
sind, ist das Besitzesrecht ohnehin anwendbar. Wo Sachbesitz fehlt, kommt es für
die Anwendung des Besitzesrechts auf die tatsächliche Ausübung des Rechts an
(Rechtsbesitz; vgl. Stark, a.a.O., N. 75 ff. zu Art. 919 ZGB; Stark/Ernst, Basler
Kommentar, Zivilgesetzbuch II, 3. Aufl., Basel 2007, N. 47 ff. zu Art. 919 ZGB).
Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört, so kann die Besitzende ge-
gen die Störenden Klage erheben, auch wenn diese ein Recht zu haben behaup-
ten. Die Klage geht auf Beseitigung und zukünftige Unterlassung der Störung so-
wie Schadenersatz (Art. 928 Abs. 1 und 2 ZGB). Besitzesstörung ist jede über-
mässige Beeinträchtigung der tatsächlichen Herrschaft über die Sache. In Frage
kommt namentlich eine Verunmöglichung der bisherigen Ausübung eine Ver-
änderung der bisherigen Ausübungsmöglichkeit einer Grunddienstbarkeit, an wel-
cher ein Rechtsbesitz besteht. Diesfalls liegt eine Störung des Rechtsbesitzes des
aus der Grunddienstbarkeit Berechtigten vor (Stark, a.a.O., N. 24 zu Art. 928
ZGB). Es ist dabei zu beachten, dass im raschen und summarischen Befehlsver-
fahren nur klar und unzweifelhaft ausgewiesene Ansprüche durchgesetzt werden
können (vgl. Art. 146 Abs. 2 ZPO; PKG 2001 Nr. 39 E. 4.c). Die Ansprüche brau-
chen sich zwar nicht schon aus dem Wortlaut der Dienstbarkeit zu ergeben. Es
reicht aus, wenn sie erst durch Auslegung nach bewährter Lehre und Überliefe-
rung gewonnen werden können. Wenn ein Anspruch aber auch durch Auslegung
nicht restlos eindeutig belegt werden kann, ist er abzuweisen. Der Ansprecher hat
sich dann an den ordentlichen Zivilrichter zu wenden (vgl. PKG 2001 Nr. 39).
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b)
Vorliegend haben die Parteien die Dienstbarkeit von 1986 umgesetzt,
indem sie die Parkplätze auf der Parzelle _ so markiert haben, wie sie auf dem
integralen Plan des Dienstbarkeitsvertrags eingezeichnet waren. Die Parkplätze
liessen in dieser Anordnung den gelb umrandeten Bereich unangetastet. Über vie-
le Jahre hinweg wurde die Dienstbarkeit in diesem Ausmass (Einfahrt/Wende-
platz/Zufahrt) in zumindest stillschweigender Übereinkunft genutzt. Die derartige
tatsächliche Ausübung der Dienstbarkeit stellt somit den zu schützenden (Rechts-)
Besitz dar. Als X. und Y. die Veränderungen an den Markierungen der Parkplätze
vornahmen, zeichneten sie diese so ein, dass sie in den gelb eingezeichneten Be-
reich des Dienstbarkeitsvertrags von 1986 hinein ragen. Diese Ausdehnung der
Parkfläche ist ohne Zweifel dazu geeignet, Parkierende dazu zu veranlassen, ihr
Fahrzeug so abzustellen, dass sich Teile davon in der Fläche des ab dem Jahr
1986 gelebten Fussund Fahrwegrechts befinden. Die Berechtigte muss dies
nicht dulden. Vielmehr ist die Anordnung der Kreispräsidentin zu Recht erfolgt. So
hat diese mit ihrem Entscheid nichts anderes gemacht, als angeordnet, dass der
ab 1986 während Jahren geduldete und anerkannte Zustand wieder hergestellt
wird. Die von X. und Y. in der Beschwerde verwendeten (anderweitigen) Ver-
tragsauslegungen spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Sie sind im Be-
fehlsverfahren nicht zu hören, zumal die über Jahre gehandhabte Umsetzung des
Dienstbarkeitsvertrags von 1986 keinesfalls offensichtlich gegen den massgebli-
chen Vertragsinhalt verstösst. Namentlich muss etwa aus der nicht zentimeterge-
