Ein Beschwerdeführer hat gegen die Ablehnungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden bezüglich diverser Delikte Beschwerde eingelegt. Er behauptet, in seiner Kindheit misshandelt worden zu sein und fordert eine hohe Geldsumme als Entschädigung. Die Staatsanwaltschaft lehnte eine Strafuntersuchung ab, da die behaupteten Straftaten verjährt seien und keine Beweise dafür vorlägen. Das Kantonsgericht von Graubünden wies die Beschwerde ab und entschied, dass die Kosten des Verfahrens vom Kanton Graubünden getragen werden.
Urteilsdetails des Kantongerichts BK-08-46
Kanton: | GR |
Fallnummer: | BK-08-46 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 26.11.2008 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | diverser Delikte |
Schlagwörter : | Staatsanwaltschaft; Graubünden; Verjährung; Kantons; Kantonsgericht; Bundesgericht; Ablehnungsverfügung; Akten; Taten; Montag; Recht; Entscheid; Urteil; Beschwerdekammer; Klasse; Verfügung; Eröffnung; Dienst; Abholfrist; Bundesgerichts; Handlungen; Schweizerische; Anhaltspunkte; Vizepräsident; Aktuarin |
Rechtsnorm: | Art. 101 StGB ;Art. 160 StPO ;Art. 65 StPO ;Art. 97 StGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Liver, Zürcher Sachenrecht, Art. 738 ZGB, 1980 |
Entscheid des Kantongerichts BK-08-46
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 26. November 2008/rj
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 08 46
(Auf die gegen dieses Urteil beim Bundesgericht erhobene Beschwerde ist mit
Urteil vom 03. Februar 2009 nicht eingetreten worden).
Entscheid
Beschwerdekammer
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen Rehli und Hubert
Aktuarin Duff
Walser
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In der strafrechtlichen Beschwerde
des F., Beschwerdeführer,
gegen
die Ablehnungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 19. Sep-
tember 2008, mitgeteilt am 22. September 2008, in Sachen des Beschwerde-
führers gegen U n b e k a n n t ,
betreffend diverser Delikte,
hat die Beschwerdekammer nach Prüfung der Beschwerde vom 20. Oktober
2008 und der Akten sowie in Erwägung,
2
- dass F. am 14. August 2008 bei der Staatsanwaltschaft Graubünden Straf-
anzeige gegen Unbekannt stellte und vorbrachte, er sei in seiner Kindheit
gefoltert worden,
- dass er konkret im Wesentlichen ausführte, es sei ihm mit neun Jahren ein
Spezialunterricht vom Facharzt verordnet, jedoch nie durchgeführt worden,
- dass ihm sein Klassenlehrer (N.) gesagt habe, Legasthenieunterricht sei
reiner Blödsinn,
- dass er von seinem späteren Klassenlehrer (G.) unter Druck gesetzt worden
sei und dieser ihn für sein Schweigen bestraft und vor der ganzen Klasse lä-
cherlich gemacht habe,
- dass eines Morgens die Sozialbeamtin K. mit einer Verfügung vor dem Haus
gestanden und ihn, ohne ihn zu informieren, gezwungen habe, mit ihr zu
gehen,
- dass er in ein Beobachtungsheim in H. verbracht und ihm dort eröffnet wor-
den sei, er müsse hier bleiben und dürfe keinen Kontakt mit der Familie ha-
ben,
- dass es in dieser Situation zu einem Suizid-(Versuch) seinerseits gekom-
men sei,
- dass er nach der Rückkehr nach D. nie eine Therapie erhalten habe, obwohl
es schon damals Schulpsychologen gegeben habe,
- dass er in D. eine Hilfsschule habe besuchen müssen, obwohl zum zweiten
Mal festgestellt worden sei, dass er Spezialunterricht benötige,
- dass er in den von ihm geschilderten Vorkommnissen die Verletzung ver-
schiedener Bestimmungen der Bundesverfassung rügt und beantragt, die
Beschwerdegegnerin sei zu einer Zahlung von Fr. 19'440'000.00 zu verurtei-
len,
- dass die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Untersuchung die Akten der
Vormundschaftsbehörde D. beizog,
- dass sie hierauf mit Verfügung vom 19. September 2008 die Eröffnung einer
Strafuntersuchung ablehnte,
- dass sie zur Begründung anführte, die von F. geltend gemachten „Strafta-
ten“ würden Entscheide der Vormundschaftsbehörde D.(in Zusammenarbeit
mit den Sozialdiensten und den Schulbehörden der Gemeinde D. sowie dem
3
schulpsychologischen Dienst Graubünden) aus den Jahren 1975 bis 1977
betreffen,
- dass aus den beigezogenen Akten nichts hervorgehe, was auf die Erfüllung
von Straftatbeständen hinweisen würde,
- dass abgesehen davon die geltend gemachten Straftaten gemäss Art. 97
und 98 StGB verjährt seien,
- dass F. gegen diese Ablehnungsverfügung am 20. Oktober 2008 Beschwer-
de an das Kantonsgericht von Graubünden erhoben hat und geltend macht,
entgegen der Staatsanwaltschaft sei die Verjährung nicht eingetreten, da es
bei Kindern unter 16 Jahren keine Verjährung gebe und die Taten immer
noch akut seien,
- dass die Staatsanwaltschaft in ihrer Vernehmlassung vom 23. Oktober 2008
die Abweisung der Beschwerde beantragt, welche offensichtlich nach Ablauf
der Beschwerdefrist eingereicht worden sei,
- dass F. nach Kenntnisnahme dieser Vernehmlassung dem Kantonsgericht
am 28. Oktober 2008 unaufgefordert eine Stellungnahme zukommen liess,
