Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 9. Februar 2016 in einem Fall von mehrfachen Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz entschieden. Der Beschuldigte wurde zu einer Geldstrafe und einer Busse verurteilt, wobei ein Teil der Geldstrafe aufgeschoben wurde. Zudem wurden bestimmte Gegenstände eingezogen und zur Vernichtung übergeben. Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten wurde entschädigt. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein, die teilweise erfolgreich war. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt, jedoch aufgrund seiner finanziellen Situation abgeschrieben. Der Beschuldigte wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die vollzogen werden musste. Die Busse war ebenfalls zu bezahlen, andernfalls drohte eine Ersatzfreiheitsstrafe. Der Richter des Obergerichts des Kantons Zürich war Oberrichter lic. iur. Spiess.
Urteilsdetails des Kantongerichts BK-06-51
Kanton: | GR |
Fallnummer: | BK-06-51 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 27.11.2006 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gefährdung durch Tiere |
Schlagwörter : | Hunde; Kreispräsident; Beschwerdegegner; Beweis; Beschwerdekammer; Fotos; Malteser; Rücken; Aussage; Malteserh; Kratzer; Vorfall; Kantons; Collie; Graubünden; Border; Aussagen; Akten; Kantonsgericht; Einstellungsverfügung; Angeschuldigten |
Rechtsnorm: | Art. 138 StPO ;Art. 139 StPO ;Art. 176 StPO ;Art. 18 StPO ;Art. 82 StPO ;Art. 97 StPO ; |
Referenz BGE: | 118 Ia 144; 124 IV 86; |
Kommentar: | Brunner, Gasser, Schwander, Kommentar ZPO, Art. 319 OR ZPO, 2016 |
Entscheid des Kantongerichts BK-06-51
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 27. November 2006
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 06 51
Entscheid
Beschwerdekammer
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
Richter
Vital und Hubert
Aktuar Blöchlinger
——————
In der strafrechtlichen Beschwerde
des X., Beschwerdeführer,
gegen
die Einstellungsverfügung des Kreispräsidenten Disentis vom 12. Oktober
2006, mitgeteilt am 13. Oktober 2006, in Sachen gegen Z., Beschwerdegeg-
ner, und Y., Beschwerdegegnerin,
betreffend Gefährdung durch Tiere,
hat sich ergeben:
2
A.1. Am 16. Juli 2005 spazierte X. gegen 19.30 Uhr mit seiner Ehe-
frau und einem an der Leine geführten Malteserhund auf dem Zufahrtsweg in
A. am Bauernhof von Z. vorbei. Bezüglich des nachfolgenden Geschehens
liegen unterschiedliche Schilderungen vor. Nach Darstellung von X. sollen drei
Border Collies aus der Hundezucht des Ehepaars Z. - Y. auf den Malteser-
hund und anschliessend auf ihn selbst losgegangen sein. Z. und Y. gaben
demgegenüber an, einer ihrer Hunde habe den Hund der Eheleute X. begrüs-
sen wollen. X. habe seinen Malteserhund jedoch vehement an der Leine zu-
rückgezogen und ihn unter den Arm genommen. X. sei daraufhin von seinem
eigenen Hund mit den Krallen am Rücken verletzt worden. Gemäss Arztbe-
richt vom 17. Juli 2005 wies X. drei parallel verlaufende Kratzspuren am Rü-
cken links auf. Zudem wurden das Hemd und die Hose von X. durch Urin ver-
schmutzt.
2.
X. meldete den Vorfall am 20. Juli 2005 der Kantonspolizei
Graubünden und stellte gegen Z. und Y. Strafantrag wegen Körperverletzung,
Sachbeschädigung und ungenügender Verwahrung wilder bösartiger
Tiere.
B.
Mit Kompetenzentscheid vom 14. November 2005 überwies die
Staatsanwaltschaft Graubünden die Strafsache zur Verfolgung im Strafman-
datsverfahren an den Kreispräsidenten Cadi. Als in Betracht fallender Tatbe-
stand wurde Art. 18 StPO (Gefährdung durch Tiere) genannt.