nauen Bezeichnung der Fahrspur zwischen den Parkplätzen aus Art. 3 des
Dienstbarkeitsvertrages von 1986 nicht zwingend folgen, eine 3 m breite Fahrspur
genüge den Anforderungen. Auf der anderen Seite haben die Parteien das Fahr-
und Fusswegrecht damals mit dem beigelegten Plan auf die gesamte gelb umran-
dete Fläche ausgedehnt. Es ist mithin nichts zweifelsfrei Schlüssiges zugunsten
einer der Parteien aus dem Vertragstext abzuleiten. Da im Besitzesschutzverfah-
ren aber auf den nachgewiesenen Besitz abzustellen ist, das heisst darauf, dass
das Fussund Fahrwegrecht bislang auf der ganzen im Dienstbarkeitsvertrag von
1986 gelb eingerahmten Fläche genutzt und geduldet wurde, diese Rechtsaus-
übung nicht ohne Weiteres gegen die Umschreibung der Dienstbarkeit verstösst
und die konkret geplante Einschränkung dieses Rechts durch die Neumarkierung
der Parkflächen eine Störung des bisherigen Besitzes darstellt, erweist sich das
Begehren um Besitzesschutz von Z. als gerechtfertigt. Die Beschwerde von X. und
Y. (_) wird abgewiesen. Da die von der Kreispräsidentin im angefochtenen Amts-
befehl angesetzte Frist zur Wiederherstellung des früheren Zustands in der Zwi-
schenzeit abgelaufen ist, ist im Dispositiv dieser Verfügung von Amtes wegen eine
neue Vollzugsfrist anzusetzen.
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5. Wird die Beschwerde von X. und Y. abgewiesen, ist zusätzlich über
die angefochtene Kostenverteilung der Vorinstanz zu befinden. In Erwägung D
des angefochtenen Entscheids anerkannte die Kreispräsidentin zur Berechnung
der Entschädigung einen anwaltlichen Aufwand von 7 Stunden mit einem Stun-
denansatz von Fr. 240. (= Fr. 1'680.) zuzüglich Mehrwertsteuer und Baraus-
lagen. Im Dispositiv (lit. B) sprach sie der obsiegenden Gesuchstellerin eine aus-
sergerichtliche Entschädigung von Fr. 1'800. zu. Das Begehren von Z. lautete
im kreisamtlichen Verfahren hingegen auf eine aussergerichtliche Entschädigung
von Fr. 5'467.70; gestützt auf die im Beschwerdeverfahren eingereichte, bereinigte
Honorarnote nunmehr auf Fr. 4'666.60 inkl. Mehrwertsteuer (= 17¼ h anwaltlicher
Aufwand à Fr. 240. zzgl. Fr. 197. Spesen).
a)
Die Kostenzuteilung im Verfahren vor der Kreispräsidentin hat gemäss
den Regeln von Art. 122 ZPO zu erfolgen. Nach Art. 122 Abs. 2 ZPO sind der ob-
siegenden Partei die für eine sorgfältige Rechtsvertretung notwendigen Kosten
zuzusprechen. Es ist bei der Berechung des Aufwandes von der Arbeitskraft bzw.
der Leistung eines erfahrenen Rechtsanwaltes auszugehen. Grundsätzlich zu ent-
schädigen ist, neben einem allfälligen Aufwand für die Teilnahme an der Vermitt-
lungsverhandlung, namentlich auch derjenige für Abklärungen zur Rechtsund
Sachlage, für die nötigen Instruktionsgespräche mit der Mandantschaft sowie für
Korrespondenz (vgl. das Urteil des Kantonsgerichts ZB 07 9 vom 24. April 2007 E.
3. S. 8 f.). Da der urteilende Richter aufgrund der konkreten Umstände des Einzel-
falles zu entscheiden hat, kommt ihm bei der Abgrenzung zwischen entschädi-
gungspflichtigen und nicht entschädigungspflichtigen Aufwendungen ein gewisses
Ermessen zu. Er hat diesbezüglich eine individuelle Würdigung - unter Berück-
sichtigung insbesondere der Schwierigkeit der sich stellenden Rechtsfragen und
der mit dem Fall verbundenen Verantwortung vorzunehmen (vgl. PKG 1977 Nr.
