Die Beschuldigte wurde wegen einer Verkehrsregelverletzung verurteilt und zu einer Geldstrafe von 40 CHF verurteilt. Die Gerichtskosten wurden auf 600 CHF festgesetzt. Das Stadtrichteramt Zürich hat die Verfahrenskosten in Höhe von 471 CHF der Beschuldigten auferlegt. Die Beschuldigte hat Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich eingelegt, aber das Gericht bestätigte das Urteil und wies die Berufung ab. Der Richter in diesem Fall war Dr. F. Bollinger.
Urteilsdetails des Kantongerichts BK-07-47
Kanton: | GR |
Fallnummer: | BK-07-47 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 12.12.2007 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | C.: fahrlässige Körperverletzung |
Schlagwörter : | Baustelle; Signal; Fahrbahn; Strasse; Strassen; Körper; Gefahr; Graubünden; Unfall; Erfolg; Recht; Signalisation; Geschwindigkeit; Gefahren; Körperverletzung; „unebene; Fahrbahn“; Beschwerdeführers; Entscheid; Untersuchung; Staatsanwalt; Einstellung; Beschwerdekammer |
Rechtsnorm: | Art. 125 StGB ;Art. 138 StPO ;Art. 139 StPO ;Art. 4 SVG ;Art. 75 StPO ; |
Referenz BGE: | 116 IV 182; 116 IV 306; 125 IV 195; 130 IV 7; |
Kommentar: | - |
Entscheid des Kantongerichts BK-07-47
Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni
_____
Ref.:
Chur, 12. Dezember 2007
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 07 47
Entscheid
Beschwerdekammer
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen Rehli und Hubert
Aktuarin Thöny
——————
In der strafrechtlichen Beschwerde
des X., Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Kurt Rusch,
Postfach 68, Neudorfstrasse 59, 7430 Thusis,
gegen
die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 23. August
2007, mitgeteilt am 28. August 2007,
betreffend C.: fahrlässige Körperverletzung
zum Nachteil von X.,
hat sich ergeben:
2
A.
Am 17. Januar 2007 um ca. 15.00 Uhr fuhr X. mit seinem Fahrrad
im vorderen Feld einer grösseren Fahrradgruppe von A. kommend über die B.-
Strasse in Richtung C.. Auf einem rund 270 m langen geraden Streckenab-
schnitt zwischen dem Tunnel D. II und dem Tunnel D. I waren die Gefahrensig-
nale „Baustelle“ und „unebene Fahrbahn“ angebracht worden. Diese Signale
befanden sich 42.5 m vor einer ca. 3 cm tiefen Ausfräsung des Asphalts am
rechten Strassenrand. Als X. in der Folge mit rund 35 km/h über den aufgrund
der Ausfräsung entstandenen stufenförmigen Absatz fuhr, nahm er einen leich-
ten Schlag wahr. Nach rund 17 m Fahrt auf dem ausgefrästen Strassenbelag
fuhr er am Ende der Baustelle wieder über den dort rechtwinklig zur Fahrbahn
stehenden und rund 3 cm hohen Absatz. Dabei verlor er infolge eines starken
Schlages auf das Vorderrad nach ein paar Metern Fahrt die Beherrschung über
sein Fahrrad und stürzte mit dem Kopf voran auf die Fahrbahn, wo er regungs-
los liegen blieb. X. zog sich bei diesem Sturz ein Schädelhirntrauma, einen
Bruch am rechten Ellbogen, diverse Rissquetschwunden, eine Kontusion am
rechten Auge sowie Schürfwunden am ganzen Körper zu, was einen 12-tägigen
Spitalaufenthalt erforderlich machte. Am 20. Juni 2007 stellte X. bei der Kan-
tonspolizei Graubünden Strafantrag gegen die verantwortliche Person der
Strassenbauunternehmung F. AG wegen fahrlässiger Körperverletzung.
B.
Am 5. Juli 2007 eröffnete die Staatsanwaltschaft Graubünden eine
Strafuntersuchung mit dem Betreff C.: Fahrlässige Körperverletzung vom 17.
Juni 2007 zum Nachteil von X.. Mit der Durchführung der Untersuchung wurde
das Untersuchungsrichteramt C. beauftragt.
C.