C.1. Mit Verfügung vom 5. Januar 2006, mitgeteilt am 6. Januar 2006,
stellte der Kreispräsident Cadi das Verfahren gegen Z. und Y. wegen des
Verdachts der Gefährdung durch Tiere ein. Zur Begründung führte der Kreis-
präsident im Wesentlichen aus, es sei nicht bewiesen, dass die Hunde der
Angeschuldigten den Anzeigerstatter und dessen Malteserhund angefallen
hätten. Y. und ihr Ehemann hätten übereinstimmend ausgesagt, dass es zu
keinem Angriff der Collies gekommen sei. Diesen Aussagen stehe jene von X.
gegenüber. Dessen Ehefrau sei zur Sache nicht befragt wurden. Es sei jedoch
davon auszugehen, dass sich ihre Aussage mit derjenigen ihres Ehemannes
decken würde. Andere Beweismittel, die zu einer Klärung des Sachverhaltes
führen könnten, seien nicht ersichtlich.
2.
Gegen diesen Entscheid erhob X. am 19. Januar 2006 Be-
schwerde bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts Graubünden mit
3
dem sinngemässen Antrag, die Einstellungsverfügung sei aufzuheben und
das Verfahren gegen Z. und Y. sei fortzuführen.
3.
Mit Entscheid vom 28. März 2006, mitgeteilt am 28. Juni 2006,
hiess die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts die Beschwerde von X.
gut und wies die Strafsache zur Beweisergänzung an den Kreispräsident Cadi
zurück. Zur Begründung führte die Beschwerdekammer im Wesentlichen aus,
nachdem sich in Bezug auf den Vorfall vom 16. Juli 2005 die Aussagen von
Anzeigerstatter und Angeschuldigten diametral gegenüber stünden, müsse
geprüft werden, ob allfällige Sachbeweise aber auch indirekte Beweise als
Indizien Klarheit zu schaffen vermögen. Wesentlich erscheine in diesem Zu-
sammenhang, dass X. Fotos vom Rücken erwähne, die sich nicht bei den Ak-
ten befänden. Aus diesen Bildern könnten sich durchaus zusätzliche Erkennt-
nisse ergeben. Zudem habe sich der Beschwerdeführer im Anschluss an den
Vorfall durch eine Ärztin im Regionalspital und anschliessend möglicherweise
durch seinen Hausarzt behandeln lassen. Auch diese Personen vermöchten
allenfalls sachdienliche Angaben zur Ausgestaltung der Kratzspuren zu ma-
chen. Falls nötig sei auch der Beizug einer sachverständigen Person in Be-
tracht zu ziehen.
D.1. Am 14. Juli 2006 forderte der Kreispräsident Cadi X. auf, die am
fraglichen Tag gemachten Fotos zuzustellen. Am 19. Juli 2006 übergab X.
dem Kreispräsidenten Cadi daraufhin vier Farbfotos.
2.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2006 beauftragte der Kreispräsident
Cadi Dr. med. B., Facharzt für Rechtsmedizin bei der Arbeitsgruppe für Un-
fallmechanik, Zürich, mit der Erstellung einer Expertise. In seinem Gutachten
sollte der Experte sich zur Frage äussern, ob sich aus den auf den Fotos ab-
gebildeten Kratzer Rückschlüsse bezüglich der Verursachung ergäben.
3.
Die von Dr. med. B. unter Beizug von Prof. Dr. med. C., Facharzt
für Rechtsmedizin mit Spezialgebiet Forensische Biomechanik, ausgearbeite-
te Expertise wurde am 11. September 2006 dem Kreisamt Cadi zugestellt.
E.
Mit Verfügung vom 12. Oktober 2006, mitgeteilt am 13. Oktober
2006, stellte der Kreispräsident Cadi das Verfahren erneut ein. Zur Begrün-
dung führte der Kreispräsident im Wesentlichen aus, auch unter Berücksichti-
gung der zusätzlichen Erhebungen ergäben sich bei einer Gesamtwürdigung
4
der Beweislage keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer
strafbaren Handlung.
F.1. Gegen diesen Entscheid erhob X. am 19. Januar 2006 Be-
schwerde bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts Graubünden wie-
derum mit dem sinngemässen Antrag, die Einstellungsverfügung sei aufzuhe-
ben und das Verfahren gegen Z. und Y. sei fortzuführen.
2.
Mit Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums Graubünden vom
31. Oktober 2006 wurden dem Kreispräsident Cadi sowie Y. und Z. Gelegen-
heit eingeräumt, bis zum 21. November 2006 zur Beschwerde Stellung zu
nehmen.