in der er die Nichteinhaltung der Beschwerdefrist bestreitet und zudem er-
neut vorträgt, eine Verjährung sei in mehreren Punkten verfassungswidrig,
- dass gemäss Art. 138/139 StPO gegen Verfügungen des Staatsanwaltes
innert 20 Tagen, seit der Betroffene davon Kenntnis erhalten hat, Be-
schwerde beim Kantonsgericht erhoben werden kann,
- dass die vorliegende Ablehnungsverfügung vom 19. September 2008 F. am
Montag, 22. September 2008 mitgeteilt worden ist,
- dass gemäss Sendungsinformation der Post die Zustellung der Ablehnungs-
verfügung an F. am Montag, 29. September 2008, über den Postschalter er-
folgte,
- dass die Abholungsaufforderung der Post an F. aufgrund der am Montag,
22. September 2008, erfolgten Mitteilung der Ablehnungsverfügung durch
die Staatsanwaltschaft frühestens am Dienstag, 23. September 2008, mög-
lich war,
- dass die siebentägige Abholfrist somit frühestens am Dienstag, 23. Septem-
ber 2008, zu laufen begann und demzufolge am Montag, 29. September
2008, endete,
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- dass F. demnach die Ablehnungsverfügung am letzten Tag der Abholfrist
entgegennahm, womit sie an diesem Tag als zugestellt gilt (vgl. Urteil des
Bundesgerichts 1P.264/2000 vom 30.08.2000, E. 2a/aa),
- dass der letzte Tag der Abholfrist zugleich den Beginn der Rechtsmittelfrist
markiert (vgl. vorerwähntes Bundesgerichtsurteil, E. 2b),
- dass die vorliegende Rechtsmittelfrist von 20 Tagen somit am Samstag, 18.
Oktober 2008 bzw. in Anwendung von Art. 65 Abs. 4 StPO am Montag, 20.
Oktober 2008, endete,
- dass F. seine Beschwerde am 20. Oktober 2008 der Post übergab und er
damit entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft die 20-tätige Be-
schwerdefrist eingehalten hat,
- dass auf die Beschwerde somit einzutreten ist,
- dass für die Frage nach dem Vorliegen von strafbaren Handlungen entge-
gen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht die Schweizerische Bun-
desverfassung, sondern das Schweizerische Strafgesetzbuch massgebend
ist,
- dass sich nach den zutreffenden Feststellungen der Staatsanwaltschaft aus
den beigezogenen Akten keine Anhaltspunkte für strafbare Handlungen
durch die vom Beschwerdeführer genannten Behörden und Personen erge-
ben,
- dass die Staatsanwaltschaft daher zu Recht schon allein aus diesem Grund
die Eröffnung einer Strafuntersuchung abgelehnt hat,
- dass abgesehen davon nach den Erwägungen der Staatsanwaltschaft die
geltend gemachten Straftaten gemäss Art. 97 und 98 StGB bereits verjährt
wären,
- dass sich die Frage der Verjährung vorliegend nicht stellt, nachdem fest-
steht, dass keine Anhaltspunkte für strafbare Handlungen seitens der be-
zichtigten Behörden und Personen vorliegen,
- dass die Frage der Verjährung in der Beschwerde einen breiten Raum ein-
nimmt und daher trotzdem kurz darauf eingegangen wird,
- dass die Unverjährbarkeit von Straftaten einzig auf Völkermord, Kriegsver-
brechen und bestimmte qualifizierte Akte des Terrorismus Anwendung findet
(Art. 101 StGB; Trechsel/Jean-Richard, StGB PK, Art. 101 N. 1-4),
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- dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Straftaten offensichtlich nicht
unter Art. 101 StGB fallen und damit der Verjährung unterliegen,
- dass insbesondere aus dem Umstand, wonach der Beschwerdeführer ge-
mäss seinen Darlegungen an den Folgen der ihm gegenüber in den Jahren
1975 bis 1978 (und nicht wie von der Staatsanwaltschaft festgestellt bis
1977) verfügten Massnahmen und Anordnungen bis heute leidet, nicht folgt,
bei den damaligen Amtshandlungen, sofern sie strafbar wären, handle es
sich um bis heute anhaltende Dauerdelikte,
- dass die Staatsanwaltschaft im Übrigen unter Hinweis auf die Fristen der
Verfolgungsverjährung gemäss Art. 97 und 98 StGB zur Recht erkannt hat,
dass die geltend gemachten Straftaten, wozu aufgrund der Akten allerdings
keine Anhaltspunkte bestünden, bereits verjährt wären,
- dass sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist und daher abzu-
weisen ist,
- dass die Kosten des Rechtsmittelverfahrens grundsätzlich dem Unterliegen-
den zu überbinden sind (Art. 160 Abs. 1 StPO), dass es vorliegend jedoch
angezeigt erscheint, davon in Anwendung von Art. 160 Abs. 2 StPO abzu-
sehen und die Verfahrenskosten auf die Staatskasse zu nehmen,
6
erkennt :
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens gehen zu Lasten des Kantons
Graubünden.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 des Bundesgerichtsge-
setzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bun-
desgericht geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, innert
30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung
in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für
die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Vorausset-
zungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff.
und 90 ff. BGG.
4. Mitteilung
an:
__
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin:
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