Mit Verfügung vom 23. August 2007, mitgeteilt am 28. August
2007, stellte die Staatsanwaltschaft Graubünden die Strafuntersuchung wegen
fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil von X. ein. Die Kosten der Strafun-
tersuchung wurden auf die Staatskasse genommen.
D.
Gegen diese Einstellungsverfügung liess X. am 20. September
2007 bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden Be-
schwerde erheben, wobei er die folgenden Anträge stellte:
„1. Die angefochtene Einstellungsverfügung sei aufzuheben.
2.
Unter gesetzlicher Kostenund Entschädigungsfolge.“
E.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden beantragte in ihrer Vernehm-
lassung vom 12. Oktober 2007 unter Hinweis auf die Akten und die Ausführun-
3
gen in der angefochtenen Einstellungsverfügung die kostenfällige Abweisung
der Beschwerde.
F.
Auf die Begründung der Anträge und die Ausführungen im ange-
fochtenen Entscheid wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägun-
gen eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung :
1.
Gemäss Art. 138 StPO kann gegen vom Staatsanwalt genehmigte
Amtshandlungen von Untersuchungsorganen bei der Beschwerdekammer des
Kantonsgerichts Beschwerde geführt werden. Zur Beschwerdeführung ist be-
rechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid berührt ist und ein schutzwür-
diges Interesse an seiner Aufhebung Änderung geltend macht. Die Be-
schwerde ist innert 20 Tagen, seit der Betroffene vom angefochtenen Entscheid
Kenntnis erhalten hat, schriftlich einzureichen.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden stellte die wegen fahrlässiger Kör-
perverletzung eröffnete Strafuntersuchung mit Verfügung vom 23. August 2007
ein. Als Direktgeschädigter ist X. durch die angefochtene Einstellungsverfügung
beschwert und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung. Somit ist
er zur Beschwerdeführung legitimiert. Eventualiter beantragt er sinngemäss die
Durchführung einer Strafuntersuchung gegen den verantwortlichen Strassenpo-
lier wegen Verletzung mehrerer Bestimmungen der Signalisationsverordnung
(SSV; SR 741.21). Ob X. auch in diesem Punkt ein Rechtsschutzinteresse auf-
weist und damit beschwerdelegitimiert ist, ist gegebenenfalls nach Beurteilung
des Hauptantrages und unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Erwägun-
gen zu entscheiden.
2.
Die Kognition der Beschwerdekammer bei der strafrechtlichen Be-
schwerde bezieht sich gemäss Gesetz auf Rechtswidrigkeit und Unangemes-
senheit (Art. 138 StPO). Eine Einstellungsverfügung ist nur angemessen und
hält der umschriebenen Kontrolle stand, wenn aufgrund des Untersuchungser-
gebnisses nicht genügend Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafund ver-
folgbaren Handlung gegeben sind und somit bei gerichtlicher Beurteilung ein
Freispruch erwartet werden müsste, und wenn keine neuen Beweismittel er-
sichtlich sind, die das Beweisergebnis massgeblich beeinflussen könnten. Auf-
zuheben ist eine Einstellungsverfügung hingegen, wenn in objektiver und sub-
jektiver Hinsicht genügend Anhaltspunkte vorliegen, die einen Schuldspruch als
4
wahrscheinlich erscheinen lassen, wenn die Möglichkeiten nicht ausge-
schöpft wurden (PKG 1995 Nr. 45, S. 156 sowie Padrutt, Kommentar zur StPO,
des Kantons Graubünden, Chur 1996, S. 347 und S. 164).
3.
In seiner Beschwerdeschrift vom 20. September 2007 beantragt
der Beschwerdeführer zunächst die Durchführung eines Augenscheins an der
Unfallstelle und auf einer Baustelle mit gleichen Belagsausfräsungen, wie sie an
der Unfallstelle vorhanden gewesen seien.
a)
Gemäss Art. 75 Abs. 1 StPO hat die Strafuntersuchung den
Zweck, den Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht abzuklären, den
Täter zu ermitteln sowie dessen Persönlichkeit und Verhältnisse zu erforschen.