3.
Der Kreispräsident Cadi verzichtete mit Schreiben vom 3. No-
vember 2006 auf die Einreichung einer Vernehmlassung.
4.
In ihrer Stellungnahme vom 14. November 2006, der Post über-
geben am 20. November 2006, beantragten Z. und Y. die Abweisung der Be-
schwerde.
5.
Am 24. November 2006 ging in der Angelegenheit beim Kan-
tonsgerichtspräsidium Graubünden zusätzlich ein Schreiben von D. ein.
6.
Auf die weiteren Ausführungen im angefochten Entscheid und
den Rechtsschriften wird soweit erforderlich - nachstehend eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
Gemäss Art. 176 StPO in Verbindung mit Art. 139 Abs. 2 StPO
kann gegen Untersuchungshandlungen und gegen Ablehnungsund Einstel-
lungsverfügungen des Kreispräsidenten bei der Beschwerdekammer des Kan-
tonsgerichts von Graubünden innert 20 Tagen seit Mitteilung Beschwerde ge-
führt werden. Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde von X.
ist demnach einzutreten.
2.
D. reichte - dies gemäss eigener Aussage im Auftrag von Z. am
22. November 2006 ein Schreiben samt Beilagen betreffend "Beurteilung der
Zuchthunde von Z. und Y." ein. Von ihrem Inhalt her stellen solche im Auftrag
5
einer Partei eingereichten Stellungnahmen Dritter reine Parteivorbringen dar
(vgl. Donatsch/Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons
Zürich, N. 13 ff. zu § 109). Z. erhielt mit Verfügung des Kantonsgerichtspräsi-
diums vom 31. Oktober 2006 Gelegenheit, sich bis zum 21. November 2006
zur Sache zu äussern. Die in seinem Auftrag gemachte Einlage von D., wel-
che vom 22. November 2006 datiert und am 24. November 2006 beim Kan-
tonsgericht einging, ist demnach als verspätetes Parteivorbringen ohne
Kenntnisnahme des Inhalts aus dem Recht zu weisen.
3.
Gemäss Art. 138 StPO kann die Beschwerdekammer angefoch-
tene Einstellungsverfügungen nicht nur auf Rechtswidrigkeit, sondern auch
auf Unangemessenheit überprüfen. Eine Einstellungsverfügung ist dann an-
gemessen und hält der umschriebenen Kontrolle stand, wenn aufgrund des
Untersuchungsergebnisses nicht genügend Anhaltspunkte für das Vorliegen
einer strafund verfolgbaren Handlung gegeben sind und somit bei ge-
richtlicher Beurteilung ein Freispruch erwartet werden müsste, und wenn kei-
ne neuen Beweismittel ersichtlich sind, die das Beweisergebnis massgeblich
beeinflussen könnten (PKG 1975 Nr. 58).
4.
Der Beschwerdeführer wirft den Beschwerdegegnern vor, ihre
Hunde seien am 16. Juli 2005 beim Durchqueren ihres Gehöfts zuerst auf den
von ihm mitgeführten Malteserhund und alsdann auf ihn selbst losgegangen.
Demnach sollen drei Colliehunde mit grossem Gebell von der rechten Seite
dazugesprungen sein. Einer der Hunde hätte den Malteserhund beissen wol-
len, weshalb er - X. - den Hund reflexartig an der Leine hochgezogen und sich
abgedreht habe. Daraufhin seien die Hunde auf seinen Rücken gesprungen.
Die Angeschuldigten hätten die Hunde regelrecht von ihm wegzerren müssen.
Es seien noch weitere Hunde dazugerannt und Y. habe einem dieser Hunde
einen Holzschuh nachgeworfen. Der Hund sei am Kopf getroffen jaulend
davongelaufen. Demgegenüber gab Z. an, nur der Hund E. sei auf das Ehe-
paar X. zugelaufen, um deren Malteserhund zu begrüssen. Ein weiterer Hund
- F. habe sich einige Meter von ihnen entfernt aufgehalten und ein dritter
Hund - G. habe sich vor dem Hauseingang auf dem Hofvorplatz befunden.
X. habe seinen Malteserhund vehement an der Leine zurückgezogen und ihn
unter den Arm genommen. X. und seine Gattin hätten sich sehr hysterisch
und provozierend verhalten. X. sei daraufhin von seinem eigenen, durch diese
Aktion völlig verängstigten Hund mit den Krallen am Rücken verletzt worden.