24 S. 90; ZB 07 9 E. 3. S. 9).
b) Der Rechtsvertreter von Z., Rechtsanwalt Gian Reto Zinsli, macht in
seiner bereinigten Honorarforderung vom 2. November 2009 (ERZ 09 246 act.
01/4) drei Hauptpositionen geltend: Eine Besprechung mit Z. vor Ort am 6. August
2009 mit 2.5 h Aufwand, die Ausarbeitung des Gesuchs betreffend Besitzesschutz
mit 5 h Aufwand (21. bis 31. August 2009) und die Verhandlung vor der Kreisprä-
sidentin in A. mit 3 h Aufwand. Diese Auflistung ist nicht zu beanstanden. Für eine
Besichtigung vor Ort mit Besprechung inklusive Fahrt von Chur nach A. retour sind
2.5 Stunden angemessen. Ebenso verhält es sich mit dem für die Verhandlung vor
der Kreispräsidentin aufgeführten Aufwand, zumal dafür, dass die Verhandlung
einschliesslich Vorbereitung und Fahrt allenfalls weniger lange gedauert hätte,
Seite 9 — 11

kein Anhaltspunkt besteht. Da sich Rechtsanwalt Zinsli in seinem achtseitigen Ge-
such mit 19 Beilagen sowohl mit tatsächlichen als auch mit rechtlichen Gegeben-
heiten auseinander zu setzen hatte, besteht schliesslich auch kein Anlass, die da-
für geltend gemachten 5 Stunden Aufwand als übermässig zu qualifizieren. Bereits
mit diesen Hauptpositionen von 10.5 Stunden überschreitet die Honorarnote den
von der Kreispräsidentin angenommenen Aufwand. Zu den Hauptpositionen hinzu
kommen mandatsübliche Tätigkeiten wie Telefonate, Schreiben, Aktenstudium,
Beschaffung von Unterlagen etc. Ein Gesamtaufwand von 17¼ Stunden erweist
sich nach dem Gesagten nicht als derart unangemessen, dass sich eine Kürzung
rechtfertigen würde. Gleichsam nicht zu beanstanden sind die Barauslagen in der
Höhe von Fr. 197. und die Aufrechnung der Mehrwertsteuer. Die Beschwerde
von Z. (ERZ 09 246) ist somit gutzuheissen, was dazu führt, dass X. und Y. Z. für
das kreisamtliche Verfahren mit Fr. 4'666.60 (inkl. MwSt.) aussergerichtlich zu
entschädigen haben.
6. In beiden Beschwerden obsiegt Z. vollumfänglich. Bei diesem Aus-
gang gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'500. Gerichtsge-
bühr und Fr. 192. Schreibgebühr, ingesamt Fr. 1’692., zulasten von X. und Y.,
welche Z. für das Beschwerdeverfahren zudem aussergerichtlich mit Fr. 1'800.
(inkl. MwSt.) zu entschädigen haben (Art. 122 Abs. 1 und 2 ZPO).
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III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Beschwerde von X. und Y. (_) wird abgewiesen. Von Amtes wegen wird
ihnen eine neue Frist bis am 15. Februar 2009 zum Vollzug des Amtsbe-
fehls angesetzt.
2.
Die Beschwerde von Z. (ERZ 09 246) wird gutgeheissen und lit. B zweiter
Teilsatz des Dispositivs des angefochtenen Entscheids aufgehoben.
3.
X. und Y. haben Z. für das kreisamtliche Verfahren mit Fr. 4'666.60 (inkl.
MwSt.) aussergerichtlich zu entschädigen.
4.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'500. Gerichtsgebühr
und Fr. 192. Schreibgebühr, ingesamt Fr. 1’692., gehen zulasten von
X. und Y., welche Z. für das Beschwerdeverfahren zusätzlich aussergericht-
lich mit Fr. 1'800. (inkl. MwSt.) zu entschädigen haben.
5.
Gegen diese, einen Streitwert von weniger als 30'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 2 lit. a des Bundesge-
richtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische
Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden, wenn sich eine Rechts-
frage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Andernfalls ist die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG gegeben. In beiden Fäl-
len ist das Rechtsmittel dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit
Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss
Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit,
die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfah-
ren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff., 90 ff. und 113 ff. BGG.
6. Mitteilung
an:
Seite 11 — 11

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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