Dabei sind alle wesentlichen Beweis zu erheben und sowohl für die Schuld als
auch für die Unschuld des Angeschuldigten in Betracht fallenden Feststellungen
zu machen. Fristund formgerecht angebotene Beweise sind abzunehmen, so
weit sie sich auf für die Entscheidung erhebliche, feststellungsbedürftige Tatsa-
chen beziehen und sie nicht von vornherein als ungeeignet erscheinen, die
Kenntnis der betreffenden Tatsachen zu vermitteln. Das bedeutet indessen
nicht, dass sämtliche angebotenen Beweise erhoben werden müssen. Wenn
der Richter in Würdigung aller Umstände zur Überzeugung gelangt, dass die
angerufenen Beweise zu keinem anderen Ergebnis als dem bereits ermittelten
führen, kann er auf deren Erhebung verzichten (vgl. Padrutt, a.a.O., S. 255;
Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Ba-
sel 2005, § 55 N. 7 ff.)
b)
Im Rahmen der Strafuntersuchung wurden sowohl der Beschwer-
deführer selbst wie auch der zuständige Polier E., welcher für die Signalisation
der fraglichen Baustelle verantwortlich war, zum Vorfall einvernommen. Des
Weiteren wurde durch die Kantonspolizei Graubünden eine ausführliche Foto-
dokumentation erstellt, welche zum einen den Strassenverlauf und zum ande-
ren die Belagsausfräsungen, welche zum Unfall von X. führten, aus verschie-
denen Perspektiven zeigt. Auch wurde eine Unfallskizze angefertigt, aus wel-
cher sich die genauen Abstände zwischen Signalisation und Baustelle entneh-
men lassen. Mit anderen Worten sind die örtlichen Verhältnisse in den vorhan-
denen Akten bereits hinreichend dokumentiert, weshalb weder eine Besichti-
gung der Unfallstelle noch ein Augenschein an einer anderen Baustelle mit ähn-
lichen Belagsausfräsungen zu neuen Erkenntnissen führen würde. Der Beweis-
antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung eines Augenscheins ist daher
abzulehnen.
5
4. Die
Staatsanwaltschaft
stellte
die Strafuntersuchung mit der Be-
gründung ein, der stufenförmige Absatz der Ausfräsung, durch welchen X. ei-
nen starken Schlag auf das Vorderrad erhielt, sei ohne weiteres erkennbar ge-
wesen. Es habe sich somit nicht um ein atypisches heimtückisches Hin-
dernis, sondern um eine erkennbare Eigenart der Fahrbahn gehandelt. Dass
am Ende der Ausfräsung wiederum mit einem Absatz zu rechnen war, musste
X. spätestens dann bewusst geworden sein, als er über den ersten Absatz ge-
fahren sei. Zudem sei er auch noch ausdrücklich durch Warntafeln auf diese
Gefahr hingewiesen worden. Es habe somit von ihm erwartet werden dürfen,
dass er den Strassenverlauf vor sich beobachten und auf Sicht fahren würde.
Habe es sich bei diesen Absätzen damit nicht um eine atypische Gefahr ge-
handelt und seien die Strassenbenutzer zudem gewarnt worden, seien seitens
der Strassenbauunternehmung keine weiteren Massnahmen, insbesondere
keine Geschwindigkeitsbegrenzung, wie sie der Verunfallte geltend mache, er-
forderlich gewesen. Daran ändere auch nicht, dass die Gefahrensignale nur
rund 42.5 m vor der Baustelle und sehr weit rechts aufgestellt worden seien.
Bereits aufgrund dieser Signale sei für einen Strassenbenützer nämlich eine
langsame Fahrt angezeigt gewesen. X. sei mit einer Geschwindigkeit über die
Baustelle gefahren, welche es ihm nicht erlaubt habe, sofort anzuhalten. Damit
liege ein Fehlverhalten vor, das er selbst verantworten müsse und die Folgen
des eingegangenen Risikos strafrechtlich nicht den für die Baustellensicherung
Verantwortlichen zur Last gelegt werden könne.
Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, die fragliche Baustelle sei
nicht vorschriftsgemäss signalisiert gewesen. Zum einen hätte sie, zumal sie
nach einer unübersichtlichen Rechtskurve folgte, unbedingt vor dieser Kurve
vorsignalisiert werden müssen. Zum andern hätte zum Baustellensignal nicht
zusätzlich das Signal „unebene Fahrbahn“ verwendet werden dürfen, da zwei
Signale mehr Aufmerksamkeit erfordern würden, was die Reaktionszeit vermin-
dere und die Strassenbenützer zu falschen Schlussfolgerungen in Bezug auf
die Gefährlichkeit einer Baustelle verleite. Der für die Baustellensignalisation
verantwortliche Baupolier hätte somit zumindest wegen Widerhandlung gegen
Art. 3, 6, 9 und 80 SSV in Verbindung mit Art. 114 Abs. 2 SSV bestraft werden
müssen. Jedoch habe er sich auch der fahrlässigen Körperverletzung gemäss
Art. 125 Abs. 1 StGB schuldig gemacht, da er gegen die Bestimmungen des
SSV verstossen und damit seine Sorgfaltspflicht verletzt habe. Die von ihm ge-
fahrene Geschwindigkeit von ca. 35 km/h sei aufgrund der Strassenund Sicht-
verhältnisse ohne weiteres angemessen gewesen.
6
5. Einer
fahrlässigen
Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 1 StGB
macht sich schuldig, wer fahrlässig einen Menschen am Körper an der
Gesundheit schädigt. Fahrlässig begeht jemand eine Tat, wenn diese darauf
zurückzuführen ist, dass der Täter die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidri-
ger Unvorsichtigkeit nicht bedacht darauf nicht Rücksicht genommen hat.
Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung setzt somit voraus, dass
der Täter den Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat.
Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat
aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit be-
wirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und
müssen und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten
hat (BGE 130 IV 7 E. 3.2 S. 10). Ein fahrlässiges Erfolgsdelikt kann auch durch
Unterlassen verübt werden. Voraussetzung dafür ist eine Rechtspflicht zur Vor-
nahme der unterlassenen Handlung (Garantenstellung) und die Möglichkeit,
diese Handlung vorzunehmen. Die Garantenstellung wird insbesondere durch
die Verantwortlichkeit für die Sicherung Überwachung von bestimmten
Gefahrenquellen begründet. Der (hypothetische) Kausalzusammenhang zwi-
schen Unterlassung und Erfolg ist dann anzunehmen, wenn bei Vornahme der
gebotenen Handlung der Erfolg mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit
nicht eingetreten wäre (vgl. BGE 116 IV 182 E. 4 S. 185 f. mit Hinweisen; PKG
1993 Nr. 36 mit Hinweisen).
a) Bei
der
Bestimmung
des im Einzelfall zugrunde zu legenden Mas-
sstabs des sorgfaltsgemässen Verhaltens kann auf Verordnungen zurückgegrif-
fen werden, die der Unfallverhütung und der Sicherheit im Strassenverkehr die-
nen. Für Baustellen im Bereich öffentlicher Strassen ist insbesondere auf die
Verordnung über die Strassensignalisation (SSV; SR 741.21) zu verweisen (vgl.
BGE 116 IV 306 E. 1a S. 308 mit Hinweisen). Gemäss Art. 4 Abs. 1 SVG sind
Verkehrshindernisse ausreichend kenntlich zu machen. Dabei werden Gefah-
rensignale angeordnet, wo der ortsunkundige Führer eine Gefahr nicht zu
spät erkennen kann (Art. 3 Abs. 2 SSV). Baustellen auf und unmittelbar neben
der Fahrbahn sind gemäss Art. 80 Abs. 1 SSV mit dem Signal „Baustelle“ (1.14)
anzukündigen. Dieses Signal warnt vor Arbeiten auf der Fahrbahn (z.B. Bau-,
Vermessungs-, Markierungsarbeiten) und den damit verbundenen Hindernissen
(z.B. Materialablagerungen, offene Schächte), Unebenheiten und Verengungen
der Fahrbahn (Art. 9 Abs. 1 SSV). Dabei ist zu beachten, dass das Signal aus-
serorts 150 - 250 m vor der Gefahrenstelle anzubringen ist. Kann diese Regel
7
nicht eingehalten werden, wird die Entfernung auf einer „Distanztafel“ (5.01)
vermerkt (Art. 3 Abs. 3 lit. b SSV).