Ausserdem habe der Malteserhund während des Vorfalls auf den Rücken von
6
X. uriniert. Als er - Z. - die Situation erkannt habe, habe er sofort seinen Hund
E. zurückgepfiffen. Keiner seiner Hunde habe gebellt. Ebenso wenig seien
weitere Hunde hinzugelaufen.
a)
Gemäss Art. 18 Abs. 2 StPO wird mit Busse bestraft, wer einen
Hund auf Menschen Tiere hetzt einen Hund, der unter seiner Auf-
sicht steht, von Angriffen auf Menschen Tiere nicht abhält. Art. 18 Abs. 2
StPO setzt damit in objektiver Hinsicht einen Angriff eines Tiers voraus, den
die für die Aufsicht verantwortliche Person in pflichtwidriger Weise nicht ver-
mieden hat. Wie in der Einstellungsverfügung des Kreispräsidenten Cadi und
letztlich auch schon im ersten Beschwerdeentscheid ausgeführt wurde, lässt
sich aus den Aussagen der Beteiligten keine Überzeugung in die eine
andere Richtung gewinnen. Beide Versionen sind an sich nachvollziehbar und
enthalten keine nennenswerten Widersprüche. In ihrem ersten Beschwerde-
entscheid wies die Beschwerdekammer jedoch darauf hin, dass allenfalls
noch nicht erhobene Beweis weiteren Aufschluss geben könnten. Wesentlich
erscheine in diesem Zusammenhang, dass X. Fotos vom Rücken erwähne,
die sich nicht bei den Akten befänden. Es erscheine durchaus möglich, dass -
wie der Beschwerdeführer behauptet sich die Verletzung bereits anhand der
Fotos einer bestimmten Hundeart zuordnen liessen. Diese Ausführungen er-
folgten aus der Überlegung, dass die Kratzer soweit sie tatsächlich den
Hunden der Beschwerdegegner zugeordnet werden könnten als Indiz den
anderweitig nicht nachweisbaren Angriff im Sinne von Art. 18 Abs. 2 StPO zu
belegen vermöchten, womit ausreichend Anhaltspunkte für das Vorliegen ei-
ner strafund verfolgbaren Handlung gegeben wären.
5.
Der Kreispräsident Cadi hat nach Rückweisung der Sache die im
Entscheid der Beschwerdekammer erwähnten Beweisergänzungen vorge-
nommen. In Würdigung der ergänzten Beweislage gelangte er anschliessend
in seiner zweiten Einstellungsverfügung erneut zur Feststellung, es ergäben
sich keine genügenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafund ver-
folgbaren Handlung. Dieser Auffassung schliesst sich die Beschwerdekammer
wie aus den nachstehenden Erwägungen folgt an.
a)
Der Kreispräsident hat als erstes die vom Beschwerdeführer er-
wähnten Fotos eingeholt. Auf diesen Fotos sind wohl die Kratzer, die nach
Angaben von X. von den Hunden der Beschwerdegegner stammen sollen,
erkennbar. Ohne besondere Kenntnisse schlicht nicht möglich ist es jedoch,
7
anhand des Spurenbildes eine Aussage darüber zu machen, ob diese Kratzer
nun von einem mehreren Border Collies wie der Beschwerdeführer be-
hauptet aber wie die Beschwerdegegner geltend machen vom Mal-
teserhund verursacht wurden. Folgerichtig hat der Kreispräsident denn auch
das im Beschwerdeentscheid für diesen Fall in Betracht zu ziehende Gutach-
ten eingeholt.
b)
In ihrer Expertise vom 4. September 2006 haben sich Prof. Dr.
med. C. und Dr. med. B. unter Berücksichtigung der relevanten Aktenlage
fachgutachterlich mit der Frage, ob sich aus dem Verletzungsbild Rückschlüs-
se auf den dafür verantwortlichen Hund ergeben, befasst. Die Gutachter hiel-
ten fest, dass gemäss den zur Verfügung gestellten Fotos X. links der Len-
denwirbelsäule im Wesentlichen vier Kratzspuren aufgewiesen habe. Auch
rechts der Lendenwirbelsäule seien allerdings weniger stark ausgeprägt -
Kratzer feststellbar. Bezüglich der Entstehung des Spurenbildes links am Rü-
cken sei grundsätzlich auf zwei Möglichkeiten zu schliessen. Davon ausge-
hend, dass Hunde bei einer Auseinandersetzung einander eigentlich zuerst
immer im Kopfbereich angriffen und X. seinen ihm anvertrauten Malteser mit
der Schnauze nach vorne unter den Arm genommen habe, würde so die
Gutachter ein an ihm heraufspringender Hund eher Kratzspuren auf der Kör-
pervorderseite hinterlassen. Ein unter dem (linken) Arm mit der Schnauze
nach vorne gehaltener, kleiner Hund könne mit den Hinterläufen beim Zappeln
und Sich-befreien-Wollen an der Körperhinterseite Hautkratzer im Ausmass
wie fotografiert hinterlassen. Ein Zappeln würde aber eher ungerichtete Kratz-
spuren wie sie auf der rechten Rückenseite erkennbar seien verursachen.
Sei der Malteserhund jedoch mit beiden Armen auf der Körpervorderseite ge-
halten worden, so habe für ihn keine Möglichkeit bestanden, am Rücken Krat-
zer zu hinterlassen. Es sei aber auch gut vorstellbar, dass einer zwei
mittlere Hunde wie Border Collies links am Rücken von X. hochgesprungen
seien und dort die vier von oben nach unten weitgehend einheitlich gerichte-
ten Kratzer hinterlassen hätten. Spezifische Spuren („Passstücke") hätten die
Hundepfoten allerdings nicht hinterlassen, so dass eine präzise Zuordnung a
priori unmöglich sei. Am naheliegendsten erscheine, dass mindestens die
Kratzer rechts am Rücken durch den kleinen Hund verursacht worden seien.
Die vier von oben nach unten weitgehend einheitlich gerichteten Kratzer auf
der linken Rückenseite schienen hingegen eher von einem hochspringenden,
sich mit den Vorderläufen am Rumpf abstützenden, mittelgrossen Hund wie
einem Border Collie abzustammen.
8
c)
Wie aus diesen an sich schlüssigen und überzeugenden gut-
achterlichen Ausführungen folgt, lässt sich die Frage, ob nun ein Teil alle
Kratzer vom Malteserhund aber einem mehreren Border Collies
stammen, nicht eindeutig beantworten. Wohl weisen die Experten auf die be-
sondere Ausprägung der Kratzer links hin und halten fest, dass sie daher eher
glauben, dass sie von einem Border Collie stammten. Die Experten äusserten
damit jedoch nur eine Vermutung, die für die Version des Beschwerdeführers
spricht. Eine Vermutung, dass es sich so abgespielt haben könnte, reicht in-
des für eine Verurteilung nicht aus. An den Beweis der zur Last gelegten Tat
sind hohe Anforderungen zu stellen. Verlangt wird deutlich mehr als eine
blosse Wahrscheinlichkeit. So darf sich der Strafrichter nach der aus Art. 32
Abs. 1 der Bundesverfassung (BV) und Art. 6 Ziff. 2 EMRK fliessenden Be-
weiswürdigungsregel “in dubio pro reo“ nicht von der Existenz eines für den
Beschuldigten ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären, wenn bei objek-
tiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht
hat, mit anderen Worten Zweifel an den tatsächlichen Voraussetzungen
für ein verurteilendes Erkenntnis bestehen (BGE 124 IV 86 E. 2a). Halten die
Gutachter es bloss als wahrscheinlich, dass ein mehrere Border Collies
zumindest einen Teil der Kratzspuren verursacht hat, reicht dies demnach für
den Nachweis des objektiven Tatbestands nicht aus.
d)
Diese Zweifel lassen sich auch nicht ausräumen, indem man das
Gutachten einer Prüfung unterzieht, es in den Zusammenhang mit der übrigen
Beweislage stellt und diese würdigt. Ein Gutachten unterliegt wie jedes an-
dere Beweismittel - der freien richterlichen Beweiswürdigung. Doch darf das
Gericht in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe seine Meinung an Stelle der-
jenigen des Experten setzen. Ein Abweichen von dessen Folgerungen lässt
sich nur dann rechtfertigen, wenn gewichtige, zuverlässig begründete Tatsa-
chen Indizien deren Überzeugungskraft ernstlich erschüttern (BGE 101
IV 129 E. 3a mit Hinweis, BGE 118 Ia 144 E. 1.c). Solche gewichtigen Um-
stände sind der Beschwerdekammer nicht ersichtlich.