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Ausfräsung des Asphalts
vorschriftsgemäss mit dem Signal „Baustelle“ gekennzeichnet wurde. Dieses
Signal wurde 42.55m vor der Baustelle aufgestellt. Auf den unzureichenden
Abstand angesprochen, führte der zuständige Polier E. in seiner polizeilichen
Einvernahme vom 18. Juni 2007 (act. 8) aus, sie hätten die Tafeln nach der
Kurve aufgestellt, damit sich die Signalisation und die Baustelle auf der gleichen
Geraden befanden. Dies schien sicherer zu sein. Anlässlich der untersuchungs-
richterlichen Befragung vom 15. August 2007 (act. 12) gab er zudem zu Proto-
koll, dass er bei Einhaltung der vorgeschriebenen Abstände die Signalisation im
Tunnel D. II hätte aufstellen müssen, was von den Verkehrsteilnehmern weni-
ger beachtet worden wäre. Er habe daher beschlossen, diese Tafeln auf dem
geraden Streckenabschnitt zwischen den Tunnels D. I und D. II aufzustellen, da
es für jedermann sichtbar gewesen sei und sich somit diese Tafeln auf demsel-
ben geraden Streckenabschnitt wie die Baustelle befunden hätten. Neben dem
Signal „Baustelle“ wurde zusätzlich das Signal „unebene Fahrbahn“ (1.06) ver-
wendet. Dieses warnt gemäss Art. 6 Abs. 1 SSV vor Unebenheiten (z.B. Auf-
wölbungen, Senkungen) der Fahrbahn, bei denen das Fahrzeug gefährliche
Schläge erleiden die Fahrbahnhaftung verlieren könnte. Zwar hält Art. 6
Abs. 2 SSV fest, dass dieses Signal grundsätzlich nicht vor gekennzeichneten
Baustellen verwendet wird. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen,
dass die Gefährlichkeit der Belagsausfräsung wie sich am Unfall von X. zeigt -
insbesondere in den durch die Ausfräsung entstandenen Absätzen besteht.
Auch wenn die quer zur Fahrbahn stehenden Absätze wie auf den Fotos der
Kantonspolizei Graubünden (act. 3 und 4) ersichtlich ist und durch den Polier
(act. 12) bestätigt wurde, abgerundet wurden, entstehen dadurch zwangsläufig
Höhenunterschiede, welche zu Schlägen auf das Fahrzeug führen können. Ge-
rade vor solchen Gefahren soll das Signal „unebene Fahrbahn“ definitionsge-
mäss warnen, während das Signal „Baustelle“ wie vorstehend ausgeführt wur-
de allgemein vor Arbeiten auf der Fahrbahn warnt. Insofern besteht zwischen
den beiden verwendeten Gefahrentafeln kein Widerspruch; vielmehr diente das
Schild „unebene Fahrbahn“ zur Konkretisierung des zu erwartenden Verkehrs-
hindernisses. Auch führte der Polier in diesem Zusammenhang aus (act. 12)
dass es für solche Gefahren keine anderen Signale ausser das verwendete
Signal „unebene Fahrbahn“ gäbe. Ob aufgrund der unzureichenden Distanz
zwischen Signalisation und Baustelle und der Art der Signalisation dennoch
8
eine Sorgfaltspflichtverletzung seitens des zuständigen Poliers vorliegt, kann
aber wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen werden offen gelassen wer-
den, da eine solche für den Unfall von X. nicht kausal gewesen wäre.
b)
Nach der Rechtsprechung ist ein (pflichtwidriges) Verhalten im na-
türlichen Sinne kausal, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass
auch der eingetretene Erfolg entfiele; dieses Verhalten braucht nicht alleinige
unmittelbare Ursache des Erfolgs zu sein. Mit dieser „conditio sine qua
non-Formel“ wird ein hypothetischer Kausalverlauf untersucht und dabei ge-
prüft, was beim Weglassen bestimmter Tatsachen geschehen wäre. Ein sol-
chermassen vermuteter natürlicher Kausalverlauf lässt sich nicht mit Gewissheit
beweisen, weshalb es genügt, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit
einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete. Um hypothetische Kausali-
tät geht es auch bei der Unterlassung. Zwischen dieser und dem Erfolg besteht
dann ein Kausalzusammenhang, wenn bei der Vornahme der gebotenen Hand-
lung der Erfolg mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten
wäre. Die blosse Möglichkeit des Nichteintritts des Erfolgs bei Vornahme der
gebotenen Handlung reicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs nicht aus
(BGE 116 IV 306 E. 2a S. 310 mit Hinweisen, bestätigt in BGE 125 IV 195 E. 2b
S. 197). Für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs ist hier somit die Fra-
ge entscheidend, ob X. mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gestürzt wäre, wenn
die Baustelle ordnungsgemäss signalisiert gewesen wäre.