e)
Die bestehenden Zweifel werden schliesslich auch nicht durch
die übrige Beweislage ausgeräumt.
ea)
Wie bereits im ersten Beschwerdeentscheid dargelegt wurde,
lässt die Würdigung der verschiedenen Aussagen keine klaren Schlussfolge-
rungen zu. Dabei ist nicht zu übersehen, dass der Beschwerdeführer vehe-
9
ment für seine Version eintritt. Aus diesem Engagement kann nun aber nicht
einfach darauf geschlossen werden, dass seine Version auch die richtige ist.
Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer offenbar schon vor dem Vorfall
negativ gegenüber der Hundezucht der Beschwerdegegner eingestellt war. So
liegt eine Zeugenaussage von H., dem Nachbar der Beschwerdegegner vor,
aus der folgt, dass der Beschwerdeführer im Herbst 2004 ohne dass eine
Gefahrenlage bestand wiederholt gegen das Gehege, in dem sich die Hunde
der Beschwerdegegner befanden, getreten hat. Derselbe Zeuge, der seit dem
Jahre 2000 in der Nachbarschaft wohnt, erklärte, ihm sei nicht bekannt, dass
irgendwelche Personen mit den Hunden der Beschwerdegegner Probleme
gehabt hätten. Zu demselben Ergebnis führten auch die Ermittlungen der Kan-
tonspolizei. Ihre Nachforschungen ergaben gemäss Nachtragsbericht vom 12.
August 2005 (act. 4) keine Hinweise auf Personen, die durch die Hunde der
Beschwerdegegner gefährdet wurden. Namentlich wurde auch der Gemein-
deschreiber auf irgendwelche Vorfälle angesprochen. Dieser erklärte, dass es
während der letzten Jahren zu keinen Reklamationen Beschwerden ge-
kommen sei. Als einzigen Vorfall nannte der Gemeindeschreiber eine Mel-
dung eines Einwohners wegen Nachtruhestörung durch bellende Hunde vor 5
6 Jahren. Diese Störung sei darauf zurückzuführen gewesen, dass das
Ehepaar Z. - Y. noch fremde Hunde in Pension genommen habe. Nach einer
entsprechenden Intervention seitens der Gemeinde sei die Sache erledigt ge-
wesen. Nicht ersichtlich ist, weshalb etwa eine Person wie der Gemeinde-
kanzlist der Polizei falsche Angaben gemacht haben soll. Der Behauptung des
Beschwerdeführers, es sei schon zuvor zu Gefährdungen gekommen, stehen
demnach auch widersprechende Bekundungen gegenüber. Wie im Übrigen
bereits im ersten Beschwerdeentscheid (BK 06 7) ausgeführt wurde, kommt
allfälligen früheren Attacken wohl im Bereich der subjektiven Tatbestands-
mässigkeit mithin der Frage, ob die Angeschuldigten um die Gefährlichkeit
wussten eine Bedeutung zu (vgl. PKG 1996 Nr. 37). Aus allfälligen früheren
Übergriffen lässt sich aber nicht einfach ableiten, am besagten 16. Juli 2005
müsse es sich in jedem Fall so zugetragen haben, wie es der Beschwerdefüh-
rer behauptet.
eb) Die
Beschwerdegegner
bestreiten nicht, dass sie eine neue Um-
zäunung angebracht haben. Sie verweisen in diesem Zusammenhang darauf,
dass sie den Zwinger den auf den 1. Januar 2006 beachtlich geworden neuen
Zuchtstättenvorschriften hätten anpassen müssen. Wie es sich damit verhält,
kann offen bleiben. Tatsache ist, dass schon zum Zeitpunkt des Vorfalls ein
10
Zwinger vorhanden war. Am besagten Tag befanden sich die Hunde jedoch
unbestrittenermassen ausserhalb des Zwingers. Allerdings befanden sich die
Hunde grundsätzlich unter unmittelbarer Aufsicht der Beschwerdegegner.
Letzteres schliesst einen Angriff zwar keineswegs aus. Anderseits kann es
sich aber auch genau so verhalten, wie es die Beschwerdegegner behaupten,
dass sich nämlich ein Border Collie dem Malteserhund genähert hat, um die-
sen zu "begrüssen", der Beschwerdeführer falsch reagierte und das Ehepaar
Z. - Y. ihren Hund sofort zurückbefahl. Diesfalls lässt sich zwar fragen, ob
Hundehalter selbst nach den in den letzten Jahren bekannt gewordenen Vor-
kommnissen immer noch der ehrlichen Überzeugung sein können, solche
Formen der Begrüssung müssten toleriert werden, da sie harmlos seien und
auch von Passanten, denen die Hunde unbekannt sind, nicht als lästig und
schon gar nicht als gefährlich empfunden werden dürften. Wie es sich damit
verhält, kann ebenfalls dahingestellt bleiben. Tatsache bleibt, dass allein eine
solche "Begrüssung", wie sie die Beschwerdegegner vorliegend behaupten,
noch keinen gefährlichen Angriff im Sinne von Art. 18 Abs. 2 StPO darstellt
und sich daraus kein strafrechtlicher Schuldvorwurf erheben lässt.
ec)
Keine Relevanz kann auch den Ausführungen des Beschwerde-
führers zu einem Zusammentreffen beigemessen werden, das er am 25. Juli
2006 mit Y. hatte. Dass das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und
den Beschwerdegegnern angespannt ist, steht ausser Frage. Wenn sich Y. -
wie der Beschwerdeführer darlegt am besagten Tag zuerst abweisend, dann
aber wiederum freundlich zu ihm verhalten hat, ergeben sich daraus keine
Rückschlüsse in Bezug auf den Ablauf der Geschehnisse vom 16. Juli 2006.
Namentlich braucht Y. nicht aus einem Schuldgefühl heraus freundlich gewe-
sen zu sein. Ebenso möglich ist, dass sie sich schlicht nur darum bemüht hat,
das Verhältnis wieder zu normalisieren.
f)
Ebenfalls als unbegründet erweisen sich die Vorhalte, die der
Beschwerdeführer gegenüber der Untersuchungsführung macht. Wenngleich
der Beschwerdeführer subjektiv einen anderen Eindruck gewonnen hat, darf
nach Prüfung der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die Untersu-
chungsbehörden durchaus um die Klärung der Sache bemüht haben. Die
Kantonspolizei hat umgehend Ermittlungen angestellt. Dass ihre umfassenden
Erhebungen zur Örtlichkeit keine zentrale Bedeutung zukommt, hat sich erst
nachträglich gezeigt und ändert letztlich nichts an der Feststellung, dass sie
die Strafanzeige - der Schilderung des Vorfalls durch den Beschwerdeführer
11
entsprechend sehr ernst genommen hat. Ob der Kreispräsident entgegen
seinem Versprechen auch den Beschwerdegegnern Einblick in die vom Be-
schwerdeführer eingereichten Fotos gegeben hat, ist nicht aktenkundig. Dies-
bezüglich gilt darauf hinzuweisen, dass weder der Beschwerdeführer noch der
Kreispräsident nach Belieben darüber befinden können, welche Beweise den
Angeschuldigten zur Kenntnis gebracht werden. Das Akteneinsichtsrecht des
Angeschuldigten stellt einen elementaren Bestandteil des rechtlichen Gehörs
dar. Insbesondere vom Abschluss der Untersuchung an darf das Aktenein-
sichtsrecht des Angeschuldigten gemäss ausdrücklicher Gesetzesvorschrift
(vgl. Art. 97 Abs. 2 StPO) grundsätzlich nicht mehr beschränkt werden. Wohl
ist dieser Anspruch auf Akteneinsicht nicht absolut. Einschränkungen lassen
sich jedoch nur rechtfertigen, wenn höherwertige private öffentliche Inte-
ressen vorliegen (vgl. Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafpro-
zessrecht, 6. Auflage, § 55 N. 20). Die vom Beschwerdeführer eingereichten
Fotos haben nun, nachdem sie seinen entblössten Rücken zeigen, durchaus
einen gewissen persönlichen Charakter. Mit der Akteneinsicht ist aber offen-
kundig kein derart gravierender Eingriff in die Privatsphäre des Beschwerde-
führers verbunden, dass sich eine Einschränkung in eines der wesentlichsten
Verteidigungsrechte rechtfertigen liesse. Den Beschwerdegegnern hätte dem-
nach ob der Kreispräsident nun anderes versprochen hat nicht in je-
dem Fall einen durchsetzbaren Anspruch auf Kenntnisnahme der Bilder ge-
habt. Hinzu kommt, dass das aussagekräftigste Foto auch Eingang in die Ex-
pertise gefunden hat. Selbst wenn also der Kreispräsident den Beschwerde-
gegnern zu Unrecht - die Einsicht verweigert hätte, hätten diese über die
Expertise Einblick erhalten. Freilich erhielten schliesslich mit der Aushändi-
gung an die Experten was der Beschwerdeführer ebenfalls bemängelt auch
Dritte Kenntnis von den besagten Fotos. Nicht ersichtlich ist jedoch, wie die
Experten ohne die Fotos ihrem gutachterlichen Auftrag hätten nachkommen
können. Unter diesen Umständen kann dem Kreispräsidenten auch nicht vor-
gehalten werden, er habe sich im Untersuchungsverfahren falsch verhalten
befangen gezeigt, wenn er die Fotos an die Experten weitergab und den
Beschwerdegegnern was nicht einmal sicher ist auch in Bezug auf die frag-
lichen Fotos Einsicht in die Akten gegeben hat.