ba)
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, es habe die vorgeschriebe-
ne Vorsignalisierung der Baustelle gefehlt. Da sich die Baustelle in seiner Fahrt-
richtung nach einer unübersichtlichen Kurve befunden habe, hätte sie unbedingt
vor dieser Kurve vorsignalisiert werden müssen. Wie bereits ausgeführt wurde,
ist im vorliegenden Fall unbestritten, dass die Distanz zwischen Signalisation
und Baustelle nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprach. Jedoch steht auf-
grund der Aussagen von X. anlässlich der polizeilichen Einvernahme (act. 9)
fest, dass dieser beim Vorbeifahren die Gefahrensignale wahrgenommen und
auch erkannt hat. Unter Berücksichtigung der von ihm gefahrenen Geschwin-
digkeit von rund 35 km/h und der Distanz zur Gefahrenstelle von 42.55m ver-
blieb ihm somit noch ausreichend Zeit, um auf die Warnung reagieren und um
entsprechende Vorsichtsmassnahmen ergreifen zu können. Aus den Aussagen
des Beschwerdeführers geht denn auch nicht hervor, dass er nicht genügend
Zeit gehabt hätte, um beispielsweise seine Geschwindigkeit zu reduzieren. In-
wiefern eine Platzierung der Gefahrensignale im Bereich vor der fraglichen
9
Rechtskurve unter diesen Umständen einen Einfluss auf das Fahrverhalten von
X. gehabt haben sollte, ist nicht erkennbar. Mit anderen Worten war die unge-
nügende Distanz zwischen Signalisation und Baustelle im vorliegenden Fall
nicht ursächlich für den Unfall des Beschwerdeführers. Besteht zwischen der
Unterlassung und dem eingetretenen Erfolg somit kein Kausalzusammenhang,
so fehlt es bereits an einer Tatbestandsvoraussetzung der fahrlässigen Körper-
verletzung, weshalb ein Schuldspruch mit dieser Begründung ausser Betracht
fallen würde.
bb)
Des Weiteren wendet der Beschwerdeführer ein, die Baustelle
hätte nicht zusätzlich mit dem Signal „unebene Fahrbahn“ signalisiert werden
dürfen. Zwei Signale würden mehr Aufmerksamkeit erfordern, was die Reakti-
onszeit vermindere und Strassenbenützer zu falschen Schlussfolgerungen in
Bezug auf die Gefährlichkeit einer Baustelle verleite. Er sei aufgrund der Be-
schilderung davon ausgegangen, dass im Bereich der nachfolgenden Baustelle
eine lang gezogene Bodenwelle vorhanden sei. Wie bereits ausgeführt wurde,
hätte die Asphaltausfräsung im vorliegenden Fall grundsätzlich nur mit dem
Signal „Baustelle“ versehen werden müssen. Insoweit ist der Argumentation
des Beschwerdeführers zu folgen. Dass ihn die zusätzliche Verwendung des
Signals „unebene Fahrbahn“ jedoch zu einer falschen Annahme hinsichtlich der
Gefährlichkeit des Hindernisses verleitet habe, ist hingegen nicht nachvollzieh-
bar. So warnt das Signal „unebene Fahrbahn“ definitionsgemäss nicht vor lang
gezogenen Bodenwellen, welche auch mit unverminderter Geschwindigkeit be-
fahren werden können, sondern vielmehr vor Unebenheiten, bei denen das
Fahrzeug gefährliche Schläge erleiden die Fahrbahnhaftung verlieren
könnte (Art. 6 Abs. 1 SSV) und deshalb eine besondere Aufmerksamkeit erfor-
dern. Der Beschwerdeführer durfte somit nicht davon ausgehen, dass im Be-
reich der nachfolgenden Baustelle lediglich eine lang gezogene Bodenwelle
vorhanden sei, welche keinerlei Vorsichtsmassnahmen erforderlich machen
würde. Vielmehr wäre unter diesen Umständen erst recht eine Reduktion der
Geschwindigkeit angebracht gewesen, um die drohenden Schläge besser ab-
fangen zu können. Trotzdem ist X. anderes geht aus den Akten nicht hervor
und wird auch seitens des Beschwerdeführers nicht geltend gemacht mit un-
verminderter Geschwindigkeit weitergefahren. Auch nach Befahren des ersten
Absatzes reduzierte er seine Geschwindigkeit nicht, obwohl er damit rechnen
musste, dass am Ende der Belagsausfräsung wieder ein Absatz auf die unver-
sehrte Fahrbahn zurückführen würde. Spätestens in diesem Zeitpunkt hätte er
die Geschwindigkeit den Verhältnissen einerseits und seinen Fahrfähigkeiten
10
andererseits anpassen müssen. Hierzu bedurfte es wie die Staatsanwaltschaft
zu Recht einwendet auch keiner zusätzlichen Geschwindigkeitsbegrenzung,
da X. als Radfahrer die signalisierte Höchstgeschwindigkeit ohnehin nicht er-
reicht hätte. Der Unfall ist somit nicht auf die möglicherweise fehlerhafte Signa-
lisation, sondern vielmehr auf die fehlende Vorsicht des Beschwerdeführers
zurückzuführen. Andere Sorgfaltspflichtverletzungen seitens des zuständigen
Strassenpoliers sind nicht erkennbar. Eine Anklage wegen fahrlässiger Körper-
verletzung fällt unter diesen Umständen ausser Betracht.