g)
Schliesslich sind auch keine zusätzlichen Beweismittel ersicht-
lich, welche ausreichend Klarheit über den tatsächlichen Ablauf der Gescheh-
nisse vom 16. Juli 2006 verschaffen könnten. Wie dargelegt wurde, stehen
sich die Aussagen der involvierten Personen diametral gegenüber. Sowohl
12
der Beschwerdeführer wie auch die Beschwerdegegner schildern dabei den
Vorfall an sich widerspruchsfrei und plausibel. Bei einer Befragung im Kon-
front, wie sie der Beschwerdeführer beantragt, würden die Parteien lediglich
ihre früheren Aussagen bestätigen. Zusätzlicher Aufschluss ist mit anderen
Worten nicht zu erwarten, weshalb auf eine solche Befragung verzichtet wer-
den kann. Ebensowenig ist davon auszugehen, dass ein Tierarzt gar Dr.
med. I., die den Beschwerdeführer nach dem Vorfall behandelt hat, zusätzli-
chen Aufschluss bringen könnten. Wie im Gutachten dargelegt wurde, sind die
Kratzer das einzige Indiz, gestützt auf welches sich überhaupt eine Aussage
zur Zuordnung machen lässt. Mit diesen Kratzern haben sich die beiden
Sachverständigen nun unter Würdigung der divergenten Aussagen der Betei-
ligten und unter Berücksichtigung dessen, dass die Hunde verschieden gross
sind, eingehend auseinandergesetzt. Dass ein Tierarzt gar Dr. med. I.
die Beweislage anders beurteilt, namentlich jegliche Verursachung durch den
Malteserhund ausschliesst, ist nicht zu erwarten, da sich auf dem Rücken des
Beschwerdeführers keine spezifischen Spuren einer bestimmten Hundepfote
feststellen liessen und sich allein aufgrund der Kratzspuren, wie im Gutachten
überzeugend dargelegt wurde, eben gar keine eindeutige Aussage machen
lässt.
6.
Da widersprechende Aussagen vorliegen, alsdann keine ausrei-
chenden Indizien bestehen, welche die eine andere Version erhärten,
und solche Indizien auch nicht von weiteren zusätzlichen Abklärungen zu er-
warten sind, kann den Beschwerdegegnern bei den hohen Anforderungen, die
an den Beweis der zur Last gelegten Tat zu stellen sind, auch nicht in rechts-
genüglicher Weise vorgehalten werden, sie hätten am besagten Tag in tatbe-
standsmässig relevanter Weise Sorgfaltspflichten verletzt. Käme es zu einer
Anklageerhebung, wäre daher mit höchster Wahrscheinlichkeit mit einem
Freispruch zu rechnen. Angesichts dieser Situation erweist sich die Einstel-
lung der Strafuntersuchung gestützt auf Art. 82 StPO weder als rechtswidrig
noch als unangemessen, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.
7.
Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens von Fr. 400.-- dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 160 Abs. 1
StPO).
13
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 400.-gehen zu Lasten
des Beschwerdeführers.
3. Mitteilung
an:
__
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident
Der Aktuar
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