bc)
Nach dem Gesagten steht fest, dass zwar Anhaltspunkte für ein
vorschriftswidriges Verhalten des verantwortlichen Strassenpoliers vorliegen,
dieses jedoch für den Unfall von X. nicht ursächlich war. Die Einstellung der
Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Körperverletzung erfolgte damit aus trifti-
gen Gründen und ist nicht zu beanstanden.
6.
In seiner Beschwerde führt X. aus, der für die Baustellensignalisa-
tion verantwortliche Baupolier hätte zumindest wegen Widerhandlung gegen die
Art. 3, 6, 9 und 80 SSV in Verbindung mit Art. 114 Abs. 2 SSV bestraft werden
müssen. Mit anderen Worten beantragt er im Falle der Bestätigung der Einstel-
lung wegen fahrlässiger Körperverletzung die Durchführung einer Strafuntersu-
chung wegen mehrerer Verletzungen der Signalisationsverordnung. Es ist wie
bereits eingangs des Entscheids ausgeführt wurde zunächst zu prüfen, ob X.
in Bezug auf diesen Antrag überhaupt beschwert ist, dass heisst ein schutzwür-
diges Interesse daran aufweist.
Als schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 139 Abs. 1 StPO gilt
nach konstanter Praxis bloss ein rechtliches Interesse, die Beeinträchtigung der
wirklichen vermeintlichen Rechtstellung des Beschwerdeführers. Ein bloss
faktisches (politisches, wirtschaftliches, etc.) Interesse genügt demzufolge für
die Beschwerdelegitimation nicht. Schutzwürdig sind, wie es das Gesetz bei-
spielhaft und ausdrücklich ausführt, insbesondere die Interessen des Geschä-
digten (PKG 1993 Nr. 41 E. 3b S. 147 mit Hinweisen). Wie die vorstehenden
Erwägungen gezeigt haben, waren die allfälligen Verstösse gegen die Signali-
sationsverordnung nicht ursächlich für den Unfall von X.. Demzufolge kommt
ihm, was diesen Tatbestand betrifft, auch nicht die Stellung eines Direktge-
schädigten zu. Vielmehr ist er lediglich Verzeiger, was ihm nicht ohne weiteres
die Stellung eines Prozessbeteiligten mit prozessualen Mitwirkungsrechten ver-
leiht. Auch der Verzeiger ist nur legitimiert, wenn er direkt geschädigt kos-
tenbelastet ist (Padrutt, a.a.O., S. 354), was aber vorliegend nicht der Fall ist.
11
Auf diesen Punkt der Beschwerde kann somit mangels Rechtsschutzinteresse
nicht eingetreten werden.
7.
Erweist sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegrün-
det, gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens gestützt auf Art. 160 Abs. 1
StPO zu Lasten des Beschwerdeführers.
12
Demnach erkennt die Beschwerdekammer :
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 800.-gehen zu Lasten
des Beschwerdeführers.
3.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 des Bundesgerichtsge-
setzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bun-
desgericht geführt werden. Diese ist dem Bundesgericht schriftlich, innert
30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung
in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für
die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Vorausset-
zungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff.
und 90 ff. BGG.
4. Mitteilung
an:
__
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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